Archiv der Kategorie: Werbung und Wettbewerb

Urteilsdatenbank Wettbewerbsrecht.

BVerfG: Verbot einer auf einem Holocaustvergleich aufbauenden Werbekampagne – Der Holocaust auf Ihrem Teller

BVerfG, Beschluss vom 20.02.2009 – 1 BvR 2266/04 und 1 BvR 2620/05
§ 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, §§ 185 ff. StGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG

Erfolglose Verfassungsbeschwerden eines Tierschutzvereins gegen das Verbot einer auf einem Holocaustvergleich aufbauenden Werbekampagne unter dem Titel „Der Holocaust auf Ihrem Teller“.

Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die angegriffenen Entscheidungen darauf abstellen, dass nicht nur nach der – empirischen – Mehrheitsmeinung, sondern nach den Bestimmungen des Grundgesetzes ein kategorialer Unterschied zwischen menschlichem, würdebegabtem Leben und den Belangen des Tierschutzes besteht, und infolgedessen die Kampagne des Beschwerdeführers als eine Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer bewerten. Dem so verstandenen Aussagegehalt der Werbekampagne durften die Gerichte auch eine Herabsetzung gerade der Kläger des Ausgangsverfahrens entnehmen, die deren Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG berührt.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn die Fachgerichte in der Leugnung der Judenverfolgung unter dem Nationalsozialismus eine
schwere Persönlichkeitsverletzung auch der heute lebenden Juden erblicken. Die Erwägung, dass es zum personalen Selbstverständnis der heute in Deutschland lebenden Juden gehöre, als zugehörig zu einer
durch das Schicksal herausgehobenen Personengruppe begriffen zu werden, der gegenüber eine besondere moralische Verantwortung aller anderen bestehe, und dass dieses Teil ihrer Würde sei, lässt sich auf den
vorliegenden Sachverhalt übertragen. (Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 29/2009 vom 26.03.2009)

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LG Regensburg: Internetportal Prädikatsanwälte (praedikatsanwaelte.de)

LG Regensburg, Urteil vom 20.02.2009 – 2HK O 2062/08praedikatsanwaelte.de
§§ 8, 3, 5 UWG

Die Werbung und der Auftritt eines Internetportals mit der Angabe „Prädikatsanwalt“ ist unzulässig.

Der Begriff des „Prädikatsanwalts“ beinhaltet eine Anpreisung, mit der die Vorstellung von einer Gruppe besonders qualifizierter Rechtsanwälte verbunden wird. Eine solche Vorstellung stimmt jedoch mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein, wenn 47 % der Examenskandidaten, die in Bayern 2007 das 2. Staatsexamen bestanden haben, zumindest das „kleine Prädikat“ erworben haben, dass bereits bei 6,5 von 18 möglichen Punkten verliehen wird. Diese Quote belegt, dass die mit dem Begriff „Prädikatsanwalt“ versehenen Rechtsanwälte nicht notwendig zu einer kleinen Gruppe von Spitzenjuristen zählen, die ihr Examen mit einer sehr guten Note bestanden haben.

Anmerkung: Bestätigt durch das OLG Nürnberg (Urteil vom 13. 7. 2009 – 3 U 525/09). Die Revision wurde nicht zugelassen. Damit ist rechtskräftig festgestellt worden, dass das Internetportal unter „www.praedikats anwaelte.de“ wettbewerbswidrig und damit unzulässig ist.

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EuGH: Zulässige Benutzung einer Marke für vergleichende Werbung – O2

EuGH, Urteil vom 12.06.2008 – C?533/06 –
„Marken – Richtlinie 89/104/EWG – Art. 5 Abs. 1 – Ausschließliches Recht des Inhabers der Marke – Benutzung eines Zeichens in einer vergleichenden Werbung, das mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist – Beschränkung der Wirkungen der Marke – Vergleichende Werbung – Richtlinien 84/450/EWG und 97/55/EG – Art. 3a Abs. 1 – Zulässigkeitsbedingungen für vergleichende Werbung – Benutzung der Marke eines Mitbewerbers oder eines dieser Marke ähnlichen Zeichens“

1. Art. 5 Abs. 1 und 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer eingetragenen Marke nicht berechtigt ist, einem Dritten die Benutzung eines mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, die alle in Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/450 genannten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt.

Es ist jedoch, wenn die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104 verlangten Voraussetzungen für das Verbot der Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens vorliegen, ausgeschlossen, dass die vergleichende Werbung, in der das Zeichen benutzt wird, die in Art. 3a Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung genannte Zulässigkeitsbedingung erfüllt.

2. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass der Inhaber einer eingetragenen Marke nicht berechtigt ist, einem Dritten die Benutzung eines dieser Marke ähnlichen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denen, für die die Marke eingetragen wurde, identisch oder ihnen ähnlich sind, in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, wenn diese Benutzung beim Publikum keine Verwechslungsgefahr hervorruft, und zwar unabhängig davon, ob diese vergleichende Werbung alle in Art. 3a der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung genannten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt oder nicht.

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BGH Urteil: Pfizer durfte den eigenen Standpunkt zur Festbetragsregelung in öffentlichen Anzeigen verteidigen

BGH Mitteilung der Pressestelle Nr. 64/2009

Bundesgerichtshof: Pfizer durfte den eigenen Standpunkt zur Festbetragsregelung in öffentlichen Anzeigen verteidigen – Kein Verstoß gegen Werbeverbot für Arzneimittel –

Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte heute darüber zu entscheiden, ob die Benennung eines Arzneimittels im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung über die Festsetzung eines Festbetrags für dieses Arzneimittel gegen Werbeverbote des Heilmittelwerbegesetzes verstößt.

Beklagte war das Pharmaunternehmen Pfizer Pharma GmbH. Pfizer vertreibt das verschreibungspflichtige Arzneimittel „Sortis“, mit dessen Hilfe ein zu hoher Cholesterinspiegel im Blut gesenkt werden kann. Für dieses Arzneimittel wurde von den zuständigen Stellen im Juli 2004 ein Festbetrag festgesetzt. Die Beklagte beanstandete die Festsetzung mit der Begründung, ihr Präparat „Sortis“ erfülle die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Festbetragskatalog nicht, weil es in seiner therapeutischen Wirkung mit anderen Präparaten nicht austauschbar sei. Pfizer lehnte es in der Folgezeit ab, den Abgabepreis für „Sortis“ auf den von den Krankenkassen zu erstattenden Festbetrag abzusenken. Daraufhin wurde ihr u.a. vom Bundesgesundheitsministerium vorgeworfen, sie handele aus Profitsucht und ethisch verwerflich, weil sie die Patienten verunsichere. In der überregionalen Tagespresse wurde darüber u.a. unter Überschriften wie „Regierung: Pfizer handelt unethisch/Machtkampf um Pharmapreise/Ärzte sollen andere Präparate verordnen“ berichtet. Pfizer reagierte mit einer ganzseitigen Zeitungsanzeige mit dem Titel „Können Kassenpatienten wirklich auf Sortis verzichten?“. Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, hält dies für eine Werbung, die gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), insbesondere gegen das Verbot der Publikumswerbung nach § 10 Abs. 1 HWG und gegen die Pflicht zum Hinweis auf Risiken und Nebenwirkungen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG verstößt.

Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung der Werbung stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte lediglich wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG mit der Begründung verurteilt, der am Rand der Anzeige gegen die Leserichtung angebrachte Pflichthinweis auf die Risiken und Nebenwirkungen sei nicht gut lesbar im Sinne dieser Vorschrift. Hinsichtlich des Verstoßes gegen andere Vorschriften des HWG, insbesondere gegen das Verbot der Publikumswerbung, könne sich die Beklagte auf ihr Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil bestätigt und die Rechtsmittel beider Parteien zurückgewiesen. Bei der Anzeige der Beklagten handele es sich zwar um Werbung für ein Arzneimittel, so dass die Werbeverbote des Heilmittelwerbegesetzes an sich zur Anwendung kämen. Die Beklagte habe jedoch nach der für sie negativen Publizität ihren Standpunkt in der öffentlichen Diskussion um die Festsetzung des Festbetrags für ihr Arzneimittel grundsätzlich auch in der Form einer ganzseitigen Zeitungsanzeige äußern dürfen. Zu diesem Zweck habe sie ihr Arzneimittel und seine Anwendungsgebiete benennen und es mit Konkurrenzprodukten vergleichen dürfen, um auf diese Weise ihre Auffassung darzulegen, die gesetzliche Festbetragsregelung erfasse ihr Arzneimittel nicht. Der Bundesgerichtshof hat daher in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht eine unzulässige Publikumswerbung im Hinblick auf das Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verneint. Dagegen sei der Verstoß gegen § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG nicht zu rechtfertigen. Die Beklagte wäre in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit nicht unzumutbar beeinträchtigt gewesen, wenn sie den Hinweis auf Risiken und Nebenwirkungen gut lesbar angebracht hätte.

Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 213/06 – Sortis
OLG Karlsruhe – Urteil vom 29. November 2006 – 6 U 140/05, PharmaR 2007, 383 LG Karlsruhe – Urteil vom 22. Juni 2006 – 14 O 70/05

Karlsruhe, den 26. März 2009

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HWG

Bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise ist der Text „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben.

§ 10 Abs. 1 HWG

Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

OLG Düsseldorf: Irreführung durch Begriff Augenklinik für Augenarztpraxis

OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2008 – I-20 U 168/07
§§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 8 Abs. 1 UWG

1. Die Verwendung des Begriffs „Klinik“ für eine ärztliche Einrichtung setzt voraus, dass diese Einrichtung in der Lage ist, Patienten stationär aufzunehmen.

2. Der Streitgegenstand eines Unterlassungsbegehrens wird neben dem umfangreich vorgetragenen Sachverhalt selbst auch von der rechtlichen Würdigung durch den Kläger bestimmt. Stützt dieser seinen Unterlassungsanspruch in Abmahnung und Klage allein auf einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung i. V. mit § 4 Nr. 11 UWG, stellt die Erweiterung der Anspruchsbegründung im Berufungsverfahren auf eine Irreführung nach § 5 UWG eine wenn auch sachdienliche Klageänderung dar.

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LG Frankfurt a. M.: Irreführung mit Herkunftsbezeichnung GERMANY

LG Frankfurt a. M., Urteil vom 07.11.2008 – 312 O 55/08Herkunftsbezeichnung Germany
§§ 126, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 MarkenG, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG

Geographische Herkunftsangaben im Sinne des MarkenG sind die Namen von Ländern, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren (Anglermesser) benutzt werden, § 126 Abs. 1 MarkenG.

Die Herkunftsbezeichnung eines Messers mit GERMANY ist irreführend, wenn die Ware nicht in Deutschland hergestellt wird, sondern außerhalb Deutschlands im Wege der Lohnherstellung.

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OLG Köln: Test mit Prestige-Cremes

OLG Köln, Urteil vom 18.02.2009 – 6 W 5/09 – Zur Nachprüfbarkeit einer Testwerbung
UWG § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2

1. Ein Fernsehspot, in dem die beworbenen Pflegecreme als Sieger in einem (Feuchtigkeits-)Test gegen die teuersten Cremes der führenden Prestigemarken vorgestellt wird, enthält vergleichende Werbung i. S. des § 6 Abs. 1 UWG, auch wenn die Prestigemarken nicht namentlich bezeichnet werden.

2. Die Werbung bezieht sich nicht auf nachprüfbare Eigenschaften i. S. des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn keine Stelle angegeben ist, wo Informationen über die Modalitäten des durchgeführten Tests zu erhalten sind.

Gegenstandswert: 200.000 €

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LG Düsseldorf: Führen eines ausländischen Doktortitels

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.02.2009 – 12 O 284/06
§§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG

Es stellt eine Irreführung dar, wenn ein Rechtsanwalt den slowakischen Grad „Dr. práv“ in der abgekürzten Form „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führt, wenn dies in allen Ländern außer den Ländern Bayern und Berlin nicht zulässig ist.

Mit der Führung des beanstandeten Grades verstößt der Beklagte gegen die betreffenden Hochschulgesetze der Länder in Verbindung mit den entsprechenden Bestimmungen des bilateralen Äquivalenzabkommens und damit gegen Regelungen, die zumindest auch dazu bestimmt sind, das Verhalten im Wettbewerb zu regeln. Dies führt zu einer Unterlassungsverpflichtung des Beklagten in den betreffenden Ländern. (Rn. 24)

Streitwert: 25.000 €

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LG Düsseldorf: Werbung mit „Worldwide Patent“ ist irreführend, wenn Patent noch nicht erteilt ist

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 31.07.2008 – 4b O 210/07
§ 5 Abs. 1 UWG

Die Werbung mit dem Logo des Europäischen Patentamtes in Verbindung mit der Bildunterschrift „Worlwide Patent“ ist irreführend, solange lediglich eine (offengelegte) Anmeldung eines Patents vorliegt, aber noch kein Patentschutz erteilt wurde.

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