Amtlicher Leitsatz
Die Gemeinfreiheit eines urheberrechtlich geschützten Werkes steht einer Eintragung als Marke für Bekleidungsstücke nicht entgegen.
BPatG, Beschluss vom 26.07.2005 – 27 W (pat) 182/04 – Pinocchio
§ 50 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 MarkenG, § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 MarkenG
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 915 691
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2005 durch den Richter Dr. van Raden als Vorsitzenden, den Richter Schwarz und die Richterin Prietzel-Funk
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten fallen der Antragstellerin zur Last.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,– € festgesetzt.
Gründe
I
Die Antragstellerin ist Inhaberin der für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, u. a. der Klasse 25 am 30. November 2000 eingetragenen farbigen Wortbildmarke 300 49 368
…
Nachdem die Antragsgegnerin hiergegen Widerspruch aus ihrer am 5. März 1974 für „Ober- und Unterbekleidungsstücke, insbesondere gewirkte und gestrickte“ eingetragenen Wortmarke
Pinocchio
eingelegt hatte, hat die Antragstellerin am 8. Juli 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der vorgenannten Widerspruchsmarke beantragt, welche sie auf § 50 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 MarkenG, § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 MarkenG sowie auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG gestützt hat. Den Löschungsgrund der Bösgläubigkeit hat sie dabei schon wegen der Einlegung des Widerspruchs der Antragsgegnerin gegen ihre eigene Marke für gegeben erachtet. Im Übrigen hat sie die Löschung der angegriffenen Marke für gerechtfertigt erachtet, weil das Markenwort „Pinocchio“ die Hauptfigur des Romans „Le avventure di Pinocchio“ (Die Abenteuer des Pinocchio) des im Jahr 1890 verstorbenen Carlo Collodi bezeichne.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 2. April 2004 den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Ein Löschungsgrund bestehe nicht. Soweit der Löschungsantrag auf § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG gestützt werde, sei er wegen Ablaufs der 10-Jahres-Frist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG unzulässig. Eine Löschung nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MarkenG scheide aus, weil für eine fehlende abstrakte Unterscheidungskraft der Marke keine Anhaltspunkte ersichtlich seien; die Argumente der Antragstellerin beträfen vielmehr allein die konkrete Unterscheidungskraft, die nicht unter § 3 MarkenG, sondern unter § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG falle, auf den sich die Antragstellerin wegen des Ablaufs der Frist nach § 50 Abs. 2 MarkenG aber nicht mehr berufen könne. Auch nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG könne die angegriffene Marke nicht gelöscht werden, da nicht ersichtlich sei, inwiefern diese über die beanspruchten Waren täuschen können sollte. Die Berufung der Antragstellerin auf § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG gehe ebenfalls fehl. Zwar sei streitig, inwiefern die Anmeldung urheberrechtsfähiger, aber gemeinfreier Namen gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, für einen solchen Verstoß sei aber vorliegend nichts ersichtlich, weil die Eintragung lediglich der angegriffenen Marke die markenmäßige Verwendung des Wortes „Pinocchio“ für die beanspruchten Waren verhindere, nicht aber in die Befugnisse der Allgemeinheit eingreife. Soweit die Antragstellerin schließlich eine Löschung auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG wegen angeblicher Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin stütze, habe sie den erforderlichen Nachweis hierfür nicht erbracht.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie führt hierzu aus: Der angegriffenen Marke fehle die abstrakte Markenfähigkeit, weil die Verbraucher mit dem Wort „Pinocchio“ stets nur die Romanfigur in Verbindung brächten, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis darin erkennen könnten. Darüber hinaus bestehe eine Täuschungsgefahr, weil die angesprochenen Verkehrskreise unter dem Eindruck der Romanfigur erwarten würden, dass die eingetragenen Waren auch „diese Figur zum Gegenstand“ hätten. Schließlich verstoße die Eintragung gegen die öffentliche Ordnung. Unter diesen Begriff falle auch das Urheberrecht, zu dessen Grundprinzipien gehöre, dass nach seinem Erlöschen das Werk gemeinfrei werde und sodann in allgemeinem Interesse jedermann frei zur Verfügung zu stehen habe. Schließlich habe die Markeninhaberin auch bösgläubig gehandelt, weil bereits die Anmeldung eines gemeinfreien Zeichens eine Behinderung im Kennzeichenrecht darstelle.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2004 in vollem Umfang aufzuheben und die angegriffenen Marke zu löschen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen und den Gegenstandswert auf 100.000,– € festzusetzen.
Sie hält die Rechtsansichten der Antragstellerin für unzutreffend und führt dazu im einzelnen aus:
An der abstrakten Markenfähigkeit der angegriffenen Marke bestehe kein Zweifel, weil die Bezeichnung „Pinocchio“ wie jeder Name grundsätzlich zur Unterscheidung der Waren nach ihrer Herkunft aus einem Unternehmen geeignet sei. Die Verbraucher würden durch die angegriffene Marke auch nicht getäuscht, weil nicht ersichtlich sei, inwiefern die Marke eine falsche Vorstellung über die Art, Beschaffenheit oder geografische Herkunft der registrierten Waren erzeugen sollte; weder erwarte der Verkehr, dass die mit der Marke „Pinocchio“ gekennzeichneten Kleidungsstücke diese Romanfigur abbildeten oder in anderer Weise „diese Figur zum Gegenstand“ hätten, noch sei eine Täuschungsgefahr offensichtlich. Die Eintragung der angegriffenen Marke verstoße auch nicht gegen die öffentliche Ordnung, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift im Rahmen der Benutzung gemeinfreier Werke nicht erfüllt seien; in der Verwendung ehemals urheberrechtlich geschützter Werke könne nicht bereits ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung liegen. Durch den Markenschutz werde die Romanfigur nicht dem Gemeingebrauch entzogen, sondern allein die markenmäßige Verwendung für die konkreten Waren monopolisiert. Darüber hinaus verfolgten Urheber- und Markenrecht unterschiedliche Schutzzwecke. Dementsprechend seien zahlreiche Romantitel markenrechtlich schutzfähig und auch tatsächlich geschützt. Auch begründe die bloße Anmeldung der Titelfigur eines gemeinfrei gewordenen Werkes der Literatur als Marke nicht bereits die Voraussetzungen des Löschungsgrundes einer bösgläubigen Markenanmeldung; im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Marke auch nicht in Behinderungsabsicht angemeldet.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.
II
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
A. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Antrag der Antragstellerin auf Löschung der angegriffenen Marke nach § 50 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 MarkenG zurückgewiesen. Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
1. Ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG besteht nicht. Der Ansicht der Antragstellerin, der angegriffenen Marke fehle bereits die abstrakte Markenfähigkeit nach § 3 MarkenG kann nicht gefolgt werden.
Eine abstrakte Markenfähigkeit kann nur solchen Kennzeichnungen abgesprochen werden, die abstrakt, d. h. ohne Bezug zu den betroffenen Waren oder Dienstleistungen nicht als solches geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen gleich welcher Art eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (vgl. BGH, WRP 2000, 298, 299 – Radio von hier; BGH GRUR 2001, 240, 241 – SWISS-ARMY). Für die Bejahung des abstrakten Markenfähigkeit genügt es, dass das betreffende Zeichen in einem beliebigen, theoretisch vorstellbaren Fall zur Unterscheidung geeignet ist, was kaum je verneint werden kann (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 3 Rn. 9). Genauso wenig wie den Namen staatlicher Stellen und Behörden (vgl. BGH, a.a.O. – SWISS-ARMY) kann auch dem hier in Rede stehenden Namen einer bekannten literarischen Werkfigur die abstrakte Markenfähigkeit abgesprochen werden. Über den bloßen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG, der dem Namen einer literarischen Figur jedenfalls dann zukommt, wenn er gleichzeitig auch der Titel des Werkes ist, kann der Name nach allgemeiner Ansicht auch einem gesonderten Schutz als (eingetragene) Marke zugänglich gemacht werden (vgl. BGH GRUR 2000, 882 – Bücher für eine bessere Welt; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5 Rn. 104). Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, ob ein Werktitelschutz auch dem Element „Pinocchio“ des Gesamttitels „Die Abenteuer des Pinocchio“ zukommen kann. Soweit die Antragstellerin geltend gemacht hat, der hier in Rede stehende Name „Pinocchio“ deute allein auf das Werk des Autors Carlo Collodi hin, übersieht sie, dass auch im Falle des Bestehens eines Titelschutzes aufgrund dieses Titels lediglich die konkrete Unterscheidungskraft für einzelne Waren und Dienstleistungen, insbesondere für Druckereierzeugnisse, verneint werden könnte (vgl. BGH, GRUR 2003, 342 – Winnetou), nicht aber unabhängig von der konkret beanspruchten Ware oder Dienstleistung die abstrakte Unterscheidungseignung einer aus diesem Namen gebildeten Kennzeichnung.
2. Soweit die Antragstellerin im Verfahren vor der Markenabteilung sich auf die Löschungsgründe des § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG i.V.m. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 MarkenG berufen hat, ist der Löschungsantrag, wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, wegen Ablaufs der 10-Jahres-Frist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG unzulässig. Hiergegen hat die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung auch keine Einwände vorgebracht.
3. Zutreffend hat die Markenabteilung auch den Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG verneint, denn die Marke ist nicht geeignet, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der beanspruchten Waren zu täuschen.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, ist ein Bezug zwischen dem Namen „Pinocchio“ und den Waren „Ober- und Unterbekleidungsstücke“ nicht ersichtlich, so dass eine Täuschungsgefahr von vornherein ausscheidet.
Soweit die Antragstellerin vorgetragen hat, der Verzehr werde annehmen, die Waren hätten „diese Figur zum Gegenstand“, vermochte sie dieses Vorbringen trotz Aufforderung durch den Senat nicht zu konkretisieren.
4. Unzutreffend ist auch die Auffassung der Antragstellerin, die Eintragung der angegriffenen Marke verstoße gegen die öffentliche Ordnung i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG, so dass sie aus diesem Grund nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG zu löschen sei.
Allerdings ist der Antragstellerin im Ansatz darin zuzustimmen, dass unter den Begriff der öffentlichen Ordnung alle inländischen Rechtsnormen – also auch das Urheberrecht – gehören (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 300). Als einen Verstoß gegen solche Rechtsvorschriften kann die Eintragung aber nur dann angesehen werden, wenn die Benutzung der Marke (vgl. zu dieser Voraussetzung zu Recht Ingerl/Rohnke, a.a.O.) zugleich einen unauflösbaren Widerspruch zu diesen Normen darstellte. Ein solcher Widerspruch ist jedoch nicht gegeben.
Soweit die Antragstellerin meint, die Eintragung der Anmeldemarke verstoße gegen die sog. Gemeinfreiheit ehemals urheberrechtlich geschützter Werke (§ 64 UrhG), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Regelungsgehalt des § 64 UrhG beschränkt sich darauf, dass das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers erlischt. Schon nach seinem Wortlaut kann dies aber nur bedeuten, dass die Beschränkungen, welche das Urheberrecht vorsieht, insbesondere also die Monopolisierung des Veröffentlichungs- (§ 12 UrhG) und Verwertungsrechts (§ 15 UrhG) zugunsten des Urhebers, nicht mehr bestehen; ein Verbot, das Werk oder seinem Titel oder Teile desselben mit Eintritt der sog. Gemeinfreiheit als Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu verwenden, kann der Vorschrift somit schon ihrem Wortlaut nach nicht entnommen werden.
Auch Sinn und Zweck der Gemeinfreiheit, worauf die Antragstellerin im Wesentlichen in der mündlichen Verhandlung abgestellt hat, können ein Monopolisierungsverbot für ehemals urheberrechtlich geschützte Werke oder Werkteile nicht begründen. Denn mit dem Begriff der Gemeinfreiheit eines urheberrechtlich ge-schützten Werkes wird nach allgemeiner Ansicht lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das Werk von jedermann ohne Zustimmung des Urhebers verwertet werden kann (vgl. Schricker, UrhG, 2. Aufl. 1999, § 64 Rn. 5; Wandtke/Bullinger, UrhG, 2002, § 64 Rn. 13; Dreyer in: Heidelberger Kommentar zum UrhG, 2004, § 64 Rn. 27). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Überlegung, derzufolge die Gemeinfreiheit aufgrund ihrer positiven Zuordnungsfunktion beinhaltet, dass die Gesamtbevölkerung das gemeinfreie Werk als allgemeines Kulturgut ohne Einschränkungen nutzen und genießen kann (so Wandtke/Bullinger, GRUR 1997, 573, 577); denn der Markenschutz schränkt dieses allgemeine Recht nicht ein, sondern beschränkt sich darauf, das Werk als Kennzeichnung für einzelne Waren oder Dienstleistungen zu monopolisieren (vgl. Wandtke/Bullinger, a.a.O., S. 578). Dass die Gemeinfreiheit der Begründung eines Markenschutzes nicht entgegensteht, ist schließlich in Rechtsprechung (vgl. für das Verhältnis von markenrechtli-chem Werktitelschutz zur Gemeinfreiheit BGH GRUR 2000, 882 f. – Bücher für eine bessere Welt und GRUR 2003, 440, 441 – Winnetous Rückkehr) und Literatur (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O.; Wandtke/Bullinger, a.a.O.; Osenberg, GRUR 1996, 101, 102; Seifert, WRP 2002, 1014; Nordemann, WRP 1997, 389, 391; Dreyer, a.a.O., § 2 Rn. 72) soweit ersichtlich bislang unbestritten.
5. Schließlich ist auch der von der Antragstellerin geltend gemachte Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG nicht gegeben.
Danach ist eine Markeneintragung zu löschen, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Bösgläubigkeit liegt dabei nur im Falle einer rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Markenanmeldung vor (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 50 Rn. 7), also bei dem Erwerb einer formalen Rechtsstellung, die ohne sachlich gerechtfertigten Grund allein zur Erreichung einer dem Kennzeichenrecht fremden und regelmäßig zu missbilligenden Zielset-zung erfolgte, die auf eine unlautere Behinderung eines Zeichenbenutzers und auf die Übernahme oder jedenfalls eine Störung seines Besitzstandes hinausläuft (vgl. BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19 Rn. 166 ff.; Ströbele/Hacker, a.a.O., Rn. 13 ff.); dies ist insbesondere zu bejahen, wenn der Anmelder zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 50 Rn. 17; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 50 Rn. 45) die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbs einsetzen will (vgl. BGH a.a.O. – Classe E; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19 Rn. 172 ff.; Ströbele/Hacker, a.a.O., Rn. 20 ff.) oder es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine Spekulationsmarke handelt, d. h. einer Marke, welche der Anmelder nicht benutzen möchte, sondern allein mit dem Ziel schützen lassen möchte, um gutgläubige Dritte unter Druck zu setzen (vgl. BGH a.a.O. – Classe E; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14-19 Rn. 175 ff.; Ströbele/Hacker, a.a.O., Rn. 29 ff.). Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben.
Die Auffassung der Antragstellerin, bereits die Anmeldung einer bekannten Romanfigur zur Eintragung als Marke erfülle den Tatbestand der Bösgläubigkeit, ist unzutreffend. Die Böswilligkeit ist im Übrigen auch nicht daran herzuleiten, dass die Antragsgegnerin etwa 25 Jahre nach der Eintragung ihres Widerspruchs gegen die Eintragung eines sehr ähnlichen Zeichens eingelegt hat. Das Recht dazu steht jedem Markeninhaber zu. Zudem fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Eintragung der Marke und den späteren Rechtsstreitigkeiten (vgl. BPatG GRUR 2000, 804, 811 – SSZ). Dazu, dass der Anmelder eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen in einer auffälligen Häufung (so Ströbele/Hacker, a.a.O.) angemeldet hat, hinsichtlich derer er keinen ernsthaften Benutzungswillen besitzt, und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet hat, Dritte, die identische oder ähnliche Zeichen verwenden, mit Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüchen zu überziehen (vgl. BGH a.a.O. – Classe E), ist weder etwas seitens der Antragstellerin vorgetragen worden noch auch nur im Ansatz ersichtlich.
6. Da die Markenabteilung somit den Löschungsantrag zu Recht zurückgewiesen hat, war der Beschwerde der Antragstellerin der Erfolg zu versagen.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Danach können die Kosten einem Verfahrensbeteiligten auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Ein Billigkeitsgrund besteht dabei nur, wenn besondere Umstände eine Abweichung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, demzufolge die Beteiligten die ihnen erwachsenen Kosten selbst tragen, rechtfertigen. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn der Schluss nahe liegt, dass ein Beteiligter unter Verstoß gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten mit seinem Verhalten verfahrensfremde Ziele wie die Verzögerung einer Entscheidung oder die Behinderung der Gegenseite verfolgt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 71 Rn. 16), etwa indem er in einer nach allgemein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette).
Der Anwendung dieser Grundsätze steht der Popularcharakter des Löschungsverfahrens nicht entgegen. Denn auch wenn dessen Durchführung im öffentlichen Interesse liegt, so dass ein eigenes Interesse des Antragstellers nicht erforderlich ist und auch dessen eigenes widersprüchliches Verhalten den Löschungsantrag nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig macht (vgl. BPatG GRUR 1999, 746, 747 – Omeprazok), hindert dies nicht die Kostenauferlegung zu Lasten des Löschungsantragstellers, wenn dieser durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er mit dem Löschungsantrag allein verfahrensfremde Ziele verfolgt; denn wer die Löschung einer eingetragenen Marke allein deshalb beantragt, um zu Lasten des Inhabers der angegriffenen Marke in einer nicht zu billigenden Weise eigene Interessen zu verfolgen, missbraucht die vom Gesetz jedermann eingeräumte Möglichkeit zur Löschungsantragstellung, indem er sich nur zum Schein als Wahrer öffentlicher Interessen geriert. In einem solchen Fall, der letztlich auf die bloße Behinderung des Markeninhabers abzielt, ist es gerechtfertigt, dem Löschungsantragsteller ausnahmsweise die Verfahrenskosten aus Billigkeitserwägungen aufzuerlegen.
So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hat ihr Löschungsbegehren sowohl vor der Markenabteilung als auch im Beschwerdeverfahren ausschließlich auf Löschungsgründe gestützt, für die sie weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung hat finden können hätte. Vielmehr gehen sämtliche veröffentlichten Entscheidungen, die sich mit den hier zu beurteilenden Fragen befasst haben, in eine der Auffassung der Antragstellerin deutlich widersprechende Richtung. Gleiches gilt auch für das Schrifttum, das durchgängig – auch soweit es von der Antragstellerin selbst zitiert worden ist – einen gegenüber ihrer eigenen Ansicht gegenteiligen Standpunkt einnimmt. Hinzu kommt, dass ihre Ausführungen im Verfahren vor der Markenabteilung haben erkennen lassen, dass der Löschungsantrag letztlich allein als „Gegenreaktion“ auf die Widerspruchseinlegung der Markeninhaberin gegen die eigene, erheblich prioritätsjüngere Marke der Antragstellerin erfolgt ist. Hierdurch hat die Antragstellerin die Durchführung des gegen ihre eigene Marke gerichteten Widerspruchsverfahrens, erheblich zu Lasten der Antragsgegnerin verzögert. Dies allein wäre objektiv nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin ist jedoch – wie erörtert – ohne jede substantielle rechtliche Argumentation gegen die ältere Marke vorgegangen und hat dabei unbilligerweise gegen die Verwendung des Namens „Pinocchio“ durch die Antragsgegnerin Einwände vorgebracht, die sich ebenso gegen die Verwendung dieses Namens durch die Antragstellerin selbst ins Feld führen ließen. Bei Gesamtschau dieser Umstände deutet dies auf die alleinige Absicht der Verfolgung zweckfremder Ziele bei der Stellung des Löschungsantrages hin. Dies rechtfertigt es, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
C. Die – von der Beschwerdegegnerin beantragte – Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 33 Abs. 1 RVG bzw. – sofern der Auftrag zur Vertretung der Beschwerdegegnerin im hiesigen (seit dem 9. Juni 2004 anhängigen) Beschwerdeverfahren bereits vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden sein sollte – nach der Übergangsvorschrift des § 61 RVG auf § 10 Abs. 1 BRAGO in der bis 1. Juli 2004 geltenden Fassung.
Der Gegenstandswert in markenrechtlichen Löschungsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung an dem Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Zeichens zu messen (vgl. BPatGE 21, 140, 141), wobei in erster Linie auf die Benutzung und Verteidigung der angegriffenen Marke abzustellen ist (vgl. BPatGE 41, 100, 101 – COTTO; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 71 Rn. 48). In der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts wird dabei für den Fall einer Marke, über deren Benutzung nichts bekannt ist, ein Regelwert von 25.000,– € angenommen (vgl. BPatG Mitt. 2002, 570 – S. 400; Beschluss vom 26. März 2003 – 28 W (pat) 4/02; Beschluss vom 24. Oktober 2000 – 27 W (pat) 40/00; Beschluss vom 7. August 1996 – 26 W (pat) 92/94; für das Löschungsverfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG: Beschluss vom 26. März 2003 – 26 W (pat) 108/01; Beschluss vom 7. März 2002 – 28 W (pat) 239/03; Beschluss vom 17. De-zember 2003 – 26 W (pat) 16/02; Beschluss vom 25. November 2003 – 24 W (pat) 240/03; vorgenannte Entscheidungen teils veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM, teils unveröffentlicht), während bei benutzten Marken ein höherer, in der Regel mit 50.000,– € anzusetzender Wert gerechtfertigt ist (vgl. BPatGE a.a.O. – COTTO). Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung – von der Antragstellerin unwidersprochen – hierzu vorgetragen, Waren unter der angegriffenen Marke würden umfangreich über den Einzelhandel vertrieben. Diese unstreitige intensive Benutzung der hier angegriffenen Marke rechtfertigt es, den Gegenstandswert abweichend vom üblichen Regelsatz höher zu bewerten. Da andererseits der genaue Umfang der Benutzung nicht bekannt ist, sieht der Senat keine Veranlassung, dem Antrag der Antragsgegnerin zu entsprechen und einen höheren Gegenstandswert als den Regelsatz für benutzte, dem Löschungsantrag nach § 50 MarkenG ausgesetzte Marken in Höhe von 50.000,– €, welchen auch die Antragstellerin für angemessen erachtet hat, festzusetzen.
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