BGH I ZR 139/07: Google Adwords – Keine kennzeichenmässige Verwendung bei beschreibender Angabe (PCB-POOL)

BGH, Urteil vom 22.01.2009 – I ZR 139/07PCB-Pool (OLG Stuttgart)
MarkenG § 14 Abs. 2

Wird bei einer Internetsuchmaschine eine Bezeichnung, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine beschreibende Angabe über Merkmale und Eigenschaften von Waren verstanden wird (hier: „pcb“ als Abkürzung von „printed circuit board“), als sogenanntes Schlüsselwort (Keyword) angemeldet, ist eine kennzeichenmäßige Verwendung zu verneinen, wenn bei Eingabe einer als Marke geschützten Bezeichnung durch einen Internetnutzer (hier: „pcb-pool“) auf der dann erscheinenden Internetseite rechts neben der Trefferliste unter einer Rubrik mit der Überschrift „Anzeigen“ eine Werbeanzeige des Anmelders des Schlüsselworts eingeblendet wird, in der das geschützte Zeichen selbst nicht verwendet wird.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. August 2007 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 13. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Erstattung von Kosten für eine Abmahnung wegen Kennzeichenverletzung.

2
Die Klägerin stellt Leiterplatten her und vertreibt diese. Sie ist Inhaberin der für die Dienstleistungen „Technische Bearbeitung und Aktualisierung von Layoutprogrammen zur Optimierung technischer Verfahrensabläufe in der Leiterplattenherstellung“ eingetragenen Wortmarke Nr. 395 11 162 „PCB-POOL“. Außerdem war für sie die Wortmarke Nr. 300 36 920 „PCB POOL“ für die Dienstleistungen „Technische Bearbeitung und Aktualisierung von Computerprogrammen zur Optimierung technischer Verfahrensabläufe in der Leiterplattenherstellung; Bearbeitung und Konvertierung von kundenspezifischen Daten; technische und mechanische Bearbeitung von Leiterplatten in Form von Halbfabrikaten“ eingetragen. Das Deutsche Patent- und Markenamt ordnete mit Beschluss vom 16. Juni 2004 die Löschung der Eintragung der Marke Nr. 300 36 920 an. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 1. Juni 2006 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Die Eintragung der Marke ist inzwischen im Register gelöscht.

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Die Parteien bieten insbesondere über das Internet bundesweit Leiterplatten an. Im August 2006 stellte die Klägerin fest, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „pcb-pool“ bei Google neben Hinweisen auf die Klägerin auch eine Werbung für das Internetangebot des Beklagten erschien, und zwar nicht als Suchergebnis in der Trefferliste, sondern rechts neben dieser Liste unter der Rubrik „Anzeigen“. In der Werbung des Beklagten war das Wort „pcb-pool“ nicht enthalten. Mit Anwaltsschreiben vom 30. August 2006 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen Markenverletzung ab. In dem Schreiben heißt es:

… Unsere Mandantschaft wurde jüngst darauf aufmerksam, dass Sie das Kennzeichen „PCB POOL“ als Google-adword verwenden, obwohl unsere Mandantin Inhaberin der deutschen Marke 30036920 „PCB-POOL“ ist. Es wurde bereits mehrfach gerichtlich bestätigt, dass die Verwendung eines fremden Markenzeichens als Google-adword eine Markenverletzung im Sinne des § 14 MarkenG darstellt. Zu Ihrer Information liegt beispielhaft die Kopie eines aktuellen Urteils des Landgerichts München I bei, in dem ausdrücklich festgestellt wird, dass die Verwendung von „PCB-POOL“ als Google-adword eine Kennzeichenbenutzung darstellt… Wir haben Sie daher aufzufordern, die markenwidrige Verwendung von „PCB-POOL“ in jeder Schreibweise, insbesondere also auch „PCB-POOL“ unverzüglich zu unterlassen …

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Gleichzeitig forderte sie den Beklagten zur Zahlung von Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von 2.759,60 € auf. Der Beklagte gab lediglich die geforderte Unterwerfungserklärung ab.

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Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 2.759,60 € nebst Zinsen.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben (OLG Stuttgart WRP 2007, 649).

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Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der mit dem Klageantrag geltend gemachte Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten in Höhe von 2.759,60 € aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB sowie unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach § 14 Abs. 6, § 15 Abs. 5 MarkenG zu.

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Der Klägerin habe zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Wortmarke und des Unternehmenskennzeichens „PCB-POOL“ gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 sowie gemäß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zugestanden. Der Beklagte habe durch die Verwendung des Zeichens „pcb-pool“ als Schlüsselwort (Keyword) im Rahmen der Google-AdWord-Funktion die Marke Nr. 395 111 62 „PCB-POOL“ und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin verletzt. Es liege eine kennzeichenmäßige Verwendung dieser Zeichen durch den Beklagten vor. Dem Klageanspruch stehe nicht entgegen, dass in der Abmahnung statt der Registernummer der noch eingetragenen Marke die der gelöschten Marke angegeben worden sei. Entscheidend sei, dass der Beklagte durch die Verwendung des in der Abmahnung korrekt bezeichneten Zeichens objektiv die Kennzeichenrechte der Klägerin verletzt und dieser deshalb ein Unterlassungsanspruch zugestanden habe.

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II. Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Erstattung der Abmahnkosten besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, weil die Abmahnung unbegründet war.

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1. Erstattungsfähig sind grundsätzlich nur die Kosten einer begründeten und berechtigten Abmahnung (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1994 – I ZR 139/92, GRUR 1995, 167 = WRP 1995, 300 – Kosten bei unbegründeter Abmahnung). Eine Abmahnung ist begründet, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zugrunde liegt; sie ist berechtigt, wenn sie erforderlich ist, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.80). Die Abmahnung vom 30. August 2006 war unbegründet, weil der Klägerin der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten wegen Markenverletzung nicht zustand.

12
2. Die Klägerin hat die Abmahnung im Schreiben vom 30. August 2006 auf eine Verletzung „der deutschen Marke 30036920 ‚PCB-POOL’“ gestützt. Die in der Abmahnung angegebene Registernummer bezieht sich auf die inzwischen gelöschte Wortmarke „PCB POOL“, während die Schreibweise des in der Abmahnung genannten Markenworts mit Bindestrich der noch im Register eingetragenen Wortmarke Nr. 395 11 162 entspricht. Da die Löschung einer Marke gemäß § 52 Abs. 2 MarkenG zur Folge hat, dass die Wirkungen der Eintragung dieser Marke als von Anfang an nicht eingetreten gelten, besteht bei einer auf die Verletzung einer gelöschten Marke gestützten Abmahnung ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten auch dann nicht, wenn die Abmahnung vor der Löschungsanordnung ausgesprochen worden ist. Es genügt nicht, wenn dem Abmahnenden aus in der Abmahnung nicht genannten und für den Abgemahnten daher nicht erkennbaren anderen Gründen, etwa wegen Verletzung eines anderen Schutzrechts, objektiv ein auf Unterlassung desselben Verhaltens gerichteter Anspruch zustand.

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In einer Abmahnung sind der Sachverhalt und der daraus abgeleitete Vorwurf eines markenrechtswidrigen Verhaltens so genau anzugeben, dass der Abgemahnte den Vorwurf tatsächlich und rechtlich überprüfen und die gebotenen Folgerungen daraus ziehen kann. Der Anspruchsgegner ist in die Lage zu versetzen, die Verletzungshandlung unter den in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Die Abmahnung muss daher erkennen lassen, auf welches Schutzrecht der geltend gemachte Anspruch gestützt wird, damit der Abgemahnte die Richtigkeit des Vorwurfs überprüfen kann (vgl. v. Schultz/Schweyer, Markenrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rdn. 276).

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Allerdings ist in der Abmahnung vom 30. August 2006 nicht lediglich die Registernummer der gelöschten Marke, sondern auch die noch eingetragene Wortmarke „PCB-POOL“ genannt worden. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass jedenfalls insoweit das Zeichen, dessen Verwendung mit der Abmahnung beanstandet werden sollte, korrekt bezeichnet worden ist. Für den von der Klägerin nunmehr auch geltend gemachten Schutz aus einem Unternehmenskennzeichen „PCB-POOL“ kann dem allerdings schon deshalb nicht gefolgt werden, weil für den Beklagten aus der Abmahnung nicht ersichtlich war, dass die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch auf ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen stützen wollte. Dies war aber schon wegen des gegenüber einer eingetragenen Marke unterschiedlichen Entstehungstatbestandes des Schutzes eines Unternehmenskennzeichens erforderlich. Die Frage, ob der Beklagte hinsichtlich der eingetragenen Wortmarke Nr. 395 11 162 aufgrund der Nennung des Zeichens „PCB-POOL“ in der Abmahnung Anlass zu der Annahme haben musste, die Abmahnung werde auch auf einen wegen Verletzung dieser Marke gegründeten Unterlassungsanspruch gestützt, kann jedoch dahinstehen, weil die Voraussetzungen eines solchen Unterlassungsanspruchs entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegeben waren.

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3. Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „PCB POOL“ (in jeder Schreibweise) wegen Verletzung der Marke Nr. 395 11 162 „PCB-POOL“ stand der Klägerin gegen den Beklagten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG nicht zu.

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a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass der Beklagte gegenüber dem Suchmaschinenbetreiber Google als Schlüsselwort (Keyword), bei dessen Eingabe als Suchbegriff in das entsprechende Feld der Suchmaschine eine Internetseite mit dem Werbetext des Beklagten in der rechten Spalte unter der Überschrift „Anzeigen“ sichtbar wurde, die Bezeichnung „pcb“ angegeben hat. Die Behauptung, der Beklagte habe als Schlüsselwort die Bezeichnung „pcb-pool“ angegeben, hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin zwar aufgestellt, aber – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat – nicht bewiesen.

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Die Klägerin trägt für die Voraussetzungen des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Sie hat daher auch darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Abmahnung ein entsprechender Unterlassungsanspruch zugrunde lag. Da der Unterlassungsanspruch hier auf Wiederholungsgefahr gestützt worden ist, gehört dazu die Darlegung der entsprechenden Verlet-zungshandlung des Beklagten. Den dazu in der Klageschrift gehaltenen Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe „pcb-pool“ als Suchbegriff bei Google in Auftrag gegeben, hat dieser in seiner Klageerwiderung substantiiert bestritten und vorgetragen, er habe lediglich das Wort „PCB“ als Abkürzung für „Printed Circuit Boards“, also Leiterplatten, als Schlüsselwort angemeldet. Die Klägerin hat sich darauf beschränkt, diesen Vortrag des Beklagten zu bestreiten. Das genügte auch dann nicht, wenn sich der Beklagte hinsichtlich der Behauptung der Klägerin, er habe „pcb-pool“ als Schlüsselwort angemeldet, nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken durfte. Zwar traf ihn insoweit eine sekundäre Darlegungslast, weil die Klägerin keine Kenntnis von den Umständen der Anmeldung bei Google haben konnte, während dem Beklagten insoweit nähere Angaben zumutbar waren. Der Beklagte ist dieser Darlegungslast aber nachgekommen, indem er angegeben hat, welche Bezeichnung er tatsächlich bei Google als Suchwort angegeben hatte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagte insofern nicht beweisbelastet. Kommt der Prozessgegner der beweisbelasteten Partei – wie hier der Beklagte – seiner sekundären Behauptungslast nach, so ist die weitere Beweisführung wiederum Sache des an sich Beweispflichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 284 Rdn. 34c). Der Umstand, dass der an sich darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbereich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist, führt nicht zu einer Umkehrung der Beweislast, sondern allenfalls zu erhöhten Anforderungen an die Erklärungslast des Prozessgegners.

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b) Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten vorgenommene Anmeldung der Bezeichnung „pcb“ als Schlüsselwort bei Google als Benutzung eines mit der verletzten Wortmarke „PCB-POOL“ der Klägerin identischen Zeichens angesehen. Von Zeichenidentität ist das Berufungsgericht ausgegangen, weil es in dem beanstandeten Verhalten des Beklagten eine kennzeichenmäßige Verwendung des Zeichens „pcb-pool“ gesehen hat. Diese Beurteilung beanstandet die Revision mit Recht als rechtsfehlerhaft.

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aa) Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte bei der Angabe von „pcb“ als Schlüsselwort bei Google die Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ gewählt. Bei diesem Modus wird die Schaltung der vom Kunden bei Google in Auftrag gegebenen Werbeanzeige ausgelöst, wenn das Schlüsselwort selbst oder ein ähnlicher Begriff in der Abfrage eines Nutzers vorkommt. Die Anzeige erscheint insbesondere auch dann, wenn die Abfrage neben dem Schlüsselwort andere Begriffe enthält. Demzufolge erscheint bei diesem Modus aufgrund der Angabe des Schlüsselworts „pcb“ die geschaltete Anzeige auch dann, wenn bei der Eingabe durch den Internetnutzer in die Suchmaske neben den Buchstaben „pcb“ noch ein Wort angefügt wird, also auch bei Eingabe der Bezeichnung „pcb pool“.

20
bb) Die Angabe der Buchstaben „pcb“ als Schlüsselwort bei Google stellt zunächst lediglich eine Verwendung dieser Bezeichnung dar. Das Berufungsgericht hat darin allerdings auch eine Verwendung von „pcb-pool“ gesehen und dies damit begründet, der Beklagte habe mit der Wahl der Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ eine Ursache dafür gesetzt, dass die Suchmaschine nicht nur die isolierte Bezeichnung „pcb“, sondern auch die Kombination „pcb-pool“ als Schlüsselwort verwendet habe. Eine ausdrückliche Verwendung der Bezeichnung „pcb-pool“ als Schlüsselwort hat das Berufungsgericht damit allerdings nicht gemeint. Es hat ersichtlich nur die erzielte Wirkung angesprochen, die – wie dargestellt – darin besteht, dass bei Speicherung des Schlüsselwortes „pcb“ auch die Eingabe „pcb-pool“ dazu führt, dass auf der aufgerufenen Internetseite die Anzeige des Beklagten erscheint. Darin könnte jedoch nur dann eine Verwendung des Zeichens „pcb-pool“ gesehen werden, wenn entweder in dem Aufruf der Internetseite, auf der sowohl das Suchwort „pcb-pool“ als auch die Anzeige des Beklagten sichtbar sind, oder in der Eingabe des Suchworts selbst eine – dem Beklagten zurechenbare – Benutzung des Zeichens „pcb-pool“ gesehen werden könnte. Eine andere Verwendung des Zeichens „pcb-pool“, etwa als für den Verkehr nicht wahrnehmbares Suchwort in einem nur von der Suchmaschine lesbaren Text oder einer sonstigen für den Verkehr nicht wahrnehmbaren Anweisung an die Suchmaschine (vgl. dazu BGHZ 168, 28 Tz. 17 – Impuls), kommt nach dem Vorbringen der Parteien zur Funktionsweise der Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ nicht in Betracht. Danach muss die Suchmaschine nur „pcb“ als Bestandteil des eingegebenen jeweiligen Gesamtbegriffs erkennen; eine Verknüpfung mit dem Gesamtbegriff als solchem muss dagegen nicht erfolgen.

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cc) Der Umstand, dass der Aufruf der Internetseite von Google durchgeführt worden ist, steht einer Haftung des Beklagten für eine dadurch bewirkte etwaige Verletzung der Marke der Klägerin nicht entgegen, weil Google insoweit im Auftrag des Beklagten tätig geworden ist und daher als dessen Beauftragter i.S. von § 14 Abs. 7 MarkenG gehandelt hat. Die Anwendung des § 14 Abs. 7 MarkenG setzt jedoch ebenso wie eine Haftung des Beklagten als Störer voraus, dass das Verhalten von Google seinerseits die Voraussetzungen einer Verletzung der Marke der Klägerin erfüllt. Daran fehlt es im Streitfall. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Bezeichnung „pcb-pool“ nicht dadurch markenmäßig verwendet, dass der Internetnutzer die Zeichenfolge „pcb-pool“ in die Suchzeile von Google eingibt und sich sodann eine Seite öffnet, auf der wiederum die Suchzeile mit dem Suchbegriff, die Liste mit den Suchergebnissen sowie daneben die Anzeige des Beklagten zu sehen sind.

22
(1) Eine Markenverletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt voraus, dass die geschützte Bezeichnung markenmäßig verwendet wird, dass die Bezeichnung also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 – C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 51 ff. = WRP 2002, 1415 – Arsenal Football Club/Reed; BGHZ 153, 131, 138 – Abschlussstück; 164, 139, 145 – Dentale Abformmasse). Die Rechte des Markeninhabers sollen sicherstellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Die Geltendmachung der Rechte ist daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 Tz. 51 f. – Arsenal Football Club/Reed; BGH, Urt. v. 7.10.2004 – I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 = WRP 2005, 616 – Lila-Schokolade).

23
(2) Maßgeblich für die Frage, ob die Bezeichnung „pcb-pool“ markenmäßig verwendet wird, wenn sie bei Google als Suchbegriff in die Suchzeile eingegeben wird und die als Anlage K 2 vorgelegte Internetseite mit der Werbung des Beklagten erscheint, ist das Verständnis des Internetnutzers. Diesem stellt sich der in der Suchzeile sichtbar bleibende Suchbegriff nach wie vor zunächst als derjenige Begriff dar, den er selbst eingegeben hat. Eine markenmäßige Verwendung dieses Begriffes durch Google, die dem Beklagten über § 14 Abs. 7 MarkenG oder unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zugerechnet werden könnte, würde dagegen voraussetzen, dass der Internetnutzer in dem nach Erscheinen der aufgerufenen Seite im Textfeld sichtbar bleibenden Suchbegriff nicht lediglich seine eigene Verwendung dieses Begriffs (wieder)erkennt, sondern zugleich die Verwendung dieses Begriffs durch Google, möglicherweise auch im Auftrag eines Dritten (hier: des Beklagten), als einen Hinweis auf die Herkunft von bestimmten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen versteht.

24
Für eine solche Annahme besteht nach der Lebenserfahrung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedenfalls dann kein Anhaltspunkt, wenn – wie im Streitfall – in der unter der Überschrift „Anzeigen“ erscheinenden Werbung das betreffende Suchwort nicht wiederholt wird und auch sonst kein Hinweis auf dieses Zeichen enthalten ist. Das objektive Erscheinungsbild der sich nach Eingabe des Suchworts öffnenden Internetseite lässt eine Verknüpfung zwischen dem Suchwort und der Anzeige des Beklagten nicht erkennen. Das Berufungsgericht ist bei seiner gegenteiligen Beurteilung ersichtlich davon ausgegangen, der betreffende Verkehrsteilnehmer könne aufgrund des Erscheinungsbildes der sich ihm öffnenden Internetseite zu der Annahme gelangen, die von ihm eingegebene Zeichenfolge sei von einem Dritten als Schlüsselwort benutzt worden, um seine unter „Anzeigen“ erscheinende Werbung mit der Eingabe dieses Suchworts zu verknüpfen. Diese Auffassung setzt jedoch voraus, dass der betreffende Verkehrsteilnehmer Kenntnis von der Möglichkeit hat, die Platzierung von Anzeigen durch die Verwendung von Schlüsselwörtern zu steuern. Nur dann wenn eine solche Kenntnis unterstellt wird, kann angenommen werden, der Internetnutzer werde eine in dem Anzeigenfeld erscheinende Werbung auch dann mit dem von ihm selbst als Suchwort eingegebenen Zeichenfolge verknüpfen, wenn diese Zeichenfolge in dieser Werbung selbst nicht vorkommt. Nach der Lebenserfahrung kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem durchschnittlichen Internetnutzer die Funktion der Verwendung von Schlüsselwörtern bei Google in der hier gewählten Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ bekannt ist und er aus dem Erscheinen von Werbung im Anzeigenfeld bei Eingabe von Suchbegriffen entsprechende Schlüsse zieht. Das Berufungsgericht hat ferner nicht festgestellt, dass dies jedenfalls bei den durch die Produkte der Parteien angesprochenen Fachkreisen und fachlich interessierten Laien der Fall ist.

25
(3) Unabhängig von der Feststellung eines entsprechenden Verkehrsverständnisses scheidet ein Unterlassungsanspruch der Klägerin jedenfalls bereits deshalb aus, weil die Angabe des Begriffs „pcb“ als Schlüsselwort mit der Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ nach § 23 Nr. 2 MarkenG nicht untersagt werden kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei „pcb“ um die den angesprochenen Fachkreisen und interessierten Laien bekannte gängige Abkürzung des englischen Begriffs „printed circuit board“ (Leiterplatte). Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Abkürzung um eine beschreibende Angabe über Merkmale und Eigenschaften von Waren i.S. von § 23 Nr. 2 MarkenG handelt, die nicht gegen die guten Sitten verstößt. Dies gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch für die hier gegebene Fallgestaltung, bei der die Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ gewählt worden ist. Die Wahl dieser Einstellung führt lediglich dazu, dass auch Zusammensetzungen erfasst werden, die den beschreibenden Bestandteil („pcb“) enthalten. Dadurch kann erreicht werden, dass auch beschreibende Zusammensetzungen wie z.B. PCB-Nutzung, PCB-Entwicklung etc. erkannt werden. Der Umstand, dass es auch geschützte Kennzeichnungen geben mag, die den beschreibenden Bestandteil aufweisen, führt schon deshalb nicht aus dem Anwendungsbereich des § 23 Nr. 2 MarkenG heraus, weil die Wahl der Standard-Einstellung „weitgehend passende Keywords“ nicht auf den Aufruf entsprechender Kennzeichen abzielt.

26
dd) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG wegen Benutzung des identischen Zeichens „pcb-pool“ unter dem Gesichtspunkt, dass dem Beklagten die Eingabe des Suchworts „pcb-pool“ durch den betreffenden Internetnutzer zugerechnet wird, scheidet aus. Eine mittelbare oder eine Mittäterschaft des Beklagten kommt insoweit nicht in Betracht, ebenso wenig eine Haftung als Anstifter oder Gehilfe. Eine Zurechnung des Verhaltens des Internetnutzers unter dem Gesichtspunkt einer Haftung des Beklagten als Störer setzt wegen der Akzessorietät der Störerhaftung voraus, dass das Verhalten des betreffenden Internetnut-zers selbst als eine Markenverletzung anzusehen wäre. Daran fehlt es aber schon deshalb, weil die Eingabe des betreffenden Suchworts durch den Inter-netnutzer keine markenmäßige Verwendung dieses Begriffs durch diesen darstellt und auch nicht ohne weiteres von einem Handeln im geschäftlichen Ver-kehr ausgegangen werden kann.

27
c) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG wegen Benutzung eines mit dem Klage-zeichen „PCB-POOL“ ähnlichen Zeichens durch Angabe von „pcb“ als Schlüsselwort ist gleichfalls nicht gegeben. Insoweit kann offenbleiben, ob allgemein bereits in der Angabe eines Begriffs als Schlüsselwort eine markenmäßige Verwendung dieses Zeichens gesehen werden kann. Denn jedenfalls der Begriff „pcb“ wird – wie oben dargestellt – in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als eine beschreibende Angabe und nicht als Herkunftshinweis verstanden.

28
4. Auf die Frage, ob der Klägerin wegen der Verwendung des Begriffs „pcb“ als Schlüsselwort gegen den Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung zustanden, kommt es schon deshalb nicht an, weil mit der Abmahnung derartige – von den markenrechtlichen Anspruchsgrundlagen nicht erfasste und deshalb durch den Vorrang des Markenrechts nicht ausgeschlossene – Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind. Ohnehin kommen solche Ansprüche wegen der beschreibenden Verwendung des Begriffs „pcb“ nicht in Betracht.

29
5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG ist nicht geboten. Bei der Verwendung des Begriffs „pcb“ als solchen handelt es sich um den Gebrauch einer beschreibenden Angabe, bei der nach allgemeiner Auffassung (vgl. nur Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 14 Rdn. 68 m.w.N.) eine markenmäßige Benutzung grundsätzlich nicht angenommen werden kann. Auf die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage, ob bei der Verwendung eines (nicht beschreibenden) mit einem geschützten Zeichen identischen oder ähnlichen Begriffs als Schlüsselwort (Keyword) ein markenmäßiger Gebrauch vorliegt (vgl. dazu OLG Frankfurt WRP 2008, 830, 831; OLG Köln MarkenR 2008, 117 f.; KG MD 2008, 1304; Ullmann, GRUR 2007, 633, 638 einerseits; OLG Braunschweig WRP 2007, 435, 436; OLG Dresden K&R 2007, 269, 270; OLG München MMR 2008, 334, 335; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 126 andererseits), kommt es daher schon aus diesem Grunde nicht an. Soweit sich die Frage stellt, ob die Verwendung des Begriffs „pcb“ als Schlüsselwort als Benutzung des Zeichens „pcb-pool“ angesehen werden kann, richtet sich die Beurteilung maßgeblich nach der Verkehrsauffassung, das heißt nach der Auffassung der Nutzer der durch die Eingabe von „pcb-pool“ aufgerufenen Internetseite, wobei diese sich durch die Wahrnehmung der auf dieser Internetseite enthaltenen Angaben bestimmt. Auch insoweit stellen sich folglich keine Fragen zur Auslegung von Gemeinschaftsrecht.

30
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

Unterschriften

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.03.2007 – 41 O 189/06 KfH –
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 09.08.2007 – 2 U 23/07

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