BGH, Beschluss vom 14.12.2005, I ZB 33/04 – Porsche Boxster (Bundespatentgericht)
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3
Besondere Gestaltungsmerkmale eines Automobils, die es von anderen Automobilen unterscheidet, führen dazu, dass die Form des Automobils geeignet ist, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden.
Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, dass Formgestaltungen von Automobilen frei gewählt werden können und die Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Formgebung nicht über Gebühr eingeschränkt wird.
Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann durch werbewirksame Darstellung der charakteristischen Formgestaltung des neuen Modells überwunden werden, wenn der Verkehr in der neuen Gestaltung den Herkunftshinweis erkennt. Bei neuen Modellen bekannter Hersteller, deren Erscheinen aufdem Markt von einem großen Medienecho begleitet wird, ist von einer solchen Verkehrsdurchsetzung jedenfalls nach nicht allzu langer Zeit nach Markteinführung auszugehen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des 28. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 13. Oktober 2004 unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Ware „Kraftfahrzeuge“ zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
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I. Mit der Anmeldung vom 4. Oktober 1997 begehrt die Anmelderin die Eintragung der nachfolgend wiedergegebenen dreidimensionalen Marke
zur Kennzeichnung für die Waren
Kraftfahrzeuge und deren Teile.
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Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und wegen eines aktuellen Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin sich hilfsweise darauf berufen, dass die angemeldete Form für die Ware „Fahrzeuge“ im Verkehr als Herkunftshinweis auf die Anmelderin durchgesetzt sei. Die Beschwerde der Anmelderin ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 13.10.2004 – 28 W (pat) 102/00, in juris veröffentlicht).
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Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihren im Beschwerdeverfahren erfolglosen Eintragungsantrag weiter.
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II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass die beanspruchte Warenformmarke von Haus aus nicht schutzfähig sei, weil der begehrten Eintragung zumindest ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe. Dieses Eintragungshindernis sei auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Es sei bereits zweifelhaft, ob die beanspruchte Darstellung aufgrund waren- und/oder technisch bedingter Form nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht von vornherein vom Markenschutz ausgeschlossen sei. Bei der Formgestaltung von Kraftfahrzeugen seien zahlreiche technische Vorgaben von Bedeutung wie die Stabilität des Fahrzeugs in Aufbau und Materialauswahl, die Aerodynamik, die Funktionsfähigkeit sichtbarer Teile, die Fertigungs- und Reparaturfreundlichkeit, die optischen Bedingungen sowie Elemente des Unfall- und Aufprallschutzes. Der Gestaltungsfreiheit des Designers seien von vornherein Grenzen gesetzt. Den-noch lasse sich bei aller Dominanz zwingender technischer Vorgaben nicht mit letzter Sicherheit feststellen, dass sich die als Marke beanspruchte Form in der bloßen Reproduktion der zur Erreichung eines technischen Effekts erforderlichen Anordnung der Elemente der Ware erschöpfe. Auch wenn Linienführung und Aufbau des Fahrzeugs technischen Zwecken dienten, sei doch die konkrete Ausge-staltung nicht unbedingt technisch vorgegeben.
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Das Hindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft stehe der Eintragung einer dreidimensionalen Marke entgegen, soweit die beanspruchte Form lediglich die typischen Merkmale der beanspruchten Ware und keine über die technische Gestaltung der Ware hinausgehenden Elemente erkennen lasse. Dabei genüge das bloße Abweichen von einer branchenüblichen Gestaltung noch nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft; vielmehr könne die Herkunftsfunktion der Marke nur durch eine erhebliche Abweichung von der bestehenden Gestaltungsvielfalt erfüllt werden. Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, ob der Verkehr an die Herkunftskennzeichnung durch Produktgestaltungen gewöhnt sei. Es sei zweifelhaft, ob die angemeldete Form diesen Anforderungen genüge. Der Automobilmarkt zeichne sich durch eine große Formenvielfalt aus. Diese Gestaltungsbreite werde vom Verkehr erwartet. Dennoch führten die technischen Vorgaben dazu, dass sich die Formgestaltung bei verschiedenen Herstellern immer stärker annähere, so dass sich der Verkehr an „klassischen“ Erkennungszeichen wie einem Emblem, einem Schriftzug oder einer Figur orientieren müsse. Andererseits sei weithin zu beobachten, dass trotz der Gewöhnung an die vielfältige Formgebung von Kraftfahrzeugen von der äußeren Form häufig spontan und ohne weitere Überlegung auf den Hersteller geschlossen werde; dies zeige, dass große Teile des Verkehrs in der Lage seien, ein Auto allein nach seinem äußeren Erscheinungsbild einem bestimmten Hersteller zuzuordnen. Offensichtlich orientiere sich der Verkehr an bestimmten herstellertypischen Grundmustern und Linienführungen, die auch in abgewandelter Form zu einem Wiedererkennungseffekt führten. Ob man bei der Form, die die Anmelderin als Marke beanspruche, von einer solchen charakteristischen Formgebung sprechen könne, erscheine zweifelhaft, weil sie lediglich Gestaltungselemente enthalte, die nicht über den bloßen Prototyp eines Sportwagens hinausgingen und sich nicht erheblich von dem Branchenüblichen abhöben.
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Die Frage der Unterscheidungskraft könne aber dahingestellt bleiben, weil die vorliegende Warendarstellung im Hinblick auf das überragende Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung der Formenvielfalt freihaltebedürftig sei. Die Möglichkeiten der Produktform seien bei Kraftfahrzeugen relativ eingeschränkt. Andererseits spiele die Optik eines Fahrzeugs für den Verkehr eine maßgebliche Rolle; die Kaufentscheidung werde immer häufiger vom Design beeinflusst. Daher komme der Erhaltung der Formenvielfalt ein besonderer Stellenwert zu. Seien die Möglichkeiten beschränkt, die Produktgestaltung zu variieren, müssten die Wettbewerber ungehindert von Markenrechten Dritter auf einen möglichst großen Formenschatz zurückgreifen können. Wolle ein Anbieter den Nachbau seiner Form verhindern, brauche er keinen Markenschutz; vielmehr könne seinen berechtigten Interessen mit einem Produktschutzrecht wie dem Geschmacksmuster entsprochen werden. Entsprechende Erwägungen seien anzustellen, soweit die Anmelderin den Schutz auch für Fahrzeugteile beanspruche; denn der Verkehr verstehe das Zeichen insoweit nur als Hinweis auf die bestimmungsgemäße Verwendung.
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Anders als im Parallelverfahren sei das Eintragungshindernis nicht durch den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung überwunden. Mache ein Anmelder die Verkehrsdurchsetzung erstmals im Beschwerdeverfahren geltend, müsse er deren Voraussetzungen schlüssig darlegen. Dem genüge das Vorbringen der Anmelderin nicht, weil es – bezogen auf den Anmeldezeitpunkt im Oktober 1997 – bereits am Nachweis einer lang andauernden markenmäßigen Benutzung der als Marke beanspruchten Form fehle. Das Modell Boxster sei erst Ende 1996 im Markt eingeführt worden. Außerdem sei der Wagen im Gegensatz zur übrigen Modellpalette der Anmelderin gerade nicht über die spezielle Formgestaltung, sondern über die Modellbezeichnung „Boxster“ angeboten worden und stelle sich daher als ein Sportwagen unter vielen anderen dar, weil er – abgesehen von der Frontpartie – gerade nicht über das markante und bekannte Porsche-Design verfüge. Zwar habe die Anmelderin das Fahrzeug nach ihrem Vorbringen umfangreich beworben und mit ihm auch erhebliche Umsätze erzielt. Dies lasse aber keinen zwingenden Schluss zu, dass damit dem Verkehr die Karosserieform des Fahrzeugs als kenn-zeichnender Hinweis nahe gebracht worden sei. Gleiches gelte für das in Anspruch genommene Echo in den Medien; dort trete das Fahrzeug stets nur mit seiner Modellbezeichnung in Erscheinung. Die bloße Abbildung in den Medien ohne Hinweis auf eine erheblich aus dem üblichen Formenschatz fallende Gestaltung reiche nicht aus, die Verkehrsauffassung in betriebskennzeichnender Weise nachhaltig zu beeinflussen. Damit fehle es an grundlegenden Voraussetzungen für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung.
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III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben überwiegend Erfolg. Zu Unrecht hat das Bundespatentgericht – soweit der Markenschutz für Kraftfahrzeuge begehrt wird – eine Überwindung des Eintragungshindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aufgrund Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) verneint. Unzulässig ist die Rechtsbeschwerde dagegen insoweit, als sie sich gegen die Versagung des Markenschutzes für Fahrzeugteile wendet.
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1. Markenschutz für Kraftfahrzeuge
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a) Mit Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, dass der angemeldeten Marke, die aus der Form der Ware besteht, nicht die Markenfähigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 MarkenG abgesprochen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 MarkenG können Marken alle Zeichen sein, die geeignet sind, Waren oder Dienstleis-tungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dazu gehört auch die Form einer Ware. Die Markenfähigkeit eines Zeichens ist nach § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt, d.h. ohne Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen, allein danach zu prüfen, ob das Zeichen als solches geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 – C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 37 – Philips/Remington; BGH, Beschl. v. 20.11.2003 – I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 503 = WRP 2004, 752 – Gabelstapler II, m.w.N.).
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Bei der von der Anmelderin als Marke beanspruchten Form handelt es sich nicht um den Prototyp eines Sportwagens oder eines Kraftfahrzeugs schlechthin, bei dem bereits die abstrakte Markenfähigkeit zu verneinen wäre (vgl. hierzu BGH GRUR 2004, 502, 503 – Gabelstapler II, m.w.N.). Dies folgt schon aus der Vielzahl besonderer Gestaltungselemente, die die in Rede stehende Form auszeichnen und ihre abstrakte Markenfähigkeit begründen.
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b) Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 MarkenG steht der Eintragung nicht entgegen. Unter dieses Schutzhindernis fallen Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist oder die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Damit schließt es das Gesetz im öffentlichen Interesse aus, dass der Inhaber des Markenrechts technische Lösungen oder Eigenschaften einer Ware für sich monopolisieren und dadurch Mitbewerber aufgrund seiner Markeneintragung daran hindern kann, bei der Gestaltung ihrer Produkte eine bekannte technische Lösung einzusetzen oder ihren Produkten bestimmte vorteilhafte Eigenschaften zu verleihen.
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Eine solche blockierende Wirkung geht von dem angemeldeten Zeichen nicht aus. Wie die Erfahrung lehrt, bestehen bei der Gestaltung der äußeren Form eines Sportwagens trotz strenger technischer Vorgaben vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die es jedem Hersteller erlauben, trotz eines ähnlichen oder identischen Anforderungsprofils Automobile zu entwickeln, die sich jeweils durch eine eigenständige individualisierende Formgebung auszeichnen (a.A. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 3 MarkenG Rdn. 228a, der der dreidimensionalen Form von Automobilen gerade wegen der Vielfalt markenfähiger Gestaltungselemente die Markenfähigkeit versagen möchte).
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c) Das Bundespatentgericht hat die Versagung des Schutzes nicht auf das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gestützt. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Produkte eines Unternehmens gegenüber den Produkten anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen. Bei ihnen ist grundsätzlich kein strengerer Maßstab anzulegen als bei herkömmlichen Markenformen. Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen einen Herkunftshinweis sieht (vgl. EuGH, Urt. v. 8.4.2003 – C-53/01, C-54/01, C-55/01, Slg. 2003, I-3161 = GRUR 2003, 514 Tz. 41 f., 46 – Linde, Winward und Rado; BGH, Beschl. v. 23.11.2000 – I ZB 18/98, GRUR Int. 2001, 462, 463 f. = WRP 2001, 265 – Stabtaschenlampen). Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Häufig schließen Verbraucher daher aus der Form der Waren oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (EuGH GRUR 2003, 514 Tz. 48 – Linde, Winward und Rado; Urt. v. 29.4.2004 – C-468/01 bis C-472/01, Slg. 2004, I-5141 = GRUR Int. 2004, 635 Tz. 36 – Quadratische Waschmitteltabs; Urt. v. 29.4.2004 – C-473/01, C-474/01, Slg. 2004, I-5173 = GRUR Int. 2004, 639 Tz. 36 – Dreidimensionale Tablettenform III; Urt. v. 7.10.2004 – C-136/02, GRUR Int. 2005, 135 Tz. 30 – Mag Lite).
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Dementsprechend geht der Senat in seiner Rechtsprechung sowohl bei zweidimensionalen Marken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware erschöpfen, als auch bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, trotz Anlegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass solchen Marken im Allgemeinen die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft fehlt. Denn die zwei- oder dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.1997 – I ZB 1/95, GRUR 1997, 527, 529 = WRP 1997, 755 – Auto-felge; Beschl. v. 5.11.1998 – I ZB 12/96, GRUR 1999, 495 = WRP 1999, 526 – Etiketten; Beschl. v. 4.12.2003 – I ZB 38/00, GRUR 2004, 329, 330 = WRP 2004, 492 – Käse in Blütenform; Beschl. v. 20.11.2003 – I ZB 48/98, GRUR 2004, 507, 509 = WRP 2004, 749 – Transformatorengehäuse). Bei dreidimensionalen Marken ist danach regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert (Auto, Sportwagen). Geht die Form darüber hinaus, zeichnet sie sich insbesondere durch besondere Gestaltungsmerkmale aus, ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen eben nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder ob er sie als Herkunftshinweis versteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form nicht einer konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (BGH, Beschl. v. 14.12.2000 – I ZB 25/98, GRUR 2001, 418, 419 f. – Montre; BGHZ 153, 131, 140 – Abschlussstück; BGH GRUR 2004, 329, 330 – Käse in Blütenform; vgl. ferner Ullmann, GRUR 2005, 89, 90 f.).
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Mit Recht hat das Bundespatentgericht berücksichtigt, dass der Verkehr seit langem bei Automobilen daran gewöhnt ist, in der äußeren Form des Fahrzeugs auch einen Herkunftshinweis zu sehen. Dieses Verständnis wird dadurch unterstützt, dass sich die Automobilhersteller erkennbar darum bemühen, verschiedenen Modellen, die in zeitlicher Abfolge oder parallel im Rahmen der jeweiligen Modellpalette vertrieben werden, durch gleich bleibende herstellertypische Gestaltungsmerkmale ein Aussehen zu verleihen, das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Modellfamilie erkennen lässt und die Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller erleichtert. Diese Entwicklung wird dadurch unterstützt und gefördert, dass die Hersteller die entsprechenden Gestaltungsmerkmale werblich herausstellen und damit den Wiedererkennungseffekt solcher Formgestaltungen erhöhen (vgl. Ullmann, GRUR 2005, 89, 91). Dabei ist zu beobachten, dass auch dann, wenn funktionsbedingt oder aufgrund einer Modeströmung Modelle verschiedener Hersteller ähnliche Gestaltungsmerkmale aufweisen, andere Merkmale bleiben, die als charakteristisch empfunden werden und denen infolge dessen eine identi-tätsstiftende Funktion zukommt. Jedenfalls entspricht es der Lebenserfahrung, wenn das Bundespatentgericht in seine Erwägungen einbezieht, dass eine auffällige Form von Automobilen ein klassisches Beispiel für eine herkunftshinweisende Formgestaltung darstellt.
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Dies gilt – insofern teilt der Senat die vom Bundespatentgericht geäußerten Zweifel nicht – auch und gerade für die hier als Marke beanspruchte Form. Zwar weist das abgebildete Fahrzeug konstruktionsbedingt Besonderheiten auf (Cabriolet-Dach, Mittelmotor), die als Herkunftshinweis ausscheiden. Doch vermögen diese Merkmale nichts daran zu ändern, dass die Gestaltung im Übrigen – etwa der Vorderwagen im Profil, die Vorder- und die Heckansicht – eine eigenständige Charakteristik aufweist. Ein Betrachter, dem zunächst ein Fahrzeug mit der als Marke beanspruchten Form und sodann ein Fahrzeug mit denselben besonderen Gestaltungsmerkmalen begegnen, wird wie selbstverständlich annehmen, dass beide Fahrzeuge vom selben Hersteller stammen.
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d) Der Eintragung der angemeldeten Marke steht jedoch – wie das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat – das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, solange sich die Anmeldung nicht darauf stützen kann, dass sich das Zeichen im Verkehr als Herkunftshinweis durchgesetzt hat.
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Da sich die angemeldete Marke darin erschöpft, die äußere Form der Ware – hier des Porsche Boxster – wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, nämlich die äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen frei verwendet werden können und nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 514 Tz. 73 – Linde, Winward und Rado), das ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen kann. Denn die Freiheit der Gestaltung von Produkten darf nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass – wenn Formgestaltungen wie die vorliegende ohne weiteres als Marke eingetragen würden – nicht nur Automobilhersteller, sondern jedermann mit verhältnismäßig geringem Aufwand eine Vielzahl ähnlicher Gestaltungen zum Gegenstand von Markenanmeldungen machen könnte mit der Folge, dass diese Formgestaltungen zumindest innerhalb der Benutzungsschonfrist für die Wettbewerber verschlossen wären. Dadurch würde sich eine erhebliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit ergeben, weil sich neue Gestaltungen nicht nur von den Produkten der Wettbewerber, sondern auch von – möglicherweise unzähligen – Formgebungen absetzen müssten, denen Markenschutz zugebilligt wäre.
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e) Die angefochtene Entscheidung kann indessen keinen Bestand haben, soweit sie der angemeldeten Marke auch eine Eintragung aufgrund Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) versagt hat.
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Das Erscheinen eines neuen Modells eines bekannten, auf Exklusivität bedachten Automobilherstellers findet erfahrungsgemäß ein lebhaftes Echo in den Medien und stößt auf ein lebendiges Verbraucherinteresse. Die Anmelderin hat ausführlich dargelegt, dass dies auch und gerade bei dem hier in Rede stehenden Modell Porsche Boxster der Fall war. Da die angesprochenen Verkehrskreise in der äußeren Formgebung von Automobilen häufig einen Herkunftshinweis erblicken, liegt es nahe, dass sie die markanten Gestaltungsmerkmale eines neuen Modells nicht allzu lange nach seiner Markteinführung mit einem bestimmten Hersteller in Verbindung bringen. Dies hat das Bundespatentgericht in anderem Zusammenhang überzeugend dargestellt: Der Verkehr schließe trotz der Gewöhnung an die vielfältige Formgebung der Ware „Auto“ häufig von der äußeren Form eines Kraftfahrzeugs spontan und ohne weitere Überlegung auf den Hersteller; große Teile des Verkehrs seien offensichtlich in der Lage, ein Auto allein seinem Äußeren nach einem bestimmten Hersteller zuzuordnen; im Grunde sei der Automobilsektor sogar ein klassisches Beispiel für diese Zuordnung, weil selbst Kinder in der Lage seien, Automarken schon nach dem äußeren Erscheinungsbild des jeweiligen Fahrzeugs zu erkennen.
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Es entspricht der Lebenserfahrung, dass in Deutschland zumindest gängige Modelle kurze Zeit nach der Einführung vom Verkehr einem bestimmten Hersteller zugeordnet werden. Der interessierte Verbraucher nimmt die ungewohnte Form eines neuen Modells wahr, registriert die neuen Gestaltungsmerkmale und erkennt sie alsbald wieder, wenn ihm dasselbe Modell erneut begegnet. Er ist in der Lage, in der neuen Form alsbald einen Herkunftshinweis zu erkennen, zumal wenn die Form des neuen Modells – wie im Streitfall die Form des Porsche Boxster – charakteristische Merkmale aufgreift, die er von anderen Modellen desselben Herstellers kennt. Demgegenüber steht es mit den an anderer Stelle getroffenen Feststellungen in Widerspruch und ist mit der Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen, wenn das Bundespatentgericht annimmt, die Form des neuen Modells des Porsche Boxster habe sich auch ein knappes Jahr nach seiner Markteinführung im Verkehr noch nicht als Herkunftshinweis durchgesetzt.
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2. Markenschutz für Kraftfahrzeugteile
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Mit der Rechtsbeschwerde hat die Anmelderin die Entscheidung des Bundespatentgerichts in vollem Umfang angefochten, also auch insoweit, als die Eintragung der angemeldeten Marke für Teile von Kraftfahrzeugen beansprucht worden ist. Die Begründung der Rechtsbeschwerde setzt sich jedoch – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert – allein mit der Eintragung der Marke für Kraftfahrzeuge auseinander, ohne auf den Schutz für Fahrzeugteile einzugehen. Es fehlt daher insoweit an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Rechtsbeschwerde (§ 85 Abs. 3 und 4 MarkenG).
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IV. Danach ist der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben, als die Eintragung der angemeldeten Marke für Kraftfahrzeuge verweigert worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
(Unterschriften)
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 13.10.2004 – 28 W(pat) 102/00 –
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