BPatG: pn printnet / PRINECT

Leitsatz:

Wird in der angegriffenen jüngeren Marke ein schutzunfähiger Bestandteil markenmäßig herausgestellt, so kann er den Gesamteindruck dieser Marke prägen und eine Verwechslungsgefahr mit einer zumindest normal kennzeichnungskräftigen älteren Marke begründen (im Anschluss an BGH GRUR 1998, 930 – Fläminger; Abgrenzung zu BPatG 2002, 68 – COMFORT HOTEL).

BPatG, Beschluss vom 11.08.2009 – 24 W (pat) 82/08 – „pn printnet / PRINECT
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 303 45 955

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. August 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Eisenrauch und der Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Mai 2005 und vom 13. Juni 2008 aufgehoben. Die Löschung der Marke 303 45 955 wird wegen des Wider- spruchs aus der Marke 300 06 562 angeordnet.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

G r ü n d e

I.
Die am 10. September 2003 angemeldete Marke ist am 24. Oktober 2003 für die Dienstleistungen

„Planung und Gestaltung von Softwareanwendungen zur Vernetzung der Produktionsprozesse Vorstufe, Druck und Weiterverarbeitung, Versand und Administration zu einer integrierten CIM-Lösung (Computer Integrated Manufacturing), wie die Integration eines Maschinenvoreinstellsystems einer Druckmaschine in einen Workflow für digitalisierte Druckproduktion (offenes Workflow-System, d.h. Möglichkeit der Integration von Produktionssystemen anderer Hersteller in den PrintNet-Workflow), insbesondere in Verlagen und Druckereien; Planung und Gestaltung von Softwareanwendungen zur Vernetzung von Druckereien mit Druckauftraggebern und Druckereizulieferern über das Internet zur Abwicklung von Druckaufträgen“

WBM printnet

unter der Nummer 303 45 955 in das Register eingetragen und am 28. November 2003 veröffentlicht worden.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden aus der am 30. März 2000 unter der Nummer 300 06 562 eingetragenen Wortmarke

PRINECT

deren Waren- und Dienstleistungsverzeichnis lautet:

„Maschinen und Geräte für die grafische Industrie, insbesondere Maschinen und Geräte für die Druckvorstufe, Druckereimaschinen sowie Maschinen und Geräte zur Weiterverarbeitung von Druckereiprodukten in Bindereien und Versandräumen für Druckereiprodukte, Kopiergeräte, insbesondere Digitalkopierer und Netzwerkkopierer; Steuerungseinrichtungen und Teile für die zuvor genannten Waren; Datenverarbeitungsgeräte für die grafische Industrie, insbesondere elektrische und elektronische Geräte zur Steuerung, Regelung, Versorgung und Vernetzung des Druckprozesses von Druckmaschinen, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bildern und Information, Teile für die zuvor genannten Waren; auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme für die grafische Industrie, insbesondere zur Steuerung der zuvor genannten Geräte und Maschinen, zum Erstellen von Druckvorlagen, zur Bearbeitung von Bildern und Grafiken, zur Steuerung von Arbeitsabläufen im Zusammenhang mit der Herstellung von Druckereiprodukten, insbesondere über das Internet; Erstellung von Geschäftskonzepten für die grafische Industrie, insbesondere von Finanzierungskonzepten für Druckereien und Druckvorstufenbetriebe, Planung von Druckereien und Belieferung von Druckereien mit vorgefertigten Zusammenstellungen von Druckereimaschinen und Verbrauchsmaterialien für Druckereimaschinen; Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen für die grafische Industrie“.

Mit Erstbeschluss vom 9. Mai 2005 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch aus der Marke 300 06 562 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke bestehe zwar eine beachtliche Nähe, jedoch wiesen die Vergleichsmarken keine erheblichen Gemeinsamkeiten auf. Der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken, auf den bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit abzustellen sei, sei aufgrund des in der angegriffenen Marke enthaltenen graphisch gestalteten Bestandteils „pn“ sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht verschieden. Der weitere Bestandteil der angegriffenen Marke „printnet“ komme der Widerspruchsmarke zwar sehr nahe, könne aber für sich keine Verwechslungsgefahr begründen. Er habe die beschreibende Bedeutung „Drucknetz“ und könne damit wegen der daraus resultierenden Kennzeichnungsschwäche den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht prägen.

Im Rahmen des hiergegen von der Widersprechenden eingeleiteten Erinnerungsverfahrens hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 17. Februar 2006 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der Benutzung eine eidesstattliche Versicherung des Leiters der Abteilung Business Management vom 19. Juni 2006 sowie umfangreiches Prospektmaterial und Rechnungskopien vorgelegt.

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 hat die Erinnerung der Widersprechenden mit Beschluss vom 13. Juni 2008 wegen fehlender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung und fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die in der eidesstattlichen Versicherung pauschal angegebenen Umsatzzahlen ließen nicht erkennen, in welchem Umfang das Widerspruchszeichen für die dort genannten Waren „auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme“ und „Messgeräte für die Qualitätskontrolle und der Druckmaschinensteuerung“ im Einzelnen benutzt worden sei. Hierzu hätte es einer Aufschlüsselung der Umsatzzahlen nach den einzelnen Waren und Dienstleistungen bedurft. Unabhängig hiervon sei die Erinnerung aber auch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückzuweisen. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstelle, dass der Bestandteil „printnet“ dem Widerspruchszeichen klanglich verwechselbar ähnlich sei, müsse eine Verwechslungsgefahr angesichts des beschreibenden Charakters dieses Bestandteils aus Rechtsgründen verneint werden. Einerseits dürfe ein solcher beschreibender Bestandteil nicht kollisionsbegründend aus dem angegriffenen Kombinationszeichen herausgegriffen werden, andererseits weise der Schutzbereich der Widerspruchsmarke insoweit eine „Delle“ auf.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie macht geltend, dass die angegriffene Marke den angesichts der hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Identität der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen erforderlichen Abstand nicht einhalte.

Zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den Waren, für die die Widersprechende eine Benutzung glaubhaft gemacht habe, bestehe Identität oder zumindest Ähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt eines engen funktionellen Zusammenhangs oder eines „Sich-Ergänzens“.

Die Widerspruchsmarke verfüge über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Sie werde – wie sich aus den zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung vorgelegten Unterlagen ergebe – intensiv und umfangreich benutzt. Bei der Eingabe des Markenworts „PRINECT“ in die Suchmaschine „Google“ wiesen die Treffer auf den ersten fünf Seiten ausschließlich auf die Widersprechende hin. Außerdem handle es sich bei dem Markenwort „PRINECT“ um den Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden. Ferner sei „PRINECT“ weltweit als Marke für die Widersprechende geschützt.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sei zu berücksichtigen, dass bei kombinierten Wort-/Bildmarken der anerkannte Erfahrungssatz gelte, dass für den Verkehr in der Regel der Wortbestandteil die einfachste oder gar einzige Möglichkeit der Markenbenennung darstelle. Bei dem Bildbestandteil handle es sich um eine nicht ins Gewicht fallende grafische Gestaltung, der es als unbedeutender Buchstabenkombination an Originalität fehle und die dem Aussagegehalt von „printnet“ nichts Neues hinzufüge. Der Verkehr werde sich bei der angegriffenen Marke daher ausschließlich an dem Bestandteil „printnet“ orientieren. Schließlich verwende die Markeninhaberin selbst nur den Bestandteil „printnet“ zur Bezeichnung ihrer Dienstleistungen. Auch hierdurch werde die Verkehrsauffassung entsprechend beeinflusst und geprägt.

Die danach zum Vergleich stehenden Begriffe „printnet“ und „PRINECT“ seien klanglich miteinander zu verwechseln, da Vokalfolge und Silbenzahl identisch seien und die Markenwörter überdies in den ersten vier Buchstaben übereinstimmten. Ferner überwögen auch in der jeweils zweiten Silbe „net“ und „NECT“ die Gemeinsamkeiten. Die geringfügige Abweichung durch das zusätzliche „C“ in der Widerspruchsmarke sei leicht zu überhören.

Aufgrund der weitgehenden Übereinstimmungen der Markenwörter „printnet“ und „PRINECT“ sei auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr zu bejahen. Die nur geringfügigen Abweichungen in der Zeichenmitte fielen auch insoweit nicht ins Gewicht.

Der Erinnerungsprüfer habe zu Unrecht angenommen, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht durch den Bestandteil „printnet“ geprägt werden könne, weil dieser in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend und damit schutzunfähig sei. Der Grundsatz, dass aus beschreibenden Bestandteilen keine Rechte hergeleitet werden dürften, gelte nur in Bezug auf die ältere Marke. Bei der jüngeren Marke könnten schutzunfähige Bestandteile dagegen durchaus kollisionsbegründend wirken.

Schließlich könne auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens nicht verneint werden.

Bei alledem sei zu bedenken, dass auch der Fachverkehr, an den sich die vorliegend in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen hauptsächlich richteten, nur selten Gelegenheit habe, zwei Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, so dass er sich ebenso wie der durchschnittlich informierte und aufmerksame Verbraucher auf ein ungenaues Erinnerungsbild verlassen müsse. Im Übrigen treffe es entgegen dem Vortrag der Markeninhaberin nicht zu, dass es auf dem hier betroffenen Markt nur drei Anbieter gebe.

Zur weiteren Glaubhaftmachung der Benutzung und zum Nachweis einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende im Beschwerdeverfahren eine eidesstattliche Versicherung des Vorsitzenden der Geschäftsführung vom 2. Dezember 2008 und vom Leiter der Entwicklung der Produkte der Marke „PRINECT“ vom 10. Dezember 2008 sowie ein Original eines unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Datenverarbeitungsprogramms mit Verpackung sowie eine CD mit Abbildungen von Verpackungen, Broschüren und Rechnungen vorgelegt.

Die Widersprechende beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 303 45 955 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin erklärt, dass sie die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren „auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme für die grafische Industrie (Klasse 9)“ anerkenne. Diese könnten mit den Dienstleistungen der angegriffenen Marke aber nicht gleichgesetzt werden. Die fraglichen Waren und Dienstleistungen seien an ein enges, speziell ausgebildetes Fachpublikum gerichtet, nämlich an Druckereien, die auf einem sehr engen Anbietermarkt von lediglich drei Herstellungsunternehmen in Deutschland ihre Produkte mit großer Sorgfalt auswählten. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr, da die Fachkreise den Bestandteil „print“ aufgrund seiner Bedeutung „Druck“ von Fantasiebezeichnungen wie „PRINECT“ klar zu unterscheiden wüssten. Der Bestandteil „print“ werde dabei insbesondere mit dem Unternehmen der Markeninhaberin verbunden. Im Übrigen komme es bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf deren Gesamteindruck an. Die Widersprechende nehme dagegen eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise vor. Die graphisch gestaltete Buchstabenkombination „pn“ könne nicht vernachlässigt werden. Die Markeninhaberin verfüge über eine Markenserie, die die gleiche Struktur wie die angegriffene Marke aufweise, nämlich zwei Buchstaben, wovon der zweite hochgestellt sei, kombiniert mit einem beschreibenden Begriff, bei dem jeweils wiederum der Bestandteil „print“ optisch hervorgehoben sei. Die vorangestellte Buchstabenkombination trete auch deshalb nicht in den Hintergrund, weil sie einen Phantasieüberschuss dadurch aufweise, dass sie durch das hochgestellte „n“ gerade nicht als Abkürzung des nachfolgenden Bestandteils „printnet“ angesehen werden könne. Schließlich werde die von der Widersprechenden geltend gemachte erhöhte Kennzeichnungskraft weiterhin bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und auch in der Sache begründet. Die Markenstelle hat zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint. Die Marke 303 45 955 ist wegen des Widerspruchs aus der Marke 300 06 562 zu löschen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) – Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) – Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) – PICASSO; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 10) – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 905, 906 (Nr. 12) – Pantohexal; GRUR 2008, 909 (Nr. 13) – Pantogast; GRUR 2009, 766, 768 (Nr. 26) – Stofffähnchen; GRUR 2009, 772, 776 (Nr. 51) – Augsburger Puppenkiste).

a) Was zunächst die zum Vergleich stehenden Produkte angeht, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von der registrierten Ware „auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme für die grafische Industrie (Klasse 9)“ auszugehen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat insoweit eine rechtserhaltende Benutzung anerkannt (Sitzungsniederschrift vom 11. August 2009 = GA Bl. 158). Soweit die Widersprechende darüber hinaus vorträgt, die Widerspruchsmarke auch für „Geräte für die graphische Industrie“ und „Datenverarbeitungsgeräte für die graphische Industrie“ zu verwenden, ist eine rechtserhaltende Benutzung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insoweit fehlt es insbesondere an Unterlagen, die geeignet sind, die Art der Verwendung der Marke darzutun. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da die Dienstleistungen der angegriffenen Marke diesen Waren jedenfalls nicht näher stehen als den anerkannten Datenverarbeitungsprogrammen.

Bei den von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen handelt es sich um Softwareanwendungen für die grafische Industrie. In der Sache besteht damit Identität zu den maßgeblichen Waren der Widerspruchsmarke. Die verschiedene Einklassifizierung als Ware (bei der Widerspruchsmarke) und als Dienstleistung (bei der angegriffenen Marke) schafft insoweit keinen merklichen Abstand. Dieser Einschätzung sind die Parteien in der mündlichen Verhandlung auch nicht entgegengetreten.

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „PRINECT“ ist von Hause aus als durchschnittlich einzustufen. Beschreibende Anklänge -etwa in Form einer Zusammenziehung von „print“ und „connection“ – lassen sich allenfalls erahnen. Ohne eingehende Analyse, die der Verkehr nicht vornimmt, stellt sich die Marke als normal kennzeichnungskräftiges Phantasiewort dar.

Die von der Widersprechenden behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft lässt sich jedoch insbesondere für den zunächst maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke (hier also für den 10. September 2003; vgl. dazu BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 14) – SIERRA ANTIGUO; Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rn. 147) nicht feststellen. Den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vom 19. Juni 2006 (= Amtsakte Bl. 71) sowie vom 2. Dezember und vom 10. Dezember 2008 (= GA Bl. 34 f., 37) lässt sich nicht entnehmen, ob und in welchem Umfang die Widerspruchsmarke bereits vor dem 10. September 2003 für die anerkannten „Datenverarbeitungsprogramme für die grafische Industrie“ benutzt worden ist. Dass die Widersprechende die Bezeichnung „PRINECT“ auch in anderen Ländern als Marke geschützt hat, besagt nichts über die hier relevante Kennzeichnungskraft der Marke im Inland. Ebenso wenig können die bei einer Google-Recherche erzielten Treffer eine gesteigerte Kennzeichnungskraft belegen, da die Trefferquote von der geschickten Platzierung und Verlinkung der Bezeichnung abhängt, aber nicht zwingend mit einer großen Bekanntheit und umfangreichen Benutzung der Bezeichnung in Zusammenhang steht (vgl. BGH GRUR 2009, 772, 777 (Nr. 63) – Augsburger Puppenkiste). Bei den im Zuge der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung eingereichten Werbematerialien und Veröffentlichungen fehlt es an Bezugsgrößen, aus denen auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geschlossen werden könnte. Dass die Widersprechende als Gesamtunternehmen – wie vorgetragen – möglicherweise einen Marktanteil von 40% im Bereich der Druckmaschinen hat, belegt ebenfalls nicht zwingend eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gerade für die vorliegend maßgeblichen Datenverarbeitungsprogramme. Letztlich kommt es hierauf aber nicht entscheidend an, da der Abstand der jüngeren Marke von der Widerspruchsmarke angesichts der hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen auch dann nicht als ausreichend angesehen werden kann, wenn auf Seiten der Widerspruchsmarke eine (nur) durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugrunde gelegt wird.

c) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich – worauf auch die Markeninhaberin zutreffend hinweist – vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (BGH GRUR 2008, 258 (Nr. 26) – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905 (Nr. 12) -Pantohexal; GRUR 2008, 909 (Nr. 13) – Pantogast). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2009, 772, 776 (Nr. 57) – Augsburger Puppenkiste). Darüber hinaus kann eine markenrechtlich erhebliche Zeichenähnlichkeit sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegen, wobei schon die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung eine Verwechslungsgefahr hervorrufen kann (vgl. zuletzt BGH GRUR 2008, 903, 904 (Nr. 17) – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 803, 804 (Nr. 21) – HEITEC). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich der klangliche, der bildliche und der begriffliche Gesamteindruck einer Marke wie auch die insoweit gegebenenfalls prägenden Elemente unterschiedlich darstellen können (vgl. BGH GRUR 2007, 235, 237 (Nr. 22) Goldhase; GRUR 2008, 254, 257 (Nr. 36) – THE HOME STORE). Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf den in der angegriffenen Marke enthaltenen Bestandteil „printnet“ eine hochgradige klangliche Zeichenähnlichkeit festzustellen, die im Zusammenwirken mit den übrigen Faktoren zu einer Verwechslungsgefahr führt. Im Einzelnen:

aa) Anhaltspunkte für eine begriffliche Verwechslungsgefahr bestehen schon angesichts des Charakters der Widerspruchsmarke als Phantasiewort nicht.

bb) Ebenso wenig kann die Annäherung der angegriffenen Marke in dem Bestandteil „printnet“ an die Widerspruchsmarke die Annahme einer Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht begründen. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann bei der Beurteilung der schriftbildlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke ausschließlich an dem Wortbestandteil orientiert, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen. Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn es sich bei dem Bildbestandteil um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende Verzierung handelt (BGH GRUR 2008, 903, 904 (Nr. 24) – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 335). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

cc) Allerdings wird die jüngere Marke den Anforderungen an den einzuhaltenden Abstand in klanglicher Hinsicht nicht gerecht.

Im Unterschied zum bildlichen wird der klangliche Gesamteindruck einer Wort-/Bild-Marke in der Regel durch den Wortbestandteil geprägt (vgl. etwa BGH GRUR 2008, 258, 260 (Nr. 23) – INTERCONNECT/T-Interconnect; GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) – SIERRA ANTIGUO). Nach diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „printnet“ auszugehen. Dem steht weder entgegen, dass es sich bei dem graphisch gestalteten „pn“ um keinen reinen Bildbestandteil handelt (s. dazu unten (1)), noch dass „printnet“ -wie die Markeninhaberin grundsätzlich zutreffend dargelegt hat – eine die Dienstleistungen der angegriffenen Marke beschreibende Angabe darstellt (s. dazu unten (2)).

(1) Zweifelhaft ist allerdings, ob die klanglich prägende Stellung des Bestandteils „printnet“ mit der Widersprechenden bereits damit begründet werden kann, dass Dritte die angegriffene Marke -wie die Widersprechende durch Vorlage entsprechender Internetausdrucke (beispielswe ise http://www .soft-guide.de/prog_e/pe_0742.htm vom 5. Dezember 2005) dargelegt hat – lediglich mit dem Bestandteil „printnet“ benennen. Denn die Markeninhaberin benutzt die angegriffene Marke selbst häufig -worauf die Widersprechende ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – lediglich unter Verwendung des Bestandteils „printnet“. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die tatsächliche Wahrnehmung der angegriffenen Marke im Verkehr gerade durch die Bezeichnungsgewohnheiten der Markeninhaberin beeinflusst wird, zumal ihm die registrierte Form der Marke in der Regel nicht bekannt sein wird. Im vorliegenden registerrechtlichen Widerspruchsverfahren sind indessen nicht diese Bezeichnungsgewohnheiten zu prüfen, die gegebenenfalls eigenständige Verletzungsfälle darstellen mögen, sondern maßgeblich ist, wie die angegriffene Marke in ihrer eingetragenen Form auf den Verkehr wirkt.

Auch insoweit ist jedoch festzustellen, dass der Bestandteil „printnet“ innerhalb der angegriffenen Marke in prägender und damit die Gefahr von Verwechslungen fördernder Weise herausgestellt ist. So sind die beiden Bestandteile der angegriffenen Marke, das graphische Element „pn“ und der Bestandteil „printnet“, räumlich und durch die unterschiedliche Gestaltung deutlich voneinander abgesetzt. Hinzu kommt, dass für den Verkehr nicht ohne weiteres ersichtlich ist, wie er den graphischen Bestandteil „pn“ bei einer klanglichen Wiedergabe der Marke benennen soll. Eine Wiedergabe mit „p hoch n“ ist nicht nur umständlich, sondern klingt auch etwas gestelzt-mathematisierend, wofür im vorliegenden Produktzusammenhang kein Anlass besteht. Nur „pn“ zu sagen, liegt auch nicht nahe, weil dies nicht der Marke entspricht. Im Übrigen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass er diese Buchstabenkombination als Anfangsbuchstaben der Bestandteile des nachfolgenden Markenwortes „print“ und „net“ und damit als Abkürzung dieses Markenbestandteils wahrnimmt, die gegenüber dem Bestandteil „printnet“ keine eigenständige Bedeutung hat. Auf der anderen Seite ist der Bestandteil „printnet“ nicht nur eindeutig zu artikulieren, sondern er tritt auch größenmäßig gegenüber dem Element „pn“ hervor. Vor allem aber werden die beiden Silben des Bestandteils „printnet“ in zwei verschiedenen Schrifttypen, also nach Art einer Marke dargestellt, was nicht erforderlich wäre, wenn mit „printnet“ nur ein rein beschreibender Sachhinweis vermittelt werden sollte. Diese typographische Besonderheit ist zwar bei der klanglichen Wiedergabe nicht wahrzunehmen. Darauf kommt es aber nicht an. Denn bei der Ermittlung des klanglichen Gesamteindrucks ist zu bestimmen, wie der Verkehr die Marke phonetisch wiedergibt, wenn er sie so sieht, wie sie eingetragen ist. In der Gesamtschau spricht daher alles dafür, dass dem Verkehr der Bestandteil „printnet“ als dominanter Bestandteil und nicht nur als sachbezogener Hinweis auf ein bestimmtes Dienstleistungsangebot der Markeninhaberin nahe gebracht werden soll, dass er dementsprechend auch so aufgefasst wird und die klangliche Wiedergabe der Marke dahingehend beeinflusst.

(2) Dieser Beurteilung kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass es sich bei „printnet“ um eine beschreibende Angabe handelt. Die Markeninhaberin hat insoweit allerdings zutreffend darauf hingewiesen, dass der in der angegriffenen Marke enthaltene Bestandteil „printnet“ nicht schutzfähig ist. So hat der erkennende Senat selbst – in damals anderer Besetzung – festgestellt, dass die Angabe „PrintNet“ für Dienstleistungen der vorliegenden Art als beschreibende Angabe einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt (Beschl. v. 22. März 2005, 24 W (pat) 5/04 = GA Bl. 129 ff.). Belegt wird der beschreibende Charakter auch durch die Formulierung des Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke, wo rein sachbezogen vom „PrintNet-Workflow“ gesprochen wird (wie übrigens ebenso im Verzeichnis der seinerzeit zurückgewiesenen Anmeldung). Im vorliegenden Fall verwendet die Markeninhaberin die Angabe „printnet“ zwar in einer besonderen graphischen Gestaltung, wodurch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG möglicherweise überwunden wird (vgl. hierzu Hacker, Markenrecht, 1. Aufl., Rn. 122). Selbständige Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gewinnt der Bestandteil dadurch aber nicht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 – BioID; Hacker, a. a. O., Rn. 138). Er ist somit schutzunfähig.

Ebenfalls zutreffend ist, dass solchermaßen schutzunfähige Elemente einer kombinierten Marke im allgemeinen bereits aus Rechtsgründen nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Marke zu prägen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder). Zu berücksichtigen ist indessen, dass dieser Rechtssatz letztlich nur ein Ausfluss des allgemeineren Grundsatzes ist, dass aus schutzunfähigen Elementen einer kombinierten Marke keine Rechte hergeleitet werden können. Damit bezieht er sich in erster Linie auf die ältere Marke. Dagegen ist es keineswegs ausgeschlossen, einem schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen Element der angegriffenen jüngeren Marke eine dominierende oder prägende Stellung zuzumessen, wenn gerade dieses Element durch die Gestaltung der Gesamtmarke dem Verkehr als das dominierende Element nahegebracht wird (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 f. – Fläminger; insoweit nicht ganz zutreffend BPatG GRUR 2002, 68, 70 – COMFORT HOTEL). Denn auf das in dem genannten Rechtssatz zum Ausdruck kommende Freihaltebedürfnis kann sich derjenige nicht berufen, der – wie hier die Markeninhaberin – eine beschreibende Angabe selbst kennzeichenmäßig wie eine Marke verwendet (BGH GRUR 1998, 930, 931 f. – Fläminger; GRUR 1988, 542, 543 – ROYALE). Dies kann jedenfalls dann zur Verwechslungsgefahr führen, wenn durch die dominante markenmäßige Herausstellung eines schutzunfähigen Bestandteils eine Kollision mit einer normal kennzeichnungskräftigen älteren Marke herbeigeführt wird (vgl. den Fall BGH GRUR 1998, 930 – Fläminger).

Es trifft somit auch nicht zu, dass – wie der Erinnerungsprüfer gemeint hat -der Schutzbereich der Widerspruchsmarke eine „Delle“ aufweisen würde. Richtig ist lediglich, dass aus Marken, die sich in einer beschreibenden oder sonst schutzunfähigen Angabe erschöpfen, denen also nur ein minimaler Schutzbereich zugestanden werden kann, grundsätzlich nicht gegen eine jüngere Marke vorgegangen werden kann, die dieselbe oder eine ähnliche schutzunfähige Angabe neben anderen Bestandteilen prägend herausstellt (vgl. BPatG GRUR 2002, 68 – COMFORT HOTEL; BPatG, Beschl. v. 31. März 2009, 24 W (pat) 79/07 – THERMARIVM/THERMARIUM -und v. 23. Juni 2009, 24 W (pat) 71/08 – systech/Systec), denn durch eine Übereinstimmung allein in schutzunfähigen Bestandteilen kann eine Verwechslungsgefahr nicht begründet werden (vgl. BGH GRUR 2009, 766, 772 (Nr. 72 a. E.) – Stofffähnchen). Auf -wie hier -normal kennzeichnungskräftige Widerspruchsmarken passt diese Erwägung jedoch nicht.

(3) Die danach klanglich zum Vergleich stehenden Markenwörter „printnet“ und „PRINECT“ sind hinsichtlich Vokalfolge und Silbengliederung und damit in für die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr wesentlichen Kriterien identisch. Ferner weist auch das Konsonantengerüst beider Bezeichnungen weitgehende Übereinstimmungen auf. Die Abweichungen betreffen lediglich klangschwache Konsonanten im Wortinneren. Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Quasi-Identität der Dienstleistungen der angegriffenen Marke mit den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren reichen die geringfügigen Unterschiede in den dominierenden Elementen der Vergleichsmarken nicht aus, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen zu verhindern. Die Markenstelle hat den Widerspruch aus der Marke 303 45 955 daher zu Unrecht zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Frage, ob eine den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägende beschreibende Angabe bei einer weitgehenden Übereinstimmung mit einer zumindest normal kennzeichnungskräftigen rangälteren Marke die Gefahr von Verwechslungen begründen kann, über den in dem „Fläminger“-Beschluss des Bundesgerichtshofes entschiedenen Sonderfall einer weitgehend unbekannten geographischen Angabe hinaus höchstrichterlicher Klärung bedarf (§ 83 Abs. 2 MarkenG).

3. Es bestand kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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