OLG Dresden, Urteil vom 9.01.2007 – 14 U 1958/06 – deejay
Die Verwendung einer Marke als AdWord stellt eine Benutzung zur Unterscheidung der in Frage stehenden Waren bzw. Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen dar.
OBERLANDESGERICHT DRESDEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 14 U 1985/06
Entscheidung vom 9. Januar 2007
In dem Rechtsstreit
Klägerin und Berufungsbeklagte
gegen
Beklagte und Berufungsklägerin
wegen negativer Feststellung
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2007 durch für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig, Az.: 5 O 1174/06, vom 12.09.2006 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 25.000 EUR
Gründe:
I.
Auf die tatsächliche Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 12.09.2006 – 5 O 1174/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Selbst wenn das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hätte, könnte dies die Berufung nicht rechtfertigen (§ 513 Abs. 2 ZPO).
b) Der Feststellungsantrag Ziff. 1) ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Auf die zutreffende Begründung des Landgerichts wird Bezug genommen (S. 11 UA, Bl. 92 dA).
c) Die Klägerin hat hinsichtlich beider Anträge ein rechtliches Interesse daran, dass die jeweiligen Rechtsverhältnisse festgestellt werden (§ 256 Abs. 1 ZPO).
aa) Hinsichtlich des Feststellungsantrages Ziff. 1) besteht das Feststellungsinteresse auch dann, wenn die Klägerin möglicherweise auch Leistungsklage, gerichtet auf die Unterlassung weiterer Abmahnungen, erheben könnte (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 UWG Rn. 2.20). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht deswegen zu verneinen – wie die Beklagte meint -, weil die Klägerin „xxxxxx.de“
als Ausschlusswort nutzen könnte. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat (S. 10 UA, Bl. 91), hat die Beklagte sich nicht lediglich eines – hier nicht streitgegenständlichen Anspruchs – berühmt, der Klägerin den Begriff „xxxxxx.de“ als Stichwort für Werbeanzeigen zu untersagen. Vielmehr musste die Beklagte aufgrund des Schreibens vom 19.08.2005 (Bl. 28 dA) davon ausgehen, dass die Beklagte eine Verletzung ihrer Marke möglicherweise auch darin sah, dass die Klägerin sich „in die Nähe der geschützten Marke begibt.“
bb) Hinsichtlich des Antrags Ziff. 2) ist das Feststellungsinteresse nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin eine entsprechende Leistungsklage erheben könnte. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie aufgrund der Verwarnung über einen längeren Zeitraum es unterlassen habe, die von der Beklagten beanstandeten Werbeanzeigen zu schalten und dass sie die Höhe des sich hieraus ergebenden Vermögensnachteils derzeit nicht berechnen könne. Damit ist das Feststellungsinteresse gegeben.
2. Die Feststellungsanträge sind begründet.
a) Der Beklagten steht der mit der Abmahnung behauptete Unterlassungsanspruch nicht zu, weil die Klägerin mit der Verwendung des Worts „xxxx“ als „Adword“ weder das Recht der Beklagten an deren Unternehmenskennzeichen (§§ 5 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 MarkenG) noch deren Recht aus der Wort-/Bildmarke verletzt hat (§§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 MarkenG).
aa) Einem markenrechtlichen Unterlassungsanspruch steht zwar nicht entgegen, dass es bei Verwendung einer Marke/eines Unternehmenskennzeichens als „Adword“ an einer kennzeichenmäßigen Benutzung fehlt. Die Verwendung einer Marke/eines Unternehmenskennzeichens als Adword stellt eine kennzeichenmäßige Benutzung im Sinne des Markenrechts dar, nämlich eine Benutzung zur Unterscheidung der in Frage
stehenden Waren bzw. Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 05.12.2006 – 2 W 23/06). Der Senat hat in der Entscheidung MMR 2006, 326 die Frage, ob bei der Buchung von Adwords eine markenmäßige Benutzung vorliegt, offen gelassen, und sich dagegen ausgesprochen,
dass dies bei rein beschreibenden Angaben möglich ist. Nach BGH GRUR 2007, 65 – Impuls – stellt die Verwendung eines fremden Kennzeichens als verstecktes Suchwort (Metatag) im geschäftlichen Verkehr eine kennzeichenmäßige Benutzung dar. Dabei ist nicht entscheidend, dass das Suchwort für den Nutzer auf der entsprechenden Internetseite nicht sichtbar wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass mit Hilfe des Suchworts das Ergebnis des Auswahlverfahrens beeinflusst und der Nutzer auf diese Weise zu der entsprechenden Internetseite geführt wird. Durch die Nutzung als Adword soll die Suchmaschine dazu veranlasst werden, bei Eingabe des Wortzeichens durch den Internetbenutzer die Werbung desjenigen, der das Adwords gebucht hat, neben der Trefferliste anzuzeigen. Ist das Wortzeichen als Marke oder als Geschäftsbezeichnung
einem anderen Inhaber zugeordnet, macht sich der Buchende die von dem Markeninhaber/Unternehmen aufgebaute Kraft der Marke zu nutze und benutzt die für die Marken spezifische Lotsenfunktion, die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren bzw. Dienstleistungen hinzulenken (OLG Braunschweig, Beschluss vom 05.12.2006 – 2 W 23/06, wtrp).
bb) Der Beklagten steht jedoch der von ihr behauptete Unterlassungsanspruch nicht zu, da es an der Verwechslungsgefahr fehlt.
(1) Eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Beklagten (xxxxxx.de) und den von der Klägerin gebuchten Begriffen (xxxx oder Zusammensetzungen mit xxxxx mit Ausnahme des Begriffs „xxxxxx.de“. Das Unternehmenskennzeichen der Beklagten ist „xxxxxx.de“, nicht allein „xxxxx“. Bei
„xxxxxx“ handelt es sich nicht um einen hinreichend unterscheidungskräftigen Bestandteil der Firma, der seiner Art nach und im Vergleich zu dem übrigen Firmenbestandteil („.de“) geeignet ist, im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen verwendet zu werden (vgl. BGH, a.a.O.). Rein beschreibende Angaben weisen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf; dies gilt auch für fremdsprachige beschreibende Angaben (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 5 Rn. 32). Die beschreibende Bedeutung des Begriffs „xxxxx“ wird vom inländischen Publikum ohne weiteres erfasst (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 253). Die Schreibweise des Begriffs in englischer Lautmalerei ändert an der fehlenden Unterscheidungskraft nichts, da diese Schreibweise gebräuchlich ist (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 88). Das Unternehmenskennzeichen der Beklagten ist an einen Domainnamen angelehnt. Da es sich in Wahrheit aber um ein Unternehmenskennzeichen, und nicht um einen Domainnamen handelt, gilt die Regel nicht, dass die toplevel-domain (hier: „.de“) bei der Frage der Zeichenähnlichkeit zu vernachlässigen ist (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 40). Vielmehr gewinnt die Bezeichnung der Klägerin gerade dadurch ihre Unterscheidungskraft, dass es sich scheinbar um einen Domainnamen handelt. Der – maßgebliche – Gesamteindruck der
Bezeichnung der Beklagten wird damit gerade durch den Bestandteil „.de“ geprägt (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 33). Entsprechend der allgemein geltenden Proportionalität von Kennzeichnungskraft und Schutzumfang kann die Beklagte die Verwendung des Begriffs „xxxxx“ und Zusammensetzungen von „xxxxx“ mit anderen
Hauptwörtern nicht verbieten, solange die Klägerin nicht den Begriff „xxxxx.de“ verwendet.
Zudem ist bei Adwords wie bei Metatags von einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalls auszugehen, die dabei anzusetzen hat, welche Vorstellungen der Verbraucher bei Eingabe des konkreten Zeichens und der ihm sodann gezeigten Trefferliste hat (OLG Braunschweig, Beschluss vom 05.12.2006 – 2 W 23/06). Gibt ein Internetbenutzer „xxxxxx“ als Suchwort ein, versteht er diesen Begriff nicht als Herkunftshinweis.
(2) Verwechslungsgefahr besteht auch nicht im Hinblick auf die Wort-/Bildmarke der Beklagten. Nimmt man an, dass die Marke der Beklagten durch ihren Wortbestandteil geprägt wird, so kann dies nur im Hinblick auf den schutzbegründenden vollen Wortbestandteil der Fall sein (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn.299). Zwischen dem vollen Wortbestandteil und den von der Klägerin verwendeten Begriffen besteht keine
Verwechslungsgefahr (s.o.). cc) Ein Unterlassungsanspruch der Beklagten ergibt sich auch nicht aus wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, da der zu beurteilende Sachverhalt „an sich“ in den Anwendungsbereich des MarkenG fällt und daher ein Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften ausgeschlossen ist (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 2
Rn. 8, 10. 14; zu Unrecht offen gelassen von OLG Köln K & R 2006, 240).
b) Auch der Feststellungsantrag zu Ziff. 2) ist begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Antrag nicht so ausgelegt werden, dass das Schreiben vom 19.08.2005 (Bl. 28 dA) unberücksichtigt bleibt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen einer Abnahmung im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „xxxxx.de“ gemeint ist. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Partei das anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der rechtverstandenen Interessenlage der Partei entspricht (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., vor § 128 Rn. 25). Aus dem Feststellungsantrag Ziff. 1) ergibt sich, dass die Klägerin sich nicht für berechtigt hält, den Begriff „xxxxx.de“ als Stichwort für Werbeanzeigen zu benutzen. Damit ist hinreichend deutlich, dass die Klägerin mit „unberechtigter Verwarnung“ meinte: soweit die Verwarnung der Beklagten unberechtigt war. Dieses Verständnis folgt auch daraus, dass die Klägerin den Feststellungsantrag Ziff. 2) von der Zulässigkeit und Begründetheit des Feststellungsantrags Ziff. 1) abhängig gemacht hat. Das Landgericht hat zu Recht einen zumindest fahrlässigen Eingriff in den eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin angenommen (§ 823 Abs. 1 BGB; BGHZ 164, 1). Auf die Begründung des Landgerichts (Seite 14 UA, Bl. 95) wird Bezug genommen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
(Unterschriften)
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