OLG Hamburg: Parallelimport

Hanseatisches OLG, Urteil vom 22.04.2004 – 3 U 240/01 – Parallelimport

Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht nach Markenrechtsverletzung

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 U 240/01

Entscheidung vom 22. April 2004

In dem Rechtsstreit


gegen

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter …, Dr. …, Dr. … nach der am 19. Februar 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten und auf die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 17. Mai 2001 abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung insgesamt neu gefasst:

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar dadurch, dass die Beklagte seit dem 31. Dezember 1996 bis zum 1. November 1999 die aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraumes importierten Arzneimittel F-… und O-… vertrieben hat.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit ihrer mit Schreiben vom 17. Februar, 18. Februar und 25. September 2000 erteilten Auskünfte hinsichtlich des Vertriebes der Arzneimittel O-… und F-… an Eides Statt zu versichern.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 2/5 und die Beklagte 3/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung wegen der Kosten kann jeweils vom Vollstreckungsschuldner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 63.911,48 € (= 125.000 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Klägerin – ein zum r-Konzern gehörendes deutsches Pharmaunternehmen – vertreibt u. a. die Arzneimittel F-… und O-…, für die sie jeweils Markenschutz genießt. Die Beklagte befasst sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln.

Die Klägerin beanstandet, die Beklagte habe diese Arzneimittel in der Vergangenheit, jedenfalls seit dem 1. Januar 1997 ohne Vorabinformation parallelimportiert und nur unvollständig Auskunft hierüber erteilt (Anlagen K 4-6; wegen der Abmahnung, Unterlassungserklärung und Auskunftsaufforderung: Anlagen K 1-3). Die Klägerin nimmt deswegen die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf weitere Auskunftserteilung und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Außerdem verlangt sie die eidesstattliche Versicherung zur Richtigkeit der bisher erteilten Auskunft und hilfsweise die Verurteilung zur Zahlung.

Die Klägerin hat vorgetragen:
Sie habe aus § 19 MarkenG auch Ansprüche auf Nennung der Lieferanten. Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil sie wegen der fehlenden Rest-Auskunft den Schaden noch nicht beziffern könne und die bisherige Auskunft noch nicht überprüfen könne. Die Beklagte müsse daher auch die Richtigkeit der bisherigen Auskunft an Eides Statt versichern, zumal die Auskunft schon einmal berichtigt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt (wegen des ursprünglich angekündigten Antrags Bl. 2),
1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit seit dem 31. Dezember 1996 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang des Vertriebs der aus dem Ausland importierten Arzneimittel F-… und O-… ohne Vorabinformation der Klägerin, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich aufgeschlüsselt nach den Arzneimitteln F-… und O-… die folgenden Angaben ergeben: – Namen und Anschriften der Lieferanten und der jeweiligen Liefermengen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen aus Handlungen der im Antrag zu Ziffer 1 gekennzeichneten Art entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit ihrer mit Schreiben vom 17. Februar, 18. Februar und 25. September 2000 erteilten Auskünfte hinsichtlich des Vertriebes der Arzneimittel O-… und F-… an Eides Statt zu versichern;

hilfsweise für den Fall der Abweisung der Klageanträge zu 1.) und 3.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 64.863,42 DM nebst 5 % über dem Basiszins liegender jährlicher Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise Vollstreckungsschutz (Bl. 13-14).

Die Beklagte hat vorgetragen:
Ein Anspruch auf weitergehende Auskunft sei nicht gegeben, auf die Namen der Lieferanten sei die Klägerin für eine Schadensermittlung nicht angewiesen. Ein Verstoß gegen die Vorabinformationspflicht sei keine Markenverletzung. Wegen des Arzneimittels F-… habe sie die Klägerin schon im Oktober 1997 zeitnah informiert (Bl. 15-16, Anlage B 8, vgl. auch Anlage B 9). Die behauptete Unkenntnis der Klägerin wegen O-xxxx bis zur Abmahnung (Anlage K 1) sei nicht glaubhaft (Bl. 15-16). Aus § 19 MarkenG ergebe sich vorliegend ebenfalls kein Anspruch auf Nennung der Lieferanten, denn in deren Handelsstufe sei das Arzneimittel im Originalzustand vertrieben worden. Die Schadensersatzfeststellungsklage sei unzulässig, die Klägerin könne nach den bisherigen Angaben ihren Schaden beziffern, sie sei auch unbegründet mangels Pflichtverletzung. Ein Verstoß gegen die Vorabinformationspflicht führe nicht zur Unzulässigkeit des Parallelimports. Außerdem fehle es an einem Schaden der Klägerin und an der Kausalität. Nach dem Verletzergewinn sei kein Ausgleich möglich, sie (die Beklagte) habe nur Verlust erwirtschaftet. Für parallelimportierte Arzneimittel werde auch grundsätzlich keine Lizenz gezahlt, die Berechnung nach der Lizenzanalogie scheide daher ebenfalls aus. Der Klägerin gehe es vorliegend nur darum, die Bezugsquellen zu erfahren, darauf habe sie aber keinen Anspruch.

Die bisher erteilten Auskünfte seien zutreffend, gegenteilige Anhaltspunkte gebe es nicht, daher könne keine Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangt werden. Ansprüche auf Schadensersatz seien jedenfalls verjährt. Durch Urteil vom 17. Mai 2001 hat das Landgericht der Klage im Umfang der Klageanträge zu 1.) und 2.) stattgegeben, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung (die Beklagte) bzw. mit der unselbständigen Anschlussberufung (die Klägerin), soweit sie in der ersten Instanz unterlegen sind. Beide Parteien haben ihr Rechtsmittel jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, sie verteidigt das Landgerichtliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat. Ergänzend trägt sie noch vor:
Der Feststellungsantrag sei unzulässig, der vermeintliche Schaden könne beziffert werden, zur damaligen Zeit sei nur bei echten Umpackfällen eine Vorabinformation erforderlich gewesen, wegen rechtmäßigen Alternativverhaltens sei kein Schaden entstanden. Der Auskunftsanspruch bestehe schon deswegen nicht, außerdem nicht bezüglich der Lieferanten mangels einer Markenverletzung auf dieser Handelsstufe. Die bisher erteilten Auskünfte seien zutreffend, die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung könne die Klägerin nicht verlangen (Bl. 215-218). Der Hilfsantrag sei unbegründet. Zum einen habe die Klägerin insoweit keinen Schadensersatzanspruch, zum anderen sei auch die Schadensberechnung nicht schlüssig (Bl. 188-190 mit Beweisantritt).

Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, die Klage abzuweisen,

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit es die Klage abgewiesen hat, weiter,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit ihrer mit Schreiben vom 17. Februar, 18. Februar und 25. September 2000 erteilten Auskünfte hinsichtlich des Vertriebes der Arzneimittel O-… und F-… an Eides Statt zu versichern;

hilfsweise für den Fall der Abweisung der Klageanträge zu 1.) und 3.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 91.193,23 DM (= 46.626,36 €; wegen des ursprünglich angekündigten Antrages zur Höhe: vgl. Bl. 179) nebst 5 % über dem Basiszins liegender jährlicher Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das Landgerichtliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat. Ergänzend trägt sie noch vor:
Die Beklagte müsse die Richtigkeit ihrer Auskünfte an Eides Statt versichern. Die Auskunft habe die Beklagte zu F-… Depot 3,6 mg erst auf Nachfrage korrigiert (Bl. 182, Anlage K 6) und sie weigere sich, ihre Lieferanten mitzuteilen. Ihre Angaben passten auch nicht zu den IMS-Zahlen (Anlage K 9, Bl. 207-208). Der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Zahlungsanspruch sei begründet. Er setze sich aus dem Verletzergewinn betreffend O-… und aus dem Schadensersatz berechnet nach der Lizenzanalogie betreffend F-… zusammen (Bl. 182-183, 209 mit Beweisantritt). Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg, im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen. Die Anschlussberufung der Klägerin ist begründet. Zum Zwecke der Klarstellung hat der Senat den abgeänderten Urteilsausspruch des Landgerichts insgesamt neu gefasst.
Der Klageantrag zu 2.) auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, der auf die im Klageantrag zu 1.) genannten Handlungen Bezug nimmt, ist mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats zu Ziffer I. ersichtlichen Maßgabe auch nach Auffassung des Senats begründet, insoweit ist die Berufung der Beklagten unbegründet (I.). Der Klageantrag zu 1.) auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung ist entgegen dem Landgericht unbegründet, insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg, die Klage war insoweit abzuweisen (II.). Der Klageantrag zu 3.) auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist nach Auffassung des Senats begründet, insoweit hat die Anschlussberufung der Klägerin Erfolg (III.).

I.
Der Klageantrag zu 2.) auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ist im Umfang des Ausspruchs im Senatsurteil unter Ziffer I. zulässig und begründet (§ 14 Abs. 2-4, 6 MarkenG).

1.) Zu Recht hat das Landgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Im Regelfall besteht das Rechtsschutzinteresse für die Feststellungsklage betreffend die Schadensersatzpflicht wegen einer unerlaubten Handlung im Gewerblichen Rechtsschutz, weil der Verletzte seinen Schaden noch nicht beziffern kann, insbesondere wenn noch Auskünfte des Verletzers offen stehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss die Klage nicht in zweiter Instanz auf eine Leistungsklage, auch nicht in Form einer Stufenklage umgestellt werden, wenn – wie vorliegend – in erster Instanz noch keine abschließende Bezifferung des Schadens vernünftigerweise möglich war (BGH GRUR 2001, 1177 – Feststellungsinteresse II, WRP 2003, 1238 – Feststellungsinteresse III, GRUR 1987, 524 – Chanel No. 5 II; vgl. dazu auch OLG Hamburg MagazinDienst 2003, 477). Etwas anders gilt nur dann, wenn der Schaden schon vor Klageerhebung wegen der erteilten Auskunft hätte abschließend berechnet und beziffert werden können, in so einem Falle wäre die Feststellungsklage unzulässig (BGH GRUR 2004, 70 – Preisbrecher). Im vorliegenden Fall ist noch offen, ob die Auskünfte der Beklagten zu den beanstandeten Verletzungshandlungen vollständig gewesen sind. Insoweit konnte in erster Instanz eine bereits mögliche abschließende Schadensberechnung und -bezifferung nicht angenommen werden.
Der Umstand, dass die Klägerin hilfsweise – für den Fall der Abweisung des Klageantrages zu 1.) und des Klageantrages zu 3.) – einen bezifferten Schadensersatz geltend macht, steht dem nicht dagegen. Denn die Klägerin berechnet ihre Forderung aus dem Hilfsantrag nur nach den bisherigen Auskünften der Beklagten; insoweit bleibt das Ergebnis auf Grund der abzugebenden eidesstattlichen Versicherung noch offen.

2.) Der Gegenstand des Feststellungsantrages ist die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten betreffend die im Urteilsausspruch des Senats unter Ziffer I. beschriebenen Handlungen. Soweit der Wortlaut im Urteilsausspruch des Senats von dem des Klageantrages zu 2.) abweicht, handelt es sich lediglich um eine redaktionelle Überarbeitung zum Zwecke der Klarstellung:

(a) Die Wendung „aus dem Ausland“ war durch die Bestimmung „aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraumes“ zu ersetzen. Es besteht kein vernünftiger Zweifel darüber, dass die Klägerin ihr Petitum nur in diesem Sinne verstanden wissen will. Es handelt sich um eine EU-Parallelimport-Rechtsstreitigkeit betreffend die Arzneimittel F-… und O-…; in dem vorprozessualen Abmahnschreiben der Klägerin ist die auf die EU-Staaten bezogene Bestimmung in der vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung auch enthalten (Anlage K 1). Hinzukommt, dass es um eine Markenverletzung wegen fehlender Vorabinformation des Importeurs gegenüber dem Markeninhaber geht; die Verpflichtung des Parallelimporteurs beruht auf der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes gerade in Fällen des EU-Parallelimports.

(b) Die Zeitbestimmung „bis zum 1. November 1999“ war ebenfalls zur redaktionellen Klarstellung einzufügen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 1. November 1999 die Einstellung des Vertriebs der beanstandeten Arzneimittel F-… und O-… mitgeteilt (Anlage K 2). Damit hat das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten unstreitig sein Ende gefunden. In Übereinstimmung damit hat die Beklagte – insoweit von der Klägerin unbeanstandet – ihre bisher mitgeteilten Auskünfte über diesen Zeitpunkt nicht hinausgehend erteilt, die letzten Umsätze usw. nennen jeweils als letzten Monat den Oktober 1999 (Anlagenkonvolut K 5).

3.) Der Feststellungsantrag zur Schadensersatz der Beklagten ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§ 14 Abs. 2-4, 6 MarkenG).

(a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Die Verwirklichung dieses gesetzlichen Tatbestandes ist vorliegend dadurch gegeben, dass die Beklagte die in Rede stehenden Arzneimittel F-… und O-… aus der Europäischen Union bzw. aus dem Europäischen Wirtschaftsraum importiert, für den deutschen Markt entsprechend den inländischen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen umkonfektioniert und unter der betreffenden Arzneimittelmarke so in Deutschland in den Verkehr gebracht hat. Es ist unstreitig, dass die Klägerin in Deutschland Markenrechtsschutz an den beiden Arzneimittelbezeichnungen besitzt. Das Umkonfektionieren der Arzneimittel durch die Beklagte erfolgt demgemäß unter Verwendung jeweils einer für sie fremden Marke. Das Umkonfektionieren und Vertreiben solcher Packungen stellen an sich (unbeschadet des Parallelimports) Verletzungshandlungen bezüglich der Markenrechte der Klägerin dar, weil sie unautorisiert erfolgen (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 und 4 MarkenG).

(b) Die parallelimportierten Arzneimittel F-xxxx und O-xxxx sind unstreitig ursprünglich in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum mit Zustimmung des dortigen Markeninhabers seitens einer Konzerngesellschaft der Klägerin in den Verkehr gebracht worden; demgemäß ist das Markenrecht grundsätzlich erschöpft (vgl. § 24 Abs. 1 MarkenG), wenn sich der Markenrechtsinhaber der Markenbenutzung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen nicht widersetzen kann (§ 24 Abs. 2 MarkenG).
Die gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung des Markenrechts tritt nach der EuGH-Rechtsprechung wegen des gemäß Art. 28, 30 EG (damals: Art. 30, 36 EG-Vertrag) zu gewährleistenden freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union unter fünf bestimmten, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ein; liegen diese vor, ist der Parallelimporteur auch ohne Zustimmung des Markeninhabers zum Umkonfektionieren fremder Markenware befugt (EuGH WRP 1996, 867 – Eurim Pharm, WRP 1996, 874 – MPA Pharma, WRP 1996, 880 – Bristol-Myers Squibb; vgl. auch EuGH WRP 1999, 1264 – Pharmacia & Upjohn, WRP 2002, 666 – Boehringer Ingelheim, WRP 2002, 673 – Merck, Sharp & Dohme; vgl. BGH WRP 2001, 549 – ZOCOR).
In den Fällen des Parallelimports kann der Markeninhaber Veränderungen der mit seiner Marke versehenen Packung wegen Erschöpfung der Markenrechte nicht verhindern, wenn – das ist die eine der fünf kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen – der Importeur den Markeninhaber vorab vom Feilhalten des umgepackten Arzneimittels unterrichtet und ihm auf Verlangen ein Muster liefert. Hierdurch soll der Hersteller in die Lage versetzt werden nachzuprüfen, ob die vom EuGH im Übrigen aufgestellten Voraussetzungen einer Erschöpfung vorliegen oder nicht (BGH, a. a. O. – ZOCOR). Nach diesen Grundsätzen handelt der EU-Parallelimporteur gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unbefugt, wenn er im Inland solche umgepackten Arzneimittel ohne Vorabinformation vertreibt. Insoweit ist keine gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung des Markenrechts eingetreten.

(aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt insoweit für Umpackfälle unter Verwendung überklebter Originalumverpackungen nichts anderes als bei neu hergestellten Umverpackungen. In beiden Fällen ist das Feilhalten und Vertreiben solcher Packungen ohne Vorabinformation unbefugt (BGH, a. a. O. – ZOCOR).

(bb) Das Argument der Beklagten, das Ausbleiben der Vorabinformation sei keine Markenverletzung, vielmehr käme es nur auf etwaige Beanstandungen bei den konkret verwendeten Packungen an, greift nicht durch. Die Vorabinformationspflicht dient zwar, wie ausgeführt, dazu, dass der Hersteller und Markeninhaber prüfen kann, ob die Konfektionierung ordnungsgemäß erfolgt ist oder ob er sich aus weiteren Gründen (z. B. wegen der „Unordentlichkeit“ der Verpackung) dem Parallelimport widersetzen kann. Das ändert aber nach der zutreffenden Auffassung des Europäischen Gerichtshofs nichts daran, dass der Importeur die grundsätzlich dem Markeninhaber zustehende Befugnis, in die Integrität der Ware einzugreifen, erst dann erwirbt, wenn er diesen zuvor benachrichtigt hat.
Markenverletzend ist der Vertrieb der Ware, die unautorisiert durch die Verwendung z. B. einer überklebten Originalverpackung verändert worden ist. Dieser grundsätzlich rechtswidrige Eingriff ist ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn der Markeninhaber zuvor unterrichtet wurde und der Markenbenutzung keine weiteren Gründe entgegenstehen. Das hat der Senat bereits in seiner inzwischen rechtskräftigen Entscheidung vom 17. Mai 2001 (OLG Hamburg 3 U 40/00, Parke-Davis-GmbH ./. kohlpharma GmbH pp.) so ausgeführt. Die gegen das Senatsurteil eingelegte Revision ist vom Bundesgerichtshof nicht angenommen worden (BGH – I ZR 198/01). An der Rechtsprechung des Senats ist festzuhalten (vgl. zuletzt: OLG Hamburg, Urt. v. 12. Februar 2004, 3 U 98/00 – zur Veröffentlichung bestimmt). Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 17. Mai 2001 (OLG Hamburg 3 U 40/00) bereits ausgeführt hat, entspricht die gegenteilige, auch vorliegend von der Beklagten eingenommene Sicht nicht den Regelungen der Richtlinie 89/104/EG und des deutschen Markenrechts. Es tritt nicht etwa nach § 24 Abs. 1 MarkenG zunächst eine „Erschöpfung“ ein, von der § 24 Abs. 2 MarkenG Ausnahmen zulässt. Vielmehr verliert der Markeninhaber die ihm zugeordnete Befugnis, Dritten die Benutzung der Marke zu untersagen, überhaupt nicht, wenn er sich „dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt“, denn dann ist Abs. 1 der Vorschrift gar nicht erst anwendbar. Das ist der Fall, wenn und solange der Parallelimporteur seine Vorabinformationspflicht verletzt.

(c) Es ist wahrscheinlich, dass der Klägerin als Markeninhaberin und Herstellerin ein Schaden dadurch entstanden ist, dass die Beklagte die parallelimportierten Arzneimittel F-… und O-… ohne Vorabinformation vertrieben hat.

(aa) Bei Markenrechtsverletzungen geht es regelmäßig u. a. um einen Marktverwirrungsschaden, den es auszugleichen gilt. Zudem ist allgemein anerkannt, dass der Schadensersatz bei Markenrechtsverletzungen nach der sog. Lizenzanalogie, d. h. auf Grund einer (fiktiven) Lizenz berechnet werden kann, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verletzte im Falle einer Befragung das betroffene Recht eingeräumt hätte oder selbst in der Lage gewesen wäre, die angemessene Lizenzgebühr zu erzielen (BGH GRUR 1995, 349 – Objektive Schadensberechnung).

(bb) Das Argument der Beklagten, es sei kein Schaden entstanden, jedenfalls nicht unter der Berücksichtigung „rechtmäßigen Alternativverhaltens“, greift nicht durch. Ein Schaden ist bei der Klägerin dadurch eingetreten, dass in ihre Markenrechte eingegriffen wurde, ohne dass der Beklagten ein Rechtfertigungsgrund zur Seite stand. Diese Handlung macht sie schadenersatzpflichtig, denn die Beklagte hätte sich so nur verhalten dürfen, wenn sie sich zuvor eine Lizenz der Klägerin besorgt hätte, das entsprechende Entgelt wurde der Klägerin vorenthalten. Wie der Senat in der oben genannten Entscheidung vom 17. Mai 2001 (OLG Hamburg 3 U 40/00) ausgeführt hat, besteht der Schutzzweck der Informationspflicht zwar nicht darin, Parallelimporte zu verhindern, sondern diese soll die Rechte des Markeninhabers schützen; solange dessen Belange aber nicht gewahrt sind, bleibt der Eingriff rechtswidrig. Es ist nicht darauf abzustellen, dass ein Parallelimporteur für den („sonst rechtmäßigen“) Import und Vertrieb keine Genehmigung benötigen würde und deshalb kein „vernünftiger“ Importeur dafür einen Preis bezahlen würde. Die Vorabinformation ersetzt keine Genehmigung, die die Klägerin überhaupt nicht erteilen möchte, sie lässt vielmehr die Rechtswidrigkeit der Markenverletzung entfallen.
Bis die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, bleibt das Verhalten der Beklagten rechtswidrig, und sie hätte sich deshalb in der Tat eine Genehmigung der Klägerin besorgen müssen, um die Arzneimittel so (d. h. ohne Vorabinformation) vertreiben zu dürfen. Nur ein solches Alternativverhalten wäre rechtmäßig, aber nicht ohne Zahlung einer angemessenen Lizenz möglich gewesen. Die Rechtsprechung zum rechtmäßigen Alternativverhalten des Arztes, der mit dem Einwand gehört wird, der Patient hätte auch bei ausreichender Information in den Eingriff eingewilligt, stellt keine Parallele dar, weil eine Einwilligung der Klägerin gerade nicht in Betracht kommt.

An diesen zutreffenden Grundsätzen des erkennenden Senats in dem damaligen Urteil (OLG Hamburg 3 U 40/00) hält der Senat nach erneuter Prüfung fest. Der Bundesgerichtshof hat, wie ausgeführt, die Revision gegen jene Senatsentscheidung nicht angenommen. Für den aus § 14 Abs. 6 MarkenG begründeten Schadensersatzanspruch ist maßgeblich, dass bei dem beanstandeten Verhalten der Beklagten eine Markenrechtsverletzung in Rede steht. Insoweit kann es bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten nicht um den „gleichen Schaden“ wie im Verletzungsfalle gehen.

(d) Die Markenrechtsverletzung der Beklagten war von ihr verschuldet, zumindest liegt Fahrlässigkeit vor. Der von der aufgezeigten Rechtssprechung des EuGH und BGH abweichende Rechtsstandpunkt der Beklagten kann die Schuldhaftigkeit ihres Verhaltens verständigerweise nicht in Zweifel ziehen. Anhaltspunkte von durchgreifendem Gewicht für die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung hat die Beklagte nicht aufgezeigt, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Übrigen werden im gewerblichen Rechtsschutz zu Recht strenge Anforderungen an die zu beachtende, erforderliche Sorgfalt gestellt. So handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Rechtsauffassung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH GRUR 1995, 50 – Indorektal/Indohexal, GRUR 1999, 49 – Bruce Springsteen and his Band m. w. Nw.). Jedenfalls insoweit liegt ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten vor.

(e) Der Feststellungsanspruch zur Schadensersatzpflicht der Beklagten über den in Rede stehenden Vertrieb der Arzneimittel F-… und O-… ohne Vorabinformation ist für die geltend gemachte Zeit ab dem 31. Dezember 1996 begründet. Es ist unstreitig, dass die genannten parallelimportierten Arzneimittel jedenfalls ab 31. Dezember 1996 von der Beklagten im Inland in Packungen vertrieben worden sind, über die eine Vorabinformation zunächst nicht erfolgt ist. Maßgeblich ist insoweit, dass die Beklagte die Klägerin nicht informiert hat, welche Möglichkeiten die Klägerin sonst hätte, sich über die Parallelimportaktivitäten der Beklagten nähere Kenntnis zu verschaffen, ist nicht von durchgreifender Bedeutung. Hinsichtlich des Arzneimittels O-… ist das bis zum Ende der geltend gemachten Zeit (bis zum 1. November 1999) unstreitig auch nicht nachgeholt worden. Nichts anderes gilt für das Arzneimittel F-…. Zwar hat die Beklagte in der Zwischenzeit zwei Muster übersandt (Anlagen B 8-9), es fehlen aber nähere Angaben zum Parallelimport; deswegen kann offen bleiben, ob die Klägerin das erste Schreiben (Anlage B 8) erhalten hat oder nicht. Jedenfalls ist der Vertrieb der beiden Arzneimittel dann eingestellt worden (vgl. dazu: Anlage K 2).

(f) Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht verjährt; hierauf wird Bezug genommen.

II.
Der mit dem Klageantrag zu 1.) geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung ist nach Auffassung des Senats nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Klageantrages betrifft nicht etwa die Auflistung der Lieferanten und Liefermengen betreffend den Vertrieb der parallelimportierten Arzneimittel F-… und O-… ohne Vorabinformation in der Weise, dass sowohl Lieferanten zu nennen und daneben auch die Liefermengen anzugeben wären, sondern – das wird mit der Wendung „jeweiligen Liefermengen“ ausgedrückt – dass die Lieferanten (mit Namen und Anschriften) angegeben werden und diesen Angaben zugeordnet auch die auf die einzelnen Lieferanten fallenden Liefermengen aufgeführt werden. Das hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung ausdrücklich klargestellt, und zwar unter Hinweis darauf, dass die Auskunft über die Liefermengen an sich bereits erteilt worden ist.

2.) Entsprechend der obigen Kennzeichnung des Streitgegenstandes hängt die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung maßgeblich davon ab, inwieweit die Beklagte verpflichtet ist, ihre Lieferanten zu nennen; denn auf eine fehlende Auskunft betreffend die Liefermengen als solche lässt sich der Anspruch, wie ausgeführt, nicht stützen. Einen solchen Anspruch betreffend die Lieferantennennung hat die Klägerin gemäß § 14 Abs. 2-4, 6, § 19 MarkenG vorliegend nicht.
In § 19 Abs. 2 MarkenG sind zwar u. a. die Lieferanten aufgeführt, über die Auskunft zu erteilen ist. Soweit eine Markenverletzung – wie vorliegend – allein im Hinblick auf die fehlende Vorabinformation des Parallelimporteurs gegeben ist, aber beim Lieferanten selbst insoweit keine Markenverletzung in Betracht kommt, besteht insoweit auch keine Auskunftserteilungspflicht. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift und aus dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit (§ 19 Abs. 1 MarkenG) im Wege der Auslegung.

(a) Der Zweck der Vorschrift des § 19 MarkenG besteht darin, dem Verletzten die Rechtsverfolgung gegenüber Lieferanten und Abnehmern des aufgedeckten Verletzers zu ermöglichen, um so Quellen und Vertriebswege der schutzrechtsverletzenden Gegenstände möglichst schnell vollständig zu verschließen (BGH GRUR 2002, 709 – Entfernung der Herstellungsnummer III; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 19 MarkenG, Rz. 6). Die Auskunft soll dem Verletzten nicht nur die Durchsetzung tatsächlich bestehender Ansprüche erleichtern, sondern ihm überhaupt erst die eigenverantwortliche Prüfung ermöglichen, ob auch Lieferanten oder Abnehmer Verletzungshandlungen begangen haben (vgl. zum Patentrecht: BGH GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel).

(b) Der Gesetzgeber hat sich bei § 19 MarkenG wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bewusst gegen Sondertatbestände für Pirateriefälle und für eine alle Kennzeichenverletzungen erfassende Auskunftspflicht entschieden. Dementsprechend gilt § 19 MarkenG auch für Kennzeichenverletzungen durch den Vertrieb von nicht der Erschöpfung unterliegender Originalware (Ingerl/Rohnke, a. a. O. m. w. Nw.) und damit auch beim Parallelimport umgepackter Arzneimittel. Deswegen wäre es allerdings verfehlt, die Anwendung von § 19 MarkenG allein wegen des Umstandes auszuschließen, dass es – insoweit wie vorliegend – um den Parallelimport von Originalware geht. Denn auch in solchen Fällen kann bereits bei dem Lieferanten eine Markenverletzung vorliegen, etwa z. B. dann, wenn bereits der Lieferant die Umkonfektionierung der Originalware vorgenommen hat und der Parallelimporteur im Inland diese Ware nur vertreibt.

(c) Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit aber darin, dass nach dem Vorbringen der Klägerin eine Markenrechtsverletzung erst bei der Beklagten, nicht aber auf der Vorstufe ihrer Lieferanten in Betracht kommt. Wenn kein Anhaltspunkt dafür vorgetragen oder sonst nach den Umständen ersichtlich ist, dass beim Parallelimport von Arzneimitteln schon auf der Stufe der Lieferanten eine Markenverletzung vorlag, sondern unstreitig erst der auf Auskunft in Anspruch genommene Verletzer diese begangen hat, besteht kein durchgreifender Grund, die Preisgabe dieses Lieferanten in die Auskunft mit einzubeziehen (vgl. Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 19 MarkenG, Rz. 14, 33; anders dort noch in der Vorauflage: § 19 MarkenG, Rz. 24-25). Dies ergibt sich neben dem Normzweck des § 19 MarkenG insgesamt auch aus § 19 Abs. 1 MarkenG, wonach es um die Auskunft „widerrechtlich gekennzeichneter Gegenstände“ geht, nicht aber um zweifelsfrei „neutrale“. Mangels gegenteiligen Vorbringens der Klägerin hat die Beklagte die in Rede stehenden Arzneimittel regulär und in den Originalpackungen importiert. Damit kommt bis zum Umpacken der Arzneimittel durch die Beklagte noch keine Markenverletzung in Betracht. Demgemäß ist mangels Vortrags der Klägerin auch ausgeschlossen, dass die Lieferanten an der vorliegend vorgetragenen Markenverletzung beteiligt sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Auskunftsanspruch eine behauptete Verletzungshandlung voraussetzt und keine Ausforschung anderer Verstöße beinhalten darf. Darum ginge es aber, wenn es genügen würde, aus der allein von der Beklagten missachteten Vorabinformationspflicht im Zusammenhang mit deren durch den Parallelimport bedingten Umpacken der Arzneimittel auf andere Tatbestände einer Markenverletzung in der Vorstufe zu schließen und diese im Wege der Auskunftsklage auszuforschen.
Um andere Fallgestaltungen, etwa um einen Parallelimport aus dem Ausland außerhalb der Europäischen Union, geht es ohnehin nicht. Zum einen ist ein solcher Fall nicht vorgetragen, zum anderen ließe sich ein solcher Vorfall nicht auf die fehlende Vorabinformation als Markenverletzung stützen.

(d) Darüber hinaus wäre das Verlangen einer solchen Auskunft unverhältnismäßig, und zwar insbesondere im Hinblick auf die zu beachtenden Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum freien Warenverkehr (Art. 28, 30 EG):
Gemäß Art. 28 EGV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Art zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Art. 30 EGV lässt hiervon Ausnahmen u. a. zum Schutz des gewerblichen Eigentums zu, sofern deren Geltendmachung nicht eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten darstellt. Die innerhalb der Europäischen Union garantierte Warenverkehrsfreiheit darf demgemäß nicht durch nationale Vorschriften ausgehöhlt werden, indem das nationale Markenrecht z. B. es einem Markeninhaber ermöglichte, durch sein Markenrecht einzelne Märkte von einander abzuschotten.

Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass Art. 7 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, in der Bundesrepublik Deutschland mit § 24 MarkenG umgesetzt, ebenso wie Art. 30 EGV den Zweck verfolge, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen (EuGH, a. a. O. – Bristol-Myers Squibb, – Pharmacia & Upjohn). Nach dieser Rechtsprechung sind Ansprüche des Markeninhabers – und damit auch gegen Parallelimporteure – nur gerechtfertigt, wenn nicht erwiesen ist, dass ein derartiges Vorgehen aus Markenrecht zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten führen würde. Es ist nicht Zweck der markenrechtlichen Schutzbestimmungen, den Markeninhabern die Abschottung nationaler Märkte zu ermöglichen und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (EuGH GRUR Int. 1998, 145 – Loendersloot/Ballantine). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH zur Beweislastregel des § 24 Abs. 1 MarkenG, nach der dem Markenverletzer die Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts obliegt. Diese Regel ist demgemäß nur dann mit Art. 28, 30 EG vereinbar, wenn sie nicht dazu führt, die nationalen Märkte abzuschotten (EuGH GRUR 2003, 512 – Stüssy). Diese Gefahr sei – so der EuGH – aber dann gegeben, wenn der Dritte seine Bezugsquellen offen legen müsse, da der Markeninhaber ihm dann für die Zukunft jede weitere Bezugsmöglichkeit bei diesen abschneiden könnte (EuGH a. a. o., S. 514 Ziff. 40).
In eben diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des BGH. Danach ist die Verhältnismäßigkeit des Auskunftsanspruchs jedenfalls dann gewahrt, wenn der Verletzer hinsichtlich seiner Lieferanten nur angeben muss, von wem er Arzneimittel in den beanstandeten Verpackungsgestaltungen bezogen hat, während er – im dortigen Fall ging der Auskunftsantrag nicht weiter – nicht angeben muss, woher er die original verpackten ausländischen Arzneimittel bezogen hat, die er – so im dortigen Sachverhalt – in von ihm selbst hergestellte Faltschachteln umgepackt hat (BGH GRUR 2002, 1063 – Aspirin).

(e) Der Senat hat allerdings in früheren Entscheidungen hinsichtlich der Auskunft auf der Lieferantenebene einen anderen Standpunkt eingenommen (vgl. die Urteile vom 13. März und 31. Juli 2003, 3 U 228/00 und 3 U 117/00). Diese Rechtsprechung hat der Senat aber bereits bezüglich der hier in Rede stehenden besonderen Sachverhaltskonstellation, bei der eine Markenverletzung auf der Lieferantenebene nicht gegeben ist, mit seiner Entscheidung vom 12. Februar 2004 (OLG Hamburg 3 U 98/00) ausdrücklich aufgegeben. Hieran ist festzuhalten.

III.
Der mit dem Klageantrag zu 3.) geltend gemachte Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit ihrer Auskünfte ist nach Auffassung des Senats begründet (§§ 259, 260 BGB).

1.) Der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung setzt voraus, dass Grund zu der Annahme besteht, dass die erteilte Auskunft bzw. Rechnungslegung unvollständig ist und dass dies auf der mangelnden Sorgfalt des Verpflichteten beruht. Maßgeblich ist das Gesamtverhalten des Schuldners. Ein Grund für die Annahme einer Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auskunftserteilung kann gegeben sein, wenn die Angaben mehrfach berichtigt bzw. ergänzt worden sind (BGHZ 89, 139; OLG Köln NJW-RR 1998, 126).

2.) Unter Abwägung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles ist der Senat der Auffassung, dass ein Grund für Annahme der in Rede stehenden Sorgfaltspflichtverletzung besteht.
Die Beklagte hat ihre erteilten Auskünfte kurzfristig ganz erheblich nachgebessert bzw. berichtigt, so mit Schreiben vom 18. Februar 2000 (vgl. Bl. 40, Anlage K 40). Hinzukommt, dass nach den Angaben hinsichtlich F-… über drei Jahre nur Verluste in Höhe von 15 % des Umsatzes (Bl. 208) erzielt worden sein sollen, und dass die Angaben im Widerspruch zu den Zahlen des IMS-Statistik stehen (Bl. 208, Anlage K 9).
Beide Umstände hat die Beklagte nicht ausreichend entkräftet. Es geht bei den Verlusten nicht um eine nur kurze Zeit, so dass diese etwa mit einer Mischkalkulation plausibel zu erklären wären, auch die Argumente zu gewissen Sortimentszwängen sind nicht durchgreifend. Zudem hat die Beklagte bei den IMS-Zahlen lediglich darauf verwiesen, dass der Abweichungsgrad „statistisch ohne weiteres erklärbar“ sei. Das ist nicht ausreichend, um in der Gesamtwürdigung den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung als unbegründet anzusehen. Denn die Abweichung der Auskünfte der Beklagten von den IMS-Zahlen beträgt bei O-… 4 % und bei F-… sogar 7,9 %.

IV.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten nur teilweise begründet und im Übrigen zurückzuweisen. Die Anschlussberufung der Klägerin war begründet.
Über den Hilfsantrag hatte der Senat nicht zu entscheiden. Denn dieser Antrag ist nur gestellt worden, wenn sowohl der Klageantrag zu 1.) als auch der Klageantrag zu 3.) abgewiesen worden wären. Das hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung ausdrücklich klargestellt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Eine Vorlage an den EuGH (Art. 234 EG) kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Wie die obigen Ausführungen zeigen, steht die Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und Entscheidungen im Einklang.

Die Anregung der Beklagten, den Rechtsstreit wegen eines Revisionsverfahrens auszusetzen, geht ins Leere. Es ging um die Revision gegen das bereits erwähnte Senatsurteil vom 17. Mai 2001 (OLG Hamburg 3 U 40/00), die der Bundesgerichtshof, wie ausgeführt, aber nicht angenommen hat.

(Unterschriften)

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