OLG Hamburg, Urteil vom 05.05.2004 – 5 U 85/03 – TAE-BO
Markenverletzungsklage: Bindung des Verletzungsgerichts an eine eingetragene deutsche Wortmarke trotz eines parallelen Löschungsverfahrens; Verkehrsverständnis des Begriffs „Tae Bo“ und Herkunftstäuschung durch unbefugte Markenverwendung – Tae Bo
1. Das Verletzungsgericht ist an die eingetragene deutsche Wortmarke „Tae Bo“ , u.a. geschützt für Kurse und Ausbildungsprogramme im Fitnessbereich, gebunden. Die gegen diese Marke gerichteten Löschungsanträge haben keine ausreichende Erfolgsaussicht, um eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens zu rechtfertigen.
2. Der Begriff „Tae Bo“ wird in Deutschland jedenfalls von rechtlich erheblichen Teilen des Verkehrs herkunftshinweisend für das von dem mehrfachen Kampfsportweltmeister entwickelte Fitnesstraining verstanden ( Abgrenzung zur Entscheidung „Feldenkrais“ des BGH )
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg – Kammer 7 für Handelssachen – vom 11.2.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt klarstellend neu gefasst wird :
Die Beklagten werden verurteilt,
1. bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000.-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)
es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr für Ausbildung und sportliche Aktivitäten die Zeichen „TaeBo“ und/oder „European TaeBo“ zu benutzen, insbesondere unter der Bezeichnung „Summercamp for TaeBo Exercises“ sportliche Aktivitäten anzubieten oder zu erbringen und/oder dieses Zeichen in der Werbung zu benutzen, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht,
2. der Klägerin unter Vorlage schriftlicher Belege darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 25.4.2002 Handlungen gemäß Ziff. I 1 begangen haben, und zwar über die Umsätze, die unter den streitgegenständlichen Bezeichnungen getätigt wurden, sowie über die Menge der gemäß Antrag zu Ziff. I 1 hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Werbemittel sowie der gewerblichen Abnehmer dieser Werbemittel.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten allen Schaden zu ersetzen haben, der der Klägerin aus den in Ziff. I 1 beschriebenen Handlungen seit dem 25.4.2002 bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
III. Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Werbemittel zu vernichten, die gemäß Ziff. I 1 gekennzeichnet sind.
IV. Die Beklagten haben auch die Kosten der Berufung wie Gesamtschuldner zu tragen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 165.000.- abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine amerikanische Gesellschaft, die durch den mehrmaligen Kampfsport-Weltmeister Billy Blanks vertreten wird. Billy Blanks entwickelte seit den 80er Jahren in den USA eine neue Form des Fitnesstrainings unter der Bezeichnung „TaeBo“. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Kampfsport- und Tanzelementen.
Die Klägerin ist Inhaberin einer am 9.6.99 angemeldeten deutschen Wortmarke „Tae-Bo“. Diese ist unter anderem eingetragen für die „Durchführung von Kursen und Ausbildungsprogrammen das physische und mentale Trainings- und Fitnesswesen betreffend und von Aerobic-Veranstaltungen, Aerobic-Kursen und Aerobic-Kongressen; Veranstaltungen von Workshops; Dienstleistungen eines Fitness-Studios, insbesondere Trainingskonzepte und –systeme zur körperlichen Ertüchtigung“ (Anlage K 1).
Nach vorangegangenem Verfügungsverfahren nimmt die Klägerin die Beklagten wegen Verletzung ihrer deutschen Wortmarke „Tae-Bo“ auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung in Anspruch. Die Beklagten bewarben im Sommer 2002 mit den im Tenor zu Ziff I 1 wiedergegebenen Werbematerialien ein „European TaeBo –Sommercamp“, ein „Summercamp for TaeBo Exercises“ und „European TaeBo Exercises“.
Auch in anderem Zusammenhang bewerben die Beklagten ihre Angebote unter Verwendung der Bezeichnungen „TaeBo“ und „European TaeBo“ in Katalogen und im Internet (Anlagen K 3, K 5, K 7). Die Beklagten verteidigen sich vor allem damit, dass es sich bei „TaeBo“ um eine Sportart handele. Deshalb sei eine Monopolisierung des Begriffes als Marke unzulässig. Die Beklagten halten die Marke der Klägerin deshalb für löschungsreif und streiten mit der Klägerin auch im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt. Dieses hat auf Antrag der Beklagten zu 2 und 3 mit Beschluss vom 13.8.2003 eine teilweise Löschung der Marke bezüglich der oben aufgeführten Dienstleistungen beschlossen (Anlage BB 3). Ein entsprechender Beschluss erging bereits am 11.12.2002 auf Antrag des Verbandes Deutscher Fitness- und Freizeitunternehmen e.V. (Anlage BB 1). Gegen beide Beschlüsse hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeverfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Beklagten entsprechend den erstinstanzlich gestellten Klaganträgen wie folgt verurteilt :
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr für Ausbildung und sportliche Aktivitäten das Zeichen „Tae Bo“ zu benutzen, insbesondere unter der Bezeichnung „Summercamp for Tae Bo Exercises“ sportliche Aktivitäten anzubieten oder zu erbringen und/oder dieses Zeichen in der Werbung zu benutzen, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht:
…
2. der Klägerin unter Vorlage schriftlicher Belege darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß dem Antrag zu Ziffer I.) begangen haben, und zwar über die Umsätze die unter der streitgegenständlichen Bezeichnung getätigt wurden, sowie über die Menge der gemäß Antrag zu Ziffer I.1) hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände sowie der gewerblichen Abnehmer dieser Gegenstände.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten allen Schaden zu ersetzen haben, der der Klägerin aus den in den Anträgen zu Ziffer I.) beschriebenen Handlungen seit dem 25. April 2002 bereits entstanden oder künftig noch entstehen wird.
III. Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Gegenstände zu vernichten, die gemäß dem Antrag zu Ziffer I. 1) gekennzeichnet sind.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie begehren die Änderung der erstinstanzlichen Verurteilung dahingehend, dass die Klage abgewiesen werden soll. Hilfsweise beantragen sie die Aussetzung des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des Löschungsverfahrens. Sie vertiefen ihren Vortrag dazu, dass es sich bei „TaeBo“ um eine Sportart handele. Sie meinen auch, dass sie „TaeBo“ nicht markenmäßig verwendeten, sondern nur beschreibend. Jedenfalls sei die Verwendung gemäß § 23 Nr.2 und 3 MarkenG zulässig.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
1. Gegenstand des vorliegenden Hauptsacheverfahrens ist die Verwendung der Bezeichnungen „European TaeBo“ und „TaeBo“ für die Durchführung von Sportveranstaltungen, Fitnessveranstaltungen und Sportevents. In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin noch einmal klargestellt, dass es um das Verbot der Bezeichnungen „European TaeBo“ und/oder „TaeBo“ für sportliche Aktivitäten geht, beispielhaft verwirklicht in den aufgeführten konkreten Verletzungsformen der Werbungen für das Sommercamp. Ferner hat sie klargestellt, dass mit den „Gegenständen“ in Ziff. I 2 und Ziff. III die Werbemittel der Beklagten gemeint sind und die Auskunft entsprechend der Schadensersatzfeststellung ab dem 25.4.2002 begehrt wird. Der Senat hat den Tenor daraufhin klarstellend neu gefasst und redaktionell diesen Klarstellungen angepasst.
2. Verwendung von „European TaeBo“:
Bezüglich dieser Bezeichnung hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG. Die Folgeanträge auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung sind nach den §§ 14 Abs. 6 und 18, 19 MarkenG ebenfalls begründet.
a) Die Klägerin ist Inhaberin einer eingetragenen deutschen Wortmarke „Tae-Bo“. Hieran ist der Senat als Verletzungsgericht gebunden. Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, mit denen die Marke teilweise gelöscht worden ist, sind bislang nicht rechtskräftig geworden, da die Klägerin hiergegen Beschwerde eingelegt hat (§ 66 Abs.1 S.3 MarkenG).
Die von den Beklagten hilfsweise beantragte Aussetzung des Rechtsstreits in Hinblick auf die anhängigen Löschungsverfahren hält der Senat nicht für geboten. Sie käme nur dann in Betracht, wenn eine überwiegende Erfolgsaussicht für den Löschungsantrag bejaht werden könnte (Senat, Beschluss vom 23.1.2003, 5 W 81/02 und Urteil vom 23.10.2003, 5 U 167/02 m.w.N.). Zwar hat der Senat in anderer Besetzung in der Beschwerdesache 5 W 81/02, die eine durch das Landgericht beschlossene Aussetzung eines Markenrechtsstreits wegen eines Löschungsverfahrens gegen die Gemeinschaftsmarke „TaeBo“ betraf, die Ermessensausübung des Landgerichts dahingehend bestätigt, dass die Aussetzung des Verfahrens vertretbar sei. Er hat jedoch zugleich hervorgehoben, dass damit nicht gesagt sei, dass er selbst genauso entschieden hätte. Im Übrigen betraf das Verfahren – wie ausgeführt – die Gemeinschaftsmarke „TaeBo“, für die wegen der zu beachtenden Bezeichnungsgewohnheiten in anderen EU-Ländern etwaige Eintragungshindernisse anders beurteilt werden mögen. Hier geht es indessen nur um die Löschungsvoraussetzungen für die deutsche Marke, also Eintragungshindernisse, die sich nur auf den deutschen Markt beziehen.
Eine Löschung der Marke käme in Betracht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden wäre und das Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Löschung noch bestünde ,§ 50 Abs.1 und 2 MarkenG (vorliegend geht es indessen nicht um die Löschung einer Marke wegen Entwicklung zu einer gebräuchlichen Bezeichnung infolge Untätigkeit des Markeninhabers nach § 49 Abs.2 Nr.1 MarkenG; einen solchen Sachverhalt tragen auch die Beklagten nicht vor). Nach Auffassung des DPMA bestand zum Zeitpunkt der Eintragung bereits das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs.2 Nr.2 MarkenG, zumindest in Form eines Freihaltebedürfnisses.
aa) Von Haus ist „Tae-Bo“ oder „TaeBo“ (ohne Bindestrich) nicht beschreibend, sondern unstreitig ein von Billy Blanks erfundenes Kunstwort („Tae“ aus dem Koreanischen für „Fuß“ und „Bo“ für Boxen). In seinem Interview vom 30.12.98 (Anlage BB2) liefert Blanks noch eine weitere Deutung für jeden einzelnen Buchstaben (T= Total; A = Awareness; E=Excellence; B=Body; O=Obedience). Dass „Tae-Bo“ bereits zum Zeitpunkt der Markeneintragung am 23.8.1999 als beschreibender Begriff für das unter dieser Bezeichnung angebotene Fitnessprogramm in Deutschland bekannt war, ist nach den vorgelegten Anlagen kaum belegt. Das DPMA stützt sich auf einen einzigen Artikel in der Zeitschrift „Fit for Fun“ von 12/99 (Anlage K 16), also eine vier Monate nach der Markeneintragung erschienene Veröffentlichung. Selbst wenn man berücksichtigt, dass eine Behandlung in der Presse mit zeitlicher Verzögerung erfolgt, ist dieser Beleg nicht hinreichend, um für den Eintragungszeitpunkt schon davon auszugehen, dass „TaeBo“ in Deutschland bereits zum Gattungsbegriff geworden war. Auch in ihrer Beschwerdeerwiderung (Anlage BB6) beziehen sich die Beklagten für die Zeit vor der Eintragung nur auf umfangreiche englischsprachige Berichte aus den USA und dem Internet (S.4 ff).
Nach std. Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken eintragbar, wenn den relevanten Waren/Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, sei es auch nur wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (Nachweise bei Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2.Aufl., § 8 Rn.132). Für den Eintragungszeitpunkt der Klagmarke gibt es hierfür – wie ausgeführt – so gut wie keine auf Deutschland bezogene Anhaltspunkte. Auch die zahlreichen Presseartikel, die von den Beklagten vorgelegt worden sind, stammen aus späterer Zeit. Damit scheidet ferner der Löschungsgrund der mangelnden Unterscheidungskraft der Marke nach § 8 Abs.2 Nr.1 MarkenG aus, auf den das DPMA seine Entscheidung allerdings nicht gestützt hat.
bb) Aber auch dem vom DPMA angenommenen, jedenfalls zukünftigen Freihaltebedürfnis stehen ganz erhebliche Bedenken entgegen. Nach der Rechtsprechung des EUGH kann zwar ein Freihaltebedürfnis nicht nur gegenwärtig bestehen, sondern auch dann bejaht werden, wenn es „vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist“ („Chiemsee“, GRUR 99,723 Tz.31). Bei der Beurteilung dieser Frage hat das DPMA aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass mit einer Marke „Tae-Bo“ nicht die unter dieser Bezeichnung propagierten Bewegungsabläufe monopolisiert werden, sondern nur ein neues Fitnesstraining aus für sich genommen bekannten Bewegungselementen unter einem bestimmten Namen daherkommt. Wie die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung zu dem ersten Löschungsbeschluss im Einzelnen ausgeführt hat (Anlage K 17) und wie sich auch aus einigen der vorgelegten Presseartikel ergibt, werden die Bewegungsabläufe von „Tae-Bo“ von verschiedenen Anbietern unter anderen Namen vermarktet und auch markenrechtlich abgesichert („Thairobic“; „Cardio Kick Fit“; „Thai Do“; „Bodycombat“; „Kickboxfitness“). Ein Freihaltebedürfnis lediglich daraus abzuleiten, dass im Fitnessbereich alle in den USA modern gewordenen Trends unter gleichen Namen übernommen werden können, erscheint rechtlich nicht haltbar, selbst wenn dies in der Vergangenheit mit bestimmten Fitnessbewegungen, z.B. dem markenrechtlich in Deutschland nicht geschützten Aerobic, so geschehen ist. Allein daraus, dass eine von Haus aus nicht beschreibende Bezeichnung gerade im Trend und damit wirtschaftlich attraktiv ist, lässt sich ein Freihaltebedürfnis noch nicht herleiten (Ingerl-Rohnke, a.a.O. § 8 Rn.243).
Insgesamt lässt sich damit keine hinreichende Erfolgsaussicht der gegen die Klagmarke gerichteten Löschungsanträge feststellen.
b) Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BGH und des EUGH ist für den Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG weiter erforderlich, dass die Beklagten die Bezeichnung „European TaeBo“ kennzeichenmäßig verwenden. Dies ist vom Landgericht zu Recht bejaht worden. Mit der Voranstellung von „European“ schlagen die Beklagten zunächst die Brücke zur Gesellschaftsbezeichnung der Beklagten zu 1. Sodann bieten sie auch ihre weiteren Programme unter Voranstellung von „European“ an, wie sich aus dem zweiten Verwendungsbeispiel zum Klagantrag ergibt („European Weights“, „European Relax“). In der Anlage K 7 (2. Seite: Vorwort) heißt es „die Bezeichnung „European“ vor unseren Angeboten steht als Qualitätsgarant für all unsere Systeme – gleich welchen Sektors“. Aus dieser Broschüre sind zusätzliche Angebote der Beklagten unter Voranstellung von „European“ zu finden, z.B. „European Aerobic“, auf S.22 übrigens mit dem Symbol ®, was für eine Eintragung dieses Begriffs als Marke – möglicherweise für die Beklagten- spricht. Nach allem verwenden die Beklagten auch ihr Angebot „European Tae Bo“ herkunftshinweisend auf ihr Unternehmen.
c) Es besteht mindestens mittelbare Verwechslungsgefahr mit der Klagmarke „Tae-Bo“, wie das Landgericht gleichfalls zutreffend ausgeführt hat.
Eine Verwechslungsgefahr setzt allerdings voraus, dass der Verkehr in „TaeBo“ überhaupt einen Herkunftshinweis erblickt, denn sonst könnte er nicht die Vorstellung haben, dass der Anbieter von „European TaeBo“ mit dem Inhaber der Herkunftsbezeichnung „Tae-Bo“ in Beziehung stehen könnte. Dies ist jedoch zu bejahen. Entgegen der Rechtsverteidigung der Beklagten geht der Senat davon aus, dass jedenfalls rechtlich erhebliche Teile des Verkehrs mit „TaeBo“ durchaus Herkunftsvorstellungen verbinden, und der Begriff noch nicht zu einer Gattungsbezeichnung für das unter diesem Namen angebotene Fitnesstraining geworden ist, auch wenn er mittlerweile von einem Teil des angesprochenen Publikums so verstanden werden mag. Da sich das Angebot von Fitnessprogrammen an das allgemeine sportinteressierte Publikum richtet, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, kann der Senat diese Feststellungen aus eigener Sachkunde treffen.
Allerdings lässt sich aus den zahlreichen von beiden Parteien vorgelegten deutschsprachigen Veröffentlichungen zu „TaeBo“ ab Ende 1999 ableiten, dass das Fitnessprogramm des Billy Blanks in kurzer Zeit in Deutschland eine erhebliche Bekanntheit erreicht hat. Auch haben die Beklagten nachweisen können, dass im Jahr 2004 der Begriff „TaeBo“ in verschiedenen lexikalischen Werken aufgeführt ist (Brockhaus/Duden; Wahrig Deutsche Rechtschreibung; Fitneswelt’s kleines Lexikon, s. Anlagen 37-43 zu Anlage BB 6). Indessen ist hier schon Vorsicht angebracht, denn der Verkehr neigt dazu, bekannte Marken in einem bestimmten Produktbereich gewissermaßen als Synonym für diesen Bereich zu sehen, obwohl dem Verkehr durchaus bewusst ist, dass es sich um das Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens handelt ; deshalb ist z.B. auch bei Löschungsanträgen gegen Marken wegen Entwicklung einer Marke zu einer gebräuchlichen Bezeichnung gemäß § 49 Abs.2 Nr.1 MarkenG Zurückhaltung angebracht (Ingerl-Rohnke, a.a.O. § 49 Rn.34). Auch ist das teilweise verwendete Wort „Sportart“, welches die Beklagten in den Mittelpunkt ihrer Rechtsverteidigung gestellt haben, durchaus schillernd und belegt noch nicht, dass der Name für eine sportliche Betätigung zwingend ein Gattungsbegriff für diese Betätigung sein muss. So sind wohl auch die Abgrenzungsversuche des Landgerichts zwischen einer „Sportart“ und einer „sportlichen Betätigung“ nicht unzweifelhaft und für die Entscheidung des Rechtsstreits letztlich nicht zielführend.
Im Übrigen wird aber auch in den vorgelegten Veröffentlichungen nicht nur vielfach auf den Erfinder von „TaeBo“, Billy Blanks, hingewiesen, sondern teilweise explizit auf den markenrechtlichen Schutz und die Notwendigkeit von Lizenzierungen (Anlage K 10 : Artikel in der Zeitschrift „go München“, Ausgabe März 2002, und Internetmagazin „munich online“ v. 19.4.2002; Anlage B 5 : Frankfurter Rundschau aus Feb.2002; Anlage B 6 : www.jonet.de vom 4.1..2002; Anlage B 15 : „Fitness.com“ vom 3.9.2003 ; Anlage BB 7 – in der Berufungsverhandlung überreichtes Konvolut – : www.kwick.de v. 8.4.2004 ; „ www.fitness.welt.de v. 8.4.2004). Ferner hat die Klägerin umfangreich ihre Marke jedenfalls gegenüber privaten Anbietern verteidigt (Beispiele Anlage K 9), während sie allerdings einige unlizenzierte Angebote im Hochschulsport unbeanstandet gelassen hat, wie sie in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat (Anlagen 31,34,35 zur Anlage BB 6).
Nimmt man dies nun alles zusammen, kann aber jedenfalls derzeit nicht festgestellt werden, dass der Verkehr bis auf rechtlich unbeachtliche Teile „TaeBo“ als Gattungsbezeichnung einer bestimmten Form des Fitnesstrainings ansieht, die von jedermann ohne Lizenzierung durch den Markeninhaber angeboten werden kann. Somit hat also auch das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Gefahr besteht, der Verkehr werde eine rechtliche oder organisatorische Verbindung zwischen dem auf Billy Blanks zurückgehenden Fitnesstraining „TaeBo“ und dem von den Beklagten angebotenen Fitnesstraining „European TaeBo“ vermuten.
d) Die Beklagten können sich nicht auf § 23 Nr.2 oder Nr.3 MarkenG berufen.
Auch bei der hier bejahten markenmäßigen Verwendung eines Zeichens ist § 23 MarkenG anwendbar (Urteil des Senats vom 6.11.2003, 5 U 64/03). Der BGH hat die Frage in der Sache „Gerri/Kerry Spring“ dem EUGH vorgelegt (WRP 2002,547, 549 f.). Dieser hat mit Urteil vom 7.1.2004 entschieden, dass es für die Anwendung von Art.6 Abs.1 b) der Markenrichtlinie (= § 23 Nr.2 MarkenG) nur darauf ankomme, ob die Verwendung eines Zeichens – dort ging es um eine geografische Herkunftsangabe – den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspreche (Aktz. C-100/02, Ziff.24).
Die Beklagten haben sich in der Verhandlung vor dem Senat zur Begründung einer zulässigen beschreibenden Benutzung auf die Entscheidung „BMW/Deenik“ des EUGH berufen (WRP 99,407). Der EUGH hat die Verwendung der Marke „BMW“ durch den Inhaber einer KFZ-Werkstatt gemäß Art.6 Abs.1 c der Markenrichtlinie (= § 23 Nr.3 MarkenG) für zulässig gehalten, weil er seinen Kunden nicht anders mitteilen könne, dass er auf die Wartung und Instandsetzung von BMW-Fahrzeugen spezialisiert sei (S.413).
Der hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich von „BMW/Deenik“ dadurch, dass die Beklagten gerade nicht darauf angewiesen sind, die von ihnen angebotenen Fitnesskurse und –veranstaltungen unter kennzeichenmäßiger Verwendung des Begriffes „TaeBo“ anzubieten. Denn – wie ausgeführt – sind die Bewegungsabläufe nicht monopolisiert und zeigt die Verwendung der verschiedensten Bezeichnungen durch andere Mitbewerber, dass ein Ausweichen auf andere Namen durchaus möglich ist. Eine nichtkennzeichenmäßige, rein beschreibende Bezugnahme auf „TaeBo“ – etwa „Bewegungstraining nach Art von TaeBo“ – steht vorliegend gerade nicht in Rede. Dies wird den Beklagten nicht verwehrt sein können, wenn sie meinen, dem Verkehr die Beschaffenheit ihres Angebots unter Bezugnahme auf die Marke der Klägerin näher erläutern zu müssen (s. z.B. EUGH WRP 2002, 664 „Hölterhoff“).
Die Beklagten führen noch die Entscheidung „Feldenkrais“ des BGH ins Feld (NJW-RR 2003,623). Der Arzt Dr. Feldenkrais (1904-1984) hatte eine bestimmte Therapie zur Entwicklung eines Bewusstseins für Bewegungsabläufe entwickelt und unter anderem den Kläger des vom BGH entschiedenen Rechtsstreits mehrere Jahre lang darin geschult. Der dortige Beklagte hatte erst nach dem Tode des Dr. Feldenkrais mehrere Feldenkrais-Marken für sich eintragen lassen und nahm den Kläger im Wege der Widerklage auf Unterlassung der Verwendung verschiedener Bezeichnungen mit dem Bestandteil „Feldenkrais“ für die vom Kläger durchgeführten Schulungen in der Methodik des Dr. Feldenkrais in Anspruch. Der BGH billigte die auf § 23 Nr.2 gestützte Abweisung der Widerklage durch das Berufungsgericht. Werde ein Name als Synonym für eine bestimmte Methode benutzt, könne er im Zusammenhang mit den entsprechenden Dienstleistungen – auch schon ohne im Verkehr durchgesetzt zu sein – eine beschreibende Funktion entwickeln.
Der hier zu beurteilende Sachverhalt weist indessen einen gravierenden Unterschied zur Entscheidung „Feldenkrais“ auf: Während der Begriff Feldenkrais jahrelang in Verbindung mit einer bestimmten Methode im Inland benutzt worden war, bevor die Markeneintragung erfolgte, ist die Marke der hiesigen Klägerin mindestens zeitgleich, wenn nicht vor der Verbreitung von „TaeBo“ in deutschen Fitness-Studios eingetragen worden. Die Eintragung erfolgte daher jedenfalls für Deutschland ohne die „Hypothek“ einer jahrelangen beschreibenden Benutzung.
Die kennzeichenmäßige Verwendung von „European Tae Bo“ erweckt schließlich außerdem den Eindruck, dass das Angebot der Beklagten speziell auf den europäischen Verbraucher zugeschnitten und damit womöglich „besser“ sei als das Original „TaeBo“. Auch dies sieht der Senat als unlauter an.
Insgesamt können sich die Beklagten daher nicht auf § 23 MarkenG berufen, weil die markenmäßige Verwendung von „European TaeBo“ unlauter ist, mithin nicht mit den guten Sitten vereinbar ist, wie § 23 MarkenG es für alle drei Alternativen der beschreibenden Benutzung erfordert.
3. Verwendung von „TaeBo“ :
Die Beklagten verwenden „TaeBo“ nach den mit Klagschrift überreichten Anlagen in vielfältiger Form auch ohne Voranstellung von „European“, nämlich als „TaeBo Exercises“, als E-mail-Adressen „sommercamp@taebo.net.de“ und „info@taebo.net.de“, „Masterstunden of TaeBo“ oder „TaeBo Sportsystems“.
Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch hinsichtlich dieses Zeichens ist § 14 Abs.2 Nr.1, Abs.5 MarkenG. Denn es geht um die Verwendung eines mit der Klagmarke identischen Zeichens für identische Dienstleistungen. Für die übrigen Klaganträge finden die oben schon aufgeführten Normen des MarkenG Anwendung.
Auch für den Anspruch aus § 14 Abs.2 Nr.1 MarkenG ist es erforderlich, dass der Verletzer die Marke kennzeichenmäßig verwendet. Dies ist hier jedenfalls für den rechtlich erheblichen Teil des Verkehrs zu bejahen, der mit „TaeBo“ Herkunftsvorstellungen verbinden (s.o.). Er wird nämlich in „TaeBo Exercises“ oder den anderen aufgeführten Verwendungsbeispielen einen allgemeinen Herkunftshinweis auf das von Billy Blanks entwickelte Fitnesstraining erblicken – dazu tragen zusätzlich die in diesem Zusammenhang von den Beklagten verwendeten englischen Vokabeln wie „Exercises“ und „Sportsystems“ bei – und in „European Tae Bo“ eine spezielle Verwendungsform der Beklagten, indem sie „TaeBo“ wie auch anderen Sportangeboten „European“ quasi als Stammbestandteil voranstellen, als zusätzliches „Gütesiegel“ eines aus dem Hause der Beklagten stammenden Angebots. So stellen sie es auch selbst in ihrer Werbung dar, wie oben bereits unter Ziff.2 b zitiert.
Auch für „TaeBo“ können sich die Beklagten nicht auf § 23 MarkenG berufen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen zu „European TaeBo“ Bezug, wobei hier allerdings der zusätzliche Aspekt der „Vereinnahmung“ unter Voranstellung des eigenen Stammkennzeichens „European“ nicht gilt. Dafür geht es bei „TaeBo“ um eine Identverletzung des klägerischen Zeichens, die regelmäßig schwerer zu gewichten ist als die Verwendung eines nur ähnlichen Zeichens für ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision gemäß § 543 ZPO nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat und noch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Es handelt sich vorliegend nur um die Entscheidung eines Einzelfalls unter Anwendung höchstrichterlich abgesicherter Rechtsgrundsätze.
(Unterschriften)
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