Der Inhaber der Marken „G-mail“ und „G-mail … und die Post geht richtig ab“, Daniel Giersch, lässt aktuell gewerbliche Händler abmahnen, die importierte iPhones („Apple iPhone 3GS“) anbieten, in deren E-Maileinstellungen das „Gmail“-Logo von Google zu sehen ist. Die Streitwerte bei bekannten Abmahnungen gegen Apple, T-Mobile und den iPhone-Shop 3Gstore.de lagen bei 250.000 EUR und 150.000 EUR mit daraus berechneten Anwaltskosten von bis zu 6.400 EUR.
Abbildung: Auswahlmenu EU-iPhone (Grafik via macnotes.de)
Hintergrund
Die Abmahnung von Händlern wegen des Verkaufs von iPhones, die E-Mail-Dienste unter dem Markennamen „Gmail“ enthalten, ist nicht neu. Bereits im August 2008 wurden Apple, T-Mobile und Myspace wegen der Verletzung von Markenrechten abgemahnt und gaben strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab.
„Gmail“ heißt in Deutschland „Googlemail“ und die Geschichte dahinter ist ein beispielhaftes Lehrstück darüber, wie wichtig es ist, Marken rechtzeitig zu schützen. Im April 2004 führte Google seinen Service „Gmail“ als Vorabversion in Deutschland ein. Ein Unternehmen, hatte jedoch bereits im Jahre 2000 in Deutschland die Marke „G-mail … und die Post geht richtig ab“ (Registernummer: 300 25 697)
für „elektronische Post“ schützen lassen und ging gegen die Verwendung der Marke „Gmail“ vor.
Nach Abmahnung und einem langjährigen Rechtsstreit mit Google setzte sich die ältere Marke „G-mail“ gegen die jüngere Bezeichnung „Gmail“ durch. So entschied das Hanseatische Oberlandesgericht in einem Urteil vom 4. Juli 2007 („G-mail“, 5 U 87/06), dass Google die Marke „Gmail“ in Deutschland nicht verwenden dürfe. „Google verletze damit die prioritätsälteren Markenrechte des Jungunternehmers“, heißt es in dem Urteil. In der Folge änderte Google in Deutschland den Namen des E-Mail-Dienstes in „Googlemail“.
Auch der Versuch von Google, Schutz für die Marke „Gmail“ als Gemeinschaftmarke zu erhalten, scheiterte an der deutschen Markeeintragung. Das EU-Harmonisierungsamt (HABM) entschied, dass der Begriff „Gmail“ ebenfalls wegen Verwechslungsgefahr nicht als EU-Marke eingetragen werden darf. Als Konsequenz musste Google die Marke in jedem europäischen Land einzeln schützen. Weitere Verfahren um die Marke „G-mail…und die Post geht richtig ab“ wurden in der Folge mit unterschiedlichem Ausgang in Österreich, der Schweiz, Spanien und Portugal geführt.
Anmerkung
Wer zu spät eine Marke anmeldet, den bestraft der frühere Markenanmelder. Auf diesen Punkt kann der Streit um „Gmail“ gebracht werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Abmahnung für jeden, der gewerblich iPhones anbietet, in deren Einstellungen das „Gmail“-Logo von Google zu sehen ist oder Werbung für das iPhone macht, auf der das „Gmail“-Logo zu sehen ist.
Die Betroffenen sollen Unterlassungserklärungen abgeben und die Anwaltskosten sowie die Kosten für einen „Testkauf“ bezahlen. Angesichts der komplexen Rechtslage sollte die mit der Abmahnung geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ohne anwaltliche Beratung unterzeichnet werden. Es ist zu empfehlen, bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung zumindest über den Streitwert zu verhandeln, da sich die Anwaltskosten nach der Höhe des Streitwerts berechnen.
Der Streitwert erscheint jedoch weit überhöht, da gegen Branchenriesen wie Apple und T-Mobile ein Streitwert von 250.000 EUR und gegen einen Händler, der iPhones über eBay verkauft, 150.000 EUR angesetzt werden. Es stellt sich daher die Frage, ob dieser Ansatz nicht unverhältnismäßig ist und eine deutliche Streitwertreduzierung zu fordern ist.
Haben Sie Fragen?
Die Kanzlei Breuer Lehmann Rechtsanwälte ist auf Markenrecht spezialisiert. Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zu Markenschutz, Markenanmeldung und Abmahnungen zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch unter 089 666 610 89 oder per E-Mail an info@breuerlehmann.de.
Erfüllt die konkrete Verwendung von „Gmail“ als „Software-Werktitel“ überhaupt eine herkunftskennzeichende Funktion iSd Rechtsprechung des EuGH (EuGH, GRUR 2003, 55, 58 – Arsenal, vgl. auch BGH, GRUR, 2002, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I)?
Werktitel dienen der Unterscheidung des bezeichnenden Werkes von anderen Werken und stellen grundsätzlich keinen Hinweis auf die Herkunft des bezeichnenden Werkes aus einem bestimmten Unternehmen dar (vgl. BGH, GRUR 1993, 962, 963 – Guldenburg; BGH, GRUR 1994, 191, 201 – Asterix-Persiflagen; BGH, GRUR 1994, 908, 910 – Wir im Südwesten, BGHZ 26, 52, 60 ff. – Sherlock Holmes; BGHZ, 102, 88, 91 – Apropos Film). Die Literatur ist ebenfalls auf der Linie der Rechtsprechungen und lehnt grundsätzlich bei lediglich werkidentifizierender Verwendung eines Zeichens eine Markenverletzung ab (vgl. Ingerl/Rohnke, § 14, Rn. 112 a. E., Ströbele/Hacker § 14, Rn. 108). Nur im Ausnahmefall soll die Verwendung eines Werktitels vom Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produktes verstanden werden.
Eine Frage, die es sich ggf. zu stellen lohnt… Ich bin gespannt auf die Antwort der Gerichte.
PS: Natürlich den Anwalt fragen… „Angesichts der komplexen Rechtslage sollte die mit der Abmahnung geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ohne anwaltliche Beratung unterzeichnet werden.“ Gleiches gilt natürlich auch bei der Frage, ob sich ein Streit lohnt.