Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungs-identität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. So kann ein Zeichen auch nicht als Bildmarke geschützt werden, wenn es für sich genommen nur in Bildern ausdrückt, was Worte beschreiben würden bzw. „wenn dem Zeichenwort ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann“.
Eigentlich ein bisschen wie Höhlenmalerei: ist ein beschreibender Inhalt lediglich in Bildern symbolisiert, aber für jedermann verständlich dargestellt, so wird es dadurch nicht unterscheidungskräftig und daher bei der Markenanmeldung durch das Markenamt mit hoher Wahrscheinlichkeit als schutzunfähig zurückgewiesen.
BPatG, Beschluss vom 18.07.2007 – 29 W (pat) 24/07 – „ich liebe Deutschland“
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
BUNDESPATENTGERICHT
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 59 320.6
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Juli 2007 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wort-/Bildmarke 304 59 320.6
soll für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16: Autoaufkleber, Fahnen aus Papier, Tattoo-Aufkleber, Kugelschreiber, Postkarten, Schreibblöcke, Schreibgeräte;
Klasse 25: T-Shirts, Sweatshirts, Sportjacken, Sporthosen, Badesachen, Kopfbedeckungen, Kappen, Mützen, Schirmmützen als Sonnenschutz, Gürtel, Schals, Flipflops, Badehandtücher;
Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbung, Marketing, Bedrucken von Werbematerialien;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens mit Erstbeschluss vom 16. Oktober 2006 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluss vom 4. Januar 2007 ebenfalls zurückgewiesen. Das Deutsche Patent- und Markenamt vertritt die Auffassung, gem. § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG seien Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen enthielten. Eine derartige Flaggendarstellung trete innerhalb des Gesamtzeichens eindeutig und unmissverständlich in Erscheinung. Eine – angekündigte – Befugnis habe der Anmelder nicht beigebracht.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 9. Februar 2007 und dem Schriftsatz vom 17. August 2007 trägt der Anmelder vor, ihm sei im Amtsverfahren das rechtliche Gehör verweigert worden, da er einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt habe, der nicht verbeschieden worden sei. Den Aussetzungsantrag hat er in der Beschwerdeinstanz wiederholt. Aus Sicht des Anmelders ist eine Aussetzung erforderlich, da er einen Antrag auf Erlaubnis der Benutzung der Staatsflagge als Marke beim Bundesministerium der Justiz gestellt habe. In der Sache hat er keine Erklärung abgegeben.
Der Anmelder beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Oktober 2006 und 4. Januar 2007 aufzuheben.
Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Wort-/Bildfolge „ich liebe Deutschland“ sowie von deren Bestandteilen wurde dem Anmelder übersandt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschluss der Markenstelle ist rechtmäßig. Der Wort-/Bildfolge fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne einen Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens zu treffen. Die Aussetzung bei Vorgreiflichkeit gem. §§ 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. 148 ZPO ist eine prozessleitende Maßnahme, die nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen getroffen wird (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 148 Rn. 2). Ein Antrag ist insoweit nur eine Anregung an das Gericht. Die Voraussetzungen des § 148 ZPO lagen im vorliegenden Verfahren jedoch nicht vor. Zum einen fehlt es an einer Vorgreiflichkeit der Entscheidung der Verwaltungsbehörde, da ungeachtet der Erlaubnis des Führens der Staatsflagge in einer Marke auch über die anderen absoluten Schutzhindernisse im Sinn von § 8 MarkenG zu entscheiden ist. Fehlt dem angemeldeten Zeichen daher die Unterscheidungskraft oder ist es freihaltebedürftig, kann es auch mit einer entsprechenden Erlaubnis hinsichtlich eines Grafikelements nicht als Marke eingetragen werden. Dahingestellt bleiben kann zum anderen, ob es sich bei einem entsprechenden Antrag an das Bundesministerium der Justiz überhaupt um das Bestehen eines „Rechtsverhältnisses“ im Sinn von § 148 ZPO handelt.
2. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft sind solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229 – Rn. 27 ff. – BioID; GRUR 2005, 763 ff. – Rn. 22 – Nestlé/Mars; GRUR 2004, 1027 – Rn. 42 ff – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 – Rn. 62 – Libertel; BGH GRUR 2006, 850 ff. – Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 257 – Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – antiKALK). Einer Wortmarke bzw. dem Wortbestandteil in der kombinierten Wort-/Bildmarke fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft dann, wenn dem Zeichenwort ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, oder es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice). Für Bildzeichen gilt gleiches, da alle Markenformen gleich behandelt werden. Zeichen, die aus Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich die Marke bezieht, verwendet werden, unterliegen ebenfalls denselben Anforderungen an die Unterscheidungskraft wie sonstige Marken (EuGH GRUR 2004, 1027 ff. – Rn. 44 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Nach dem Vorgesagten ist das angemeldete Wort-/Bildzeichen ‚ (s.o.) ‚ nicht schutzfähig.
Die bildliche Darstellung des Zeichens erschöpft sich nämlich in der beschreibenden, ohne Weiteres verständlichen Aussage „ich liebe Deutschland“. Das Piktogramm einer Herzdarstellung ist zu einem üblichen Symbol für die wörtliche Umschreibung von „liebe“ bzw. „love“ geworden. Die dem Anmelder übersandten Rechercheunterlagen zeigen eine derartige Darstellung für „Ich liebe das Ruhrgebiet“ (www.i-love-ruhrgebiet.de) ebenso wie für „I love Switzerland“ (www.spreadshirt.net/shop…); „I love dogs“ (www.gamesload.de/i_love_dogs); „Sticker ‚I love my’ mit Tiermotiv“ (www.pats-pets.de/produkte/accessoires/i-love-my.htm); „I love Milka“ (www.afterbuy.de/afterbuy/shop…); „I love Israel“ (www.n-tv.de/img/752677_src_path.sM9w.jpg) oder „I love Dolce & Gabbana“ (www.chronostyle.de/images/images_big/3719251671_g.jpg). Die bildliche Darstellung der symbolisierten Flagge mit den Farben schwarz, rot, gold deutet auf Deutschland hin. Die Kombination des Wortes „ich“ mit einer Verwendung der Abbildung eines Herzens in Verbindung mit einem Zeichen, das die Assoziation zur Deutschlandfahne weckt, ist nicht ungewöhnlich, sondern entspricht den Erscheinungsformen, wie sie in Verbindung mit Ländern, Städtenamen, Schokolade, Hunden etc. in der Werbung üblich sind und häufig vorkommen (BPatG 27 W (pat) 72/07 – MUNICH LOVES YOU). Durch diese Darstellung soll eine besondere Verbundenheit mit der – neben dem Herzen dargestellten – Sache ausgedrückt werden. Der Verkehr ist an derartige Werbeaussagen allgemein gewöhnt und versteht sie ausnahmslos in diesem sachbeschreibenden Sinn der engen Verbundenheit, und daher nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.
Bei den beanspruchten Waren „Autoaufkleber, Fahnen aus Papier, Tattoo-Aufkleber, Kugelschreiber, Postkarten, Schreibblöcke, Schreibgeräte; T-Shirts, Sweatshirts, Sportjacken, Sporthosen, Badesachen, Kopfbedeckungen, Kappen, Mützen, Schirmmützen als Sonnenschutz, Gürtel, Schals, Flipflops, Badehandtücher“ handelt es sich üblicherweise um Waren, die als Werbeträger verwendet werden und über bestimmte Aufdrucke eine Botschaft vermitteln. Die Kennzeichnung derartiger Waren mit dem angemeldeten Zeichen wird daher nur als Werbeslogan bzw. als Aufforderung zum Kauf derselben verstanden werden. Das Publikum wird sie ausschließlich als Sachangabe auffassen.
Diese Charakterisierung des Zeichens als nichts anderes als ein üblicher Werbeslogan erstreckt sich nicht nur auf die beanspruchten Waren, sondern auch auf die Dienstleistungen „Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbung, Marketing, Bedrucken von Werbematerialien“. Hier erwartet der Verkehr aufgrund dieser Kennzeichnung nur, dass es sich um Werbemaßnahmen handelt, die einen besonderen Bezug zu Deutschland haben. Er wird in dem angemeldeten Wort-/Bildzeichen dagegen keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.
Haben Sie Fragen?
Die Kanzlei Breuer Lehmann Rechtsanwälte ist auf Markenrecht spezialisiert. Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zu Markenschutz, Markenanmeldung und Abmahnungen zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch unter 089 666 610 89 oder per E-Mail an info@breuerlehmann.de.