Die Bezeichnung „Schweizer Rechtsanwälte“ ist nicht als Marke für die Dienstleistungen eines Rechtsanwalts schutzfähig. Sie weist lediglich beschreibend darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen von Schweizer Rechtsanwälten angeboten und erbracht würden. Der Verkehr wird daher mit der angemeldeten Bezeichnung allenfalls die Vorstellung verbinden, dass die Anwälte, die die betreffenden Dienstleistungen erbringen, in der Schweiz ansässig, mit dem schweizerischen Recht vertraut und zum Auftreten vor Behörden und Gerichten in der Schweiz befugt sind. Er wird darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.
BPatG, Beschluss vom 28.04.2009 – 24 W (pat) 32/08 – Schweizer Rechtsanwälte
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 304 04 754.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Eisenrauch und der Richterin Dr. Kober-Dehm in der Sitzung vom 28. April 2009
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
Schweizer Rechtsanwälte
ist als Wortmarke für die Dienstleistungen
„Dienstleistungen eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Unternehmensberaters, Marktforschers, soweit in Klasse 35 enthalten; Lobbying, nämlich Vertretung wirtschaftlicher Interessen Dritter gegenüber politischen Entscheidungsträgern und anderen Personen; Geschäftsführung für andere, Unternehmensverwaltung; Registrieren, Zusammenstellen, systematisches Ordnen, Aufbereiten und Archivieren von Texten, Dokumenten und Daten; Telekommunikation; Vermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze; Betrieb eines elektronischen Informations- und Kommunikationssystems; Onlinedienste, nämlich Übermittlung von Nachrichten; E-Mail-Datendienste (elektronischer Postversand); jeweils soweit in Klasse 38 enthalten; Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen; Entwurf, Entwicklung und technische Beratung im Bereich von Computersystemen, Computerberatungsdienste; Pflege- und Aktualisierung von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Online-Updating-Service; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern und Aktualisieren von Daten und sonstigen Informationen, insbesondere Erstellung und Betreuung von Computer-Datenbanken und Bereitstellung des Zugangs zu Online-Datenbanken auf dem Gebiet der Rechtsberatung und -vertretung sowie der Marktforschung; wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Rechtswissenschaft und Marktforschung; Rechtsberatung und -vertretung, gutachterliche Stellungnahmen, Schlichtungen und außergerichtliche Streitbeilegungen; Durchführung von Recherchen in Rechtsangelegenheiten; Dienstleistungen eines Rechtsanwalts, insbesondere Beratung, Vertretung und Erstellung von Gutachten in allen Rechtsangelegenheiten; Dienstleistungen eines Patentanwaltes“
zur Eintragung in das Register angemeldet.
Mit Beschlüssen vom 2. August 2005 und vom 31. Januar 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung weise lediglich beschreibend darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen von Schweizer Rechtsanwälten angeboten und erbracht würden. Die Wortkombination sei auch nicht in schutzbegründender Weise mehrdeutig. Maßgeblich für die Beurteilung der Schutzfähigkeit sei der Zusammenhang der Bestandteile „Schweizer“ und „Rechtsanwälte“ sowie der Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen. Insoweit sei die Bedeutung in dem o. g. Sinne eindeutig. Dass „S…“ gleichzeitig der Name des Anmelders sei, führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da Namen nach den gleichen Kriterien zu beurteilen seien wie andere Begriffe. Der Anmelder werde durch die Zurückweisung der Anmeldung auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung oder in sonstigen Rechten verletzt. Auch bei einer Zurückweisung der Anmeldung sei es dem Anmelder freigestellt, die angemeldete Bezeichnung als Name seiner Kanzlei und zur Kennzeichnung seiner Dienstleistungen zu verwenden. Er könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Gemeinschaftsmarke 3 639 631 -„Schweizer“ berufen, da diese mit der vorliegenden Anmeldung nicht vergleichbar sei. Im Übrigen habe das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt die Eintragung der mit der vorliegenden Anmeldung übereinstimmenden Gemeinschaftsmarke 3 639 648 ebenfalls abgelehnt. Die Frage, ob der Anmeldung neben der fehlenden Unterscheidungskraft auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, hat die Markenstelle offen gelassen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er macht geltend, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen und dementsprechend die angemeldete Bezeichnung als hinreichend unterscheidungskräftig anzusehen sei. Die angemeldete Marke sei im Hinblick auf den Bestandteil „Schweizer“ mehrdeutig. Der Verkehr werde die Bezeichnung „Schweizer Rechtsanwälte“ teilweise als Hinweis auf die Kanzlei Schweizer auffassen, da sie nach dem üblichen Muster für eine Kanzleibezeichnung gebildet sei, nämlich der Kombination eines Familiennamens mit dem Zusatz „Rechtsanwälte“. Der Bestandteil „Schweizer“ könne aber auch „Melker“, „Küster“ oder „Mitglied in der päpstlichen Garde“ bedeuten. Dagegen könne die angemeldete Bezeichnung keinesfalls im Sinne von „aus der Schweiz stammend“ interpretiert werden. Soweit man auf Juristen aus der Schweiz hinweisen wolle, müsse die Bezeichnung grammatikalisch korrekt „Schweizerische Rechtsanwälte“ heißen. Eine mehrdeutige Bezeichnung könne auch nicht unmittelbar beschreibend im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sein. Schließlich werde dem Anmelder mit einer Zurückweisung der Anmeldung die Möglichkeit genommen, den Namen seiner Kanzlei so zu wählen, wie dies seinen Konkurrenten möglich sei. Er werde dadurch in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Artikel 12 Abs. 1 GG und dem Recht auf Führung seines Namens ungerechtfertigt eingeschränkt. Andere Rechtsanwälte des Namens „Schweizer“ seien über § 23 Nr. 1 MarkenG geschützt.
Der Anmelder beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke ist als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Zwar hat die Markenstelle in den angefochtenen Beschlüssen die Zurückweisung der Anmeldung primär auf die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung gestützt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Jedoch erfolgte die Zurückweisung ausdrücklich auch unter Bezugnahme auf die Gründe des vorausgegangenen Beanstandungsbescheides, der außer auf die fehlende Unterscheidungskraft auch auf den beschreibenden Charakter und das daraus resultierende Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung abgestellt hat. Mithin ist der Senat nicht gehindert, das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorrangig zu berücksichtigen, zumal auch der Anmelder in der Begründung seiner Beschwerde umfassend auf dieses Schutzhindernis eingegangen ist.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c) der Richtlinie 89/104/EWG bzw. nunmehr der Richtlinie 2008/95/EG (= Markenrichtlinie) übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 [Nr. 25, 30] – Chiemsee; GRUR 2004, 146, 147 [Nr. 31 f.] – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 676 [Nr. 54 -58] – Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 [Nr. 35 -38] – BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, 901 [Nr. 12] – SPA II). Die Eignung zur beschreibenden Verwendung kann sich aus dem unmittelbaren Sinngehalt einer Bezeichnung ergeben oder aus ihrer tatsächlichen beschreibenden Verwendung im Verkehr (vgl. Ströbele, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 199). Die angemeldete Marke ist eine die beanspruchten Dienstleistungen in diesem Sinn beschreibende Angabe, an deren freier und ungehinderter Verwendung die Konkurrenten des Anmelders ein berechtigtes Interesse haben.
Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Bezeichnung lediglich darauf hinweist, dass die beanspruchten – zum typischen Tätigkeitsgebiet eines Rechtsanwalts gehörenden – Dienstleistungen von Rechtsanwälten aus der Schweiz angeboten und erbracht werden. Der Verkehr wird daher mit der angemeldeten Bezeichnung allenfalls die Vorstellung verbinden, dass die Anwälte, die die betreffenden Dienstleistungen erbringen, in der Schweiz ansässig, mit dem schweizerischen Recht vertraut und zum Auftreten vor Behörden und Gerichten in der Schweiz befugt sind. Er wird darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.
Der Hinweis des Anmelders, dass die grammatikalisch korrekte Bezeichnung für aus der Schweiz stammende Rechtsanwälte „Schweizerische Rechtsanwälte“ lauten müsse, geht fehl. Der Begriff „Schweizer“ ist auch als Adjektiv verwendbar (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort: Schweizer; KG GRUR-RR 2008, 373 – Schweizer Anwalt, wo die Wortkombinationen „Schweizer Anwalt“ und „Schweizer Rechtsanwälte“ zur Bezeichnung von in der Schweiz ansässigen Anwälten verwendet werden).
Der Anmelder kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die angemeldete Marke aufgrund der Mehrdeutigkeit des Bestandteils „Schweizer“ schutzfähig sei. Die Markenstelle hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die Schutzfähigkeit einer Marke unter Berücksichtigung aller Markenbestandteile und in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen ist. Bei diesem sachlichen Zusammenhang liegt ein Verständnis des Begriffs „Schweizer“ im Sinne von „Melker“, „Küster“ oder „Mitglied in der päpstlichen Garde“ fern. Soweit der Anmelder geltend macht, dass der Verkehr die angemeldete Marke aufgrund des bei Kanzleien üblichen Namensbildungsprinzips als Hinweis auf eine Anwaltskanzlei mit Anwälten des Namens „Schweizer“ verstehe, ist anzumerken, dass dies nur für denjenigen Teil des Verkehrs angenommen werden kann, der die „Kanzlei Schweizer“ als solche kennt. Der überwiegende Teil des Verkehrs wird die angemeldete Bezeichnung dagegen als Hinweis auf Rechtsanwälte aus der Schweiz verstehen. Im Übrigen gilt für objektiv mehrdeutige Bezeichnungen, dass diese von der Eintragung als Marke auszuschließen sind, wenn sie zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Dienstleistungen bezeichnen (EuGH GRUR 2004, 146, 147 [Nr. 32] – Doublemint). Dies ist hier – wie oben dargelegt – hinsichtlich der Bedeutung „in der Schweiz ansässige Anwälte“ der Fall.
Die Markenstelle hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Anmeldung den Anmelder weder in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung noch in seinen Namensrechten verletzt. Auch wenn die Bezeichnung „Schweizer Rechtsanwälte“ nicht zur Eintragung ins Markenregister zugelassen wird, bleibt es dem Anmelder unbenommen, seine Kanzlei so zu bezeichnen und seinen Beruf als Rechtsanwalt mit einer üblichen Kanzleibezeichnung auszuüben. Ein Schutz des Namens als Marke ist hierfür nicht erforderlich.
Der Anmelder kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Dritte durch § 23 Nr. 1 MarkenG hinreichend geschützt seien. Es ist höchstrichterlich abschließend geklärt, dass die Freistellungen des § 23 MarkenG keine Auswirkung auf die Beurteilung der absoluten Schutzfähigkeit einer Marke haben (EuGH GRUR 1999, 723, 725 f. [Nr. 25, 28] – Chiemsee; GRUR 2003, 604, 607 f. [Nr. 57-59] – Libertel; GRUR 2004, 946, 947 [Nr. 32, 33] – Nichols).
Schließlich ist die Markenstelle zu Recht davon ausgegangen, dass sich aus nach Auffassung des Anmelders vergleichbaren Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Anmeldung ergibt. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (EuGH, GRUR 2004, 674 [Nr. 43, 44] – Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Nr. 63] – Henkel; BGH GRUR 1997, 527, 529 – Autofelge; GRUR 2008, 1093, 1095 [Nr. 18] – Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333, 335 ff. – Papaya; MarkenR 2007, 178, 180 ff. – CASHFLOW; MarkenR 2007, 527, 531 – Rapido; BlPMZ 2008, 29 f. – Topline; bestätigt durch EuGH BlPMZ 2009, 197, 198 f. – Schwabenpost).
Die Markenstelle hat die angemeldete Marke nach alledem zu Recht von der Eintragung ausgeschlossen.
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