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BGH: CCCP – Kein Unterlassungsanspruch wegen angeblicher Markenverletzung Urteil vom 14.01.2010 – I ZR 82/08

Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstücks angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann jedoch nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken (hierzu BGH, Beschl. v. 24.4.2008 – I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 22 = WRP 2008, 1428 – MarleneDietrich-Bildnis I) geht der Verkehr bei Wörtern und Symbolen, die auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis.

Der Verkehr erkennt den Wortbestandteil „CCCP“ jedenfalls im Zusammenhang mit dem Hammer-und-Sichel-Symbol als Abkürzung der kyrillischen Schreibweise der früheren Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Der durchschnittlich informierte situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher hat danach bei der Wiedergabe auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken keine Veranlassung, der Bezeichnung statt dieser ihm bekannten Bedeutung nunmehr auch einen Herkunftshinweis zu entnehmen. Aber selbst diejenigen Teile des angesprochenen Publikums, die die Bedeutung der Buchstabenfolge „CCCP“ nicht kennen, haben keine Veranlassung, in der angegriffenen Bezeichnung in Kombination mit dem Hammer-und-Sichel-Symbol mehr als ein dekoratives Element zu sehen.

BGH, Urteil vom 14.01.2010 – I ZR 82/08CCCP – Kein Unterlassungsanspruch wegen angeblicher Markenverletzung
MarkenG §§ 14, 30

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BGH: Legostein

a) Die Grundsätze des § 322 ZPO sind auf bestandskräftige Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts im Löschungsverfahren übertragbar.

b) Hat der Beschwerdeführer im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren ge-mäß § 66 MarkenG die Beschwerdegebühr nicht gezahlt, tritt die daran anknüpfende Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG kraft Gesetzes ein. Die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 RPflG vorgesehene Entscheidung des Rechtspflegers, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt, hat nur deklaratorische Bedeutung.

c) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen (hier: der Legostein) ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung i.S. von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erforderlich ist, sind diejenigen Merkmale außer Betracht zu lassen, die die Grundform der Warengattung ausmachen. Dienen die verbleibenden Merkmale ausschließlich der Herbeiführung einer technischen Wirkung (hier: Verbindung der Spielbausteine), ist die Warenform nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz auch dann ausgenommen, wenn die technische Lösung (hier: Klemmwirkung durch Kupplungselemente in Form von Noppen) durch unterschiedlich ausgestaltete Merkmale (hier: unterschiedlich geformte Noppen) erreicht werden kann.

BGH, Beschluss vom 16.07.2009 – I ZB 53/07Legostein
MarkenG § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 50 Abs. 1 und 2, §§ 54, 66; PatKostG § 6 Abs. 2; ZPO § 322

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BGH: Zoladex

a) Stellt sich der Parallelimport eines Arzneimittels allein deswegen als rechtswidrig dar, weil die Vorabinformation des Markeninhabers, die Voraussetzung für die Erschöpfung gewesen wäre, unterblieben ist, kommt im Rahmen der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie ein verhältnismäßig niedriger Vergütungssatz in Betracht.

b) Der Parallelimporteur, der es versäumt, den Markeninhaber vorab zu informieren, und der deswegen eine Markenverletzung begeht, kann – wenn der Markeninhaber diese Art der Schadensberechnung gewählt hat – verpflichtet sein, den Gewinn aus dem Vertrieb des parallelimportierten Arzneimittels vollständig herauszugeben.

BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 87/07Zoladex
MarkenG § 14 Abs. 6 a.F., § 24

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BGH: „Gib mal Zeitung“

Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich, die weder den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt noch von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher nicht als Abwertung verstanden wird, stellt keine unlautere Herabsetzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG dar.

BGH, Urteil vom 01.10.2009 – I ZR 134/07 – „Gib mal Zeitung
UWG § 6 Abs. 2 Nr. 5

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BGH: „BTK“ – Bestimmung der Höhe des Lizenzsatzes bei Kennzeichenrechtsverletzung nach branchenüblicher Umsatzrendite

a) In die Beurteilung, welcher Lizenzsatz einer Umsatzlizenz bei der Verletzung eines Kennzeichenrechts angemessen ist, ist die in der Branche übliche Umsatzrendite regelmäßig einzubeziehen.

b) Kann ein wegen einer Kennzeichenverletzung zur Auskunft Verpflichteter nicht zweifelsfrei beurteilen, ob das Kennzeichenrecht des Gläubigers durch bestimmte Geschäfte verletzt worden ist, und führt er die Geschäfte deshalb im Rahmen der Auskunft auf, handelt er nicht widersprüchlich, wenn er im nachfolgenden Betragsverfahren den Standpunkt einnimmt, diese Geschäftsvorfälle seien in die Bemessung des Schadensersatzes nicht einzubeziehen.

BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 169/07BTK
MarkenG § 14 Abs. 3 Nr. 3 und 5, § 15 Abs. 5 a.F.

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BGH: AIDA/AIDU – Keine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher und schriftbildlicher Ähnlichkeit

Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen wegen eines ohne weiteres erkennbaren eindeutigen Begriffsinhalts zu verneinen sein kann, gilt auch dann, wenn nur das Klagezeichen über einen solchen Bedeutungsgehalt verfügt.

BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 102/07AIDA/AIDU (OLG Köln)
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5

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BGH: ATOZ III

Verweigert das Bundespatentgericht im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren einem Beteiligten zu Unrecht Verfahrenkostenhilfe, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG verletzt, wenn nicht auszuschließen ist, dass bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eine anwaltlich vertretene Partei den Vortrag in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht bereits im Beschwerdeverfahren und nicht erst im Rechtsbeschwerdeverfahren gehalten und das Bundespatentgericht deshalb eine für sie günstigere Entscheidung getroffen hätte.

BGH, Beschluss vom 29.07.2009 – I ZB 83/08ATOZ III
MarkenG § 26 Abs. 1 und 3, § 83 Abs. 3 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1

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Keine Markenverletzung durch Zeichen „CCCP“ und „DDR“ auf Kleidungssstücken

Der u. a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Fällen entschieden, dass Dritte auf Bekleidungsstücken Symbole ehemaliger Ostblockstaaten anbringen dürfen, obwohl diese Symbole mittlerweile als Marken für Bekleidungsstücke geschützt sind.

Sachverhalt

Der Kläger des Verfahrens I ZR 92/08 ist Inhaber der unter anderem für Bekleidungsstücke eingetragenen Wortmarke „DDR“. Er war außerdem Inhaber einer für Textilien eingetragenen Bildmarke, die das Staatswappen der DDR abbildete. Der Beklagte vertreibt sogenannte Ostprodukte. Er bewirbt und vertreibt TShirts mit der Bezeichnung „DDR“ und ihrem Staatswappen. Der Kläger hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Das zweite Klageverfahren (I ZR 82/08) betraf die Verwendung der Buchstabenfolge „CCCP“ zusammen mit dem Hammer-und-Sichel-Symbol auf TShirts. Die Buchstabenfolge „CCCP“ (in lateinischen Buchstaben SSSR) steht als Abkürzung der kyrillischen Schreibweise der früheren UdSSR. Die Klägerin ist Lizenznehmerin der Wortmarke „CCCP“, die für bestimmte Bekleidungsstücke (z.B. Hosen, Overalls) eingetragen ist. Die Beklagte vertreibt über das Internet bedruckte Bekleidungsstücke. Zu den zur Auswahl stehenden Motiven gehört auch ein Hammer-und-Sichel-Symbol mit der Buchstabenfolge „CCCP“. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung des Vertriebs dieser Produkte in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg haben die Klage mangels markenmäßiger Benutzung der angegriffenen Bezeichnung abgewiesen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat die klageabweisenden Entscheidungen im Hamburger Verfahren bestätigt. Im Münchner Verfahren I ZR 92/08 hat er das von der Vorinstanz ausgesprochene Verbot aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im markenrechtlichen Verletzungsverfahren geht es nicht mehr um den Bestand der Marken. Die Ansprüche der Kläger aus ihren Marken hat der Bundesgerichtshof verneint, weil die Anbringung der Symbole der ehemaligen Ostblockstaaten auf Bekleidungsstücken die Markenrechte der Kläger nicht verletzen. Die markenrechtlichen Ansprüche setzen voraus, dass der Verkehr auf Bekleidungsstücken angebrachte Aufdrucke als Hinweis auf die Herkunft der Produkte von einem bestimmten Unternehmen und nicht nur als dekoratives Element auffasst, das nach Art des Motivs variieren kann. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Verbraucher die auf der Vorderseite von TShirts angebrachten Symbole ehemaliger Ostblockstaaten ausschließlich als dekoratives Element auffassen und in ihnen kein Produktkennzeichen sehen.

Urteil vom 14. Januar 2010 I ZR 82/08 – CCCP
OLG Hamburg – Urteil vom 10. April 2008 3 U 280/08
LG Hamburg – Urteil vom 17. November 2006 406 O 133/06

und

Urteil vom 14. Januar 2010 I ZR 92/08 – DDR
OLG Hamburg München -Urteil vom 24. April 2008 29 U 4160/07
LG München I – Urteil vom 31. Juli 2007 9 HK O 3546/07

BGH, Pressemitteilung Nr. 10/2009, Karlsruhe, den 15. Januar 2010

Opel unterliegt im Streit um Markenverletzung durch Spielzeugautos

Der u. a. für Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern entschieden, dass der Hersteller eines Kraftfahrzeuges den Vertrieb von Spielzeugmodellautos, die als verkleinerte Nachbildung seines Originalfahrzeugs auch die Marke des Originalherstellers an der entsprechenden Stelle tragen, nicht unter Berufung auf seine Markenrechte verbieten kann.

Sachverhalt

Die Klägerin, die Adam Opel GmbH, ist Inhaberin einer für Kraftfahrzeuge und Spielzeug eingetragenen Bildmarke, die das Opel-Blitz-Zeichen wiedergibt. Sie wendet sich gegen den Vertrieb eines funkgesteuerten Spielzeugautos der Beklagten, das ein verkleinertes Abbild eines Opel Astra V8 Coupé darstellt und am Kühlergrill das Opel-Blitz-Zeichen trägt.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat zu der Frage, ob diese Nachbildung in verkleinertem Maßstab eine unzulässige Markenbenutzung darstellt, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingeholt. Dieser hat entschieden, dass es maßgeblich auf die von dem vorlegenden Gericht zu treffende Feststellung ankomme, ob die angesprochenen Verkehrskreise das identische Zeichen auf den Spielzeugmodellautos als Angabe darüber verstünden, diese stammten von der Klägerin oder einem mit ihr wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Das Landgericht hat die u.a. auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Klage daraufhin abgewiesen. Es hat angenommen, der Verkehr sehe die auf einem verkleinerten Abbild eines großen Originalfahrzeugs an der richtigen Stelle angebrachte Marke als einen Teil des Modellfahrzeugs an und rechne sie weder dem Hersteller des Vorbilds zu noch gehe er von wirtschaftlichen, insbesondere lizenzvertraglichen Beziehungen zwischen den Herstellern des Vorbilds und des Spielzeugmodells an. Das Berufungsgericht hat diese Auffassung bestätigt. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Eine Verletzung der für Spielzeug eingetragenen Marke der Klägerin hat der Bundesgerichtshof verneint. Zwar liegen die Voraussetzungen einer Markenverletzung insoweit vor, als es sich bei der Anbringung des Opel-Blitz-Zeichens auf dem Spielzeugauto der Beklagten um die Benutzung eines mit der Klagemarke identischen Zeichens für identische Waren (Spielzeug) handelt. Dadurch werden jedoch weder die Hauptfunktion der Marke, die Verbraucher auf die Herkunft der Ware (hier: Spielzeugauto) hinzuweisen, noch sonstige Markenfunktionen beeinträchtigt, weil die angesprochenen Verbraucher das Opel-Blitz-Zeichen auf den Spielzeugautos der Beklagten nur als – originalgetreue – Wiedergabe der Marke verstehen, die das nachgebildete Auto der Klägerin an der entsprechenden Stelle trägt. Das Opel-Blitz-Zeichen wird nur als Abbildungsdetail der Wirklichkeit angesehen. Die Verbraucher sehen darin folglich keinen Hinweis auf die Herkunft des Modellautos.

Soweit die Marke der Klägerin für Kraftfahrzeuge eingetragen ist, handelt es sich nicht um ähnliche Waren (Spielzeugautos und Kraftfahrzeuge), so dass auch die Annahme einer Markenverletzung wegen Begründung einer Verwechslungsgefahr ausscheidet. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes einer – für Kraftfahrzeuge – bekannten Marke ist eine Markenverletzung gleichfalls zu verneinen. Insoweit fehlt es an einer unlauteren Beeinträchtigung oder Ausnutzung des Rufs der für Kraftfahrzeuge eingetragenen Marke der Klägerin.

Urteil vom 14. Januar 2010 – I ZR 88/08 – Opel-Blitz II

OLG Nürnberg – Urteil vom 29. April 2008 – 3 U 1240/07
GRUR-RR 2008, 393 = WRP 2008, 1257

LG Nürnberg-Fürth – Urteil vom 11. Mai 2007 – 4HK O 4480/04
WRP 2007, 840

EuGH – Urteil vom 25. Januar 2007 – C-48/05,
Slg. 2007, I-1017 = GRUR 2007, 318 = WRP 2007 – Adam Opel

BGH, Pressemitteilung Nr. 9/2009, Karlsruhe, den 15. Januar 2010

BGH: ROCHER-Kugel – Durchsetzungsgrad einer Formmarke

a) Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht.

b) Wird eine Formmarke nie isoliert, sondern nur zusammen mit weiteren Kennzeichen benutzt, sind die Angaben zur Marktposition, zu Umsätzen und Werbeankündigungen auf die Zeichenkombination bezogen und deshalb für die Durchsetzung der reinen Formmarke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Regelfall nicht genügend aussagekräftig.

c) An den Durchsetzungsgrad einer Formmarke i.S. des § 8 Abs. 3 MarkenG, die eine von den typischen Merkmalen der Produkte dieser Warengattung abweichende Gestaltung aufweist, sind keine besonders hohen Anforderungen zu stellen.

BGH, Beschluss vom 09.07.2009 – I ZB 88/07ROCHER-Kugel
MarkenG § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1

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