Im Rahmen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes spricht eine unterschiedliche Herstellerangabe in der Regel gegen eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne. Dagegen räumt eine Handelsmarke auf dem nachgeahmten Produkt die Gefahr der Herkunftstäuschung nicht notwendig aus; dies setzt indessen voraus, dass der Verkehr die Handelsmarke als solche erkennt.
BGH, Urteil vom 02.04.2009 – I ZR 144/06 – Knoblauchwürste (OLG Köln)
UWG § 4 Nr. 9 lit. a
URTEIL
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Juli 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. Dezember 2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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Die Klägerin stellt Wurst- und Fleischwaren her, die sie auch in Deutschland vertreibt, darunter eine Knoblauchwurst nach türkischer Art unter der Bezeichnung „EMRE“. Diese wird unter der Dachmarke „EGETÜRK“ in Deutschland in nachfolgend abgebildeter Produktverpackung vertrieben:
An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.
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Die Beklagte handelt mit türkischen Lebensmittelprodukten. Sie bringt in Deutschland unter ihrer Marke „NAMLI“ Knoblauchwürste türkischer Art in der nachfolgend abgebildeten Produktverpackung in den Verkehr:
An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.
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Die Klägerin hält die Verpackungsausstattung der Beklagten für eine nahezu identische Nachahmung ihrer eigenen Produktausstattung und macht einen Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend.
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Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, 1000g-Wurstpackungen mit dem Motiv „Doppellandschaft“ so anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen, wie nachstehend wiedergegeben (es folgt die vorstehende Abbildung der Produktverpackung der Beklagten).
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Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
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I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F, §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Die Verpackung der Klägerin verfüge über wettbewerbliche Eigenart. Die Gesamtanmutung genieße Schutz wegen der künstlerisch-ästhetischen Umsetzung der Gestaltungsidee, einer an naive Malerei erinnernden naturalistischen Tierdarstellung in einer idealisierten türkischen Landschaft. Der Eindruck werde maßgeblich geprägt durch die im Vordergrund des unteren Bereichs der Verpackung naturalistisch dargestellten Tiere, deren Fleisch für das Produkt verarbeitet werde. Diese sei eingebettet in eine grüne Wiesenlandschaft mit einer Bergkette im Hintergrund, vor einem kleinen Dorf mit Moschee nebst hohen Minaretten. Der Kontrast zwischen den leuchtenden Grün- und Blautönen der Landschaft und dem kräftigen Gelb des Verpackungshintergrunds trage zu dem Gesamteindruck naiver Landschaftsmalerei bei. Diese Gesamtanmutung finde sich im wettbewerblichen Umfeld nicht wieder, das entweder nur Landschafts- oder nur Tierdarstellungen verwende. Aufgrund der ganz erheblichen Umsätze, die in den Jahren 2002 bis 2004 in Deutschland mit Würsten in der Verpackungsausstattung der Klägerin erzielt worden seien, verbinde der Verkehr mit dieser Ausstattung Herkunftsvorstellungen.
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Die angegriffene Produktausstattung ahme die Verpackungsgestaltung der Klägerin unlauter nach, weil sie deren prägende Elemente mit der Folge einer sehr ähnlichen Gesamtanmutung übernehme. Die feststellbaren Unterschiede der bildlichen Darstellung (nur ein Schaf, detailgenauere Ortsdarstellung, Wiedergabe eines Flusses im Bildvordergrund) seien nur geringfügig und blieben dem Verbraucher nicht in Erinnerung. Sie würden im Zusammenhang mit den auf den Produkten aufgebrachten unterschiedlichen Unternehmens- und Produktkennzeichnungen zwar eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließen. Nicht ausgeräumt sei aber die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung. Unstreitig habe die Beklagte früher die Produkte der Klägerin als Großhändlerin vertrieben. Die Beklagte verweise selbst darauf, dass ihre Handelsmarke „NAMLI“ bei den an türkischen Lebensmitteln interessierten Ver-kehrskreisen über eine erhebliche Bekanntheit verfüge. Begegneten dem Verbraucher mit der Marke „NAMLI“ gekennzeichnete Wurstverpackungen, die erhebliche Ähnlichkeit mit den Produktausstattungen der Klägerin aufwiesen, werde er dem Irrtum unterliegen, es beständen (weiterhin) geschäftliche Verbindungen zwischen den Parteien. Bei Handelsmarken arbeite der Händler typischerweise mit dem nach außen nicht auftretenden Produkthersteller zusammen. Der Verbraucher werde dann auch nicht in seiner Vorstellung geschäftli-cher Beziehungen berichtigt, wenn ihm die Produkte der Parteien nebeneinander in demselben Ladenlokal begegneten.
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II. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG zu. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Produktverpackungen der Parteien stimmten nach ihrem Gesamteindruck derart überein, dass die Gefahr einer Verwechslung der betrieblichen Herkunft bestehe, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch ist die im Revisionsverfahren eingetretene Rechtsänderung durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 zu beachten (BGBl. I 2949; im Folgenden: UWG 2008). Der Unterlassungsanspruch besteht aber nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Dafür ist § 4 Nr. 9 UWG in der Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) maßgeblich. Da es bereits an einer Wettbewerbswidrigkeit zur Zeit der Begehung fehlt, kann offenbleiben, ob Anhang Ziffer 13 zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 die Auslegung des im Wortlaut unveränderten Anspruchs aus § 4 Nr. 9 UWG 2008 beeinflusst.
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2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses nach § 4 Nr. 9 UWG 2004 wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 19.10.2000 – I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 444 f. = WRP 2001, 534 – Viennetta; Urt. v. 21.2.2002 – I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 631 = WRP 2002, 1058 – Blendsegel; Urt. v. 28.10.2004 – I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 – Puppenausstattungen; Urt. v. 21.9.2006 – I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 24 = WRP 2007, 313 – Stufenleitern; Urt. v. 24.5.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 14 = WRP 2007, 1455 – Gartenliege; GRUR 2008, 1115 Tz. 18 – ICON; Urt. v. 9.10.2008 – I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Tz. 27 = WRP 2009, 76 – Gebäck-presse). Danach können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 bestehen, wenn die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (BGH GRUR 2005, 166, 167 – Puppenausstattung; GRUR 2007, 339 Tz. 24 – Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 30 – Gartenliege).
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3. Das Berufungsgericht hat der Produktverpackung der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zugesprochen, da die künstlerisch-ästhetische Umset-zung der im unteren Bereich der Verpackung befindlichen Tier- und Landschaftsdarstellung geeignet sei, auf die betriebliche Herkunft der Knoblauchwurst hinzuweisen. Ob diese Beurteilung den Angriffen der Revision standhält, kann dahinstehen. Denn die Revision wendet sich jedenfalls mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht das Unlauterkeitsmerkmal der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 bejaht hat.
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Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht eine unmittelbare Herkunftstäuschung verneint, weil der Verkehr insbesondere wegen der auf den Produkten deutlich aufgebrachten Unternehmens- und Produktkennzeichnungen die unterschiedliche Herkunft der Produkte der Parteien erkennt. Es ist aber von einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne ausgegangen. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liege vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers halte oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgehe (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 – I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 254 = WRP 2001, 153 – Messerkennzeichnung, m.w.N.; GRUR 2001, 443, 445 – Viennetta). Zu Unrecht hat es aber die Voraussetzungen einer solchen Herkunftstäuschung im weiteren Sinne bejaht.
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Gegen die Annahme einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne spricht im Streitfall bereits die – auffällig angebrachte – unterschiedliche Herstellerangabe (vgl. BGH GRUR 2001, 251, 254 – Messerkennzeichnung; GRUR 2001, 443, 446 – Viennetta). Das Berufungsgericht ist allerdings davon ausgegangen, dass es sich bei der Bezeichnung „NAMLI“ nicht um eine Herstellerangabe, sondern – für den Verkehr erkennbar – um eine Handelsmarke handelt. Die Beklagte selbst habe darauf verwiesen, dass sich ihre Handelsmarke „NAMLI“ bei den an türkischen Lebensmitteln interessierten Verkehrskreisen einer nicht unerheblichen Bekanntheit erfreue. Der Verbraucher werde daher zwischen der Bezeichnung „EGETÜRK“ der – als Herstellerin fungierenden – Klägerin und der Bezeichnung „NAMLI“ der – nur mit dem Handel befassten – Beklagten unterscheiden. Für eine Handelsmarke sei typisch, dass ihr Inhaber mit dem nach außen regelmäßig nicht in Erscheinung tretenden Hersteller zusammenarbeite.
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Mit Erfolg rügt die Revision, dass das Parteivorbringen für diese Annahme keine Grundlage bietet. Dass die Bezeichnung „NAMLI“ dem Verkehr nicht als Herstellerangabe, sondern als Handelsmarke bekannt sei, lässt sich dem Parteivorbringen nicht entnehmen. Insbesondere hat die Beklagte, auf deren Vorbringen das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verweist, selbst nicht vorgetragen, dass die Bezeichnung „NAMLI“ als Handelsmarke verwendet worden sei und der Verkehr diese Bezeichnung als Handelsmarke kenne. Die Beklagte hat – worauf die Revision mit Recht hinweist – im Gegenteil in ihrem Vortrag deutlich gemacht, dass sie zu der Zeit, als sie Produkte der Klägerin als Großhändlerin vertrieben habe, diese stets in der originalen „EGETÜRK“-Ausstattung weiterveräußert habe, ohne eigene Kennzeichnungen anzubringen.
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Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Verkehr die Bezeichnung „NAMLI“ für eine Herstellerangabe hält. Zwar sind im Lebensmitteleinzelhandel Handelsmarken verbreitet. Sie werden jedoch vom Verkehr in der Regel nur dann als solche erkannt, wenn sie auf das fragliche Einzelhan-delsunternehmen hinweisen. Dass die Beklagte unter der Bezeichnung „NAMLI“ im Einzelhandel tätig wäre, lässt sich weder den getroffenen Feststellungen noch dem Parteivorbringen entnehmen.
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4. Die vom Berufungsgericht angenommenen Übereinstimmungen der Produktverpackungen reichen nicht aus, um – ungeachtet der unterschiedlichen Herstellerangabe – eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne zu bejahen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verpackungsausstattung der Beklagten übernehme die prägenden Elemente der Produktverpackung der Klägerin mit der Folge eines in hohem Maße ähnlichen Gesamteindrucks, beruht – wie die Revision zu Recht rügt – auf einem unzureichenden Vergleich der einander gegenüberstehenden Verpackungsgestaltungen.
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a) Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeugnisse auf deren Gesamtwirkung beziehen müsse (vgl. BGH GRUR 2001, 251, 253 – Messerkennzeichnung, m.w.N.; GRUR 2002, 629, 632 – Blendsegel; GRUR 2005, 166, 168 – Puppenausstattungen; Urt. v. 24.3.2005 – I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 = WRP 2005, 878 – Handtuchklemmen; Urt. v. 11.1.2007 – I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 32 = WRP 2007, 1076 – Handtaschen).
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Allerdings kann eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden (BGH GRUR 2002, 629, 633 – Blendsegel; BGH, Urt. v. 12.12.2002 – I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 361 = WRP 2003, 496 – Pflegebett; vgl. auch BGH GRUR 2005, 166, 168 – Puppenausstattungen). Um eine solche gestalterische Grundidee handelt es sich, wenn bestimmte Tiere und eine bestimmte Landschaft auf der Verpackung eines Produkts dargestellt werden, um auf wesentliche Zutaten und auf die regionale Herkunft des Produkts hinzuweisen. Dementsprechend kann eine Herkunftstäuschung nicht schon damit begründet werden, dass auf der beanstandeten Verpackung ebenso wie auf der Verpackung des Produkts der Klägerin Rinder und Schafe in türkischer Landschaft abgebildet sind. Ebenso wenig können Übereinstimmungen im Stil die Herkunftstäuschung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1978 – I ZR 160/76, GRUR 1979, 119, 120 = WRP 1979, 443 – Modeschmuck; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 9.23). Nicht ausreichend ist es daher, dass auf beiden Verpackungen Tiere und Landschaft naiv-naturalistisch dargestellt sind.
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b) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz kommt vielmehr allein für die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee in Betracht. Im Streitfall besteht aber keine hinreichende Ähnlichkeit der Produktausstattungen, um einen Unterlassungsanspruch der Klägerin zu begründen. Die Unterschiede in der Gestaltung treten nicht etwa als geringfügig zurück; sie führen vielmehr zu einem abweichenden Gesamteindruck. Dies vermag der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst zu entscheiden, ohne dass es einer weiteren Aufklärung durch den Tatrichter bedarf.
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aa) Der Gesamteindruck der Produktverpackung der Klägerin wird von der einheitlichen Grundfarbe der Verpackungsausstattung bestimmt, die im un-teren Verpackungsbereich randscharf von der bildlichen Darstellung abgetrennt ist. Es handelt sich – wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang festgestellt hat – um ein kräftiges Gelb, von dem sich die in blauer Farbe gehaltene Produktbezeichnung „EMRE“ deutlich abhebt. Dieser starke Kontrast wird in abgeschwächter Form im unteren Verpackungsbereich wiederholt, in dem die Grundfarbe Gelb auf den blauen Himmel der bildlichen Darstellung trifft. Die Kennzeichnung „EGETÜRK“ im oberen Verpackungsbereich nimmt das Rot der Umrandung des Klarsichtfensters auf, das auch den Hinweis auf die Lagertemperatur enthält. Insgesamt wird die Verpackung von dem gelben Grundton bestimmt. Diese Merkmale treten in ihrer Wirkung nicht gegenüber der bildlichen Darstellung im unteren Verpackungsbereich zurück.
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bb) Im Gegensatz dazu weist die Produktverpackung der Beklagten keine einheitliche Grundfarbe auf, die Farbübergänge von den beiden bildlichen Darstellungen zu dem gelben Mittelbereich der Verpackung sind fließend. Es überwiegen die im oberen und unteren Bereich enthaltenen Farben Grün und Blau, die mit den beiden rot-weißen „NAMLI“-Zeichen kontrastieren. Die Landschaft im oberen Bildbereich ist von einer Banderole überspannt, unter der im rechten oberen Bereich Embleme abgebildet sind. In den unteren Bereich des Klarsichtfensters ragen zwar auch der Kopf und ein Teil des Rückens eines Rindes vor einem Schaf hinein, gleich darüber befindet sich aber in deutlichem Rot-Weiß-Kontrast das untere „NAMLI“-Zeichen.
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cc) Hinzu kommen die vom Berufungsgericht festgestellten Unterschiede der bildlichen Darstellung im unteren Teil der Verpackung. Auf der Verpackung der Beklagten ist nur ein Schaf abgebildet. Die Darstellung eines türkischen Dorfes ist weiter in den Vordergrund gerückt und deshalb detailgenauer. Die Landschaft wird durch einen Fluss durchzogen, der mit einer Brücke überspannt ist. Die Tiergruppe ist außerdem anders platziert: Sie ist bei beiden Verpackungen unterhalb des Klarsichtfensters zu finden, bei der Verpackung der Klägerin in der Mitte, bei der der Beklagten am linken Verpackungsrand. Neben weiteren Details in der Darstellung weicht auch die Ausrichtung der Tiergruppe deutlich voneinander ab. Das Rind ist bei der Verpackung der Klägerin nach links gewandt, zwei Schafe nach rechts und das Lamm wiederum nach links. Bei der beanstandeten Produktverpackung der Beklagten sind Rind und Schaf nach rechts gewandt.
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dd) Danach beschränken sich die Übereinstimmungen auf die rechteckige Verpackungsform mit ebenfalls rechteckigem Klarsichtfenster, auf die Verwendung der Farben Gelb, Blau, Grün und Rot – in unterschiedlichen Anteilen – und darauf, dass im unteren Bereich eine in das Klarsichtfenster hineinragende, wirklichkeitsnah dargestellte Tiergruppe in türkischer Landschaft abgebildet ist. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Herstellerangabe reichen diese Übereinstimmungen nicht aus, um eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne zu begründen.
27
III. Das angefochtene Urteil kann unter diesen Umständen keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht. Dem Senat ist aufgrund der getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung möglich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Unterschriften
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 29.12.2005 – 31 O 792/04 –
OLG Köln, Entscheidung vom 14.07.2006 – 6 U 34/06 –
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