BGH: Ichthyol II

BGH, Urteil vom 29.06.2006 – I ZR 110/03 – Ichthyol II (OLG Hamburg)
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 25 Abs. 2

Wird die ältere Marke lediglich für einen Teil der Waren, für die sie eingetragen ist, benutzt, so gilt sie zur Beurteilung der Warenähnlichkeit im Kollisionsfall lediglich für diesen Teil als eingetragen. Gibt es für die mit der Marke versehenen Arzneimittel verschiedener Anwendungsgebiete keinen gemeinsamen speziellen Begriff, kommt für die Beurteilung der Warenähnlichkeit im Kollisionsfall nur das jeweilige Mittel mit seinem Anwendungsbereich in Betracht. Unerheblich ist, in welchem Umfang die Nichtbenutzung zu einer Löschung führen müsste.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 6. März 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand:

1
Die Klägerin, ein im Jahr 1884 gegründetes mittelständisches pharmazeutisches Unternehmen, stellt medizinische Präparate auf der Basis von sulfonierten Schieferölen her und vertreibt diese. Ihre Tätigkeit begann mit der Entwicklung und Herstellung eines in der Dermatologie einsetzbaren Rohstoffs mit dem Namen „Ichthyol“. Inzwischen umfasst das Sortiment der Klägerin eine Reihe weiterer Präparate, die nicht nur äußerlich aufgetragen werden, sondern auch in den Darreichungsformen Tablette, Kapsel und Zäpfchen für die Bereiche Dermatologie, Gynäkologie, Orthopädie und Urologie angeboten werden.
Unter der Bezeichnung „Ichthyol“ vertreibt die Klägerin einen Rohstoff als Rezeptursubstanz und eine Salbe als rezeptfrei in Apotheken erhältliches Fertigarzneimittel. Sie verwendet die Bezeichnung „Ichthyol“ außerdem auf ihren weiteren Präparaten in Form ihres auch als Wort-/ Bildmarke Nr. 617 931 mit Zeitrang vom 24. Dezember 1963 für Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen sowie weitere Waren geschützten Firmenlogos (farbig angelegtes auf der Spitze stehendes Quadrat mit der die Diagonale füllenden Schrift „Ichthyol“). Die Klägerin ist darüber hinaus Inhaberin zweier Wortmarken „Ichthyol“ (Nr. 10 764 mit Zeitrang von 1895, geschützt für aus schwefelhaltigen Kohlenwasserstoffen hergestellte chemische und pharmazeutische Produkte, und Nr. 97 437 mit Zeitrang vom 18. Februar 1907, geschützt für eine Vielzahl von Waren aus unterschiedlichen Warenklassen, unter anderem auch für Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate).

2
Die Bezeichnung „Ichthyol“ wird von der Klägerin als verkürzter Bestandteil ihres Firmennamens im täglichen Gebrauch verwendet. Im Jahr erwirtschaftet sie mit ihrer gesamten Produktpalette einen Umsatz von etwa 18 Mio. €. Auf die „Ichthyol“ -Salbe entfiel im Jahre 1995 ein Umsatz von 77. 000 DM.

3
Die Beklagte, ein amerikanisches Unternehmen, das sich mit der Entwicklung neuer Krebsbehandlungsmittel und -therapien befasst, meldete am 28. April 1994 beim Deutschen Patentamt die Marke „ETHYOL“ für in der Krebsbehandlung in Verbindung mit Chemo- und Strahlentherapie zu verabreichende therapeutische Arzneimittel an. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 WZG ein. Inzwischen ist das Warenverzeichnis der Marke „ETHYOL“ auf „therapeutische in Verbindung mit Chemo- und Strahlentherapie mittels Injektion zu verabreichende, verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Krebsbehandlung“ beschränkt worden. Am 29. März 1996 meldete die Beklagte außerdem die Marken „Eth-YOL Essex Pharma“, „Eth-YOL U. S. Bioscience“ und „Eth-YOL“ für in Verbindung mit Chemo- und Strahlentherapie bei der Behandlung von Krebs zu verabreichende pharmazeutische Erzeugnisse an.

4
Noch vor der Eintragung der Marke „ETHYOL“ ließ die Beklagte ein Präparat unter dieser Bezeichnung durch ihre Lizenznehmerin Essex Pharma auf dem deutschen Markt einführen. Vertrieben wird „Ethyol“ als Trockensubstanz mit dem Inhaltsstoff „Amifostin“, welcher gegen Zytotoxizität ionisierender Strahlen – in der Strahlentherapie – sowie alkylierende Substanzen und Platinanaloga – in der Chemotherapie – schützt. Es handelt sich um ein verschreibungspflichtiges hochspezialisiertes Arzneimittel, das die Linderung der starken körperlichen Belastungen, die mit der Chemo- oder Strahlentherapie in der Krebsbehandlung einhergehen, bezweckt. Die auf dem Markt angebotene Verpackungseinheit Ethyol (drei Injektionsflaschen mit je 1000 mg Trockensubstanz) kostet rund 1. 000 €.

5
Die Klägerin hat sich aus den genannten Marken „Ichthyol“ sowie ihrem Firmenschlagwort gegen die Benutzung der Bezeichnung „ETHYOL“ in jeder Schreibweise gewandt und Rücknahme der Markenanmeldungen der Beklagten begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass angesichts des hohen Bekanntheitsgrades der eingeführten Marke „Ichthyol“, der deshalb ein weiter Schutzbereich zukomme, eine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Bereits die Übereinstimmung in der Lautfolge „thyol“ reiche hierfür aus. Die erforderliche Warenähnlichkeit sei schon deshalb gegeben, weil die sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils für Arzneimittel verwendet würden. Auch die von der Beklagten angemeldeten Marken in den unterschiedlichen Schreibweisen begründeten eine Verwechslungsgefahr mit den Klagekennzeichnungen. Die Beklagte hänge sich an den guten Ruf von „Ichthyol“ an. Auf das derzeitige, eng begrenzte Anwendungsgebiet für „Ethyol“ könne nicht abgestellt werden, weil die Beklagte für sich in Anspruch nehme, die Marke auch für weitere Anwendungsgebiete zu verwenden.

6
Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen,

es zu unterlassen,

die Bezeichnung „ETHYOL“, auch in der Schreibweise „Eth-YOL“, in Alleinstellung oder in Kombination mit Firmennamen wie „U. S. Bioscience“ oder „Essex Pharma“ auf Arzneimitteln, insbesondere auf therapeutischen, in Verbindung mit Chemo- und Strahlentherapie zu verabreichenden Arzneimitteln in der Krebsbehandlung oder auf deren Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem Zeichen „ETHYOL“, auch in den genannten Schreibweisen und Kombinationen mit Firmennamen, diese Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen „ETHYOL“, auch in den genannten Schreibweisen und Kombinationen mit Firmennamen, diese Waren einzuführen oder auszuführen, zur Nutzung dieses Zeichens „ETHYOL“, auch in den genannten Schreibweisen und Kombinationen mit Firmennamen, für diese Waren Lizenzen zu erteilen oder das Zeichen „ETHYOL“, auch in den genannten Schreibweisen und Kombinationen mit Firmennamen, in Geschäftspapieren, Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen und dgl. oder in der Werbung zu benutzen oder benutzen zu lassen;

2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patentamt die Warenzeichenanmeldung U Wz „ETHYOL“ und die drei am 29. März 1996 vorgenommenen Warenzeichenanmeldungen „Eth-YOL U. S. Bioscience“, „Eth-YOL Essex Pharma“ und „Eth-YOL“ zurückzunehmen;

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie unter Angabe der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Bundesländern;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig entstehen wird.

7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

8
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg NJWE-WettbR 1999, 81).

9
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 3.5.2001 – I ZR 18/99, GRUR 2002, 65 = WRP 2001, 1447 – Ichthyol I).

10
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin auch in seinem zweiten Berufungsurteil zurückgewiesen (OLG Hamburg, Urt. v. 6.3.2003 – 5 U 192/01, in Juris veröffentlicht).

11
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

12
A. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten marken- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche der Klägerin verneint und dazu ausgeführt:

13
Die Klage sei nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründet. Die Klagemarke „Ichthyol“ verfüge allerdings von Haus aus über eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese sei nicht durch ähnlich klingende Drittkennzeichen geschwächt, sondern, da die Klagemarke seit vielen Jahren auf dem Markt vertreten, weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise bekannt und namhaft sei, im Gegenteil nicht unerheblich gestärkt. Die von der Klägerin dargelegten Umstände rechtfertigten allerdings nicht die Bejahung eines Bekanntheitsschutzes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Die Bezeichnungen „Ichthyol“ und „Ethyol“ seien zwar ähnlich; wegen der erkennbaren Unterschiede sei die Ähnlichkeit aber nicht sehr groß und die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung daher nicht sehr ausgeprägt. Wegen der völlig unterschiedlichen Anwendungsgebiete der von den Parteien vertriebenen Arzneimittel sei nicht von Warenidentität auszugehen und auch die Warenähnlichkeit nicht erheblich ausgeprägt. Damit stünden sich im Rahmen der für die Bestimmung der Verwechslungsgefahr zu betrachtenden Wechselwirkung der einzelnen Komponenten die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Marke „Ichthyol“, eine nicht unerhebliche, allerdings auch nicht sehr ausgeprägte Zeichenähnlichkeit der Begriffe „Ichthyol“ und „Ethyol“ sowie eine mäßige, ebenfalls nicht stark ausgeprägte Warenähnlichkeit der unter den kollidierenden Zeichen vertriebenen Produkte gegenüber. Die Gesamtabwägung dieser Umstände ergebe, dass die Zeichen „Ichthyol“ und „Ethyol“ letztlich nicht miteinander verwechslungsfähig seien.

14
Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen der Zeichen sei ebenfalls nicht zu bejahen. Der Verkehr habe trotz der identischen Wortendung keine hinreichende Veranlassung anzunehmen, die beiderseitigen Produkte bzw. alle Produkte, die auf „thyol“ endeten, stammten von ein und demselben Hersteller. Die von der Klägerin angegriffene Bezeichnungsalternative „Eth-YOL“ in unterschiedlicher Schreibweise und mit oder auch ohne Hinzufügung einer Unternehmenskennzeichnung liege von der Klagemarke in jedem Fall weiter entfernt, so dass insoweit eine Verwechslungsgefahr erst recht nicht gegeben sei.

15
Ansprüche aus § 15 MarkenG bestünden ebenfalls nicht, weil es insoweit im Wesentlichen aus denselben Gründen, aus denen im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine hinreichende Warenähnlichkeit zu verneinen sei, auch an der erforderlichen Branchennähe fehle. Da sich die Klägerin allein gegen die Verwendung der Bezeichnung „Ethyol“ wende, seien die Klageansprüche schließlich auch nicht gemäß § 1 UWG a. F. unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung oder wegen unlauterer Rufausbeutung begründet.

16
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

17
I. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte unter Berücksichtigung der dabei maßgeblich in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte der Zeichenähnlichkeit, der Warenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Klagemarke, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2004 – I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 784 = WRP 2004, 1043 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX, m. w. N.), kein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zusteht.

18
1. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Zeichenähnlichkeit der Bezeichnungen „Ichthyol“ und „Ethyol“ sei wegen der erkennbaren Unterschiede nicht sehr stark ausgeprägt.

Diese Beurteilung liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet und lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die von der Revision in dieser Hinsicht erhobenen Verfahrensrügen sind vom Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet worden; von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

19
2. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Arzneimittel, die unter den sich gegenüberstehenden Zeichen vertrieben würden, seien allenfalls in einem nur geringen Maß ähnlich.

20
a) Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit geht das Berufungsgericht von der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung aus, dass die Klägerin die Wort-/Bildmarke Nr. 617 931 als DachmarkeDachmarke zur Kennzeichnung von Arzneimitteln in den Bereichen Analgetika, Antirheumatika, Balneotherapeutika, Dermatologika, Gynäkologika und Urologika verwendet. Dieser Arzneimittelbereich sei mit dem für die Beklagte unter ihrer Marke eingetragenen und von ihr effektiv vertriebenen Produkt nicht identisch und ihm auch nicht in gesteigertem Maße ähnlich. Die Ähnlichkeit werde zusätzlich dadurch geschwächt, dass für die Beklagte nur verschreibungspflichtige pharmazeutische Erzeugnisse geschützt seien und vertrieben würden. Wegen des damit gegebenen erheblichen Unterschieds zwischen den Waren, für die die Klägerin ihre Marke nutze, und dem von der Beklagten unter der Bezeichnung „Ethyol“ vertriebenen Produkt bestehe allenfalls eine geringe bis mäßige Warenähnlichkeit. Zur Beurteilung der Frage der Warenähnlichkeit könne auf den übereinstimmenden Oberbegriff „Arzneimittel“ im Hinblick auf die klar erkennbaren unterschiedlichen Indikationsgebiete nicht abgestellt werden. Ein sonstiger, die Indikationsgebiete der Ichthyol-Mittel der Klägerin enger beschreibender Oberbegriff lasse sich nicht finden.

21
b) Das Berufungsgericht ist damit entgegen der Auffassung der Revision nicht unter Verstoß gegen § 563 Abs. 2 ZPO von der rechtlichen Beurteilung abgewichen, die der erkennende Senat im ersten Revisionsurteil der Aufhebung des ersten Berufungsurteils zugrunde gelegt hat. Im ersten Revisionsurteil war in Anbetracht der von der Klägerin vorgetragenen umfangreichen Produktpalette dem Berufungsgericht zu bedenken gegeben worden, dass eine Beschränkung der mit den Klagezeichen beanspruchten „Arzneimittel“ allenfalls auf einen die benutzten Bereiche umfassenden Begriff in Betracht komme. Eine bindende Aussage dahingehend, dass auf den Warenbegriff „Arzneimittel“ zur Beurteilung der Gleichartigkeit abzustellen sei, wenn sich kein geeigneter die tatsächlichen Anwendungsgebiete umfassender Begriff finden lasse, ist dem zurückverweisenden Urteil nicht zu entnehmen. Auch ist in ihm keine Stellungnahme enthalten, ob die für das Löschungsverfahren im Interesse der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers entwickelte Rechtsprechung zur Einschränkung von Oberbegriffen (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.1978 – I ZR 125/76, GRUR 1978, 647, 648 = WRP 1978, 813 – TIGRESS; Urt. v. 21.4.1994 – I ZR 291/91, GRUR 1994, 512, 514 f. = WRP 1994, 621 – Simmenthal; Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 62 f. = WRP 2001, 1211 – ISCO) auch für das Markenverletzungsverfahren gilt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 25 Rdn. 24).

22
c) Die genannte Frage ist mit dem Berufungsgericht zu verneinen. Die gegenteilige Auffassung wäre schon mit dem Wortlaut des Art. 11 Abs. 4 MarkenRL, der mit der – in dieser Hinsicht weniger deutlichen – Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 3 MarkenG in das nationale Recht umgesetzt worden ist, nur schwerlich zu vereinbaren. Außerdem gebieten es der Sinn und der Zweck des Benutzungszwangs, die Marke in Kollisionsfällen nach Ablauf der Schonfrist so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren eingetragen. Die gegenteilige Auffassung führte zu einer nicht zu rechtfertigenden Bevorzugung des Inhabers einer Marke für ein Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis mit einem weit gefassten Oberbegriff gegenüber demjenigen, der die Eintragung von Anfang an auf die sodann benutzte Ware beschränkt hat, und im Übrigen auch zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung der Rechtssicherheit bei der Prüfung, ob eine Kollisionslage vorliegt (Ingerl/Rohnke aaO § 25 Rdn. 27).

Wird die ältere Marke lediglich für einen Teil der Waren, für die sie eingetragen ist, benutzt, so gilt sie im Kollisionsfall lediglich für diesen Teil als eingetragen (Art. 11 Abs. 4 MarkenRL). Unerheblich ist, in welchem Umfang die Nichtbenutzung zu einer Löschung führen müsste (vgl. auch Ingerl/Rohnke aaO § 49 Rdn. 31).

23
3. Das Berufungsgericht hat – insoweit von der Revision unbeanstandet – angenommen, dass die Klagemarke über originäre und zudem kraft Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Eine darüber hinausreichende Kennzeichnungskraft oder eine Kennzeichnungskraft, wie sie einer bekannten Marke i. S. des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zukommt, hat es entgegen der Ansicht der Revision mit Recht verneint.

24
a) Das Berufungsgericht hat sich bei seinen Ausführungen zu der Frage der Kennzeichnungskraft der Klagemarke auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urt. v. 4. 5. 1999 – C-108 und C-109/97, Slg. 1999, I-2779 Tz. 49 ff. = GRUR 1999, 723 = WRP 1999, 629 – Chiemsee; Urt. v. 14. 9. 1999 – C-375/97, Slg. 1999, I-5421 Tz. 23 ff. = GRUR Int. 2000, 73 = WRP 1999, 1130 – Chevy) und des erkennenden Senats (Urt. v. 12.7.2001 – I ZR 100/99, GRUR 2002, 340, 341 = WRP 2002, 330 – Fabergé) gestützt. Danach seien – so hat das Berufungsgericht ausgeführt – bei der Prüfung, ob eine Marke bekannt sei, insbesondere ihr Marktanteil, die Intensität, geographische Ausdehnung und Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der zu ihrer Förderung getätigten Investitionen von Bedeutung. Insoweit sei zwar von einem hohen Wiedererkennungswert des Zeichens „Ichthyol“ auszugehen, wie dies insbesondere seine Zitierung im „Duden“ belege. Die von der Klägerin vorgetragenen, allein auf ärztliche Fachkreise bezogenen Werbemaßnahmen seien aber ebenso wenig wie die von ihr genannten Umsatzzahlen geeignet, eine Bekanntheit der Marke „Ichthyol“ (auch) innerhalb der allgemeinen Verkehrskreise zu belegen.

25
b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe hierbei nicht berücksichtigt, dass der Name „Ichthyol“ sich nicht nur im „Duden“ finde, sondern mit entsprechender Kennzeichnung als Marke auch in den anderen großen Konversationslexika wie im „Brockhaus“ oder in „Meyers Enzyklopädischem Lexikon“ genannt sei. Zudem hätte auch erwogen werden müssen, dass im Zweiten Weltkrieg, als Antibiotika noch nicht bekannt gewesen seien, praktisch jeder Soldat „Ichthyol“ -Produkte bei sich gehabt habe. Die Revision stützt sich dabei jedoch nicht auf von der Klägerin in den Vorinstanzen gehaltenen Sachvortrag.

26
c) Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht hätte den von der Klägerin für die Richtigkeit ihrer Behauptung, dass die Marke „Ichthyol“ einen den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entsprechenden Bekanntheitsgrad aufweise, angebotenen Sachverständigenbeweis erheben müssen.
Das Beweisangebot sei ausdrücklich nicht auf Fachärzte als angesprochene Verbraucherkreise beschränkt gewesen.

27
Die Revision berücksichtigt hierbei aber nicht genügend, dass der Richter, soweit er das Verständnis des Verkehrs ohne sachverständige Hilfe ermittelt, davon ausgeht, dass er aufgrund eigenen Erfahrungswissens selbst über die dazu erforderliche Sachkunde verfügt. Dementsprechend ist die Frage, ob diese Annahme zutrifft, grundsätzlich nach denselben Regeln zu beurteilen, die auch ansonsten für die Beantwortung der Frage gelten, ob ein Gericht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten und statt dessen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden kann (vgl. BGHZ 156, 250, 254 – Marktführerschaft; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, Rdn. 237). Die Beurteilung, ob die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener richterlicher Sachkunde möglich ist oder eine Beweisaufnahme erfordert, ist dabei vorrangig tatrichterlicher Natur. Sie ist daher in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter den Prozessstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und seine Beurteilung der Verkehrsauffassung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1990 – I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991, 100 – Versäumte Meinungsumfrage; Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 – Elternbriefe; Lange aaO Rdn. 237). Die von der Revision in dieser Hinsicht erhobenen Rügen greifen nicht durch.

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d) Die Revision rügt ferner, das Berufungsgericht habe insbesondere verkannt, dass seine auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zugeschnittene Bestimmung der Parameter, die erfüllt sein müssten, damit eine Marke als „bekannte Marke“ gelten könne, noch nichts über den Bekanntheitsgrad besage, der zu einer gesteigerten Kennzeichnungskraft einer Marke führe. Eine starke Marke erlange einen erweiterten Schutzumfang nicht erst dann, wenn ihre Kennzeichnungskraft den Bekanntheitsgrad erreiche, der den Bekanntheitsschutz außerhalb des Produktähnlichkeitsbereichs nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG oder gar den Verwässerungsschutz einer berühmten Marke begründe. Zu berücksichtigen seien vielmehr auch eine Bekanntheit und Beliebtheit der Marke, die auf langer ungebrochener Tradition ihrer Verwendung, besonderer sprachlicher Einprägsamkeit und/oder besonderer Eigenart der mit ihr bezeichneten Ware beruhten, wie dies in ihrer Erwähnung in populären Nachschlagebüchern und berühmten Filmen zum Ausdruck komme.

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Die Revision lässt in diesem Zusammenhang allerdings die im angefochtenen Urteil zu Ziff. I. 3. c. bb. der Entscheidungsgründe getroffenen Feststellungen unberücksichtigt. Das Berufungsgericht hat sich dort unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des erkennenden Senats im ersten Revisionsurteil sowie auf seine vorangegangenen eigenen Ausführungen zu der Frage, ob es sich bei der Klagemarke um eine bekannte Marke i. S. des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG handelt, ausdrücklich und ausführlich mit der Frage befasst, ob die Kennzeichnungskraft der Bezeichnung „Ichthyol“ ungeachtet dessen gestärkt war, dass nach seiner Auffassung die Voraussetzungen für einen Bekanntheitsschutz nicht vorlagen. Es hat in diesem Zusammenhang die Gesichtspunkte, deren Nichtberücksichtigung die Revision rügt, sämtlich angesprochen und ist auf dieser Grundlage zu der Beurteilung gelangt, dass die Kennzeichnungskraft der Bezeichnung „Ichthyol“ erheblich gestärkt gewesen sei. Ein Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin ist insoweit nicht ersichtlich.

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4. Die Revision rügt des Weiteren, die vom Berufungsgericht versäumte Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Arzneimittelsicherheit hätte einen weiteren triftigen Grund für die Annahme der Verwechslungsgefahr geliefert.
Das Mittel „Ethyol“ sei aus der Kampfstoffforschung hervorgegangen und werde bei schwersten Erkrankungen mit hoher Mortalität eingesetzt, wobei es sich um ein hoch gefährliches Präparat mit erheblichen Nebenwirkungen handele. Für die Klägerin bestehe daher bei einer negativen Berichterstattung über dieses Mittel, sofern das Publikum eine gedankliche Verbindung zwischen „Ethyol“ und „Ichtyol“ herstelle, ein gesteigertes Risiko für eine erhebliche Rufbeeinträchtigung. Das Berufungsgericht hätte bei der Abwägung der für und gegen die Verwechslungsgefahr sprechenden Gesichtspunkte zudem berücksichtigen müssen, dass die Beklagte den Namen „Ethyol“ für ihr Präparat willkürlich im Ähnlichkeitsbereich des Markennamens der Klägerin gewählt habe.

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Auch damit hat die Revision keinen Erfolg. Einer – wie auch immer gearteten – Gefährdung des guten Rufs der von der Markeninhaberin vertriebenen Produkte kommt für die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorzunehmende Abwägung keine Bedeutung zu.

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5. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die im Hinblick auf die Wechselwirkung der einzelnen Komponenten vorgenommene Gesamtabwägung führe zu dem Ergebnis, dass die Zeichen „Ichthyol“ und „Ethyol“ letztlich nicht miteinander verwechselt werden könnten.

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a) Die Revision macht in dieser Hinsicht geltend, das Berufungsgericht habe, da es bei durchschnittlicher Zeichenähnlichkeit, gesteigerter Kennzeichnungskraft der Klagemarke und unterdurchschnittlicher Warenähnlichkeit die Verwechselbarkeit der Zeichen verneint habe, die horizontale Wechselwirkung zwischen der Markenähnlichkeit und der Produktähnlichkeit entweder nicht beachtet oder jedenfalls nicht richtig gewichtet. Zur Begründung verweist sie darauf, dass die Verwechslungsgefahr um so größer ist, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt, und außerdem die horizontale Wechselwirkung zwischen Markenähnlichkeit und Produktähnlichkeit bei der Feststellung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen ausgleichen kann, was an Ähnlichkeit der Marken fehlt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht diese Grundsätze bei der von ihm vorgenommenen Prüfung vernachlässigt hat. Die Revision setzt insoweit nur ihren eigenen Maßstab an die Stelle des berufenen Tatrichters, ohne eine Verletzung des Rechts aufzuzeigen.

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b) Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht hätte auf der Grundlage der „Canon II“ -Entscheidung des erkennenden Senats (Beschl. v. 21.1.1999 – I ZB 15/94, GRUR 1999, 731 = WRP 1999, 928) selbst ohne Berücksichtigung der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass bei festgestellter mäßiger, nicht stark ausgeprägter Warenähnlichkeit und nicht unerheblicher, allerdings auch nicht sehr ausgeprägter Zeichenähnlichkeit Verwechslungsgefahr bestehe. Auch hierzu gilt das zuvor unter a) Gesagte. Der Streitfall ist zudem mit dem der dortigen Entscheidung zugrunde liegenden Fall nicht vergleichbar, weil es sich bei dem Klagezeichen in jenem Fall um eine bekannte Marke handelte und diese mit dem beanstandeten Zeichen „CANNON“ in klanglicher Hinsicht übereinstimmte.

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6. Das Fehlen einer Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen der sich gegenüberstehenden Zeichen hat das Berufungsgericht zum einen damit begründet, dass die Gestaltung der Produktnamen auf Seiten der Klägerin trotz der häufig wiederkehrenden Zeichenbestandteile „Ichth“ und „thol“ bzw. „thyol“ ausgesprochen vielfältig sei. Zum anderen hat es darauf abgestellt, dass die Klägerin mit Ausnahme der Bezeichnung „Ichthyol“ über keinen einzigen weiteren Produktnamen verfüge, der die Endung „thyol“ aufweise.
Außerdem sei der Verkehr auf dem Gebiet der Arzneimittel daran gewöhnt, einer außerordentlich hohen Zahl von Zeichen zu begegnen, und schließe auch aus diesem Grund nicht vorschnell aus bei ihnen bestehenden Ähnlichkeiten auf eine Identität der Herkunftsstätten oder auf organisatorische oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen diesen. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang – anders als die Revision meint – durchaus bedacht, dass eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen auch dann besteht, wenn der Verkehr zwar nicht an ein und denselben Hersteller, wohl aber an zusammenarbeitende Hersteller oder daran denkt, dass der Verletzer für sein Produkt die mit der Klagemarke ähnliche Marke als Lizenznehmer des Inhabers der älteren Marke verwendet. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist des Weiteren auch seine Auffassung, dass ein entsprechender Fall vorliegend nicht gegeben sei. Das Berufungsgericht hat namentlich mit Recht darauf abgestellt, dass auf dem Gebiet der Arzneimittel mehr als auf anderen Warengebieten übereinstimmende Zeichenbestandteile anzutreffen sind und diesen dort daher jedenfalls für sich allein gesehen grundsätzlich die Eignung fehlt, die Vorstellung einer übereinstimmenden Herkunft auszulösen.

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7. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe bei der Verneinung einer Verwechslungsgefahr zwischen „Ichthyol“ und der von der Beklagten gewählten Bezeichnungsalternative „Eth-YOL“ nicht die höhere Gefahr der Verwechslung bedacht, die sich daraus ergebe, dass die Kombination des Zeichens mit Firmennamen die Vorstellung besonders nahe lege, der Hersteller der bekannten „Ichthyol“ -Produkte, der diesen Markennamen auch als Firmenschlagwort aufgenommen habe, habe für sein auf anderem Indikationsgebiet liegendes (nur in der Krebsbehandlung anwendbares) Präparat ein Tochterunternehmen als Produzent und Vertreiber gegründet oder fremde Unternehmen lizenziert. Sie berücksichtigt dabei allerdings nicht, dass eine insoweit etwa bestehende Gefahr nach den Klageanträgen auch schon bei der Prüfung, ob die Zeichen „Ichthyol“ und „Ethyol“ miteinander verwechselbar sind, mit zu berücksichtigen war. Es kann auch nicht angenommen werden, dass das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt bei der dortigen Prüfung übersehen hat. Seine Erwägung, übereinstimmende Zeichenbestandteile seien auf dem Gebiet der Arzneimittel für sich allein nicht geeignet, übereinstimmende Herkunftsvorstellungen auszulösen, trifft auch für den Fall zu, dass das Zeichen „Ethyol“ oder „Eth-YOL“ mit den Firmennamen „U. S. Bioscience“ oder „Essex Pharma“ kombiniert wird. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass diese Firmennamen und das von der Klägerin auch als Firmenschlagwort verwendete Zeichen „Ichthyol“ einander völlig unähnlich sind.

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II. Bei seiner Prüfung, ob die Klage aus der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin gemäß § 15 MarkenG begründet ist, ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass für den danach zu gewährenden Schutz bei der Beurteilung der Branchennähe auch Ausweitungstendenzen mit zu berücksichtigen sind, die aus der Sicht des Verkehrs nicht gänzlich fern liegen. Dies könne aber, so hat das Berufungsgericht ausgeführt, jedenfalls bei der Ab- bzw. Eingrenzung umfangreicher und weitgehend konturenloser Oberbegriffe nicht dazu führen, dass der Schutzbereich der Geschäftsbezeichnung weiter reiche als derjenige der Marke eines Unternehmens für dieselben Produkte. Vielmehr seien mögliche Ausweitungstendenzen schon bei der Festlegung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen angemessen zu berücksichtigen.

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Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe dabei den Vortrag der Klägerin zu der von ihr betriebenen Grundlagenforschung und zu der Ausdehnung ihres Geschäftsbetriebs auf neue Produktgebiete übergangen. Die Klägerin hat an den von der Revision in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Aktenstellen lediglich ganz allgemein geltend gemacht, sie treibe ihre Grundlagenforschung immer weiter und entwickle dabei auch neue Medikamente, so dass es auch durchaus sein könnte, dass sie in Zukunft Arzneimittel in der Krebsbehandlung entwickeln werde. Die Beklagte hat diesen Vortrag in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten, ohne dass die Klägerin hierauf die Richtigkeit ihres Vortrags unter Beweis gestellt hat. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung daher mit Recht zugrunde gelegt, dass der im Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende Zustand, dass – wie es von der Revision unbeanstandet festgestellt hat – „(d) ie (beiderseitigen) Produkte … – bildlich gesprochen – an entfernten Enden des gemeinsamen Oberbegriffs ‚Arzneimittel‘ (liegen)“, voraussichtlich auch in der Zukunft andauern wird. Aus diesem Grund ist es im Rahmen des § 15 MarkenG mangels einer absehbaren Entwicklung hin zu einer Verringerung der in dieser Hinsicht gegenwärtig bestehenden Unterschiede mit Recht von einer nur geringen Branchennähe ausgegangen. Für die unternehmenskennzeichenrechtliche Beurteilung der Branchennähe reicht es nicht aus, dass beide Parteien Pharmaunternehmen sind. Andererseits ist es nicht notwendig, dass die vertriebenen Produkte den Begriff der Warenähnlichkeit im markenrechtlichen Sinne erfüllen. Erforderlich ist jedoch, dass sich die Parteien mit ihren Produkten auf dem Markt auch tatsächlich begegnen, d. h. jedenfalls eine Überschneidung der Kreise der Adressaten der jeweiligen Leistungen gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.1990 – I ZR 298/88, GRUR 1990, 1042, 1045 = WRP 1991, 83 – Datacolor; Urt. v. 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 = WRP 1997, 1093 – NetCom I; Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 185/99, Mitt. 2003, 71, 72 – NetCom II). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht im Hinblick auf den speziellen Anwendungsbereich des unter den angegriffenen Zeichen vertriebenen Arzneimittels rechtsfehlerfrei verneint.

39
III. Nach dem zu vorstehend I. und II. Ausgeführten stehen der Klägerin die geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche ebenfalls nicht zu. Aus denselben Gründen hat auch der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zurücknahme der von dieser betriebenen Markenanmeldungen gerichtete Klageantrag keinen Erfolg.

40
C. Nach allem ist die Revision der Klägerin nicht begründet und daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

(Unterschriften)

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.01.1997 – 315 O 103/96
OLG Hamburg, Entscheidung vom 06.03.2003 – 5 U 192/01

BGH Volltext

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