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Markenformen

Was ist als Marke schutzfähig?

Ein Blick in das Gesetz (§ 3 Abs. 1 MarkenG) gibt hier eine erste Antwort:

Als Marke schutzfähige Zeichen

(1) Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Die in § 3 Abs. 1 MarkenG aufgezählten Beispiele sind nicht abschließend, wie die Formulierung „insbesondere“ zeigt. Die häufigsten Markenformen sind Wort- und Bildmarken.

Wortmarken
Wortmarken können Einwortmarken und Mehrwortmarken sein. Sie können aus einzelnen oder mehreren Wörtern, Sätzen und kurzen Texten bestehen. Auch Werbesprüche und Slogans können als Wortmarken markenfähig sein.
Beispiele sind: „Golf“, „Nivea“, „IPod“, „4711“, „ARD“, „C&A“.

Buchstabenmarken, Zahlenmarken, Buchstabenzahlenmarken
Markenfähig sind auch Buchstabenmarken, Zahlenmarken und ihre Kombinationen. Die Bestandteile dieser Markenformen sind – wenig überraschend – Buchstaben und Zahlen.

Bildmarken
Als Bildmarken sind grundsätzlich Abbildungen jeder Art markenfähig. Dabei ist zu beachten, das der naturgetreuen Abbildung einer Ware als solche keine abstrakte Unterscheidungseignung zukommt.
Eine Wort-/Bildmarke ist die grafische Kombination von Bild- und Zeichen, vor allem Wörtern oder Buchstaben. Der Schutz der Marke erstreckt sich hierbei auf die konkrete grafische Darstellung.
Beispiele hierfür sind der „Mercedes-Stern“ oder die „springende Raubkatze“ von Puma.

Farbe, Farbkombinationen
Farben sind nur in Ausnahmefällen schutzfähig, da sie normalerweise als Warenfarbe oder dekoratives Element wahrgenommen werden. Farben und Farbzusammenstellungen können aber als konturlose Farbmarken Zeichen im Rechtssinne darstellen (EuGH, Rs. C-104/01, Slg. 2003, I-3793, GRUR 2003, 604 – Libertel; EuGH, Rs. C-49/02, Slg. I-2004, 6129, GRUR 2004, 858 – Heidelberger Bauchemie; BGH GRUR 2007, 55 – Farbmarke gelb/grün II). Man unterscheidet zwischen Einfarbenmarken und Mehrfarbenmarken.
Um als betrieblichen Herkunftshinweis gelten zu können, muss die bestimmte Farbe für eine beschränkte Zahl von Waren und Dienstleistungen beansprucht werden und überdurchschnittlich bekannt sein. Beispielsweise ist die Farbe Lila für Schokolade als Marke geschützt.

Dreidimensionale Marken
Als Marken können auch als dreidimensionale Formen registriert werden. Bei einer Formmarke ist jedoch zu beachten, dass die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst werden, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht. Bei dreidimensionalen Zeichen ist zwischen produktabhängigen und produktunabhängigen Formmarken zu unterscheiden. Anders als produktunabhängige
Formmarken beziehen sich produktabhängige Formmarken auf die Form der angemeldeten Waren oder deren Verpackung. Letztere wiederum werden in Produktformmarken und Verpackungsformmarken unterteilt.

Kennfadenmarken
Eine besondere eigene Markenform ist die Kennfadenmarke. Kennfadenmarken sind zumeist farbige Fäden oder Streifen, die in Textilien, Kabeln, Drähten, Schläuchen, Glasstäben (Thermometern) oder ähnlichen Gegenständen eingewirkt, eingewoben, eingegossen oder auf sonstige Weise mit dem Produkt fest verbunden werden. Die Bedeutung der Kennfarbenmarke liegt darin, dass sie für Textilien, Seidenmaterialien und vergleichbare Produkte oder auch für Glasinstrumente oft das einzig sachgerechte Unterscheidungsmittel zur Kennzeichnung darstellt.

Positionsmarken
Gegenstand einer Positionsmarke ist die besondere Art und Weise der Anbringung oder Anordnung eines Zeichens auf einem Produkt. Die Marke ist dann die kennzeichnende Positionierung des Zeichens auf dem Produkt.

Hologrammmarken
Als Hologramm (griech. holos für ganz, vollständig, gramma für Botschaft, Nachricht, Zeichen) bezeichnet man eine – in der Regel mittels kohärentem Laserlicht hergestellte – fotografische Aufnahme, die nach Ausarbeitung und Beleuchtung mit gleichartigem Licht ein echtes dreidimensionales Abbild des Ursprungsgegenstandes wiedergibt (Wikipedia).

Nach der Rechtsprechung des 24. Senats des BPatG reicht es für eine grafische Darstellbarkeit eines Hologramms nicht aus, wenn sich ein Hologramm zwar nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wiedergeben, in dieser Form aber nicht für die Eintragung in das Register reproduzieren lasse (BPatG, Beschluss vom 08.03.2005 – 24 W (pat) 102/03 – Hologramm).

Hörmarken
Hörmarken sind akustische Zeichen bzw. Tonfolgen, die vom Gehör wahrgenommen werden, ohne Sprache zu sein (EuGH – C-283/01 – Shield Mark). Solche akustischen Marken können aus Töne, Tonfolgen und Melodien (melodische Hörmarken), Klängen und Geräuschen (Hupen, Zerbrechen von Glas, Donner) und Tierlauten oder Stimmen (amelodische Hörmarken) bestehen.

Ein schönes Beispiel für eine Hörmarke ist das Brüllen des Löwen im Logo der MGM-Studios:
Lion roar (MP3 format), as trademarked by MGM, at the United States Patent and Trademark Office.

Olfaktorische oder Geruchs-Marken
Eine olfaktorische Marke (Geruchsmarke) stellt als ein nicht visuell wahrnehmbares Zeichen nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH – C-273/00 – Sieckmann) ein als Marke schutzfähiges Zeichen dar.

Haptische oder Tast-Marken
Eine haptische Marke (Tastmarke) stellt ein Zeichen dar, das ein Produkt haptisch identifiziert. Als Anwendungsbereiche von haptischen Marke sind Blindenschriftzeichen und allgemein haptische Produktzeichen denkbar. Der BGH hat Tastmarken grundsätzlich als markenfähig anerkannt (BGH, Beschluss vom 5.10.2006 – I ZB 73/05 – Tastmarke).

Bewegungsmarken, virtuelle Marken, Lichtmarken
Als sonstige nichtkonventionelle Markenformen existieren Bewegungsmarken (multimediale Marken), virtuelle Marken und auch die Lichtmarken im Sinne visueller Kommunikationszeichen.

Graphische Darstellbarkeit

Gesetz

§ 8 MarkenG Absolute Schutzhindernisse

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die sich nicht graphisch darstellen lassen.

Zweck

Nach dieser Vorschrift sind als Marke schutzfähige Zeichen i.S. des § 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, die sich nicht graphisch darstellen lassen. Inhalt und Bedeutung des Erfordernisses der graphischen Darstellbarkeit ergeben sich aus den damit angestrebten Zwecken, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung ins Register als solche überhaupt zu ermöglichen und die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu veröffentlichen (BGH GRUR 1999, 730, 731 – Farbmarke magenta/grau).

Voraussetzungen

Ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, kann eine Marke sein, sofern es Gegenstand einer (mittelbaren) grafischen Darstellung, insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen sein kann.

Diese muss aber – um die Registerbehörden und die Öffentlichkeit über die bestehenden Schutzrechte zu informieren – folgende Anforderungen erfüllen: sie muss klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein (EuGH, Urt. v. 12.12.2002 – C-273/00 – Sieckmann [zum Geruchszeichen]; GRUR 2003, 604 Tz 28 f. – Libertel [zum abstrakten Einfarbenzeichen]; Urt. v. 27.11.2003 – C-283/01, Slg. 2003, I-14313 = GRUR 2004, 54, 57 Tz 55 – Shield Mark/Kist [zum Hörzeichen]; GRUR 2004, 858 Tz 25-32 – Heidelberger Bauchemie [zum abstrakten Farbkombinationszeichen]).

Farbmarken

Hierfür bedarf es nicht notwendig der unmittelbaren graphischen Wiedergabe der Farbe selbst. Es genügt die Umschreibung der Marke mit hinreichend eindeutigen Symbolen, die in der konkreten Farbangabe (konturlose Farbmarke) liegen kann (BGHZ 140, 193, 195 – Farbmarke gelb/schwarz; BGH GRUR 1999, 730, 731 – Farbmarke magenta/grau).

In der Praxis wird die Marke durch die Einreichung eines Farbmusters und zusätzlich durch die Beschreibung mittels Bezugnahme auf ein gängiges Farbklassifikationssystem (z.B. Angabe der RAL- oder Pantone-Nummern) eindeutig graphisch dargestellt.

Einzelne Farben

Die einzelne Farbe kann herkunftshinweisend sein. Sie ist als Marke eindeutig und graphisch dargestellt i.S. des § 8 Abs. 1 MarkenG (Art. 2 MarkenRL), wenn sie als solche genau und dauerhaft bezeichnet wird, ohne dass es einer räumlichen Begrenzung oder – wie der 32. Senat des Bundespatentgerichts (BPatG GRUR 2005, 585, 589) anzunehmen scheint – der Benennung eines Verwendungszusammenhangs bedarf (BGH, Beschluß vom 05.10.2006 – I ZB 86/05 – Farbmarke gelb/grün II).

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer abstrakten Farbmarke ist zudem zu berücksichtigen, dass der Verkehr regelmäßig nicht daran gewöhnt ist, allein aus der Farbe von Waren oder ihrer Verpackung auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Betrieb zu schließen. Anders als bei Wort- oder Bildmarken, die vom Erscheinungsbild der zu kennzeichnenden Ware unabhängig sind, werden Farben grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet und deshalb regelmäßig auch nicht in einem solchen Sinne erfasst (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 (Nr. 65) – Libertel).

Nur unter außergewöhnlichen Umständen kann einer Farbe originäre Unterscheidungskraft zukommen, etwa wenn die Zahl der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sehr beschränkt und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 (Nr. 66) – Libertel).

Farbkombinationen

Dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften für die abstrakte Farbkombination die erforderlichen Merkmale der Eindeutigkeit und Beständigkeit nur bei Angaben zur systematischen Anordnung der Farben als erfüllt ansieht, folgt aus der Tatsache, dass ansonsten die Kombination mehrerer Farben miteinander eine unübersehbare Vielfalt von Gestaltungen zuließe, die mit dem Charakter der Marke als Registerrecht, das der Allgemeinheit eine verlässliche Information über den bestehenden markenrechtlichen Schutz ermöglichen soll, nicht zu vereinbaren wäre. Es besteht kein Wertungswiderspruch darin, dass die abstrakte Einfarbenmarke ohne konkrete flächenhafte oder räumliche Begrenzung Gegenstand des Markenschutzes sein kann (BGH, Beschluß vom 05.10.2006 – I ZB 86/05 – Farbmarke gelb/grün II).

Geruchsmarken / Riechzeichen

Bei einem Riechzeichen wird den Anforderungen an die grafische Darstellung weder durch eine chemische Formel noch durch eine Beschreibung in Worten, die Hinterlegung einer Probe des Geruchs oder die Kombination dieser Elemente genügt (EuGH, Urteil vom 12.12.2002 – C-273/ 00 – Sieckmann)

Was eine chemische Formel angeht, so würden, nur wenige in einer solchen Formel den fraglichen Geruch wiedererkennen. Eine solche Formel ist nicht verständlich genug. Außerdem gibt eine chemische Formel nicht den Geruch einer Substanz, sondern die Substanz selbst wieder, und es fehlt ihr auch an der nötigen Klarheit und Eindeutigkeit. Bei der Beschreibung eines Geruchs handelt es sich zwar um eine grafische Darstellung. Sie ist aber nicht klar, eindeutig und objektiv genug. Die Hinterlegung einer Geruchsprobe stellt keine grafische Darstellung im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie dar. Außerdem fehlt einer Geruchsprobe die nötige Stabilität oder Dauerhaftigkeit.

Hörmarken

Bei einem Hörzeichen sind diese Anforderungen nicht erfüllt, wenn das Zeichen grafisch dargestellt wird mittels einer Beschreibung durch Schriftsprache, etwa durch den Hinweis, dass das Zeichen aus den Noten eines bekannten musikalischen Werkes besteht oder dass es sich um einen Tierlaut handelt, oder mittels eines Onomatopoetikums ohne weitere Erläuterung oder mittels einer Notenfolge ohne weitere Erläuterung.

Dagegen sind die genannten Anforderungen erfüllt, wenn das Zeichen durch ein in Takte gegliedertes Notensystem dargestellt wird, das insbesondere einen Notenschlüssel, Noten- und Pausenzeichen, deren Form ihren relativen Wert angeben, und gegebenenfalls Vorzeichen enthält. (EuGH, Urteil vom 27. 11. 2003 – C-283/01 – Shield Mark/Kist)

Tastmarke

Auch ein über den Tastsinn wahrnehmbares Zeichen kann grundsätzlich eine Marke sein. Es ist erforderlich, dass die allgemeinen Voraussetzungen der Markenfähigkeit wie insbesondere der Grundsatz der Selbständigkeit der Marke von dem Produkt erfüllt sind (vgl. BGHZ 140, 193, 197 – Farbmarke gelb/schwarz; BGH, Beschl. v. 20.11.2003 – I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 503 = WRP 2004, 752 – Gabelstapler II).

Die Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG sind nicht erfüllt, wenn die Abbildung lediglich den Gegenstand zeigen, dessen Berührung die nicht näher beschriebenen haptischen Reize auslösen soll, weil es an der dafür erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit fehlt.

Angesichts der Vielzahl von Eindrücken, die mit der Wahrnehmung eines Gegenstands über den Tastsinn in Bezug auf seine Gestalt, Oberflächenstruktur, Form und Masse verbunden sein können, könnte seine bloße Abbildung allenfalls dann den Anforderungen an eine eindeutige und objektive Darstellung eines oder mehrerer haptischer Reize genügen, wenn sich der Abbildung Eigenschaften des betreffenden Gegenstands entnehmen ließen, die der Verkehr mit individualisierbaren und aus diesem Grunde objektiv eindeutigen haptischen Eindrücken beim Betasten des abgebildeten Objekts verbände. (BGH, Beschluss vom 05.10.2006 – I ZB 73/05 – Tastmarke)

BPatG 26 W (pat) 3/05: Das rauhe Gefühl von feinem Sandpapier

BPatG, Beschluss vom 23.03.2007 – 26 W (pat) 3/05Das rauhe Gefühl von feinem Sandpapier
§ 8 Abs. 1 MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

Eintragungsfähigkeit einer Tastmarke für Getränke: Auf dem Sektor von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken besteht keine Gewöhnung der Verbraucher aus den haptischen Eindrücken dieser Waren oder ihrer Verpackung ohne grafische oder Wortelemente auf die Herkunft der Waren zu schließen, da jedenfalls zur Zeit nicht verifizierbar ist, dass breite Handelskreise auf dem Gebiet der hier beanspruchten Waren üblicherweise haptische Gestaltungsmittel als Mittel der betrieblichen Kennzeichnung einsetzen.

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BGH: Tastmarke

BGH, Beschluss vom 05.10.2006 – I ZB 73/05Tastmarke (Bundespatentgericht)
MarkenG § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1

1. Ein über den Tastsinn wahrnehmbares Zeichen kann eine Marke sein.

2. a) Den Anforderungen der grafischen Darstellbarkeit der Marke kann grundsätzlich dadurch genügt werden, dass der einen bestimmten Wahrnehmungsvorgang auslösende Gegenstand objektiv hinreichend genau und bestimmt bezeichnet wird.

b) Bei einem Zeichen, das über den Tastsinn vermittelt werden soll, bedarf es dazu der hinreichend bestimmten Angabe der maßgeblichen Eigenschaften des Gegenstandes, durch dessen Berühren die Sinneswahrnehmungen ausgelöst werden, die sich als Hinweis auf die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen eignen sollen. Die mit dem Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit verfolgten Zwecke gebieten es dagegen nicht, dass (auch) die Sinnesempfindungen als solche, die über den Tastsinn ausgelöst werden, bezeichnet werden.

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