Das Bundespatentgericht hat eine Zurückweisung der Markenanmeldung „Hopfentraum“ durch das DPMA lediglich für Waren der Klasse 32 „Mineralwässer; Fruchtsäfte“ aufgehoben. Auf die weiteren beanspruchten Waren u.a. der Klasse 32: Biere und Klasse 33: alkoholische Getränke, hatte die Anmelderin nach einem Hinweis des BPatG verzichtet.
Eine Täuschungseignung durch die Bezeichnung von Mineralwässern durch „Hopfentraum“ verneint das BPatG: Da der Handel mit „Mineralwässern“ und „Fruchtsäften“ in Deutschland durch Verordnungen reglementiert wird, haben die Endverbraucher keine Veranlassung anzunehmen, dass diese Produkte mit Inhalts- oder Geschmacksstoffen von Hopfen versetzt oder angeboten werden könnten (vgl. BPatG 26 W (pat) 516/11 – aloe to go; 26 W (pat) 546/10 – Cayenne; 26 W (pat) 552/14 – Venezianischer Spritzer). Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren weiß aufgrund entsprechender Unterrichtung in den Medien, vor allem in Verbraucher- und anderen Zeitschriften, im Fernsehen und im Internet, dass weder Mineralwasser noch Fruchtsaft Hopfen oder dessen Aroma enthalten.
BPatG, Beschluss vom 12.10.2016 – 26 W (pat) 516/16 – Hopfentraum
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 074 222.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Oktober 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Reker und des Richters Schödel
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2015 wird aufgehoben.
Gründe
I.
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Das Wortzeichen
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Hopfentraum
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ist am 15. Dezember 2014 unter der Nummer 30 2014 074 222.5 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 32: Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke; Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken;
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Klasse 33: alkoholische Getränke [ausgenommen Biere];
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Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen.
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Mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 hat die Markenstelle für Klasse 32 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verkehr werde das Zeichen als sprach- und werbeübliches Kompositum und als werbliche Anpreisung von Produktmerkmalen verstehen. Das Wort „Traum“ werde im Verkehr vielfach und für die unterschiedlichsten Erzeugnisse verwendet, um darauf hinzuweisen, dass diese sich durch besonders hohe Qualität auszeichneten und den Wünschen des Verbrauchers entsprächen. Die beanspruchten Getränke könnten alle Hopfen als Zutat enthalten oder als Mischgetränke mit Hopfenaromen angeboten werden. Das Anmeldezeichen weise somit lediglich auf die Qualität und Beschaffenheit bzw. Geschmacksrichtung dahingehend hin, dass es sich um Getränke mit traumhaften Hopfenaromen handele. Die Anmelderin könne sich auch nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen, da diese keine Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im konkreten Einzelfall entfalteten.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichen stelle eine schutzfähige originelle Wortneuschöpfung dar, das viele Interpretationsmöglichkeiten biete. Das Wort „Traum“ sei nicht nur positiv besetzt, wie der Begriff „Alptraum“ zeige. Da Hopfen schlaffördernde Wirkung habe, könne der Verkehr das Zeichen auch dahingehend verstehen, dass es sich bei einem so gekennzeichneten Produkt um ein Mittel zur Vorbeugung gegen Alpträume handele. Außerdem sei das Zeichen für alle beanspruchten Waren außer Biere nicht beschreibend, da diese keinen Hopfen oder Hopfenaromen enthielten. Im Übrigen seien in der Vergangenheit vergleichbare Marken unter Verwendung des Begriffs „Traum“ in das Register eingetragen worden.
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Auf Hinweise des erkennenden Senats, insbesondere mit Schreiben vom 1. September 2016, dem zahlreiche Recherchebelege beigefügt waren (Anlagenkonvolute 1 bis 6, Bl. 41 – 80 GA), hat die Beschwerdeführerin ihre Anmeldung beschränkt auf die Waren der
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Klasse 32: Mineralwässer; Fruchtsäfte.
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Sie beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2015 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und, soweit darüber nach Beschränkung des Warenverzeichnisses durch die Anmelderin noch zu entscheiden ist, auch begründet. Der Eintragung des Anmeldezeichens für die verbleibenden Waren stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH, GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
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2. Diesen Anforderungen genügt das Wortzeichen „Hopfentraum“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 aufweist.
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a) Bei den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen handelt es sich um die Endverbraucher und den Getränkefachhandel.
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b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Substantiven „Hopfen“ und „Traum“ zusammen.
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aa) Hopfen ist eine Kletterpflanze aus der Familie der Hanfgewächse. Der sog. Echte Hopfen wird zum Bierbrauen verwendet (www.wikipedia.de). Ein Stadtteil der Stadt Füssen nennt sich „Hopfen am See‘“, die am Hopfensee liegt.
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bb) „Traum“ kann eine im Schlaf auftretende Abfolge von Vorstellungen, Bildern, Ereignissen, Erlebnissen; ein sehnlicher, unerfüllter Wunsch; (umgangssprachlich) etwas traumhaft Schönes“ oder eine Person oder Sache sein, „die wie die Erfüllung geheimer Wünsche erscheint“ (www.duden.de).
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cc) Zwar ist die Wortverbindung „Hopfentraum“ lexikalisch nicht nachweisbar. Sie ist jedoch sprach- und werbeüblich gebildet. Außerdem werden Begriffskombinationen mit dem Wort „Traum“ seit langem und in den unterschiedlichsten Branchen zur Unterstreichung der Qualität und damit zur besonderen Anpreisung der damit beworbenen Ware oder Dienstleistung eingesetzt (BPatG 32 W (pat) 152/96 – Früchtetraum; 30 W (pat) 38/12 – Rosentraum; 26 W (pat) 28/15 – TRAUMINSEL REISEN). Deshalb enthalten 171 Slogans das Wort „Traum“ (www.slogans.de).
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dd) Das Anmeldezeichen „Hopfentraum“ bedeutet daher in seiner Gesamtheit „ein besonders gutes Produkt aus Hopfen oder mit Hopfenaroma“. Damit enthält es im Hinblick auf Waren, die Hopfen oder Hopfenaroma enthalten, eine Sachaussage verbunden mit einer werbeüblichen Anpreisung.
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c) Für die im Entscheidungszeitpunkt noch beanspruchten Waren der Klasse 32 „Mineralwässer; Fruchtsäfte“ vermittelt das um Schutz suchende Zeichen den angesprochenen Verkehrskreisen aber weder eine Sach- noch eine Werbeaussage produktbezogener Art und es stellt auch keinen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her. Denn diese Getränke dürfen aufgrund der Mineral- und Tafelwasserverordnung vom 1. August 1984 (BGBl. I S. 1036, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 22. Oktober 2014, BGBl. I S. 1633) sowie der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung vom 24. Mai 2004 (BGBl. I S. 1016, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 23. Oktober 2013, BGBl. I S. 3889) weder Hopfen noch Hopfenaromen enthalten.
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3. Wegen der fehlenden Eignung des Wortzeichens zur unmittelbaren Beschreibung der noch beschwerdegegenständlichen Produkte kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.
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4. Der Eintragung des Anmeldezeichens „Hopfentraum“ für die Waren „Mineralwässer; Fruchtsäfte“ steht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht entgegen.
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Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 MarkenG).
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Diese Eignung ist hier zu verneinen. Da der Handel mit „Mineralwässern“ und „Fruchtsäften“ in Deutschland durch die oben genannten Verordnungen reglementiert wird, haben die Endverbraucher keine Veranlassung anzunehmen, dass diese Produkte mit Inhalts- oder Geschmacksstoffen von Hopfen versetzt oder angeboten werden könnten (vgl. BPatG 26 W (pat) 516/11 – aloe to go; 26 W (pat) 546/10 – Cayenne; 26 W (pat) 552/14 – Venezianischer Spritzer). Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren weiß aufgrund entsprechender Unterrichtung in den Medien, vor allem in Verbraucher- und anderen Zeitschriften, im Fernsehen und im Internet, dass weder Mineralwasser noch Fruchtsaft Hopfen oder dessen Aroma enthalten:
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– FUNKUHR, Heft 23 vom 29. Mai 2015, S. 22, „H2O – Die Gesundheitsformel für Ihr Wohlbefinden – Das kleine Wasser-Lexikon“;
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– https://www.test.de/thema/mineralwasser/;
32
– http://www.chefkoch.de/magazin/artikel/752,0/Chefkoch/Wasser-alles-ueber-Mineralwasser-Trinkwasser-Co.html;
33
– http://www.apotheken-umschau.de/Fruchtsaft;
34
– https://www.was-wir-essen.de/abisz/fruchtsaefte.php;
35
– http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/Fruchtsaft-Konzentrat-oder-Direktsaft,markt8976.html
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(vgl. auch BPatG 26 W (pat) 552/14 – Venezianischer Spritzer).
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Deshalb kann er durch die beanspruchte Wortkombination auch nicht irregeführt werden. Dies gilt erst recht für den Getränkefachhandel, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (EuGH GRUR 2004, 682 Rdnr. 26 – Bostongurka; BPatG 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; MarkenR 2007, 527, 529 f. – Rapido; 24 W (pat) 18/13 – CID).
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