Archiv der Kategorie: Marken und Kennzeichen

Urteilsdatenbank Markenrecht: Ausgewählte Urteile informieren über die aktuelle Entscheidungspraxis der Gerichte.

BGH: Kosten des Patentanwalts IV – Zum Erfordernis der Mitwirkung Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 70/11

Allein der nicht weiter substantiierte Vortrag, der Patentanwalt habe eine Markenrecherche durchgeführt, ist nicht dazu geeignet, die Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts an der Abmahnung eine Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht darzulegen und einen Anspruch auf Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB oder § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG zu begründen (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 = WRP 2011, 1057 Kosten des Patentanwalts II).

BGH, Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 70/11Kosten des Patentanwalts IV
BGB §§ 677, 683 Satz 1, § 670; MarkenG § 14 Abs. 6 Satz 1

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BGH: Kosten des Patentanwalts III – Erstattung der Kosten bei Abwehr einer unberechtigten Abmahnung Urteil vom 21.12.2011 – I ZR 196/10

a) Zu den Kennzeichenstreitsachen im Sinne des § 140 Abs. 1 MarkenG zählen auch Verfahren der einstweiligen Verfügung, durch die ein Anspruch aus einem der im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird.

b) Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist in der Regel allenfalls dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.

c) Die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt kann nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise für komplexe oder bedeutsame Angelegenheiten generell bejaht werden.

BGH, Urteil vom 21.12.2011 – I ZR 196/10Kosten des Patentanwalts III
BGB §§ 677, 683 Satz 1, § 670; MarkenG § 140 Abs. 1

Europäisches Markenamt (HABM) und EuG dürfen die Unterscheidungskraft nationaler Marken nicht in Frage stellen

Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens bei Anmeldung einer europäischen Gemeinschaftsmarke vor dem europäischen Markenamt (HABM) darf die Unterscheidungskraft und damit die Schutzfähigkeit einer nationalen Marke nicht in Frage gestellt werden.

Im vorliegenden Fall ging es um die eingetragene nationale Wortmarke „F1“, welche die Formula One Licensing BV für Publikationen, Sportveranstaltungen, Reservierung von Karten über das Internet und andere offenbar für den Formel-1-Zirkus relevante Bereiche hat eintragen lassen. Die Inhaberin der Marke „F1“ hat gegen die Neuanmeldung der europäischen Wort-Bildmarke „F1-Live“ in denselben Bereichen Widerspruch eingelegt. Das Amt, welches dann zu prüfen hatte, ob die neue Marke „F1-Live“ der Marke „F1“ zu ähnlich ist, um als Marke eingetragen zu werden, ging dann davon aus, dass die Widerspruchsmarke „F1“ nicht unterscheidungskräftig sei und im Ergebnis der Neuanmeldung der Marke „F1-Live“ nicht entgegenstünde. Das EuG hat diese Einschätzung bestätigt. Der Europäische Gerichtshof hat diese Praxis nun für unvereinbar mit der europäischen Gemeinschaftsmarkenverordnung erklärt.

Nationale Marke und europäische Marken bestünden nebeneinander im europäischen Wirtschaftsleben. Weder das HABM noch das EuG seien zuständig, die Eintragung nationaler Marken zu beanstanden oder die Nichtigkeit solcher Marken zu prüfen. Nationalen registrierten Marken sei insofern stets ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zuzusprechen. Das Europäische Gericht (EuG) müsse die Angelegenheit unter diesen Umständen erneut prüfen und darf nun die Gültigkeit der eingetragenen nationalen Marke nicht mehr in Frage stellen (EuGH, Urteil vom 24. 5. 2012 – C-196/11 P).
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BGH: ZAPPA ./. „Zappanale“ – Löschung der Marke „ZAPPA“ wegen Nichtbenutzung

Der unter anderem für das Kennzeichenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Marke „ZAPPA“ zu löschen ist und deshalb die Verwendung der Bezeichnung „Zappanale“ für ein Musikfestival die Marke nicht verletzen kann.

Der Kläger, ein in den USA ansässiger Trust, verwaltet den Nachlass des 1993 verstorbenen Musikers Frank Zappa und ist Inhaber der Gemeinschaftsmarke „ZAPPA“. Die Beklagte richtet das seit 1990 jährlich stattfindende Musikfestival „Zappanale“ aus und vertreibt unter der Bezeichnung Tonträger und Bekleidungsstücke.

Der Kläger hat die Beklagte aus der Marke „ZAPPA“ auf Unterlassung und Schadensersatz wegen der Benutzung der Bezeichnung „Zappanale“ in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt, die Klagemarke „ZAPPA“ mangels Benutzung für verfallen zu erklären.

Das Landgericht Düsseldorf hat Klage und Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die die Klage abweisende Entscheidung des Landgerichts bestätigt und auf die Widerklage die Gemeinschaftsmarke des Klägers mangels Benutzung für verfallen erklärt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.

Die Gemeinschaftsmarke „ZAPPA“ ist zu löschen, weil der Kläger die Marke nicht im Sinne von Art. 15 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke* innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung in der Europäischen Union benutzt hat. Die von dem Kläger angeführten Verwendungsbeispiele genügten nicht den Anforderungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung an eine rechtserhaltende Benutzung. Die Verwendung des Domainnamens „zappa.com“ stellt keine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung „ZAPPA“ dar. Das Publikum fasst den Domainnamen nur als Hinweis auf eine Internetseite mit Informationen über den Musiker Frank Zappa auf. Durch die Benutzung des Zeichens „ZAPPA Records“ wird der kennzeichnende Charakter der Marke „ZAPPA“ beeinflusst mit der Folge, dass eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. a GMV ausscheidet. Da die Marke „ZAPPA“ verfallen ist, ist das vom Kläger begehrte Verbot, die Bezeichnung „Zappanale“ für ein Musikfestival zu verwenden, nicht gerechtfertigt.

Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 135/10 – ZAPPA

LG Düsseldorf – Urteil vom 21. Januar 2009 – 2a 232/07
OLG Düsseldorf -Urteil vom 15. Juni 2010 – 20 U 48/09


Pressemitteilung des BGH Nr. 75/2012 vom 31.05.2012

Zappanale

BGH: METRO / ROLLER’s Metro – Zur Branchennähe zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 55/10

Zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten als Formen des Vertriebs an Gewerbetreibende besteht eine beträchtliche Branchennähe.

BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 55/10METRO/ROLLER’s Metro
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

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BPatG: „ZVS Zertifizierter Vorsorge-Spezialist“ Kombination aus Abkürzung und beschreibender Angabe als Marke nicht schutzfähig Beschluss vom 10.01.2012 – 27 W (pat) 114/11

Die Abkürzung einer nicht unterscheidungskräftigen und/oder beschreibenden Angabe ist schutzunfähig, wenn der abgekürzte Langtext ebenfalls in der Marke enthalten ist.

BPatG, Beschluss vom 10.01.2012 – 27 W (pat) 114/11ZVS Zertifizierter Vorsorge-Spezialist
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

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BGH: Basler Haar-Kosmetik – Zur Haftung des Admin-C Urteil vom 09.11.2011 – I ZR 150/09

a) Der Namensschutz aus § 12 BGB bleibt neben dem Kennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG anwendbar, wenn mit der Löschung des Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus kennzeichenrechtlichen Vorschriften deswegen nicht hergeleitet werden kann, weil das Halten des Domainnamens im konkreten Fall für sich gesehen die Voraussetzungen einer Verletzung der Marke oder des Unternehmenskennzeichens des Klägers nicht erfüllt (Fortführung von BGH, GRUR 2005, 430 – mho.de; BGH, GRUR 2008, 1099 – afilias.de).

b) Derjenige, der sich von einem ausländischen Anmelder eines Domainnamens gegenüber der DENIC als administrativer Ansprechpartner (Admin-C) benennen und registrieren lässt, haftet nicht schon deswegen als Störer für mögliche mit der Registrierung verbundene Verletzungen von Rechten Dritter.

c) Eine Prüfungspflicht kann sich jedoch aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Solche gefahrerhöhenden Umstände liegen vor, wenn der im Ausland ansässige Anmelder freiwerdende Domainnamen jeweils in einem automatisierten Verfahren ermittelt und registriert und der Admin-C sich dementsprechend pauschal bereiterklärt hat, diese Funktion für eine große Zahl von Registrierungen zu übernehmen.

BGH, Urteil vom 09.112011 – I ZR 150/09Basler Haar-Kosmetik
MarkenG § 15 Abs. 5; BGB §§ 12, 677, 683 Satz 1, § 670; ZPO § 139 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4

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LG Hamburg: Verwechslungsgefahr zwischen „FANsehen“ und „GRUNDIG FANseher“ Urteil vom 11.11.2011 – 312 O 679/10

1. Das Zeichen „FANseher“ ist in Alleinstellung vor einer Artikelnummer und in Gestaltung mit einem bekannten Unternehmenskennzeichen in der Form „GRUNDIG FANseher“ zur Bezeichnung einer Sonderedition von Fernsehgeräten für eine Fußballweltmeisterschaft markenrechtlich verwechslungsfähig mit der für „Ausstrahlung von Hörfunk-, Internet- und Fernsehsendungen / -programmen über drahtlose und drahtgebundene Netze, Kabel- oder Satellitenfunk sowie ähnliche technische Einrichtungen wie etwa das Internet; Ausstrahlung von Film-, Fernseh-, Rundfunk- […] und Internetprogrammen oder -Sendungen[…]“, eingetragenen Wortmarke „FANsehen“.

2. Die Marke „FANsehen“ hat jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Zeichen hat zwar für die Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen mit Inhalten aus dem Sportbereich als sprechendes Zeichen beschreibende Anklänge, es ist aber nicht eindeutig beschreibend. Denn es sind im Fernsehen in der Regel nicht die Fans selbst zu sehen, sondern es sind die Fans selbst, die sehen.

LG Hamburg, Urteil vom 11.11.2011 – 312 O 679/10Verwechslungsgefahr zwischen „FANsehen“ und „GRUNDIG FANseher“
§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG

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BGH: Medusa – Keine Markenverletzung bei dekorativem Gebrauch eines Bildmotivs Urteil vom 24.11.2011 – I ZR 175/09

Bildmarke 1665306 Versace-Medusa a) Der Umstand, dass ein zunächst nach § 2 UrhG geschütztes Kunstwerk gemeinfrei geworden ist, schließt eine markenmäßige Verwendung einer dem Kunstwerk entsprechenden oder ihm ähnlichen Gestaltung nicht aus.

b) Fasst der Durchschnittsverbraucher ein Bildmotiv nur als dekoratives Element auf, ergibt sich eine markenmäßige Verwendung dieses Motivs nicht daraus, dass ein kleiner Teil des angesprochenen Publikums das Bildmotiv als Marke erkennt und der fraglichen Abbildung deshalb einen Herkunftshinweis entnimmt.

BGH, Urteil vom 24.11.2011 – I ZR 175/09Medusa
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b; MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

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OLG Köln: Ritter-Sport Schokoladenquadrat – Zur Verwechslungsgefahr bei bekannter Formmarke Urteil vom 30.03.2012 – 6 U 159/11

Milka Schokolade Schlauchverpackung Aus den Gründen: Bereits die Verwendung der Doppelverpackung führt in der Verbraucherwahrnehmung zu einem ganz erheblichen Abstand von der bekannten Formmarke („Ritter-Sport Quadrat“) der Klägerin und dieser Abstand weitet sich zur Zeichenunähnlichkeit aus, wenn – wie es bei den angegriffenen Produktausstat­tungen der Fall ist – die Aufmerksamkeit der Verbraucher statt durch die Form durch andere kennzeichnende Farb-, Wort- und Bildelemente in Anspruch genommen wird.

OLG Köln, Urteil vom 30.03.2012 – 6 U 159/11Ritter-Sport Schokoladenquadrat
§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG

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