BPatG: Löschung der Marke EXPAT als Merkmalsbezeichnung Beschluss vom 08.02.2011 – 33 W (pat) 42/09

Die für die angegriffene Marke EXPAT eingetragenen Dienstleistungen aus den Bereichen der Versicherungs-, Finanz-, Rechts- und Steuerberatung werden nach Auffassung des Senats mit dem Wort „EXPAT“ als solche bezeichnet, die speziell für ins Ausland entsandte Arbeitskräfte bestimmt und geeignet bzw. spezialisiert sind. Damit handelt es sich um eine Bezeichnung von Merkmalen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

BPatG, Beschluss vom 08.02.2011 – 33 W (pat) 42/09EXPAT
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; § 50 Abs. 1 MarkenG

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 397 57 608

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 8. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender und der Richter Dr. Kortbein und Kätker

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I
Gegen die am 11. Februar 1998 erfolgte Eintragung der Marke 397 57 608

EXPAT

für

Versicherungs-, Finanzwesen; Rechts- und Steuerberatung (ungruppiertes Dienstleistungsverzeichnis gemäß Eintragung)

ist Antrag auf Löschung nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG erhoben worden. Dem ihm am 16. September 2005 zugestellten Löschungsantrag hat der damals noch als Alleininhaber eingetragene Markeninhaber zu 1. am 25. Oktober 2005 widersprochen.

Mit Beschluss vom 4. Februar 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Nach Auffassung der Markenabteilung ist die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden, wobei das Eintragungshindernis auch zum Zeitpunkt der Entscheidung noch fortbestehe.

Bei dem Begriff „EXPAT“ handele es sich um eine gängige Kurzform des ursprünglich englischsprachigen Begriffs „expatriate“, der lexikalisch nicht nur mit der Übersetzung „verbannt, ausgebürgert; Ausgebürgerter, im Exil Lebender“, sondern auch allgemeiner mit „im Ausland Lebender; im Ausland lebend“ nachgewiesen werden könne. Als „Expatriates“ bezeichne man insbesondere solche Arbeitskräfte aus dem Herkunftsland eines Unternehmens, die für einen bestimmten Zeitraum in ein anderes Land entsandt würden. Das Substantiv habe in diesem Sinne auch offensichtlich längst als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Die Kurzform „Expat“ bzw. „expat“ werde sowohl im Englischen als auch im Deutschen als Synonym für „Expatriate“ eingesetzt. Dies sei durch verschiedene vom Antragsteller eingereichte Presse-, Lexikaauszüge, Veranstaltungsprogramme und ähnliche Veröffentlichungen auch bereits für die Zeit der Eintragung der angegriffenen Marke belegt. Ergänzend verweist die Markenabteilung auf zwei weitere von ihr ermittelte Presseartikel, die den beschreibenden Gebrauch der Begriffe „Expatriates“ und „Expats“ ebenfalls bestätigten.

Aus der Gesamtschau der Unterlagen werde deutlich, dass für die mit „Expat“ bezeichnete Personengruppe Krankenversicherungs-, Finanz-, Steuer- und Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem Auslandsaufenthalt ganz besondere Bedeutung besäßen. Aufgrund der Besonderheiten der Entsendung und des Lebens in einem anderen Staat müsse ein „Expat“ regelmäßig dafür Sorge tragen, dass beispielsweise sein Versicherungsschutz das vom Leben im Inland her gewöhnte Niveau nicht unterschreite, dass eine möglichst günstige Versteuerung der im Ausland erzielten Einnahmen erfolge, eine Doppelbesteuerung vermieden werde, und dass eine finanzielle Absicherung nach der Rückkehr aus dem Ausland erfolge.

Ein erheblicher Teil des Verkehrs, zumindest aber die hier angesprochenen inländischen Fachkreise würden die angegriffene Marke in Zusammenhang mit den Dienstleistungen aus den Bereichen Versicherungs-, Finanzwesen, Rechts- und Steuerberatung als beschreibenden Hinweis darauf verstehen, dass die Dienstleistungen ihrer Art nach dazu bestimmt und geeignet seien, von „Expatriates“ in Anspruch genommen bzw. genutzt zu werden. Anderen Anbietern derartiger Produkte müsse es unbenommen bleiben, mit dem Begriff „EXPAT“ auf ihre Erzeugnisse bzw. auf deren Art und Zweckbestimmung hinzuweisen, wie dies der Verkehrsübung entspreche.

Der Begriff „EXPAT“ sei auch bereits zum Zeitpunkt der Eintragung bzw. vor dem Zeitpunkt der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke am 11. Februar 1998 eindeutig beschreibend verwendet worden. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus mehreren der vom Antragsteller eingereichten Veröffentlichungen aus der Zeit vor Anmeldung und Eintragung der angegriffenen Marke. Gestützt werde dies durch verschiedene, an den Antragsteller gerichtete und von ihm vorgelegte schriftliche Erklärungen, deren Verfasser durchweg den Vortrag bestätigten, dass der Begriff „EXPAT“ mit der oben dargelegten Bedeutung bereits vor dem Datum der Eintragung der angegriffenen Marke in inländischen Fachkreisen gebräuchlich gewesen sei.

Demgegenüber könne dem hiergegen gerichteten Vortrag des Markeninhabers nicht gefolgt werden, insbesondere soweit er auf Eintragungen tatsächlich oder vermeintlich ähnlicher in- und ausländischer Marken verweise, da dies keinen Anspruch auf gleiche rechtliche Beurteilung begründe und sich die von ihm geltend gemachten Markeneintragungen auch von der angegriffenen Marke unterschieden.

Der Markeninhaber könne sich auch nicht auf das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Januar 2006 (315 O 464/05) berufen, das in einem Verfahren ergangen sei, in dem die Lizenznehmerin des Markeninhabers aus der hier angegriffenen Marke erfolgreich gegen den Antragsteller wegen dessen Internetdomain www.e…de vorgegangen sei. Abgesehen davon, dass ein anderer Verfahrensgegenstand vorliege, sei das Landgericht ausdrücklich von der Eintragung der Marke „EXPAT“ ausgegangen, die im vorliegenden Verfahren gerade in Frage gestellt werde. Zwar habe das Landgericht im Rahmen der Entscheidungsgründe die Auffassung geäußert, der Marke fehle es für die in Rede stehenden Dienstleistungen nicht an Unterscheidungskraft, doch habe es sich nicht mit der aus der Sicht der Markenabteilung vorliegend maßgeblichen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auseinandergesetzt.

Somit sei die angegriffene Wortmarke aufgrund ihres konkret und unmittelbar beschreibenden Charakters im Allgemeininteresse von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowohl zum Zeitpunkt der Eintragung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung von der Eintragung ausgeschlossen gewesen, so dass ihre Löschung anzuordnen sei. Ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestehe, hat die Markenabteilung dahingestellt gelassen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaber der angegriffenen Marke, mit denen sie sinngemäß beantragen,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Eine Begründung der Beschwerde haben sie nicht eingereicht. Im Verfahren vor der Markenabteilung haben sie Einwände gegen die Aussagekraft und Verwertbarkeit verschiedener vom Antragsteller eingereichter Belege geäußert. Zudem haben sie darauf hingewiesen, dass weder das englische Wort „expatriate“ noch das Wort „expat“ im Deutschen gebräuchlich sei.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch er hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II
Die zulässige Beschwerde der Inhaber der angegriffenen Marke ist nicht begründet. Zu Recht hat die Markenabteilung nach § 50 Abs. 1 MarkenG die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil sie insoweit entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis auch heute noch besteht (§ 50 Abs. 1 und 2 MarkenG).

Die angegriffene Marke ist bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen gewesen, so dass sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorgenommen worden ist. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistung dienen können.

Eine solche Merkmalsbezeichnung stellt das Markenwort „EXPAT“ dar. Dabei folgt der Senat der Beurteilung der Markenabteilung, dass der Begriff „EXPAT“ eine gebräuchliche Kurzform des englischsprachigen Worts „expatriate“ darstellt, mit dem – über die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes („verbannt, ausgebürgert; Ausgebürgerter, im Exil Lebender“) hinausgehend – in der Wirtschaftssprache Personen bezeichnet werden, die im Ausland leben, insbesondere solche Personen, die von ihrem Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum in ein anderes Land entsandt worden sind. Die angegriffene Marke stellt damit eine Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, die die Bestimmung und Eignung sowie die Spezialisierung der Dienstleistungen für bzw. auf solche im Ausland lebenden Personen bezeichnet.

Dies ist vom Antragsteller bereits für den Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke ausreichend belegt worden. Er hat hierzu verschiedene Veröffentlichungen vorgelegt, aus denen sich hinreichend sicher darauf schließen lässt, dass die angegriffene Marke zum Zeitpunkt ihrer Eintragung am 11. Februar 1998 entweder bereits ein Fachbegriff im oben erläuterten Sinne gewesen ist oder zumindest im Begriff war, sich in naheliegender Zukunft zu einem solchen zu entwickeln. Daher war auch schon zu diesem Zeitpunkt zumindest ein sogenanntes zukünftiges Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festzustellen (vgl. zum zukünftigen Freihaltungsbedürfnis: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 241). Dabei handelt es sich um folgende Veröffentlichungen:

– Adriaan Eggbert Willem de Jong (Senior Remuneration Officer bei Unilever N.V.): „Internationale Vergütungspolitik bei Unilever“ in: Personalführung, Ausgabe Dezember, Juni/1993 (Anlage L 32 des Antragstellers). In dem Artikel findet sich unter der Zwischenüberschrift „Expatriates“ folgende Textpassage: „Zwei Garantien für einen Expat.

– Der Expat bekommt nicht weniger Geld als sein vergleichbarer Kollege zu Hause.

– Der Expat verdient nicht weniger als sein vergleichbarer Kollege in seinem neuen Land. Unilever bezahlt einem Expatriate ein lokales Salär und eine Expatriation Allowance, wenn es benötigt ist, um das Niveau von seinem Kollegen zu Hause zu erreichen.“;

– Brian Robinson (Vice President Human Resources, Public Relations & Organisation bei Volkswagen Asia-Pacific Limited, Hongkong): „Human Resources Ex-periences in the Asia Pacific Region”, in: Personalführung, Ausgabe Dezember 1994 (Anlage L 6 des Antragstellers). In diesem Artikel wird über die Tätigkeit des Unternehmens Volkswagen in Fernost und die Anforderungen an sowie die Erfahrungen mit dorthin entsandten Mitarbeitern berichtet. In einer Übersicht „Locations in the Asia-Pacific Region“ sind die Personalzahlen der Niederlassungen wie folgt aufgeführt: „Volkswagen Asia Pacific Ltd. Hongkong Headcount.: ca. 17 (Expat.: 10)“. Zudem werden die Begriffe „expatriate(s)“ und „expats“ im Fließtext des Artikels erkennbar verwendet, z. B.: „…to transfer local management within our regional operations and to send them as expats within the world-wide VW Group“;

– Bärbel Kirstner: „Wenn der Headhunter zweimal klingelt … – Erfahrungen einer Expat-Ehefrau“, in: FCW Weltweit Finanzbrief 2 (Oktober 1996), S. 3 ff. (Anlage L 35 des Antragstellers);

– Seminar „Internationales Management für EXPATRIATES“ des Veranstalters Europäische Fortbildungsexperten EFE am 27. u. 28.09.1995 in München mit dem Veranstaltungsteil „Betriebliche Altersvorsorge für Expats“ am 28.09.1995 (Veranstaltungsübersicht vorgelegt als Anlage L 7 des Antragstellers);

– „discussion paper: Jenseits des brain drain – zur Mobilität westlicher Fach- und Führungskräfte nach Polen“ des WZB – Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung von Juli 1996, vorgelegt als Anlage L 8 des Antragstellers (Auszüge aus dem Inhalt: „… Für die befragten deutschen Expatriates ist die Übernahme von Positionen im Ausland … Ein echter „expat“ ist eine Person mit einem ausländischen Pass und einem expatriate package, das bestimmte Sonderzulagen enthält (wie Lebenshaltungskostenzulage, …“);

– Sylvia Münch: „Personalaufbau und Expatriate-Bedarf der Fa. Siemens in der Volksrepublik China“, Vortrag im Rahmen eines Workshops des Asien-Pazifik-Instituts für Management auf der Messe „Qualifikation ´96“ am 23.10.1996 in Hannover, schriftliche Ausgabe des Vortrags als Internetveröffentlichung der Universität Duisburg vorgelegt als Anlage L 9 des Antragstellers (Auszug aus dem Inhalt: „… Ein Expatriate kostet mindestens das fünffache einer vergleichbaren chinesischen Führungskraft. Die entsendeten Expats sind aufgefordert, für potentielle chinesische Nachfolger ihrer Führungsposition zu sorgen …“).

Die gegen die Verwertbarkeit und Aussagekraft dieser Belege vorgebrachten Einwendungen vermögen nicht zu überzeugen. Soweit gegen die Anlage L 6 (Artikel von Brian Robinson in Personalführung 12/94) vorgetragen wird, dass es sich um eine englischsprachige Veröffentlichung handele, die keine Aussagen über den deutschen Verkehrskreis treffen könne (Schriftsatz des damaligen Markeninhabers vom 21. November 2005, S. 6), ist dem entgegenzuhalten, dass die Veröffentlichung in einer deutschen Fachzeitschrift für Personalwirtschaft erfolgte. Im Übrigen können sich englischsprachige Fachveröffentlichungen ohne Weiteres an deutsches (Fach-)Publikum wenden. Bei Themen, die schon nach ihrer Natur einen internationalen Bezug haben, wie die Entsendung von Arbeitskräften von international tätigen Unternehmen in das Ausland, sind englischsprachige Veröffentlichungen von internationalen Autoren sogar selbstverständlich, auch dann, wenn sie für das deutsche Publikum bestimmt sind.

Auch die vom Markeninhaber angesprochene teilweise Verwendung von Abkürzungspunkten im o. g. Artikel ändert nichts am Vorliegen einer insgesamt beschreibenden Verwendung, da der Begriff „expat“, insbesondere in der Pluralform „expats“, im weiteren Verlauf des Artikels mehrfach ohne Abkürzungspunkt verwendet wird (vgl. auch o. g. Zitat aus dem Fließtext des Artikels).

Gegen die Aussagekraft der Anlage L 8 (WZB – „discussion paper: Jenseits des brain drain – zur Mobilität westlicher Fach- und Führungskräfte nach Polen“) spricht entgegen der Auffassung der Markeninhaber auch nicht, dass das Wort „expat“ dort weitgehend klein und kursiv oder in Anführungszeichen geschrieben ist. In der Veröffentlichung sind auch andere bekannte Fachbegriffe wie „multinationals“ (S. 9), „joint ventures“ (S. 13) oder „headhunter“ (S. 13) in Kleinschreibung und kursiv gedruckt. Es handelt sich insoweit offenbar nur um ein Hervorhebungsmittel. Auch der Umstand, dass das Wort „expats“ häufig in Anführungszeichen erscheint, mag zwar darauf hindeuten, dass das Wort aus der Sicht des Autors noch erläuterungsbedürftig erscheint und dort auch erläutert wird (z. B. S. 19: „… Ein echter „expat“ ist eine Person mit …“), dies zeigt aber gerade das beschreibende Verständnis, das der Autor vom Begriff hat und das er mit dessen Erklärung den Lesern zu vermitteln sucht. Begriffliche Erläuterungen sind gerade typisch für Fach- oder Sachbegriffe. Soweit Autoren die Notwendigkeit zu einer solchen Erläuterung sehen, mag dies allenfalls dafür sprechen, dass sie die Kenntnis des Begriffs nicht als für jeden in Betracht kommenden Leser selbstverständlich ansehen.

Auch der Senat geht zugunsten der Markeninhaber davon aus, dass das Wort „expat“ in der Zeit vor der Eintragung der angegriffenen Marke keine in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangene Bezeichnung für ins Ausland entsandte Arbeitskräfte gewesen ist. Jedenfalls belegen die o. g. Veröffentlichungen aus der Zeit vor der Anmeldung und Eintragung der angegriffenen Marke aber, dass sich spätestens Mitte der 90er Jahre zumindest deutlich eine Entwicklung abgezeichnet hat, dass das Wort „expat“ zu einem Sachbegriff für ins Ausland entsandte Arbeitskräfte wird. Dies ist nicht nur durch die o. g. Veröffentlichungen belegt, die in ihrer Zusammenschau eine solche Entwicklung deutlich aufzeigen. Vielmehr bestätigen die vom Antragsteller ergänzend vorgelegten zahlreichen weiteren Veröffentlichungen aus der Zeit nach der Eintragung der angegriffenen Marke, dass es zuvor eine solche Entwicklung gegeben hat und diese dann auch zu einem nunmehr etablierten Fachbegriff geführt hat. Denn in den weiteren vom Antragsteller vorgelegten jüngeren Veröffentlichungen, auf die schon angesichts ihrer Fülle nicht im Einzelnen eingegangen werden kann, lassen sich beschreibende Verwendungen des Worts „expats“ (in verschiedenen Schreibweisen) selbst in überregionalen allgemeinen Zeitungen bzw. deren Internetausgaben (z. B. Handelsblatt Junge Karriere v. Juni 2001 (Anlage L 12), Die Welt v. 22.07.2005 (Anlage L 16), FAZ v. 22.08.2005 (Anlage L 22 u. L 41) und in Veröffentlichungen von öffentlichen oder halböffentlichen Institutionen, wie deutsche Botschaften oder deutschen Industrie- und Handelskammern finden (z. B. Presseabteilung der deutsche Botschaft in Singapur: „Willkommen in Singapur – Praktische Tipps und Informationen für Neuankömmlinge in Singapur“ (Anlage L 13); IHK Frankfurt a M.: „Spannender Schritt in die Fremde – Herausforderung Mitarbeitereinsatz“ (Anlage L 19); Deutsche Handelskammer in China: „Praktikantenführer“ (Anlage L 14), inzwischen sogar auch in Nachschlagewerken (PONS – Großwörterbuch für Experten und Universität, Englisch-Deutsch, 1. Aufl. 2002, Stichwort „expat“, Anlage 40).

Auf die von den Markeninhabern verneinte Frage, ob und inwieweit darüber hinaus auch die vom Antragsteller weiter vorgelegten Erklärungen verschiedener Personen berücksichtigt werden können, in denen diese ihre Einschätzung über die Eigenschaft des Markenworts als beschreibende Angabe mitgeteilt haben, kommt es danach nicht mehr an.

Bei einer Gesamtwürdigung aller o. g. Gesichtspunkte und tatsächlichen Hinweise gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die angegriffene Bezeichnung in Bezug auf die eingetragenen Dienstleistungen eine beschreibende Angabe über Personen darstellt, die von international tätigen Unternehmen in deren Auslandsniederlassungen entsandt werden. Zudem lag bereits zum Zeitpunkt der Eintragung zumindest eine anhand tatsächlicher Anhaltspunkte belegbare Entwicklung des Markenworts zu einer solchen Sachangabe vor. Damit bestand an der angegriffenen Marke zum Eintragungszeitpunkt zumindest ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn mit dem o. g. Bedeutungsgehalt bezeichnet die Marke einen bestimmten Kreis von Personen, die bekanntermaßen (und auch aus vielen der o. g. Veröffentlichungen entnehmbar) im Hinblick auf eine zeitlich befristete Tätigkeit als Arbeitnehmer im Ausland besondere Eigenschaften und Bedürfnisse haben, was sich insbesondere auf ihre arbeits- und steuerrechtlichen Situation, ihren (z. B. Kranken-)Versicherungsbedarf oder ihre Geld- und Vermögensverwaltung auswirkt. Die für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistungen aus den Bereichen der Versicherungs-, Finanz-, Rechts- und Steuerberatung werden daher mit dem Wort „EXPAT“ als solche bezeichnet, die speziell für ins Ausland entsandte Arbeitskräfte bestimmt und geeignet bzw. spezialisiert sind. Damit handelt es sich um eine Bezeichnung von Merkmalen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Entgegen der Auffassung der Markeninhaber kommt es dabei nicht darauf an, ob das Markenwort nur für einen kleinen Kreis der von den eingetragenen Dienstleistungen insgesamt angesprochenen Verkehrskreise als Sachangabe verständlich ist und die Marke auch nur dort Auswirkungen zeigen kann. Ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann im Hinblick auf die Bedürfnisse eines relativ kleinen Teils des Gesamtverkehrs bestehen, da jeder Mitbewerber die beschreibende Angabe frei verwenden können muss (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 253). Gerade bei speziellen Fachbegriffen bzw. auf besonders speziellen Fachgebieten ist die Zahl der Teilnehmer, die einen Begriff beschreibend verstehen und verwenden, naturgemäß klein, was aber nichts am Freihaltungsbe-dürfnis ändert. Damit ist die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden, wobei das Schutzhindernis auch heute noch besteht. Die Markenabteilung hat die Löschung der angegriffenen Marke daher zu Recht angeordnet, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

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