BPatG, Beschluss vom 15.07.2008 – 26 W (pat) 4/05 – Ehemaliges DDR-Staatswappen
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG
Leitsatz
Das dem inländischen Durchschnittsverbraucher in rechtserheblichem Umfang bekannte ehemalige DDR-Staatswappen ist geeignet, unterschiedlichste Waren ihrer geographischen Herkunft sowie ihrer Art nach zu beschreiben. Ihm fehlt deshalb auch jegliche Unterscheidungskraft.
Tenor
Die Beschwerde sowie der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.
Gründe
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I
Die Antragstellerin hat am 27. April 2004 die Löschung der am 13. Oktober 2003 für die Waren der Klassen 6, 9 und 25
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„Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, Schilder aus Metall; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; mit Musik bespielte Tonträger; Schallplatten; Musikkassetten, Compactdiscs, Software; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Sportbekleidungsstücke, T-Shirts, Sportschuhe, Trikots, Strümpfe, Sweatshirts, Socken, Schlafanzüge, Badeanzüge, Halstücher, Schals, Schärpen, Gürtel, Krawatten, Jacken, Hosen, Hemden, Mäntel, Hosenträger, Overalls, Stirnbänder, Basecaps, Mützen, Schuhe und Stiefel, Unterwäsche; Aschenbecher, nicht aus Edelmetall, Schnupftabakdosen, nicht aus Edelmetall; Streichholzschachtel, nicht aus Edelmetall, Tabakdosen, nicht aus Edelmetall, Zigarettenetuis, Dosen, nicht aus Edelmetall, Zigarrenetuis, -kästen, -kisten, nicht aus Edelmetall, Zigarrenspitzen, nicht aus Edelmetall, soweit in Klasse 34 enthalten“
eingetragenen farbigen Bildmarke 303 34 503
des Antragsgegners nach § 50 Abs. 1 MarkenG beantragt, weil diese Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 MarkenG eingetragen worden sei und der Markeninhaber zudem bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei.
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Der Markeninhaber hat der Löschung innerhalb der durch § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG bestimmten Frist widersprochen.
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Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 21. Oktober 2004 die Löschung der angegriffenen Marke sowie die Erstattung der Löschungsantragskosten an die Antragstellerin beschlossen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der angegriffenen Marke habe es sich zum Zeitpunkt ihrer Eintragung um eine zur Beschreibung der fraglichen Waren geeignete und zudem nicht unterscheidungskräftige Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gehandelt. Die genannten Schutzhindernisse hätten auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbestanden. Die angegriffene Marke bestehe aus der Abbildung des Staatswappens der ehemaligen DDR. Dieses sei zwar seit deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland kein Hoheitszeichen mehr. Allerdings könnten auch ehemalige Hoheitszeichen der DDR noch als mittelbare geografische Herkunftsangaben und besondere Qualitätshinweise für Waren, die aus den fünf neuen Bundesländern – dem früheren Staatsgebiet der ehemaligen DDR – stammten und dort immer noch als sog. Ostprodukte hergestellt und vertrieben würden, in Betracht kommen. Viele dieser Produkte hätten Kultstatus erlangt und würden, wie eine Internetrecherche ergeben habe, in Ostprodukteshops auch unter Verwendung des ehemaligen DDR-Staatswappens vertrieben. Typische Ostprodukte und Ostsymbole hätten vor dem Hintergrund der nostalgischen Verklärung der DDR-Vergangenheit in Filmen wie „Good bye Lenin“ und Fernsehsendungen wie „Die ultimative Ostshow“ oder „Die DDR-Show“ derzeit Hochkonjunktur. Deshalb würden die beteiligten Verkehrskreise in der angegriffenen Bildmarke nur einen Hinweis auf die Art, die Herkunft und/oder die Qualität der Waren, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Der Eintragung der Marke habe wegen des dargestellten beschreibenden Inhalts auch ein berechtigtes Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer freien Verwendbarkeit entgegenge-standen. Eine Täuschungseignung der angegriffenen Marke oder eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers im Zeitpunkt der Anmeldung habe hingegen nicht festgestellt werden können.
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Gegen die Löschung der Marke wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er weist darauf hin, dass zwischen den Parteien des Löschungsverfahrens vor dem Landgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 308 O 207/04 bereits ein Löschungsverfahren anhängig gewesen sei. Mit rechtskräftigem Urteil vom 10. Dezember 2004 habe das Landgericht die Klage der Antragstellerin auf Löschung der Marke abgewiesen. Damit stehe zwischen den Parteien rechtskräftig fest, dass der Anmelder bei der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht bösgläubig gewesen sei und die angegriffene Marke auch nicht geeignet sei, dass Publikum über die Herkunft der Waren zu täuschen.
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Der Antragsgegner vertritt ferner die Ansicht, die Markenabteilung habe ihre Argumentation, dass es sich bei der angegriffenen Marke um eine freihaltungsbedürftige und nicht unterscheidungskräftige mittelbare Herkunftsangabe und einen besonderen Qualitätshinweis handele, ausschließlich auf dem angegriffenen Beschluss beigefügte Anlagen gestützt, die zuvor nicht in das Löschungsverfahren eingeführt worden seien. Dies stelle einen gravierenden Verfahrensverstoß dar, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.
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Auch in der Sache sei der angegriffene Beschluss unzutreffend. Für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft bedürfe es konkreter Tatsachenfeststellungen, die ein solches Verkehrsverständnis im Eintragungs- und Entscheidungszeitpunkt rechtfertigen könnten. Diese habe die Markenabteilung nicht getroffen, sondern sich nur in Vermutungen und Spekulationen ergangen. Bildmarken fehle in erster Linie dann die Unterscheidungskraft, wenn sie sich in der Abbildung der Ware erschöpften, was vorliegend nicht der Fall sei. Bei der Annahme einer mittelbaren geografischen Herkunftsangabe sei große Zurückhaltung angebracht und das tatsächliche Verkehrsverständnis genau zu ermitteln, was die Markenabteilung unterlassen habe. Nur wenn einer Bildmarke ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden könne, fehle ihr jegliche Unter-scheidungskraft. Mehrdeutige und unscharfe Angaben seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich unterscheidungskräftig. Hiervon ausgehend könne einer nur mittelbaren geografischen Herkunftsangabe in Form eines Bildes nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die von der Markenabteilung unterstellte beschreibende Bedeutung könne allenfalls durch gedankliche Deduktion bzw. durch eine analysierende Betrachtung aufgefunden werden. Mit dem Symbol der ehemaligen DDR könnten sich zwar alle möglichen positiven oder negativen Assoziationen verbinden. Als Hinweis auf die geografische Herkunft oder als Qualitätshinweis sei es jedoch ebenso ungeeignet wie etwa das Konterfei von Che Guevara zur Kennzeichnung der Herkunft von Waren aus Kuba. Die Beurteilung von Bezeichnungen und Symbolen der ehemaligen DDR durch das Deutsche Patent- und Markenamt sei uneinheitlich und nicht nachvollziehbar. Bei Bezeichnungen wie „DDR“, „Planet DDR“ und „FDJ“ habe es beispielsweise keinen Anlass gesehen, diese als geografische Herkunftsangaben zu bewerten und ihnen deshalb die Eintragung zu versagen bzw. ihre Löschung anzuordnen. Auch der 27. Senat des BPatG habe bei zwei Bildmarken, die die ehemalige DDR-Flagge und den Wortbestandteil „Aktivist der 1. Stunde“ bzw. die Wortbestandteile „DFV“ und „DEUTSCHER FUSSBALL VERBAND DER DDR“ enthielten, den unmittelbaren beschreibenden Charakter verneint.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
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Hilfsweise regt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
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Die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt. Gegenüber der Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat sie zur Begründung ihres Löschungsantrags geltend gemacht, der Antragsgegner habe sich einen Großteil der zum Anmeldungszeitpunkt zum Teil noch benutzten Logos, Symbole und Kürzel, die in der ehemaligen DDR vom Staat, von Parteien oder auch von Privatorganisationen, wie z. B. Sportvereinen, verwendet wurden, auf Vorrat als Marken eintragen lassen, ohne sie selbst zu benutzen oder benutzen zu wollen, um systematisch gegen Dritte, die diese Zeichen verwendeten, vorzugehen. Da dies in Kenntnis der Benutzung dieser Symbole durch Wettbewerber erfolgt sei, liege eine sittenwidrige Behinderungsabsicht vor, die wegen ihrer Sperrwirkung die Bösgläubigkeit der Anmeldung begründe. Die Eintragung der Marke sei auch entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG erfolgt. Das eingetragene DDR-Staatswappen habe für die von der Anmeldung umfassten Waren unmittelbar beschreibenden Charakter, weil es geeignet sei, die geografische Herkunft dieser Waren aus der ehemaligen DDR bzw. aus dem Gebiet der neuen Bundesländer zu bezeichnen. Es sei zudem zur Täuschung des Publikums geeignet, weil der Verkehr über die geografische Herkunft der Waren irregeführt werde. Dieser erwarte bei einer Verwendung der angegriffenen Marke eine Herkunft der damit gekennzeichneten Waren aus dem Gebiet der neuen Bundesländer. Der Antragsgegner wohne jedoch in Karlsruhe und weise keinen Bezug zum ehemaligen Staatsgebiet der DDR auf. Darüber hinaus werde dem Verkehr vorgetäuscht, es handele sich um auf der Ostalgiewelle schwimmende ehemalige Ostprodukte, die die Wende überdauert hätten. Außerdem erwarte der Verkehr, der Antragsgegner benutze das DDR-Staatswappen mit Zustimmung seines Urhebers, was nicht der Fall sei.
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In der mündlichen Verhandlung ist der Antragsgegner auf Internetbelege hingewiesen worden, die das Staatswappen der früheren DDR aufweisen.
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Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.
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II
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners erweist sich, auch unter Berücksichtigung seiner nach dem Ende der mündlichen Verhandlung gemachten ergänzenden Rechtsausführungen, als unbegründet. Die Markenabteilung hat auf den zulässigen Löschungsantrag hin zu Recht die Löschung der Eintragung der Marke 303 34 503 beschlossen, weil ihr zum Eintragungszeitpunkt die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstanden, die auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag fortbestehen (§ 50 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 MarkenG).
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Nach der mit Art. 3 Abs. 1 lit. c. der EU-Markenrechtsrichtlinie inhaltlich deckungsgleichen Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben oder Zeichen bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können, für die die Eintragung beansprucht wird. Damit wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Angaben und Zeichen, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, frei verwendet werden können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erlaubt es daher nicht, dass solche Angaben oder Zeichen auf Grund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725, Nr. 25 – Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681, Nr. 35 f. – BIOMILD).
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Die angegriffene Bildmarke stellte zum Zeitpunkt ihrer Eintragung und stellt bis heute ein Zeichen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, das im Verkehr zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit sowie der geografischen Herkunft der im Warenverzeichnis der Eintragung aufgeführten Waren dienen konnte bzw. kann. Sie besteht, wie auch der Antragsgegner nicht in Abrede stellt, aus der farbigen Abbildung des ehemaligen, bis zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten von der ehemaligen DDR verwendeten Staatswappens. Das offizielle Staatswappen eines Staates weist regelmäßig auf den einzelnen Verwenderstaat und, da jeder Staat ein räumlich begrenztes Staatsgebiet umfasst, zugleich auch immer auf dessen Staatsgebiet hin. Dies gilt gleichermaßen für alle aktuell existierenden Staaten wie auch für solche Staaten, die – aus welchen Gründen auch immer – untergegangen oder in anderen Staaten aufgegangen sind, wie dies auch bei der ehemaligen DDR der Fall ist; dass die DDR am 3. Oktober 1990 in Folge des Einigungsvertrages zu einem Teil der Bundesrepublik Deutschland geworden ist, hat – abgesehen davon, dass es das Staatswappen der DDR als offizielles Hoheitszeichen seither nicht mehr gibt – nichts an seinem Charakter als ehemaliges Staatswappen und als Hinweis auf einen bestimmten, jetzt nicht mehr existierenden Staat und sein früheres Staatsgebiet geändert.
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In jedem Staat wurden und werden in einem erheblichen Umfang Waren der verschiedensten Art hergestellt und in Verkehr gebracht. Dies galt auch für die ehemalige DDR, in der sämtliche der im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke aufgeführten Waren erzeugt und angeboten wurden. Zu deren nationaler geografischer Herkunftskennzeichnung eignete und eignet sich nicht nur die Angabe „DDR“, sondern in gleicher Weise ihr Staatswappen, das nicht nur den ehemaligen DDR-Bürgern, sondern auch den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland vor allem deshalb bekannt war und auch weiterhin ist, weil dieses Staatswappen zugleich integraler Bestandteil der Staatsflagge der ehemaligen DDR war.
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Mit dem ehemaligen DDR-Staatswappen konnte auch noch zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke, also mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende der DDR, und kann auch heutzutage noch zum einen auf den geografischen Ursprung von Waren der Art, wie sie im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthalten sind, aus der ehemaligen DDR hingewiesen werden, weil es sich insoweit nicht um verderbliche Waren handelt, sondern um solche, die – wie z. B. Schilder, Tonträger, Bekleidungsstücke oder Raucherartikel – als Sammler- und Erinnerungsstücke auch als sog. „Second-Hand“-Artikel umfangreich gehandelt werden. Die angegriffene Marke war und ist darüber hinaus auch als Hinweis auf solche Produkte geeignet, die ihrer Art und Beschaffenheit nach Waren entsprechen, wie sie in der ehemaligen DDR hergestellt wurden und seinerzeit dort beliebt waren. Dies betrifft in besonderem Maße Tonträger mit Musiktiteln von Interpreten aus der Zeit der ehemaligen DDR.
Mit den zuvor dargestellten Bedeutungen stellt die angegriffene Marke für alle im Verzeichnis der Marke aufgeführten Waren nicht nur – wie von der Markenabteilung angenommen – eine mittelbare, sondern eine unmittelbare Herkunfts- und Beschaffenheitsangabe dar, zu deren beschreibendem Verständnis es auch keiner analysierenden Betrachtungsweise bedarf. Auch dass die angegriffene Marke sowohl zur Kennzeichnung der originären Herkunft von Waren aus dem Gebiet und der Zeit der ehemaligen DDR als auch zur Kennzeichnung von Waren dienen kann, die nachträglich nach dem Vorbild von – typischen – Waren aus der früheren DDR-Zeit hergestellt worden sind, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht auszuräumen, da beide Bedeutungsmöglichkeiten sich zur Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eignen.
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Der angegriffenen Marke fehlte zum Zeitpunkt ihrer Eintragung und fehlt weiterhin auch jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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Unterscheidungskraft im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen (EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f., Rdn. 62 – Libertel; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – antiKALK; BlPMZ 2004, 30 f. – Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 – Philips; MarkenR 2003, 227, 231 – Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur dann Raum, soweit diese dazu geeignet sind, dem Verbraucher die betriebliche Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO). Diese Eignung wies die angegriffene Marke zum Eintragungszeitpunkt nicht auf. Sie fehlt ihr auch zum Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung über den Löschungsantrag noch.
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In Kenntnis der früheren Bedeutung des in der angegriffenen Bildmarke befindlichen Staatswappens wird der angesprochene Verkehr bei dessen Verwendung im Zusammenhang mit den Waren, für die die Eintragung der Marke erfolgt ist, im Eintragungszeitpunkt allenfalls einen Hinweis darauf gesehen haben, dass die damit versehenen Waren entweder noch während des Bestehens der DDR dort hergestellt worden sind, was insbesondere bei Waren wie „Schilder aus Metall; mit Musik bespielte Tonträger, Schallplatten, Musikkassetten“ nicht fernliegend ist, oder er wird die Anbringung des ehemaligen Staatswappens auf den fraglichen Waren dahingehend verstanden haben, dass es sich bei den Waren um solche handelte, wie sie bereits zu DDR-Zeiten dort erhältlich waren. Bei einer entsprechenden Anbringung, z. B. auf der Brust eines Bekleidungsstücks oder der Front einer Kopfbedeckung, ist ferner davon auszugehen, dass der Verkehr darin nur ein Dekor, jedoch kein Kennzeichen zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung gesehen hat. Dass das ehemalige DDR-Staatswappen noch geraume Zeit nach dem Ende der DDR, jedoch vor dem Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke in einem solchen, die geografische Herkunft beschreibenden Sinne eingesetzt worden ist, zeigt beispielsweise der dem Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung zugänglich gemachte und mit ihm erörterte erste Internetauftritt auf der website „www.ostprodukte.de“ aus dem Jahre 1999, in dem das ehemalige Staatswappen der DDR vor deren früherem Staatsgebiet und mit dem wörtlichen Zusatz „hier entsteht: ostprodukte“ eingesetzt worden ist. Ein weiterer, dem Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung ebenfalls zugänglich gemachter Beleg für ein Verständnis des ehemaligen Staatswappens als bloßes Symbol der nicht mehr existierenden DDR ergibt sich aus dem Angebot eines T-Shirts, das auf der Brust das ehemalige Staatswappen und den Schriftzug „DDR“ trägt, mit dem Hinweis „Motiv „DDR Symbol“ !“ auf der Internetseite „www.t-shirts.de/product_info.php/cPath/160/§§products_id/2597“, das seit dem 31. Juli 2003 dort in dieser Form angeboten worden ist.
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An diesem Verständnis der angegriffenen Marke als bloßes Symbol der ehemaligen DDR hat sich seither bis zur Entscheidung des Senats nichts zu Gunsten des Antragsgegners geändert. Vielmehr ist das Angebot sog. Ostprodukte, bei denen das ehemalige Staatswappen der früheren DDR als „DDR-Symbol“ oder „DDR-Emblem“ bezeichnet und als solches z. B. auf Aufklebern, Abzeichen, Orden und Medaillen oder auf Bekleidungsstücken als Motiv verwendet worden ist, bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde beständig angewachsen, worauf der Antragsgegner unter Hinweis auf verschiedene vom Senat ermittelte Internetseiten, die derartige Waren anbieten, in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist.
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Ob der inländische Durchschnittsverbraucher dem ehemaligen DDR-Staatswappen zugleich – wie von der Markenstelle angenommen – die Bedeutung eines besonderen Qualitätshinweises beimaß oder erwartete, dass diese Waren weiterhin auf dem Gebiet der früheren DDR, also den jetzigen „neuen“ Bundesländern erzeugt worden sind, ist bei der dargestellten Sachlage für die Beurteilung der Unterscheidungskraft letztlich ebenso ohne Belang wie die Frage, welche der oben ausgeführten Verständnismöglichkeiten für ihn mehr oder weniger deutlich im Vordergrund stand, weil der Durchschnittsverbraucher jedenfalls bei keiner der für ihn naheliegenden Verständnismöglichkeiten ernsthaft auf den Gedanken kommen konnte, dass das ehemals zur staatlichen Kennzeichnung dienende Wappen nunmehr zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft der so bezeichneten Waren dienen sollte.
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Diese rechtliche Beurteilung der angegriffenen Marke steht entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht im Widerspruch zu den sonstigen, andere ehemalige DDR-Bezeichnungen und DDR-Symbole betreffenden Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts und der Markenstellen und -abteilungen des Deutschen Patent- und Markenamts. Zum einen fehlt es bereits an einer unmittelbaren Vergleichbarkeit der angegriffenen Marke mit den vom Antragsgegner angeführten, zur Eintragung gelangten Wort- und Bildmarken. So stehen die jeweils vom 27. Senat für schutzfähig erachteten Wort-Bild-Marken mit den Wortbestandteilen „JP SEID BEREIT“ (Mitt. 2007, 78 f.) und „Aktivist der 1. Stunde“(PAVIS PROMA 27 W (pat) 146/05, Beschluss vom 17.01.2006) nicht in gleicher Weise für die ehemalige DDR und ihr Staatsgebiet und sind zudem dem Durchschnittsverbraucher weit weniger bekannt, weshalb sie als Hinweise auf die geografische Herkunft von Waren aus dem Gebiet der ehemaligen DDR oder als Hinweis auf Waren, wie sie in der ehemaligen DDR üblich waren, weit weniger geeignet erscheinen. Dasselbe gilt sinngemäß für die Bezeichnungen „FDJ“ und „PLANET DDR“, wobei letztere ohnehin keine in der ehemaligen DDR offiziell gebräuchliche Bezeichnung, sondern eine begriffliche Neuschöpfung darstellt. Soweit der Antragsgegner auf eine vermeintliche Eintragung der Bezeichnung „DDR“ verweist, handelt es sich um eine Wort-Bild-Marke mit weiteren Bestandteilen, die für die Eintragung maßgeblich gewesen sein mögen.
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Auch die Eintragung eines roten Sterns als Bildmarke durch das Deutsche Patent- und Markenamt kann für den vorliegenden Fall keine indizielle Wirkung entfalten, weil es sich insoweit nicht ausschließlich um ein auf die ehemalige Sowjetunion hinweisendes Symbol, sondern in erster Linie um ein häufig verwendetes Bildsymbol handelt, das auch in anderem Zusammenhang verwendet werden kann, ohne den Eindruck eines geografischen Herkunftshinweises oder eines Hinweises auf eine bestimmte Gattung von Waren zu vermitteln.
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Da die angegriffene Marke schon deshalb zu löschen ist, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden ist, kann die Frage, ob ihrer Eintragung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 entgegenstand, sowie die weitere Frage, ob der Antragsgegner im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bösgläubig war, dahingestellt bleiben. Bei dieser Sachlage ist auch das vom Antrags-gegner angeführte Urteil des Landgerichts Hamburg, das eine rechtskräftige Entscheidung nur bezüglich einer möglichen Irreführungsgefahr und einer – im Ergebnis verneinten – Bösgläubigkeit des Antragsgegners enthält, ohne rechtlichen Belang. Die Beschwerde des Antragsgegners musste daher erfolglos bleiben.
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Auch der Antrag des Antragsgegners auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr konnte keinen Erfolg haben.
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Zwar hat die Markenabteilung damit, dass sie das Tatsachenmaterial, das sie zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen hat, erst zusammen mit dem Be-schluss vom 21. Oktober 2004 übersandt hat, gegen das Recht des Antragsgegners auf rechtliches Gehör zu entscheidungserheblichen Tatsachen verstoßen und damit einen gravierenden Verfahrensverstoß begangen. Dieser Verfahrensverstoß ist jedoch letztlich nicht kausal für die Beschwerdeeinlegung gewesen, so dass eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht gerechtfertigt ist (vgl. z. B. BPatGE 32, 36, 38; Stöbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 71 Rdn. 32 m. w. N.). Denn auch ohne das Fehlverhalten der Markenabteilung wäre, wie sich aus den Beschlussgründen zweifelsfrei entnehmen lässt, inhaltlich dieselbe Entscheidung ergangen. Zudem ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragsgegners, dass er auch bei rechtzeitiger Gelegenheit zur Stellungnahme Beschwerde eingelegt hätte.
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Für ein Abweichen von dem in § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG auch für das markenrechtliche Löschungsverfahren vor dem Bundespatentgericht normierten Grundsatz, wonach jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat, gibt der vorliegende Fall keinen Anlass.
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Es bestand auch keine Veranlassung für die vom Antragsgegner hilfsweise angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG, da der Senat weder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden hatte noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Vielmehr handelt es sich vorliegend um die Entscheidung über einen Einzelfall auf der Grundlage und unter Anwendung der vom Europäischen Gerichtshof und dem Bundesgerichtshof zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG und den entsprechenden Bestimmungen der EU-Markenrechtsrichtlinie ergangenen Urteilen und Rechtsgrundsätzen.
(Unterschriften)
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