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LG Köln: Facebook gegen StudiVZ – Zulässige Kopie des „Look & Feel“ einer Webseite

1. Ausgehend vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit ist eine Nachahmung erst dann wettbewerbswidrig, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Nachahmen als unlauter erscheinen lassen.

2. Im vorliegenden Fall fehlt es schon an der für die Herkunftstäuschung erforderlichen gewissen Bekanntheit auf dem deutschen Markt im November 2005. Bis September 2006 richtete sich das ausschließlich in englischer Sprache gehaltene Netzwerk der Klägerin ausschließlich an nordamerikanische Schüler und Studenten. Deutsche Studenten und Schüler waren nicht bestimmungsgemäß angesprochen und stellten nicht die angesprochenen Verkehrskreise dar.

3. Bei Webseiten und Inhalten, die jedem registrierten Nutzer frei zugänglich und sichtbar sind, handelt es sich weder um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, noch um im geschäftlichen Verkehr anvertraute Vorlagen oder Vorschriften technischer Art.

4. Die hinter bestimmten Funktionen eines Sozialen Netzwerks stehenden Ideen sind nicht vor Nachahmung geschützt. Ideenschutz wird von § 4 Nr. 9 UWG nicht gewährt. Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz bezieht sich immer nur auf die konkrete Gestaltung eines Erzeugnisses, nicht auf die dahinter stehende abstrakte Idee.

5. Die graphische – schlichte – Gestaltung einer Webseite stellt in der Regel keinen Herkunftshinweis dar. Das Aussehen und die Gestaltung einer Webseite haben aus Sicht des Verkehrs neben funktionalen Gründen stilistische oder ästhetische Gründe. Es fehlt daher schon an dem für einen markenrechtlichen Schutz erforderlichen markenmäßigen Gebrauch.

6. Allein die äußeren Ähnlichkeiten, Identität der Funktionen, Übereinstimmungen im HTML-Text und in der Benennung von Dateien legen nicht mit der für § 101a Abs. 1 S. 1 UrhG erfoderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit nahe, dass der PHP-Quellcode einer Webseite übernommen wurde, wenn diese Übereinstimmungen und Identitäten auch auf einer Nachprogrammierung der sichtbaren Informationen der nachgeahmten Seite beruhen können.

Landgericht Köln, Urteil vom 16.06.2009 – 33 O 374/08 – Facebook ./. StudiVZ
§§ 3, 4 Nr. 9, 8 UWG

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Designklau: Facebook scheitert mit Unterlassungsklage gegen StudiVZ

Die für Wettbewerbssachen zuständige 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln hat die Klage von Facebook gegen den Konkurrenten StudiVZ abgewiesen (Urteil vom 16.06.2009 – 33 O 374/08 -).

Die in Kalifornien ansässige Facebook Ltd. hatte behauptet, StudiVZ habe die Gestaltung der Facebook-Seite in unlauterer Weise nachgeahmt. Außerdem sei der geheime PHP-Quellcode von Seiten des Konkurrenten auf illegale Weise erlangt worden. Darauf wurde der nun vom Landgericht zurückgewiesene Anspruch gestützt, die weitere Verwendung der Bildschirmoberflächen von StudiVZ im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen.

Nach Auffassung der zuständigen Richter liegt trotz nicht zu übersehender Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten der beiden Internetseiten keine unlautere Nachahmung vor. Es fehle an der hierfür erforderlichen Herkunftstäuschung. Diese komme deswegen nicht in Betracht, weil zum Zeitpunkt der Markteinführung von StudiVZ in Deutschland im November 2005 der Konkurrent Facebook noch nicht den erforderlichen Bekanntheitsgrad auf dem deutschen Markt hatte. Denn Facebook richtete sich bis September 2006 – ausschließlich in englischer Sprache – nur an nordamerikanische Studenten und Schüler. Erst seit März 2008 existiert eine deutschsprachige Version.

Eine Unlauterkeit der Beklagten wegen unredlicher Erlangung von Kenntnissen oder Unterlagen der Klägerin habe diese nicht substantiiert vorgetragen. Insofern habe die Klägerin lediglich Vermutungen angestellt, die nicht ausreichend seien, um der Beklagten unredliche Kenntniserlangung vorzuwerfen. Diese Vermutungen seien auch nicht hinreichend konkret, um den ebenfalls von der Klägerin geltend gemachten sog. Besichtigungsanspruch zu rechtfertigen. Damit wollte die Klägerin erreichen, dass die PHP-Quellcodes beider Seiten durch einen Sachverständigen verglichen werden sollte, um eine eventuelle Übernahme des klägerischen Produkts zu beweisen. Letztlich – so die Zivilkammer – können die Übereinstimmungen auch darauf beruhen, dass die Gründer von StudiVZ die Webseiten der Klägerin kannten und diese mit Hilfe der im Internet für jedermann sichtbaren Informationen in Anlehnung an die Seite der Klägerin nachprogrammierten bzw. nachprogrammieren ließen. Ein Verstoß der Beklagten gegen die AGB der Klägerin liege hierin indes nicht, weil die Beklagte nie selbst Vertragspartner der Klägerin war.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann binnen eines Monats Berufung zum Oberlandesgericht Köln einlegen.

Landgericht Köln, Pressemitteilung 4/09 vom 16.06.2009