Archiv der Kategorie: Urteile

In der Urteilssammlung finden Sie aktuelle Urteile rund um Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrecht im Volltext.

LG Köln: welle.de – Anspruch auf Löschung eines Dispute-Eintrags

Die Gemeinde Welle hat keinen Anspruch auf die gleichnamige Domain welle.de. Der Name „Gemeinde Welle“ führt als solcher zu keiner gegenüber dem Domaininhaber von www.welle.de besseren Rechtsposition. Bei einer mehrdeutigen Sachbezeichnung und mangels Bekanntheit der „Gemeinde Welle“ gilt schlicht die Priorität der Registrierung.

Ein mit dem Ziel der Löschung des bisherigen Domaininhabers gestellter Dispute-Eintrag bei der DENIC ist daher unberechtigt und behindert den Domaininhaber, der Einnahmen durch die Veräußerung von Domains erzielt, in seiner gewerblichen Betätigung.

LG Köln, Urteil vom 18.05.2009 – 81 O 220/08welle.de

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BPatG: Schultütenspitze – Anmeldung einer Positionsmarke

Leitsatz:

Zu den Voraussetzungen der Anmeldung einer Positionsmarke (§§ 6 Nr. 6, 12 Abs. 3 MarkenV), sowie zur Beanstandungspflicht des DPMA gemäß § 36 Abs. 2 i. V. m. §§ 33 Abs. 1 und 2, 32 Abs. 2, 36 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 2 MarkenG unter Verschiebung des Anmeldetags (vgl. BPatG GRUR 2007, 63 – KielNET).

BPatG, Beschluss vom 26.06.2008 – 29 W (pat) 19/08Schultütenspitze
§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG §§ 33 Abs. 1, 2, 32 Abs. 2, 36 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 2 MarkenG

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LG Magdeburg: „Super Illu“ ./. „Illu der Frau“ Verwechslungsgefahr bei Zeitschrift mit bedeutsamer Marktdurchdringung

Zwischen den Zeitschriften „Super Illu“ und „Illu der Frau“ besteht mittelbare Verwechslungsgefahr.

In der vorliegenden Kombination „Super illu“ ist die Begrifflichkeit „illu“ prägend und von besonderer Bedeutung. Das Wort „Super“ umschreibt lediglich eine besonders positive Bewertung, ohne einen eigenen Charakter zu entfalten, prägend ist die Begrifflichkeit „illu“. Dies gilt auch in Bezug auf den Begriff „illu der Frau“, bei dem der Zusatz „der Frau“ lediglich eine nähere Umschreibung der Zielgruppe ist, aber den herausgehobenen Charakter des Wortes „illu“ nicht relativiert. Im Übrigen hat die Zeitschrift „Super illu “ eine erhebliche Marktdurchdringung. Insofern ist davon auszugehen, dass dem Begriff „illu“ in entsprechend großen Verbraucherkreisen eine Zuordnung zu dieser Zeitschrift zugute kommt bzw. zu dem Verlag, der die Zeitschrift herausbringt.

Landgericht Magdeburg, Urteil vom 18.08.2009 – 7 O 234/09Super Illu
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz

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LG Düsseldorf: cola.de – Löschung eines unberechtigten Dispute-Eintrags

Das Recht auf Nutzung einer Internetdomain stellt ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht“ dar. Zum Nutzungsrecht einer Domain gehört auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen, die durch den Dispute-Eintrag genommen wird. Bei einem unberechtigten Dispute-Eintrag besteht daher ein Anspruch des Domain-Inhabers gegenüber dem Steller des Dispute-Eintrags, dass dieser auf den bei der DENIC eG gesetzten Dispute-Eintrag verzichtet.

Es fehlt schon grundsätzlich an einer Verletzung von Markenrechten an der Gemeinschaftsmarke „Cola“, wenn der Internetauftritt der Domain „cola.de“ lediglich Informationen und Werbung im Zusammenhang mit dem brausehaltigen Erfrischungsgetränk „Cola“ gezeigt, der Schutzbereich der Gemeinschaftsmarke „Cola“ jedoch völlig andere Waren umfasst, nämlich Thermostate und ähnliches, Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen und Baumaterialien verschiedenster Art.

LG Düsseldorf, Urteil vom 19.08.2009 – 34 O 16/09cola.de
§ 823 Abs. 1 BGB

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BPatG: ID

Leitsätze:

Der Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der erforderlichen Unterscheidungskraft wird maßgeblich davon bestimmt, dass dieser Rechtsbegriff ausschließlich herkunftsbezogen zu definieren ist und die Herkunftsfunktion einer Marke neben anderen möglichen Funktionen stets im Vordergrund stehen muss.

2. Für eine Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es nicht erforderlich, dass ein Zeichen aus Begriffen besteht, mit denen die fraglichen Waren oder Dienstleistungen direkt bezeichnet bzw. ihre Merkmale direkt beschrieben werden.

BPatG, Beschluss vom 05.08.2009 – 28 W (pat) 103/08ID
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

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BGH: Kinder III – Verkehrsdurchsetzung eines graphisch und farblich gestalteten Wort-/Bildzeichen

a) Ein in der Art einer Dach- oder Zweitmarke verwandtes Zeichen kann auch als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in der Verwendung mit anderen Marken eine gewisse Selbständigkeit aufweisen und die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erfüllen.

b) Für die Verkehrsdurchsetzung eines graphisch und farblich gestalteten Wort-/Bildzeichens nach § 8 Abs. 3 MarkenG kann ein gegenüber dem reinen Wortzeichen geringerer Durchsetzungsgrund ausreichen.

BGH, Beschluss vom 02.04.2009 – I ZB 94/06Kinder III
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 50 Abs. 2 Satz 1

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BPatG: Petlas – Rechtsmißbräuchliche Anmeldung einer Marke bei Abmahnung des ausländischen Markeninhabers

Die Markenanmeldung einer ausländischen Marke im Inland ist bösgläubig, wenn die Marke vorrangig der rechtsmissbräuchlichen Behinderung Dritter dienen soll.

Um Rückschlüsse auf die Absichten des Markenanmelders im Zeitpunkt der Anmeldung zu ziehen, hat sich die Fragestellung bewährt, welche Zielsetzungen sich nach der Markenanmeldung bzw. -eintragung im Verhalten des Anmelders manifestiert haben.

Es lässt den Schluss zu, dass die Marke vorrangig der rechtsmissbräuchlichen Behinderung dienen soll, wenn der Anmelder der inländischen Marke massiv gegen den ausländischen Markeninhaber und dessen Geschäftspartner vorgeht.

BPatG, Beschluss vom 21.08.2009 – 28 W (pat) 113/08Petlas
§§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG

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BGH: Lorch Premium II – Zulässige Etikettierung von Wein durch sonstige Angaben

a) Bei den Weinbezeichnungsvorschriften der EG-Weinmarktordnung und der EG-Weinbezeichnungsverordnung handelt es sich um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

b) Zur Bezeichnung eines Weines dürfen nach Art. 47 Abs. 2 lit. c, Anhang VII Abschn. B Nr. 3 EG-WeinMO 1999 auch Angaben über die Qualität des Weines verwendet werden, die nicht ausdrücklich vorgeschrieben (Art. 47 Abs. 2 lit. a, Anhang VII Abschn. A Nr. 1 EG-WeinMO 1999) oder freigestellt (Art. 47 Abs. 2 lit. b, Anhang VII Abschn. B Nr. 1 EG-WeinMO 1999) sind, sofern sie nicht nach Art. 48 EG-WeinMO 1999 und Art. 6 Abs. 1 EG-WeinBezV irreführend sind.

BGH, Urteil vom 30.04.2009 – I ZR 45/07Lorch Premium II (OLG Zweibrücken)
UWG § 4 Nr. 11; EG-WeinMO 1999 Art. 47, Art. 48; EG-WeinBezV Art. 6 Abs. 1

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Die Marken „FREEZING JELLY“ und „Freeze Pudding“ sind nicht verwechslungsfähig

Eine aktuelle Entscheidung zur Frage der begrifflichen Verwechslungsgefahr ist der Beschluss des BPatG vom 30.06.2009 – 24 W (pat) 61/08. Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde der Markeninhaberin den Widerspruch aus der Marke „Freeze Pudding“ gegen die Markeneintragung der Marke „FREEZING JELLY“ zurückgewiesen.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte zuvor noch anders entschieden und eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „FREEZING JELLY“, eingetragen für die Waren „Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel“ und der Gemeinschaftsmarke „Freeze Pudding“, eingetragen für die Waren und Dienstleistungen „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haut- und Haarpflegemittel wie Mittel zum Bleichen, Reinigen, Färben und Tönen von Haaren, Dauerwellmittel und Neutralisationsmittel dafür, Haarfestiger, Mittel zum Konditionieren und Spülen von Haaren, Haarsprays, Haarschäume, Haarwasser, Haarkuren, Haarwachse; Dienstleistungen von Friseur- und Schönheitssalons“, angenommen.

Mit Erstbeschluss hat die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke „FREEZING JELLY“ wegen begrifflicher Verwechslungsgefahr angeordnet. Die Vergleichsmarken könnten sich auf teilweise identischen und im Übrigen ähnlichen Waren begegnen. Die Widerspruchsmarke weise in ihrer Gesamtheit normale Kennzeichnungskraft auf, da „Freeze Pudding“ in der Bedeutung von „Gefrierpudding“ in Bezug auf die Rede stehenden Waren keine branchenübliche beschreibende Angabe darstelle. Bei dieser Ausgangslage seien an den Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen, die die jüngere Marke nicht einhalte.

Der 24. Senat sah dies anders und verneinte unter Berücksichtigung der aus dem beschreibenden Charakter der einzelnen Bestandteile resultierenden geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Freeze Pudding“ eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr:

Auch wenn die Verbindung der beiden Bestandteile in der Widerspruchsmarke nicht zu einem geläufigen Gesamtbegriff führen und die Wortkombination grammatikalisch nicht korrekt sein mag, weist sie doch deutlich beschreibende Anklänge hinsichtlich der Wirkungsweise und der Konsistenz der Produkte auf (Produkte, die eine puddingartige Konsistenz haben und entweder für extra starken Halt oder eine kühlende Wirkung sorgen), so dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch in ihrer Gesamtheit nur als unterdurchschnittlich eingestuft werden kann.

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung verhindern die Bestandteile „JELLY“ auf der einen, und „Pudding“ auf der anderen Seite die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht. Darüber hinaus besteht in begrifflicher Hinsicht trotz Ähnlichkeiten keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken, da der Sinngehalt der Wörter nicht deckungsgleich ist.

Zwar weisen die Bestandteile „Freeze“ und „FREEZING“ von ihrem Sinngehalt her in die gleiche Richtung. So wird der Bestandteil „FREEZING“ gleichbedeutend wie „Freeze“ zur Bezeichnung von Haarpflege- bzw. -stylingprodukten verwendet, die für einen extra starken Halt der Frisur sorgen. Auch zwischen den weiteren Bestandteilen der Vergleichmarken „JELLY“ und „Pudding“ kann es zu einer teilweisen Überschneidung insoweit kommen, als dass beide Begriffe geeignet sind, auf eine schwabbelige Konsistenz hinweisen. Allerdings sind die Wörter „JELLY“ und „Pudding“ nicht sinnidentisch. So wird mit „JELLY“ bzw. mit der entsprechenden deutschen Übersetzung „Gelee“ eine in der Regel aus (eingedicktem) Saft hergestellte und daher eher durchscheinende Substanz bezeichnet, während Pudding eine gerade nicht aus Saft, sondern aus anderen Zutaten (Milch, Puddingpulver oder Brot, Fleisch, Fisch, Gemüse) und damit regelmäßig nicht transparente, schwabbelige Masse umschreibt. „JELLY“ und „Pudding“ sind demnach keine Synonyme.

Das BPatG gab der Beschwerde der Markeninhaberin daher statt und wies den Widerspruch unter Kostenteilung zurück.

Anmerkung: Neben dem lehrreichen Exkurs zur Bedeutung von „Freeze“ und „Jelly“ zeigt die Entscheidung, dass der Faktor „Kennzeichnungskraft“ bei der Bestimmung der Verwechslungsgefahr nicht zu unterschätzen ist: Eine bloße Übereinstimmung in beschreibenden Begriffen kann eine Verwechslungsgefahr nicht begründen.