Schlagwort-Archive: Verkehrsbefragung

BPatG: „LandLust“ – Zur Schutzfähigkeit einer Marke durch Verkehrsdurchsetzung Beschluss vom 28.11.2012 – 29 W (pat) 524/11

Der Eintragung des Marke „LandLust“ für „Wohn- und Gartenzeitschriften“ steht zwar das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Dieses Schutzhindernis wird aber durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Die Beurteilung der Verkehrsbekanntheit erfordert keine Verkehrsbefragung, wenn den Senatsmitgliedern als Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Marktführerschaft selbst bekannt ist, so dass die hohe Bekanntheit in einem erheblichen Teil der Gesamtbevölkerung auch als gerichtskundig angesehen werden kann.

BPatG, Beschluss vom 28.11.2013 – 29 W (pat) 524/11LandLust
MarkenG §§ 8 II Nr. 1, III, 37 I

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OLG Köln: Wettbewerbsrechtlicher Schutz eines bekannten Verpackungsdesigns (Eisbär auf blau-weißer Bonbontüte)

Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses (hier: „Atemgold“) ist wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt (hier: „WICK Blau“) über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände kann eine unlautere Rufausbeutung auch anzunehmen sein, wenn ein Wettbewerber – außerhalb einer unmittelbaren oder mittelbaren Herkunftsverwechslung – etwa das populäre Design eines Konkurrenzprodukts ohne sachlich gerechtfertigten Grund nachahmt, um sich mit seinem Erzeugnis an das „Image“ des Orginals „anzuhängen“.

OLG Köln, Urteil vom 15.01.2010 – 6 U 131/09 – „Eisbär auf blau-weißer Bonbontüte“
§§ 3, 4 Nr. 9, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG

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BGH: Stofffähnchen (LEVI’S Red Tab)

a) Ein markenrechtliches Verbot der Verwendung eines Bestandteils einer Gesamtaufmachung (hier: rotes Stofffähnchen an der Tasche einer Jeans-Hose), setzt voraus, dass dieser Bestandteil isoliert markenmäßig benutzt wird und sich diese Funktion nicht erst durch ein weiteres Kennzeichen ergibt (hier: rotes Stofffähnchen mit der Aufschrift LEVI’S).

b) Für die Beurteilung des Gesamteindrucks der eingetragenen Marke ist die Registereintragung maßgeblich und nicht der konkrete Eindruck aufgrund der Anbringung der Klagemarke auf Produkten.

c) Soll durch eine Verkehrsbefragung die durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft eines Bestandteils eines zusammengesetzten Zeichens nachgewiesen werden, ist den Befragten der Zeichenbestandteil isoliert und nicht zusammen mit weiteren Bestandteilen des zusammengesetzten Zeichens vorzulegen.

BGH, Urteil vom 05.11.2008 – I ZR 39/06Stofffähnchen (OLG Hamburg)
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b; MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

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BGH: Visage Beschluss vom 21.02.2008 – I ZB 24/05

BGH, Beschluss vom 21.02.2008 – I ZB 24/05VISAGE (Bundespatentgericht)
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3

Ein Zeichen kann durch die Benutzung als Bestandteil einer komplexen Kennzeichnung oder in Verbindung mit einer anderen Marke eigenständige Unterscheidungskraft erlangen, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise infolge dieser Benutzung die nur durch den fraglichen Bestandteil gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend verstehen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheiden (im Anschluss an EuGH, Urt. v. 7. Juli 2005 – C-353/03, Slg. 2005, I-6135 = GRUR 2005, 763 Tz. 30 = WRP 2005, 1159 – Nestlé/Mars). Für den Nachweis einer solchen durch Benutzung als Bestandteil eines komplexen Zeichens erworbenen eigenständigen Unterscheidungskraft des fraglichen Bestandteils reicht es nicht aus, lediglich die Benutzung des Gesamtzeichens zu belegen.

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BPatG: POST

BPatG, Beschluss vom 11.04.2007 – 26 W (pat) 29/06 – „POST“
§§ 50, 8 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 3 MarkenG

Leitsatz:

1. Das Wort „POST“ stellt für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Beförderung und Zustellung von Briefen, Paketen und anderen Gütern eine schutzunfähige Angabe i. S. d. (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) dar.

2. Für die Überwindung absoluter Schutzhindernisse durch Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist die Glaubhaftmachung von Tatsachen erforderlich, die eine Benutzung der Marke als Marke durch den Anmelder erkennen lassen (Anschluss an EuGH MarkenR 2002, 231 ff., Nr. 64 – Philips/Remington). Eine Verwendung durch Dritte, z. B. in redaktionellen Beiträgen über den Anmelder oder auf von Dritten aufgestellten Hinweisschildern, stellt keine solche Benutzung dar.

3. Die Bestimmung des im Einzelfall erforderlichen Verkehrsdurchsetzungsgrades darf zwar nicht von dem Grad des an der fraglichen Angabe bestehenden Freihaltungsbedürfnisses abhängig gemacht werden. Bei seiner Bestimmung ist jedoch der spezifische Charakter der Bezeichnung, deren Durchsetzung geltend gemacht wird, zu berücksichtigen (EuGH MarkenR 1999, 189 ff., Nr. 54 – Chiemsee). An den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Gattungsbezeichnung als Marke eines bestimmten Unternehmens sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt besonders dann, wenn die Verkehrsauffassung maßgeblich von einem jahrzehntelang bestehenden Angebotsmonopol bestimmt ist, das es dem Verkehr nahe legt, die Gattungsbezeichnung mit dem einzigen Anbieter der fraglichen Dienstleistungen in Verbindung zu bringen, ohne darin zugleich einen Herkunftshinweis zu sehen (BGH MarkenR 2006, 341 ff., Nr. 20 – LOTTO). Erforderlich ist in einem solchen Fall eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung in allen beteiligten Verkehrskreisen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder; MarkenR 2006, 341 ff., Nr. 20 – LOTTO).

4. Die Feststellung einer nahezu einhelligen Verkehrsdurchsetzung lässt nur einen unbedeutenden rechnerischen Abschlag von der einhelligen, m. a. W. ausnahmslosen, Durchsetzung zu. Hierfür (und für den Nachweis eines Bedeutungswandels von einer glatt beschreibenden Angabe zu einem Hinweis auf ein einzelnes Unternehmen) reichen Zuordnungsgrade von weniger als 85% jedenfalls im Fall eines vorangegangenen und teilweise noch fortbestehenden Angebotsmonopols nicht aus.

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BPatG: ROCHER-Kugel

BPatG, Beschluss vom 09.05.2007 – 32 W (pat) 156/04ROCHER-Kugel
MarkenG § 3 Abs. 2 Nr. 1-3; § 8 Abs. 3; § 50 Abs. 1 und 2; § 54

1. Die Form einer Ware ist nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Schutz ausgeschlossen, wenn ihre Gestaltung zwar auf einer technischen Lehre beruht, die mit der Form angestrebte Wirkung aber nichttechnischer, z.B. haptischer Natur ist.

2. Soll eine Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung in das Register eingetragen werden, so bedarf es keiner besonderen Feststellung einer Benutzung der fraglichen Marke als Marke, wenn durch eine demoskopische Erhebung belegt ist, dass der Verkehr das Zeichen in ausreichendem Maße mit einem bestimmten Unternehmen verbindet.

3. Geben bei einer demoskopischen Erhebung auffällig viele Befragte an, dass sie nicht zum angesprochenen Verkehrskreis zählen (hier: 52,4% bei Pralinen), so ist eine Kontrollfrage erforderlich, um den maßgeblichen Verkehrskreis zutreffend abzugrenzen.

4. Fehler bei der Durchführung einer demoskopischen Befragung gehen (auch) im Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse zu Lasten des Markeninhabers. Dieser hat daher nachzuweisen, dass die Marke gleichwohl zu Recht in das Register eingetragen (worden) ist.

5. Eine Warenform, die sich nur geringfügig von einer der Grundformen der Ware abhebt, kann nur bei (nahezu) einhelliger Verkehrsdurchsetzung eingetragen werden bzw. im Register verbleiben. Bei einem Zuordnungsgrad von 62% bzw. 67% ist eine solche (nahezu) einhellige Verkehrsdurchsetzung noch nicht erreicht.

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