Archiv der Kategorie: Marken und Kennzeichen

Urteilsdatenbank Markenrecht: Ausgewählte Urteile informieren über die aktuelle Entscheidungspraxis der Gerichte.

OLG Hamm: Keine Verwechslungsgefahr zwischen Wort-/Bildmarke „Unser Schiff“ mit der Bezeichnung „Mein Schiff“ Urteil vom 07.04.2011 – I-4 U 1/11

Die Kennzeichnungskraft einer Wort-/ Bildmarke “Unser Schiff”, die aus einer idealistischen Schiffsdarstellung und dem Wortbestandteil “Unser Schiff” besteht für ein Online-Portal, bei dem es um die gemeinschaftliche Bewertung von Schiffen geht, ist unterdurchschnittlich gering.

Die Gemeinsamkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen, die sich in der Schiffsdarstellung und der Verwendung des Wortes Schiff im Wortbestandteil mit einem jeweils anderen Possessivpronomen erschöpft, reicht insbesondere angesichts der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke „Unser Schiff“ nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Auch Ansprüche aus einem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz kommen nicht in Betracht. Soweit es im Rahmen des § 4 Nr. 9 UWG um eine Herkunftstäuschung durch Verwendung eines geschützten Kennzeichens geht, sind wegen des Vorrangs des Markenrechts die markenrechtlichen Grundsätze der Verwechslungsgefahr heranzuziehen. Es kann insoweit nicht sein, dass zwar keine Verwechslungsgefahr besteht, aber dennoch eine durch Nachahmung herbeigeführte Herkunftstäuschung gegeben ist.

OLG Hamm, Urteil vom 07.04.2011 – I-4 U 1/11Unser Schiff ./. Mein Schiff
§§ 14 Abs. 5 i.V.m. 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

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BGH: Peek & Cloppenburg II – Gleichlautende Unternehmenskennzeichen Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 41/08

a) Haben die Parteien ihre gleichlautenden Unternehmenskennzeichen jahrzehntelang unbeanstandet nebeneinander benutzt und besteht deshalb eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anzuwenden sind, kann nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen eine Partei die Unternehmensbezeichnung auch als Marke eintragen lassen. Das allgemeine Interesse der Partei an einer zweckmäßigen und wirtschaftlich sinnvollen markenmäßigen Verwendung der Unternehmensbezeichnung reicht hierzu nicht aus.

b) Eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage wird im Regelfall auch dann in unzulässiger Weise gestört, wenn eine Partei bereits über eine markenrechtliche Position verfügt und diese durch weitere Markeneintragungen verfestigt. Darauf, ob die zusätzlich eingetragenen Marken den kennzeichnenden Charakter der bereits vorhandenen Marken im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nicht verändern, kommt es nicht an.

c) Der Schutz des Unternehmenskennzeichens setzt nicht voraus, dass die kollidierende Bezeichnung firmenmäßig benutzt wird; eine Verwendung als Produktkennzeichnung kann für eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG genügen.

BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 41/08Peek & Cloppenburg II
MarkenG § 15 Abs. 2, § 23 Nr. 1, § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 2, § 49 Abs. 1,
§ 51 Abs. 1, § 55 Abs. 1

BGH: Sedo – Haftung des Domain-Parking-Anbieters für Markenverletzung Urteil vom 18.11.2010 – I ZR 155/09

a) Eine markenmäßige Verwendung eines Domainnamens liegt regelmäßig vor, wenn auf der unter dem Domainnamen erreichbaren Internetseite ein elektronischer Verweis (Link) angebracht ist, der zu einem Produktangebot führt.

b) Bietet ein Diensteanbieter im Sinne des Teledienstegesetzes a.F. – Entsprechendes ist unter Geltung des Telemediengesetzes anzunehmen – seinen Kunden ein sogenanntes Domain-Parking-Programm an, in das der Kunde unter seinem Domainnamen eine Internetseite mit elektronischen Werbeverweisen (Werbelinks) einstellen kann, bei deren Aufruf aufgrund vorher bestimmter Schlüsselwörter Werbung von Drittunternehmen erscheint, haftet der Diensteanbieter weder als Täter noch als Teilnehmer von Kennzeichenverletzungen, wenn die Auswahl des Schlüsselworts ohne seine Mitwirkung oder Kenntnis erfolgt und dem Diensteanbieter die Kennzeichenverletzungen seines Kunden auch nicht bekannt sind.

c) Ist mit dem entsprechenden Programm des Diensteanbieters keine besondere Gefahr für die Verletzung von Kennzeichenrechten Dritter verbunden, trifft dessen Anbieter auch im Rahmen einer Störerhaftung keine allgemeine Pflicht, die in sein System von Kunden eingestellten Domainnamen auf Kennzeichenverletzungen zu prüfen.

d) Die Kunden des Diensteanbieters, die unter ihren Domainnamen Internetseiten mit Werbeverweisen in ein solches Programm des Diensteanbieters einstellen, sind nicht seine Beauftragten im Sinne von § 14 Abs. 7, § 15 Abs. 6 MarkenG.

BGH, Urteil vom 18.11.2010 – I ZR 155/09Sedo
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, 6 und 7, § 15 Abs. 2, 4, 5 und 6

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BPatG: Panprazol / PANTOZOL – Einschränkung des Schutzumfangs einer für Arzneimittel eingetragenen Marke bei Annäherung an Wirkstoffangabe Beschluss vom 17.03.2011 – 25 W (pat) 516/10

Leitsätze:

Der Schutzumfang einer älteren Marke, der aufgrund einer deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbare Annäherung an eine einschlägige warenbeschreibende Angabe eingeschränkt ist, erfährt keine Erweiterung im Verhältnis zu jüngeren Marken, die sich an dieselbe Sachangabe annähern (Abgrenzung zu BGH GRUR 2008, 803, Tz. 22 – HEITEC).

Im Verhältnis zu Markeninhabern, die sich mit ihren Marken an warenbeschreibende Angaben annähern, kann es den Wettbewerbern nicht verwehrt werden, sich mit ihren (prioritätsjüngeren) Kennzeichnungen an dieselben Sachangaben anzunähern (Stichwort: kein Annäherungsmonopol), wenn dies unter angemessener Berücksichtigung der älteren Markenrechte geschieht. Beim Zeichenvergleich nach dem maßgeblichen Gesamteindruck wird dieser Forderung dadurch Rechnung getragen, dass den Faktoren bei der Zeichenbildung mehr (kennzeichnendes) Gewicht beigemessen wird, welche die schutzbegründende Eigenart der Marke ausmachen, die sich aus den Abweichungen gegenüber der Sachangabe ergibt.

Ausgehend davon besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen der für Arzneimittel (hier: Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke) registrierten Widerspruchsmarke „PANTOZOL“, deren Schutzumfang wegen der deutlichen und für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren Annäherung an die einschlägige Wirkstoffangabe „Pantoprazol“ eingeschränkt ist, und der jüngeren Marke „Panprazol“, die sich ebenfalls an diese einschlägige Wirkstoffbezeichnung annähert.

BPatG, Beschluss vom 17.03.2011 – 25 W (pat) 516/10Panprazol / PANTOZOL
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2; § 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2

LG Kiel: Irreführende Zahlungsaufforderung bei Markenverlängerungen durch an Formulare des DPMA angelehnte „Erinnerungsschreiben“ Urteil vom 10.06.2010 – 15 O 20/10

Der Versand der Erinnerungsschreiben, die eine Nähe zu Formularen des DPMA suggerien und den Markeninhaber zur Zahlung einer Verlängerungsgebühr mit einem Ausschlag von 100 % auffordern ist nach der Generalklausel (§ 3 Abs. 1 UWG) unlauter.

Das Schreiben ist ähnlich gestaltet wie die Formulare des DPMA und erweckt beim flüchtigen Lesen den Eindruck eines behördlichen Schreibens. Die Kosten für die Dienstleistung sind überhöht und werden im Erinnerungsschreiben nicht ausreichend transparent dargelegt. Im Verhältnis zur Verlängerungsgebühr von Euro 750.-, werden Euro 810.- einbehalten, was unverhältnismäßig hoch ist. Die Leistung der bloßen Weiterleitung rechtfertigt einen Aufschlag von über 100 % nicht. Dem potentiellen Vertragspartner werden diese nur als einheitliche Verlängerungsgebühr genannt und damit bewusst nicht offen gelegt.

Damit wird durch das Schreiben gezielt die Unaufmerksamkeit und Unerfahrenheit von Markeninhabern in unlauterer Weise ausgenutzt. Indem die Kosten nicht gesondert aufschlüsselt werden, geht der unaufmerksame Markeninhaber davon aus, er sei zur Zahlung von Euro 1.560.- verpflichtet, um seine Marke zu verlängern. Den einbehaltenen Euro 810.- steht dabei keine echte Gegenleistung gegenüber.

LG Kiel, 2. Kammer für Handelssachen, Urteil vom 10.06.2010 – 15 O 20/10Irreführende Zahlungsaufforderung I
§ 3 Abs 1 UWG, § 4 Nr 1 MarkenG, § 4 Nr 3 MarkenG, § 5 Abs 3 Nr 3 MarkenG

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OLG Frankfurt: VW-Logo (VW im Kreis) – Markenverletzung durch dekorativen Gebrauch auf Blechschildern Urteil vom 10.03.2011 – 6 U 56/10

Leitsatz
Die Dekorationszwecken dienende Wiedergabe bekannter, als dreidimensionale Marken geschützter Kfz.-Modelle (hier: VW-Bus und VW-Käfer) sowie bekannter Kfz-Wort- und Bildmarken auf Blechschildern stellt in der Regel keinen die Verwechslungsgefahr begründenden Gebrauch dar. Jedoch liegt jedenfalls dann eine unlautere Rufausnutzung dieser Marken vor, wenn die mit den Marken identischen oder fast identischen Darstellungen den einzigen dekorativen Inhalt des Blechschildes ausmachen.

OLG Frankfurt, 6. Zivilsenat, Urteil vom 10.03.2011 – 6 U 56/10VW-Logo (VW im Kreis) – Markenverletzung durch dekorativen Gebrauch auf Blechschildern („Blechschild“)
§ 14 MarkenG

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BGH: TÜV – Bestimmung der Reihenfolge der Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung Beschluss vom 24.03.2011 – I ZR 108/09

a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.

b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungs- oder der Revisionsinstanz nachholen.

c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst in der Revisionsinstanz vor, kann der auch im Prozessrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben den Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung des Revisionsgerichts stellen muss.

BGH, Beschluss vom 24.03.2011 – I ZR 108/09TÜV
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, § 15 Abs. 2 und 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

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OLG Hamm: Buddy Bär 2 – Keine Geschmacksmusterverletzung durch die Figur „Teddy“ Urteil vom 24.02.2011 – I-4 U 192/10

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht Hamm mit Unterlassungsansprüchen aus einem eingetragenen Geschmacksmuster befasst. Der Inhaber der als Geschmacksmuster eingetragenen Figur „Buddy Bär 2“ machte geltend, dass es sich bei der vom Gegner vertriebenen Skulptur „Teddy“ ein glattes Plagiat, d.h. um eine Übernahme 1 : 1 handelt.

Das OLG lehnte eine Verletzung ab, da sich nach dem Gesamteindruck keine maßgebliche charakteristische Ähnlichkeit des Geschmackmusters mit der Verletzerfigur zeigte. Hierzu führt es aus: „So ist zwar die Haltung der beiden Figuren von der Idee her ähnlich. Es gibt aber vor allem gerade kein Spannungsverhältnis zwischen realistischer Darstellung und Abstraktion, wie es die Antragsteller in Bezug auf ihren Bären hervorheben. Nichts ist einem echten Bären wirklich ähnlich. Die Figur wirkt insgesamt wie eine banalisierte Comikfigur. Gerade auch die beim „Buddy Bär“ besonders auffallende und bärenuntypische Tatzenhaltung nach oben, als ob es sich quasi um eine Ablagefläche handelt, ist bei dem Teddy offenkundig nicht vorhanden. Die Unterschiede sind nicht nur im Detail, sondern gerade auch in der Gesamtbetrachtung insgesamt sehr erheblich, sofort ins Auge springend und verschaffen einen überwiegend anderen Gesamteindruck.“

OLG Hamm, Urteil vom 24.02.2011 – I-4 U 192/10Buddy Bär 2
§§ 42 I GeschmMG, 97 I UrhG i. V. m. §§ 2 I Nr. 4, 16, 17, 18 UrhG, §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 4 Nr. 9 UWG

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BPatG: RCQT (Reconquista) – Kein Markenschutz von Zeichen mit fremdenfeindlicher Aussage Beschluss vom 03.03.2011 – 27 W (pat) 554/10

Der Eintragung des Zeichens RCQT (Reconquista) als Marke steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegen. Das angemeldete Zeichen enthält eine fremdenfeindliche Aussage und verstösst damit gegen die guten Sitten.

Es ist grundsätzlich dem Eindruck entgegenzuwirken, Marken mit anstößigem Inhalt könnten staatlichen Schutz erfahren. Ziel des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG ist es nicht, nur Begriffe oder Zeichen zurückzuweisen, die unter keinen Umständen benutzt werden dürften. Die Einräumung eines staatlichen Monopolrechts an einer fremdenfeindlichen, rassistischen oder religiös diffamierenden Aussage widerspricht den gesellschaftlichen Wertvorstellungen beachtlicher Teile des deutschen Publikums.

Zum Hintergrund von RCQT: T-Shirt-Motive von „Reconquista reloaded“ – Hassrätsel für die Szene

BPatG, Beschluss vom 03.03.2011 – 27 W (pat) 554/10RCQT (Reconquista)
§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG

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OLG Frankfurt: Keine Begrenzung des Schutzumfangs wegen Freihaltebedürfnis an geographischer Herkunftsangabe „Buffalo“ Urteil vom 24.02.2011 – 6 U 260/10

Leitsatz
Der Schutzumfang einer durch das Wort „Buffalo“ geprägten Wort-/Bildmarke ist nicht unter dem Gesichtspunkt des Freihaltebedürfnisses an geographischen Herkunftsangaben in der Weise einzuschränken, dass ein angegriffenes Zeichen, das ebenfalls durch das Wort „Buffalo“ geprägt wird und für dieselben Waren (Bekleidung und Textilien) verwendet wird, als nicht verwechslungsfähig anzusehen wäre.

OLG Frankfurt 6. Zivilsenat, Urteil vom 24.02.2011 – 6 U 260/10Buffalo
§ 14 MarkenG

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