Der Eintragung der Wortmarke „Werder“ für Sportbekleidung und sportliche Aktivitäten im Bereich des Fußballs steht kein Schutzhindernis entgegen.
BPatG, Beschluss vom 17.02.2009 – 27 W (pat) 23/09 – Werder
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1; MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 304 65 042.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Februar 2009 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle vom 18.05.2006 und vom 11.01.2007 werden insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz für „Sportbekleidung für Fußballspiele, Kopfbedeckungen, Schals; sportliche Aktivitäten im Bereich des Fußballs“ versagt wurde.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
Werder
hat die Markenstelle mit den Beschlüssen vom 18.05.2006 und vom 11.01.2007, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, u. a. für folgende noch beanspruchte Waren und Dienstleistungen
Klasse 25: Sportbekleidung für Fußballspiele (mit Beschwerdeschrift eingeschränkt), Kopfbedeckungen, Schals
Klasse 41: sportliche Aktivitäten im Bereich des Fußballs (mit Beschwerdeschrift eingeschränkt)
zurückgewiesen. Das ist damit begründet, dem Zeichen fehle als Ortsangabe die Unterscheidungskraft. „Werder“ sei der Name einer Stadt bei Potsdam mit ca. 20.000 Einwohnern. Dort habe das Handwerk Tradition; es gebe auch Bekleidungs- sowie Textilhersteller. Damit komme die Stadt für die noch beanspruchten Waren als Herstellungsort in Frage. Sport sei nicht ortsgebunden und könne auch in Werder betrieben werden. Eine zielführende Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses habe der Anmelder nicht vorgenommen.
Der Anmelder hat am 27.01.2007 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, er sei seit 1899 allein unter der Bezeichnung „Werder“ tätig. Der Vereinsname laute „Sport-Verein Werder v. 1899“. Bei Fußball denke jeder an „Werder Bremen“, auch wenn nur von „Werder“ die Rede sei. Es gebe acht Orte namens „Werder“ in Deutschland. Die von der Markenstelle für die Schutzversagung herangezogene Stadt werde aber als „Werder (Havel)“ bezeichnet. Die übrigen sieben seien ländliche Ortschaften. In Werder (Havel) würden überwiegend Lebensmittel erzeugt. Außerdem seien dort hauptsächlich Wassersportarten üblich. Die dort ansässigen Vereine bezeichneten sich zudem fast ausnahmslos mit dem Zusatz „Werder (Havel)“. Fußballspiele fänden in Fußballbekleidung statt, so dass die Bekanntheit von „Werder“ im Sportbereich auch diese Bekleidung umfasse. Das gelte ebenso für die von Fans getragenen Schals und Mützen. Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und dem Eintragungsantrag bezogen auf das reduzierte Warenund Dienstleistungsverzeichnis gemäß Beschwerdeschrift stattzugeben; hilfsweise die Fragestellung für eine Verkehrsbefragung zu erörtern.
Auf Antrag des Anmelders wurde in der mündlichen Verhandlung am 12.03.2008 Übergang ins schriftliche Verfahren beschlossen.
Mit Schriftsatz vom 06.05.2008 trug der Anmelder vor, in der Saison 2006/2007 seien ca. 38.000 Fanartikel mit der Bezeichnung „Werder“ verkauft worden (Umsatz rund … €), in der Saison 2007/2008 ca. 60.000 Fanartikel (Umsatz rund …€). Im Sportbereich werde seit 1996 „werder-online.de“ und neuerdings ein „Werder podcast“ bzw. „Werder.TV“ betrieben sowie seit 2004 die Mailadresse marketing@werder.de benutzt. Landesweit gebe es ca. 150 Werder-Fanclubs, welche über di e Website werder.de angesprochen und vernetzt würden. Das jährlich erscheinende Jahrbuch (Anlage 7) trage den Titel „Werder“. Der Verein habe auch die Marke 2 042 239
sowie die Wortmarken 300 65 092 „SV Werder Bremen“ bzw. 300 65 091 „Werder Bremen“, u. a. eingetragen für „Sportveranstaltungen und -darbietungen, Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe, Sport-, Gymnastik-und Turnunterricht, Gebrauchsüberlassung von Sportanlagen und -einrichtungen; … Textilstoffe, Fahnen und Wimpel aus Stoff; Bekleidungsstücke, Schuhe, Kopfbedeckungen; gestickte Abzeichen; …“.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Be-zug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II.
1) Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
a) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
An der Freihaltung von Angaben, die zur Bezeichnung der geographischen Herkunft dienen können, besteht ein Allgemeininteresse, das insbesondere darauf beruht, dass solche Angaben nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften anzeigen, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa weil die Verbraucher eine Verbindung zwischen den Angeboten und einem Ort herstellen, mit dem sie positiv besetzte Vorstellungen verbinden (HABM GRUR 2002, 351 – Oldenburger, Rn. 30; BPatG GRUR 2000, 1050 – Cloppenburg, Rn. 33).
Damit sind von der Eintragung zum einen Bezeichnungen ausgeschlossen, die Orte bezeichnen, die für die betroffene Art von Waren bereits berühmt oder bekannt sind und die daher von den beteiligten Verkehrskreisen mit dieser Art von Waren in Verbindung gebracht werden. Dies ist vorliegend weder belegt noch sonst ersichtlich.
Das gilt entsprechend für die Dienstleistungen.
Die Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses an einer Ortsbezeichnung richtet sich vor allem nach den Beurteilungsmaßstäben, die der Europäische Gerichtshof zum -der inhaltsgleichen nationalen Bestimmung zugrundeliegenden und für deren richtlinienkonforme Auslegung maßgeblichen -Art. 3 Abs. 1 lit. c der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken vom 21.12.1988 vorgegeben hat (EuGH GRUR 1999, 723, 725 f. – Chiemsee; vgl. dazu auch BPatG BlPMZ 2000, 60 – Wallis). Danach ist zu prüfen, ob vernünftigerweise zu erwarten ist, dass die angemeldete Bezeichnung von den beteiligten Verkehrskreisen in Zukunft mit den betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen in Verbindung gebracht werden kann. Allein ein geographischer Bezug ist wegen seiner Allgemeinheit nicht geeignet, es plausibel zu machen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in Zukunft eine Verbindung zwischen Werder und Sportbekleidung für Fußballspiele, Kopfbedeckungen sowie Schals oder Fußballspielen herstellen werden. Für die Frage der Eignung als Herkunftsangabe kommt es vielmehr darauf an, inwieweit den beteiligten Verkehrskreisen die geographische Bezeichnung bekannt ist und welche Eigenschaften der bezeichnete Ort und die betreffenden Waren oder Dienstleistungen besitzen. Grundsätzlich sind Bezeichnungen eintragbar, die den beteiligten Verkehrskreisen als solche nicht bekannt sind oder bei denen es wenig wahrscheinlich ist, dass die beteiligten Verkehrskreise annehmen könnten, die Angebote stammten von dort.
Bei „Werder“ handelt es sich zwar um den Namen von acht deutschen Orten, wo-von einer ein beliebtes Ausflugsziel von Berlin ist. Die Recherchen des Senats haben jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die angesprochenen Verkehrskreise die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen gegenwärtig oder zukünftig mit einem dieser Orte in Verbindung bringen könnten. Dies liegt nicht nur an ihrer der jeweiligen Ortsgröße entsprechend geringen wirtschaftlichen Bedeutung, sondern auch daran, dass dort weder historisch, politisch, kulturell, sportlich oder sonst aufmerksamkeitserregende Ereignisse stattgefunden haben noch irgendwelche herausragenden Produkte oder Dienstleistungen mit einem überregionalen Ruf hergestellt, erbracht oder angeboten werden, die den Namen Werder im Zusammenhang mit Sportbekleidung gerade für Fußballspiele, Kopfbedeckungen, Schals sowie sportliche Aktivitäten im Bereich des Fußballs bekannt werden ließen. Auch für die Zukunft ist dies vernünftigerweise nicht zu erwarten. Soweit das Werder in der Nähe Berlins als Ausflugsziel attraktiv ist, hat dies nichts mit Fußballspielen bzw. dafür bestimmten Produkten zu tun. Es wäre Sache der Markenstelle gewesen, nachzuweisen, dass die Bezeichnung „Werder“ von den beteiligten Verkehrskreisen mit der beanspruchten Art von Waren oder Dienstleistungen in Verbindung gebracht wird oder künftig gebracht werden kann. Dieser Nachweis ist nicht erbracht. Die angefochtenen Entscheidungen enthalten keine präzisen Angaben, die dies belegen könnten, so fehlen z. B. Angaben zum Marktanteil. Die Markenstelle hat sich darauf beschränkt, Produktionsstätten in Werder (Havel) aufzuzählen, ohne Gründe anzuführen, die geeignet wären, eine Kenntnis der maßgeblichen Verkehrskreise von der bestehenden Verbindung zwischen der Stadt Werder/Havel und den Waren oder dem Fußballspiel nachzuweisen; selbst die Sportvereine in Werder (Havel) benutzen „Werder“ nicht in Alleinstellung. Auch hat das Amt keine Waren oder Dienstleistungen benannt, für deren örtliche Herstellung oder Erbringung die Stadt renommiert wäre.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Verkehrskreise unter der Bezeichnung „Werder“ angebotene Sportbekleidung, Kopfbedeckungen und Schals sowie Fußballspiele kaum mit einer Kleinstadt in Verbindung bringen, denn bei Fußballspiel, Fußballutensilien und typischen Fanartikeln denken sie an den allseits bekannten Fußballclub „Werder Bremen“, der gerichtsbekannt national und international zu den erfolgreichsten deutschen Fußballmannschaften gehört und seit 25 Jahren fast ununterbrochen in der ersten Liga spielt.
Ein Freihaltungsbedürfnis an der Angabe „Werder“ gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt somit im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht vor.
b) Es ist auch Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegeben. Das ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei hier im Zusammenhang mit Textilien und Fußball auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist. Unproblematisch wäre das Fehlen der Unterscheidungskraft anzunehmen, wenn „Werder“ als beschreibende Angabe freihaltungsbedürftig wäre. Dass es dies nicht ist, wurde unter a) aufgezeigt.
Bei „Werder“ ist aber auch nicht deshalb von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, weil es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handeln würde, welches die Verbraucher, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Das ist hier nicht der Fall, denn die regional benutzte Bezeichnung für ein trocken gelegtes Sumpfgebiet kann nicht als üblich in diesem Sinn gelten. Auch als Ortname steht „Werder“ bei den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als solcher für ein Image, das die Verbraucher -wie etwa bei „Timmendorf“ als Anpreisung nehmen und deshalb „Werder“ nicht als Herkunftshinweis ansehen.
2) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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