EuGH, Urteil vom 12.02.2004 – C-265/00 – Biomild
„Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/ 104/ EWG – Artikel 3 Absatz 1 – Eintragungshindernis – Sprachliche Neuschöpfung, deren Bestandteile Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben“
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne der genannten Bestimmung hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht; dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht.
Bei der Beurteilung, ob eine solche Marke unter das Eintragungshindernis des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/ 104 fällt, spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der im Eintragungsantrag aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet werden können. (vgl. Randnr. 43 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
12. Februar 2004(1)
In der Rechtssache C-265/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Benelux-Gerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Campina Melkunie BV
gegen
Benelux-Merkenbureau
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 2 und 3 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1)
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer),
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter C. Gulmann, J. N. Cunha Rodrigues und R. Schintgen und der Richterin F. Macken (Berichterstatterin),
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
– der Campina Melkunie BV, vertreten durch T. van Innis und J. Oomens, advocaten,
– des Benelux-Merkenbureau, vertreten durch L. De Gryse und J. H. Spoor, advocaten,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. I. Fernandes und A. F. do Espírito Santo Robalo als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks und H. M. H. Speyart als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Campina Melkunie BV und des Benelux-Merkenbureau in der Sitzung vom 15. November 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. Januar 2002,
erlässt
Urteil
1
Der Benelux-Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Juni 2000, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 2 und 3 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Campina Melkunie BV (im Folgenden: Campina) und dem Benelux-Merkenbureau (Benelux-Markenamt, im Folgenden: Markenamt) wegen dessen Weigerung, das von Campina beantragte Zeichen „BIOMILD“ als Marke einzutragen.
Rechtlicher Rahmen
Die Gemeinschaftsregelung
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Die Richtlinie hat nach ihrer ersten Begründungserwägung zum Ziel, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken anzugleichen, um die bestehenden Unterschiede zu beseitigen, durch die der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr behindert und die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt verfälscht werden können.
4
Wie sich aus der dritten Begründungserwägung der Richtlinie ergibt, bezweckt diese jedoch keine vollständige Angleichung der Markenrechte der Mitgliedstaaten.
5
In der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie wird darauf hingewiesen, dass alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (United Nations Treaty Series, Band 828, Nr. 11847, S. 108), gebunden seien und dass es erforderlich sei, dass sich die Vorschriften der Richtlinie mit denen der Übereinkunft in vollständiger Übereinstimmung befänden.
6
Der mit „Markenformen“ überschriebene Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:
„Marken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
7
Artikel 3 der Richtlinie, in dem die Eintragungshindernisse und Ungültigkeitsgründe aufgezählt werden, sieht in den Absätzen 1 und 3 vor:
„(1) Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:
a)
Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind,
b)
Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,
c)
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,
d)
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich sind,
(3) Eine Marke wird nicht gemäß Absatz 1 Buchstabe b), c) oder d) von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde.“
Das Einheitliche Benelux-Markengesetz
8
Das Einheitliche Benelux-Markengesetz wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1996 durch das Protokoll vom 2. Dezember 1992 zur Änderung dieses Gesetzes (Nederlands Traktatenblad 1993, Nr. 12, im Folgenden: BMG) geändert, um die Richtlinie in die Rechtsordnung der drei Benelux-Staaten umzusetzen.
9
Artikel 1 BMG sieht vor:
„Als Individualmarken gelten Bezeichnungen, Abbildungen, Abdrucke, Stempel, Buchstaben, Ziffern und Formen von Waren oder Aufmachungen und alle anderen Zeichen, die zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens dienen.
Nicht als Marken betrachtet werden können hingegen die Formen, die durch das Wesen der Ware selbst bedingt sind, den wesentlichen Wert der Ware beeinflussen oder gewerbliche Ergebnisse hervorbringen.“
10
Artikel 6bis Absätze 1 und 2 BMG bestimmt:
„1. Das Benelux-Markenamt lehnt die Eintragung der Hinterlegung ab, wenn seiner Auffassung nach
a)
das hinterlegte Zeichen keine Marke im Sinne von Artikel 1 ist, insbesondere wenn ihm jede Unterscheidungskraft gemäß Artikel 6quinquies Buchstabe B Nummer 2 der Pariser Verbandsübereinkunft fehlt;
b)
sich die Hinterlegung auf eine Marke im Sinne von Artikel 4 Nummern 1 und 2 bezieht.
2. Die Ablehnung der Eintragung hat sich auf das die Marke bildende Zeichen in seiner Gesamtheit zu beziehen. Sie kann auf eine oder mehrere Waren, für die die Marke bestimmt ist, beschränkt werden.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
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Am 18. März 1996 hinterlegte Campina, ein Milcherzeuger, beim Markenamt das zusammengesetzte Wort BIOMILD als Marke für Waren der Klassen 29, 30 und 32 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung; diese Klassen betreffen verschiedene Lebensmittel, u. a. Milcherzeugnisse. Das in den Niederlanden unter dieser Marke vertriebene Produkt ist ein milder Joghurt.
12
Mit Schreiben vom 3. September 1996 wurde Campina vom Markenamt über die Ablehnung der Eintragung informiert, die wie folgt begründet wurde: „Das Zeichen BIOMILD besteht nur aus der Beschaffenheit „biologisch“ und der Beschaffenheit „mild“ der in den Klassen 29, 30 und 32 genannten Waren. Daher ist das Zeichen ausschließlich beschreibend und entbehrt jeder Unterscheidungskraft …; die Kombination beider Bestandteile ändert daran nichts.“ Das Markenamt bestätigte diese Ablehnung endgültig mit Schreiben vom 7. März 1997.
13
Am 6. Mai 1997 erhob Campina gegen die Ablehnung Klage vor dem Gerechtshof Den Haag (Niederlande), die abgewiesen wurde.
14
Am 11. November 1997 legte Campina Rechtsmittel beim Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) ein, der dem Benelux-Gerichtshof am 19. Juni 1998 neun Fragen nach der ordnungsgemäßen Anwendung des BMG vorlegte. Da nach Ansicht des Benelux-Gerichtshofes drei dieser Fragen vorab eine Auslegung der Richtlinie erforderlich machen, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Sind die Artikel 2 und 3 Absatz 1 der Richtlinie dahin auszulegen, dass die Frage, ob ein Zeichen, das aus einem neuen, aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzten Wort besteht, hinreichende Unterscheidungskraft besitzt, um als Marke für die betreffenden Waren zu dienen, grundsätzlich zu bejahen ist, auch wenn jeder der Bestandteile für sich genommen keine Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren hat, es sei denn, es kommen weitere Umstände hinzu, z. B. wenn das neue Wort eine auf der Hand liegende und für jedermann sofort verständliche Bezeichnung für eine verkehrswesentliche Kombination von Eigenschaften bildet, die nicht anders als durch das neue Wort bezeichnet werden kann?
2.
Wenn die erste Frage zu verneinen ist, ist dann anzunehmen, dass ein Zeichen, das aus einem neuen, aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzten Wort besteht, die jeder für sich genommen in Bezug auf die betreffenden Waren keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie haben, auch selbst keine Unterscheidungskraft hat, es sei denn, es kommen weitere Umstände hinzu, die dazu führen, dass die Zusammensetzung mehr ist als die Summe der Bestandteile, z. B. wenn das neue Wort eine gewisse Kreativität erkennen lässt?
3.
Macht es für die Beantwortung der zweiten Frage einen Unterschied, ob für jeden der die Zusammensetzung bildenden Bestandteile des Zeichens Synonyme existieren, so dass die Konkurrenten des Hinterlegers, die dem Verkehr gegenüber zum Ausdruck bringen wollen, dass auch ihre Waren die Kombination von Eigenschaften besitzen, die durch das neue Wort bezeichnet wird, das in angemessener Weise auch dadurch tun können, dass sie sich dieser Synonyme bedienen?
Zu den Vorlagefragen
15
Einleitend ist erstens festzustellen, dass die Vorlagefragen die Eintragung einer Marke betreffen. Sie sind daher in dem Sinne zu verstehen, dass das vorlegende Gericht um die Auslegung von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie ersucht.
16
Zweitens geht aus Randnummer 12 des vorliegenden Urteils hervor, dass sich das Markenamt im Ausgangsfall auf den „ausschließlich beschreibenden“ Charakter der sprachlichen Neuschöpfung „Biomild“ gestützt hat, die „nur aus der Beschaffenheit ‚biologisch‘ und der Beschaffenheit ‚mild‘ der [fraglichen] Waren“ bestehe; daraus hat es abgeleitet, dass die Marke BIOMILD keine Unterscheidungskraft besitze.
17
Die Annahme, dass der Marke BIOMILD die Unterscheidungskraft fehlt, beruht somit auf der Feststellung, dass sie Merkmale der betreffenden Waren beschreibt, da sie sich ausschließlich aus Bestandteilen zusammensetzt, die ihrerseits diese Merkmale beschreiben.
18
Insoweit geht zwar aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie hervor, dass die dort genannten Eintragungshindernisse voneinander unabhängig sind und gesondert geprüft werden müssen (vgl. insbesondere Urteil vom 8. April 2003 in den Rechtssachen C?53/01 bis C?55/01, Linde u. a., Slg. 2003, I?3161, Randnr. 67), doch gibt es eine offensichtliche Überschneidung der jeweiligen Anwendungsbereiche der in den Buchstaben b, c und d dieser Bestimmung genannten Fälle (in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Oktober 2001 in der Rechtssache C?517/99, Merz & Krell, Slg. 2001, I?6959, Randnrn. 35 und 36).
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Insbesondere fehlt einer Wortmarke, die im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, aus diesem Grund zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie. Einer Marke kann jedoch die Unterscheidungskraft in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen aus anderen Gründen als ihrem etwaigen beschreibenden Charakter fehlen.
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Um dem vorlegenden Gericht eine sachgerechte Antwort zu geben, sind seine Fragen, die zusammen zu prüfen sind, daher so zu verstehen, dass es im Wesentlichen wissen möchte, ob Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass bei einer Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, davon ausgegangen werden kann, dass die Marke selbst nicht die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibt, und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen. Es möchte insbesondere wissen, ob von Belang ist, ob jeder der Bestandteile der Neuschöpfung Synonyme hat.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
21
Campina macht geltend, die Unterscheidungskraft der Bestandteile einer Marke sei für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke selbst nicht ausschlaggebend. Eine Marke unterscheide sich von ihren Bestandteilen, da sie stets mehr als die Summe dieser Bestandteile und daher in ihrer Existenz von ihnen unabhängig sei. Nur wenn die Kombination der Merkmale von Waren oder Dienstleistungen nicht anders als mit der sprachlichen Neuschöpfung bezeichnet werden könne, sei davon auszugehen, dass die Neuschöpfung als Beschreibung dieser Waren oder Dienstleistungen aufgefasst werde, so dass ihre Eintragung abzulehnen sei.
22
Wenn die betroffenen Verkehrskreise ein – als beschreibend unterstelltes – Wort nicht anders auffassen könnten denn als Beschreibung der Eigenschaften bestimmter Waren oder Dienstleistungen, dann könne dieses Wort nicht als Marke für diese Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden, so dass es allein aus diesem Grund den Konkurrenten zur Beschreibung derselben Eigenschaften identischer oder ähnlicher Waren oder Dienstleistungen weiterhin zur Verfügung stehen werde. Zum einen müsse ein – als beschreibend unterstelltes – Wort den Konkurrenten zur Beschreibung einer bestimmten Eigenschaft zur Verfügung stehen, und zum anderen sei ein Wort stets mehr als die Summe seiner Bestandteile.
23
Das Markenamt trägt vor, die Tatsache, dass die Marke eine sprachliche Neuschöpfung sei, reiche nicht aus, um zu gewährleisten, dass sie die Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen ermögliche. Es komme allein darauf an, dass sich das Wort, ob es neu sei oder nicht, zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen eigne, für die seine Eintragung als Marke beantragt werde. Insoweit sei der Grundsatz zu berücksichtigen, dass beschreibende Zeichen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie ihrem Wesen nach zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens nicht geeignet seien. Setze sich die Neuschöpfung aus Bestandteilen zusammen, die für sich genommen jeder Unterscheidungskraft in Bezug auf die betreffenden Waren entbehrten, so besitze die Kombination dieser Bestandteile nur dann Unterscheidungskraft, wenn sie als solche unterscheidungskräftig sei. Die zuständige Behörde müsse bei der Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft oder ihres beschreibenden Charakters alle Umstände einschließlich ihrer möglichen Wahrnehmung durch einen Durchschnittsverbraucher berücksichtigen.
24
Ein Wort, dessen Bestandteile der Unterscheidungskraft entbehrten, könne nur dann als hinreichend unterscheidungskräftig angesehen werden, wenn es ein zusätzliches Merkmal aufweise.
25
Das Kriterium für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie oder ihres beschreibenden Charakters im Sinne von Buchstabe c dieser Bestimmung könne aber nicht darin bestehen, ob es Synonyme gebe.
26
Die portugiesische Regierung führt aus, Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie stehe der Eintragung von Marken entgegen, die, auch wenn sie neu oder fantasievoll sein sollten, weil sie eine Kombination von zwei Worten enthielten, letztlich nur die Summe von zwei Bezeichnungen darstellten, die isoliert gesehen nicht hinreichend geeignet seien, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer in der gleichen Branche tätiger Unternehmen zu unterscheiden.
27
Nur in Ausnahmefällen, wenn die Gesamtheit der nicht unterscheidungskräftigen Bestandteile ein Zeichen bilde, das von einer gewissen Kreativität und Originalität zeuge, könne die Eintragung einer Marke zulässig sein, die nur beschreibende Bezeichnungen enthalte. Dies sei zwangsläufig von Fall zu Fall zu beurteilen.
28
Was die Existenz von Synonymen anbelange, so stünden die Worte, aus denen eine Marke bestehe, nicht schon deshalb mit Wortlaut und Geist von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie in Einklang, weil sie nicht die einzigen seien, die z. B. bestimmte Eigenschaften oder Potentiale einer Ware ausdrücken könnten. Ungeachtet der Existenz von Synonymen sei die Eintragung einer solchen Marke nicht zulässig, wenn die Worte, aus denen sie bestehe, sich auf die Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung beschränkten.
29
Die Kommission ist der Ansicht, die für die Eintragung von Marken zuständige Behörde müsse, wenn sie einen Antrag auf Eintragung einer zusammengesetzten Wortmarke anhand der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 3 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Richtlinie prüfe, alle relevanten Tatsachen und Umstände des konkreten Falles berücksichtigen, um zu ermitteln, ob die Marke in den Augen der beteiligten Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des betreffenden Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen unterscheide.
30
Diese Behörde müsse insoweit auf die Meinung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren oder Dienstleistungen, für die der Schutz beantragt werde, in dem Gebiet, für das die Eintragung beantragt werde, abstellen. Im Rahmen dieser Prüfung sei stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls auszugehen, so dass Leitlinien nur teilweise brauchbar seien.
31
Einer Marke mit verschiedenen Bestandteilen, die alle jeder Unterscheidungskraft in Bezug auf die fraglichen Waren oder Dienstleistungen entbehrten, fehle im Allgemeinen, außer im Fall des Erwerbs infolge Benutzung, ebenfalls jede Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie. Etwas anderes gelte nur dann, wenn ergänzende Umstände wie eine Änderung der grafischen Darstellung oder des Sinnes der Kombination dieser Bestandteile hinzukämen, die der Marke ein zusätzliches Merkmal verliehen, durch das sie in ihrer Gesamtheit in gewissem Umfang geeignet erscheine, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens zu kennzeichnen.
32
Eine Marke, deren Bestandteile die Waren oder Dienstleistungen beschrieben, für die die Eintragung beantragt werde, sei im Allgemeinen, außer im Fall des Erwerbs von Unterscheidungskraft infolge Benutzung, selbst beschreibend im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie. Etwas anderes gelte nur dann, wenn ergänzende Umstände wie eine Änderung der grafischen Darstellung oder des Sinnes der Kombination dieser Bestandteile hinzukämen, die der Marke ein zusätzliches Merkmal verliehen, das ihr ihren beschreibenden Charakter nehme.
Antwort des Gerichtshofes
33
Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie sind Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen.
34
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind die verschiedenen in Artikel 3 der Richtlinie genannten Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das ihnen jeweils zugrunde liegt (vgl. u. a. Urteil vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C?299/99, Philips, Slg. 2002, I?5475, Randnr. 77, Urteil Linde u. a., Randnr. 71, und Urteil vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache C-104/01, Libertel, Slg. 2003, I-3793, Randnr. 51)).
35
In Bezug auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie hat der Gerichtshof anerkannt, dass mit dieser Bestimmung das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt wird, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (Urteil vom 4. Mai 1999 in den Rechtssachen C?108/97 und C?109/97, Windsurfing Chiemsee, Slg. 1999, I?2779, Randnr. 25, Urteil Linde u. a., Randnr. 73, und Urteil Libertel, Randnr. 52).
36
Dieses Allgemeininteresse bedeutet, dass alle Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, damit sie sie zur Beschreibung derselben Eigenschaften ihrer eigenen Produkte verwenden können. Die ausschließlich aus solchen Zeichen oder Angaben bestehenden Marken können daher vorbehaltlich der Anwendung von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie nicht Gegenstand einer Eintragung sein.
37
Um eine Marke, die sich wie im Ausgangsfall aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, als beschreibend im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie ansehen zu können, genügt es nicht, dass für jeden dieser Bestandteile ein möglicher beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss auch für die Neuschöpfung selbst festgestellt werden.
38
Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können. Ein Wortzeichen kann daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (in diesem Sinne auch, in Bezug auf die identischen Bestimmungen von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung [EG] Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. 1994, L 11, S. 1], Urteil vom 23. Oktober 2003 in der Rechtssache C?191/01 P, HABM/Wrigley, Slg. 2003, I-0000, Randnr. 32).
39
Im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie, auch wenn sie eine sprachliche Neuschöpfung darstellt. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
40
Einer solchen Kombination kann jedoch der beschreibende Charakter im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht. Handelt es sich um eine Wortmarke, die sowohl gehört als auch gelesen werden soll, so muss eine solche Voraussetzung sowohl in Bezug auf den akustischen als auch den visuellen Eindruck von der Marke erfüllt sein.
41
Somit hat eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht; dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht.
42
Bei der Beurteilung, ob eine solche Marke unter das Eintragungshindernis des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie fällt, spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der im Eintragungsantrag aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet werden können. Nach dieser Bestimmung muss die Marke zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt sie nicht, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind.
43
Auf die Vorlagefragen ist daher zu antworten, dass Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne der genannten Bestimmung hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht; dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht.
Bei der Beurteilung, ob eine solche Marke unter das Eintragungshindernis des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie fällt, spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der im Eintragungsantrag aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet werden können.
Kosten
44
Die Auslagen der portugiesischen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2004.
1 – Verfahrenssprache: Niederländisch.
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