Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens bei Anmeldung einer europäischen Gemeinschaftsmarke vor dem europäischen Markenamt (HABM) darf die Unterscheidungskraft und damit die Schutzfähigkeit einer nationalen Marke nicht in Frage gestellt werden.
Im vorliegenden Fall ging es um die eingetragene nationale Wortmarke „F1“, welche die Formula One Licensing BV für Publikationen, Sportveranstaltungen, Reservierung von Karten über das Internet und andere offenbar für den Formel-1-Zirkus relevante Bereiche hat eintragen lassen. Die Inhaberin der Marke „F1“ hat gegen die Neuanmeldung der europäischen Wort-Bildmarke „F1-Live“ in denselben Bereichen Widerspruch eingelegt. Das Amt, welches dann zu prüfen hatte, ob die neue Marke „F1-Live“ der Marke „F1“ zu ähnlich ist, um als Marke eingetragen zu werden, ging dann davon aus, dass die Widerspruchsmarke „F1“ nicht unterscheidungskräftig sei und im Ergebnis der Neuanmeldung der Marke „F1-Live“ nicht entgegenstünde. Das EuG hat diese Einschätzung bestätigt. Der Europäische Gerichtshof hat diese Praxis nun für unvereinbar mit der europäischen Gemeinschaftsmarkenverordnung erklärt.
Nationale Marke und europäische Marken bestünden nebeneinander im europäischen Wirtschaftsleben. Weder das HABM noch das EuG seien zuständig, die Eintragung nationaler Marken zu beanstanden oder die Nichtigkeit solcher Marken zu prüfen. Nationalen registrierten Marken sei insofern stets ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zuzusprechen. Das Europäische Gericht (EuG) müsse die Angelegenheit unter diesen Umständen erneut prüfen und darf nun die Gültigkeit der eingetragenen nationalen Marke nicht mehr in Frage stellen (EuGH, Urteil vom 24. 5. 2012 – C-196/11 P).
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