BPatG: Farbmarke Gelb – Yello

BPatG, Beschluss vom 13.08.2008 – 29 W (pat) 168/04 – Farbmarke Gelb – Yello
§ 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 MarkenG

Leitsatz:

1. Im Markt der Telefonie- und Internetdienstleistungen nimmt das Publikum Einzeldienstleistungen regelmäßig nicht als spezifische Branche, sondern als Bestandteil eines umfassenden Leistungsspektrums der Telefon- und Internetanbieter wahr.

2. Die betriebliche Herkunftsfunktion eines Farbzeichens für derartige Einzeldienstleistungen lässt sich daher nicht in Bezug auf die konkrete Dienstleistung überprüfen. Die isolierte Anmeldung entsprechender Dienstleistungen erfüllt aus diesem Grund nicht die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften geforderte Voraussetzungen einer sehr beschränkten Zahl von Waren oder Dienstleistungen und eines sehr spezifischen Marktes.

3. Fehlt es bereits an diesem Kriterium, so ist es nicht möglich, eine Gewöhnung des Verkehrs an abstrakte Farben als betrieblichem Herkunftshinweis festzustellen. Die Eintragung kommt daher nur im Wege der Verkehrsdurchsetzung in Frage.

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 300 89 714.6

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 13. August 2008 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker sowie die Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber
beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Angemeldet als sonstige Markenform ist die Farbe Gelb für verschiedene Waren und Dienstleistungen mit der Farbklassifikationsnummer „HKS 3 oder RAL 0908090 (im RAL Design System)“.

Die Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 3. September 2001 und 24. Juni 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass einer abstrakten Farbmarke nur unter engen Voraussetzungen Schutz gewährt werden könne, nämlich wenn die Waren und Dienstleistungen sehr beschränkt und der betreffende Markt sehr spezifisch sei. Angesichts der Vielzahl der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erfülle die Anmeldung diese Anforderungen nicht. Die Markenstelle habe im Übrigen nicht feststellen können, dass der Verkehr im Bereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen an die kennzeichnende Verwendung von Farben gewöhnt sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidung des Gerichts Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften zu „Orangeton“, wonach abstrakte Farben für Dienstleistungen grundsätzlich unterscheidungskräftig seien. Sie zitiert außerdem die Entscheidung des 29. Senats des Bundespatentgerichts zu Magenta, in der ausgeführt sei, dass der Verkehr im Bereich der Telekommunikation an die herkunftshinweisende Funktion abstrakter Farben gewöhnt sei. Hinsichtlich der beanspruchten Waren weist sie darauf hin, dass in diesem Warensegment farbige Gestaltungen nicht üblich seien.

Sie hat das Verzeichnis beschränkt auf die Waren und Dienstleistungen

Klasse 9:
Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation, insbesondere Modems (einschließlich DSL-Modems), Splitter, Router;

Klasse 35:
Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich;

Klasse 36:
Finanzielle Beratungsdienstleistungen im Energiebereich;

Klasse 37:
Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation;

Klasse 38:
Telekommunikation; Bereitstellung von Telefon-Festnetzanschlüssen; Pre-Selection-Telefonie; Internet-Telefonie; Dienstleistungen eines Providers, nämlich Bereitstellung von Internetzugängen (Software) auch mittels Internet-by-Call; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Vermietung von Apparaten zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation, insbesondere Modems (einschließlich DSL-Modems), Splitter, Router;

Klasse 42:
Technische und ökologische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich.

Zur Frage der Benutzung der angemeldeten Farbe für die beanspruchten Dienstleistungen hat sie Ausdrucke von Internetseiten zum Farbauftritt der Anmelderin vorgelegt. Hilfsweise hat sie die Durchführung einer demoskopischen Befragung zur Gewöhnung des Verkehrs an die herkunftshinweisende Wirkung von Farben im beanspruchten Marktsegment angeboten.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Sie regt außerdem die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zur Frage der Voraussetzungen einer Gewöhnung des Verkehrs an die herkunftshinweisende Wirkung von Farben im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften.

II.
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. – BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 – POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer abstrakten Farbmarke ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass das angesprochene Publikum nicht daran gewöhnt ist, allein aus der Farbe von Waren oder ihrer Verpackung auf die Herkunft der Waren zu schließen, da eine abstrakte Farbe im Handel grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet wird. Nur unter außergewöhnlichen Umständen kann ihr daher Unterscheidungskraft zukommen, etwa wenn die Zahl der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sehr beschränkt und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 65 f. – Libertel).

2. Das eingereichte Farbmuster, die wörtliche Benennung der Farbe und die Angabe zweier Farbklassifikationsnummern erfüllen die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aufgestellten Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit abstrakter Farbmarken (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 29 ff. – Libertel). Insbesondere zeigen die beiden angegebenen Farbklassifikationsnummern einen identischen Farbton, so dass die beanspruchte Farbe klar und eindeutig bestimmt ist.

3. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation und Energieversorgung erfüllen weder das Kriterium einer sehr beschränkten Zahl von Waren oder Dienstleistungen noch das eines sehr spezifischen Marktes (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 66 – Libertel).

3.1. Eine sehr beschränkte Zahl der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und ein sehr spezifisches Marktsegment sind nach der Rechtsprechung des Gerichthofs der Europäischen Gemeinschaften Beispiele außergewöhnlicher Umstände, die dazu führen können, dass der Verkehr einer Farbe abweichend von seiner gewöhnlichen Wahrnehmung als Warenfarbe oder dekoratives Element einen betrieblichen Herkunftshinweis beimisst (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 66 – Libertel).
Dabei geht der Gerichtshof nach Auffassung des Senats davon aus, dass eine Veränderung in der Wahrnehmung abstrakter Farben über deren rein dekorativen Charakter hinaus als betrieblicher Herkunftshinweis im Sinne einer Marke in aller Regel eine überschaubare Zahl von Waren und Dienstleistungen voraussetzt, die hinsichtlich ihrer Präsentation am Markt vom üblichen Werbeauftritt und damit von den üblichen Farbverwendungen abweichen. Denn nur unter diesen Voraussetzungen sind aussagekräftige Rückschlüsse aus dem Marktauftritt auf die Wahrnehmung des Verkehrs möglich.
Dies entspricht dem vom Gerichtshof für die Beurteilung der Unterscheidungskraft aufgestellten Prüfungsstandard, wonach die Beurteilung bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist (vgl. EuGH a. a. O. – Libertel; a. a. O. – BioID). Außergewöhnliche Umstände im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung sind daher regelmäßig nur anzunehmen, wenn die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen Teil eines in sich abgeschlossenen, von den Kennzeichnungsgewohnheiten anderer Branchen unabhängigen und somit spezifischen Marktsegments im wirtschaftlichen Sinne sind und aufgrund dessen in der Präsentation am Markt Besonderheiten aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 538 – grün eingefärbte Prozessorengehäuse; BPatG GRUR 2005, 1056, 1058 – Dunkel-blau/Hellblau; 33 W (pat) 143/02 – Zitzengummis für Melkanlagen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

3.2. Die Waren „Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation“ umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte. Unter den weiten Oberbegriff der Telekommunikation im Sinne der Internationalen Klassifikation von Waren und Dienstleistungen fällt nämlich nicht nur die Dienstleistung der Telefonie, sondern jede elektronische, akustische und visuelle Nachrichtenübermittlung, also auch das Bereitstellen von Internetzugängen und die Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen (vgl. Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, 9. Ausgabe, Erläuternde Anmerkungen zu Klasse 38). Damit beansprucht die Anmelderin Schutz für so unterschiedliche Waren wie Telefone, Mobiltelefone, Personalcomputer, Laptops, Radio- und Fernsehgeräte, die alle für die Telekommunikation im oben genannten Sinne bestimmt sein können. Trotz teilweiser Überschneidungen im Vertrieb und in der Nutzung dieser Waren werden sie aber regelmäßig von unterschiedlichen Herstellern am Markt angeboten und dementsprechend verschiedenen Branchen zugeordnet, so dass nicht von einheitlichen Kennzeichnungsgewohnheiten ausgegangen werden kann. Allein die beispielhafte Aufzählung der Waren „Modems, Splitter, Router“ führt zu keiner Einschränkung des Verzeichnisses, so dass es bei dem beanspruchten Oberbegriff bleibt (vgl. Fezer/Fink, Handbuch der Markenpraxis, Band 1, Rn. 249).

3.3. Auch die Dienstleistungen „Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich; finanzielle Beratungsdienstleistungen im Energiebereich; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Vermietung von Apparaten zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation, insbesondere Modems (einschließlich DSL-Modems), Splitter, Router; technische und ökologische Beratungs-dienstleistungen im Energiebereich“ erfüllen nicht die Voraussetzungen einer sehr beschränkten Anzahl von Dienstleistungen und eines sehr spezifischen Marktes.

Bei den beanspruchten Beratungsdienstleistungen im Energiebereich kann es sich um eine Vielzahl unterschiedlichster Dienstleistungen handeln. So umfasst der Begriff der finanziellen Beratungsdienstleistungen die Beratung durch Verbraucherzentralen zur Stromersparnis ebenso wie die Beratung durch einen Fachbetrieb zu den Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten für eine private Solaranlage oder den Finanzierungsaufwand für eine kommunale Windkraftanlage. Aufgrund dieser Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung des Leistungsangebots und der Zusammensetzung der beteiligten Verkehrkreise kann für diese Dienstleistungen nicht von einem einheitlichen Marktsegment ausgegangen werden.

Für den weiten Oberbegriff der Telekommunikation und die darauf bezogenen Dienstleistungen wird auf die Ausführungen zu 3.2. verwiesen.

3.4. Für die Dienstleistungen „Bereitstellung von Telefon-Festnetzanschlüssen; Pre-Selection-Telefonie; Internet-Telefonie; Dienstleistungen eines Providers, nämlich Bereitstellung von Internetzugängen (Software) auch mittels Internet-by-Call“ gilt nichts anderes. Obwohl von geringer Anzahl und nicht als Oberbegriff, sondern als Einzeldienstleistungen formuliert, lassen sich auch diese Dienstleistungen keinem spezifischen Marktsegment im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zuordnen.

Aufgrund der tatsächlichen Präsentation am Markt nimmt das angesprochene Publikum diese Dienstleistungen nämlich nicht als eine spezifische Branche, sondern als Teil des Leistungsspektrum der Telefonanbieter und Internetprovider wahr. Die Privatisierung des Marktes für Telefondienstleis-tungen und die etwa zeitgleiche Entstehung des Marktes für Providerdienstleistungen hat zum einen dazu geführt, dass Telefonie- und Internetdienstleistungen in der Regel gemeinsam angeboten werden. Sie hat außerdem zur Folge, dass diese Dienstleistungen typischerweise nicht isoliert angeboten werden, sondern in Verbindung mit ergänzenden Dienstleistungen, wie E-Mail-Dienste und Domainregistrierung, sowie verschiedensten Content- und Unterhaltungsangeboten, wie etwa Nachrichten, Spiele, Videoclips, Chatrooms usw.. In der Wahrnehmung des Verkehrs lässt sich daher die Dienstleistung der Bereitstellung eines Internetzugangs durch einen Provider nicht abgrenzen von anderen Providerdienstleistungen, wie z. B. der Bereitstellung eines Zugangs zur Datenbank, etwa in Form einer vom Provider zur Verfügung gestellten Suchmaschine, oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme von E-Mail-Diensten, weil sämtliche Dienstleistungen über das gleiche Online-Portal des jeweiligen Providers angeboten werden. Der angesprochene Abnehmer kann zwar eine seinen individuellen Bedürfnissen entsprechende Auswahl aus den angebotenen Dienstleistungen treffen. Er ist aber stets mit dem vollständigen Leistungsangebot konfrontiert und daher nicht in der Lage, den jeweiligen Internetauftritt hinsichtlich der einzelnen Dienstleistungen differenziert wahrzunehmen (vgl. BPatG 29 W (pat) 58/06, Beschluss vom 7. Mai 2008 – Signalgelb). Es mag zwar Anbieter geben, die – wie die Anmelderin – innerhalb des Marktes der Telefon- und Internetanbieter nur ein eingeschränktes Dienstleistungsangebot erbringen. Auf die Wahrnehmung des Verkehrs hat dies nach den Feststellungen des Senats aber keinen Einfluss, weil sich eine Kategorisierung in Anbieter von Festnetztelefonie, Internettelefonie und Bereitstellung von Internetzugängen einerseits und Anbietern mit einem erweiterten Leistungsspektrum jeweils als eigene Branche nicht feststellen lässt, sondern Überschneidungen zwischen reinen Telefonie- und Internetangeboten und den entsprechenden Zusatzdienstleistungen üblich sind. Die Anerkennung der beanspruchten Dienstleistungen als ein sehr spezifisches Marktsegment widerspräche daher den tatsächlichen Gegebenheiten am Markt. Für den Senat folgt daraus, dass für das hier maßgebliche Marktsegment der Telefonie- und Internetdienstleistungen das vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aufgestellte abstrakte Kriterium eines sehr spezifischen Marktes mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Einklang gebracht werden kann. Das Marketing hat bisher jedenfalls noch keinen Marktauftritt entwickelt, der die Wahrnehmung eines spezifischen Marktsegments ermöglicht.

4. Da es bereits an einem sehr spezifischen Marktsegment und damit an den außergewöhnlichen Umständen für eine Gewöhnung des Verkehrs an abstrakte Farben als betrieblichem Herkunftshinweis fehlt, erübrigen sich auch weitere Feststellungen, zu der Frage, ob eine solche Gewöhnung dennoch eingetreten sein könnte.

4.1. Auf die Frage, inwieweit Mitbewerber der Anmelderin abstrakte Farben als Herkunftshinweis verwenden oder sie selbst durch ihren Marktauftritt die Wahrnehmung des Verkehrs beeinflusst hat, kommt es daher nicht an. Der ursprüngliche Hinweis des Senats war insoweit unbehelflich. Die frühere Rechtsprechung des Senats zur Schutzfähigkeit abstrakter Farbmarken für Waren und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation (vgl. BPatG, Beschlüsse vom 24. Juli 2002, Mitt. 2003, 77 – abstrakte Farbmarke agenta (2); GRUR 2003, 149 – abstrakte Farbmarke magenta/grau II) berücksichtigt noch nicht das Problem, das durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Mai 2003 zur Unterscheidungskraft abstrakter Farbmarken entschieden wurde.
Erst mit diesem Urteil hat der Gerichtshof die Gewöhnung des Verkehrs an die herkunftshinweisende Verwendung von Farben unter den Vorbehalt außergewöhnlicher Umstände gestellt, die – wie oben ausgeführt – eine sehr beschränkte Zahl von Waren oder Dienstleistungen und einen sehr spezifischen Markt voraussetzen (EuGH a. a. O., Rn. 66 – Libertel). Diese Kriterien konnten vom Senat in den genannten Entscheidungen daher noch nicht herangezogen werden.

4.2. Mangels eines spezifischen Marktsegments ist das von der Anmelderin angebotene Gutachten zu der Frage, ob sich im Bereich der Telekommunikation und der Energieversorgung unabhängig von der Verkehrdurchsetzung der beanspruchten Farbe eine Gewöhnung des Verkehrs an die herkunftshinweisende Funktion abstrakter Farben feststellen lässt, unbehelflich. Ebenso erübrigt sich die Prüfung der konkreten Unterscheidungskraft des ange-meldeten Zeichens, die eine solche Gewöhnung voraussetzt (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 76 – Libertel). Auf die Frage einer möglichen beschreibenden Bedeutung der Farbe Gelb für die beanspruchten Dienstleistungen kommt es daher nicht an, so dass die Eintragung der angemeldeten Farbe nur im Wege der Verkehrsdurchsetzung möglich ist (st. Rspr. des Bundespatentgerichts, vgl. Grabrucker/Fink, GRUR 2008, 371 – BPatG Jahresbericht 2007).

5. Die beanspruchte Farbe hat das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht infolge ihrer Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen im Verkehr überwunden (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

5.1. Die Eintragung einer Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung setzt voraus, dass das Zeichen infolge seiner kennzeichenmäßigen Verwendung für die fraglichen Waren und Dienstleistungen von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt wird. Maßgebliche Kriterien sind dabei nach der Recht-sprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand für die Marke, der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden (vgl. EuGH GRUR 2006, 1022, Rn. 75 – Wicklerform; GRUR 2002, 804 , Rn. 60 – Philips; GRUR 1999, 723, Rn. 51 – Windsurfing Chiemsee). Die Benutzung der Marke im Verkehr muss sich dabei auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen beziehen. Wird ein Oberbegriff beansprucht, so ist die Verkehrsdurchsetzung für alle darunter fallenden Waren und Dienstleistungen nachzuweisen (vgl. Fezer/Fink, Handbuch der Markenpraxis, Bd. I, Rn. 324). Diesen Anforderungen genügen die von der Anmelderin eingereichten Unterlagen nicht.

5.2. Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen „Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation, insbesondere Modems (einschließlich DSL-Modems), Splitter, Router; Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratungsdienstleistungen im Energiebereich; Finanzielle Beratungsdienstleistungen im Energiebereich; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Vermietung von Apparaten zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation, insbesondere Modems (einschließlich DSL-Modems), Splitter, Router“ fehlt es bereits am Nachweis der markenmäßigen Benutzung der beanspruchten Farbe.

5.3. Die zu den Dienstleistungen „Bereitstellung von Telefon-Festnetzanschlüssen; Pre-Selection-Telefonie; Dienstleistungen eines Providers, nämlich Bereitstellung von Internetzugängen (Software) auch mittels Internet-by-Call; technische und ökologische Beratungsdienstleistungen im Bereich der Stromversorgung“ eingereichten Unterlagen zeigen zwar eine Verwendung der beanspruchten Farbe. Dies allein reicht jedoch für den Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG nicht. Es fehlt an ergänzenden Angaben zu den weiteren maßgeblichen Kriterien, wie Dauer und Intensität der Benutzung, Werbeaufwand und Marktanteil (vgl. EuGH a. a. O. – Wicklerform; a. a. O. – Philips; a. a. O. – Windsurfing Chiemsee). Mangels solcher Unterlagen konnte der Senat eine Verkehrsdurchsetzung des beanspruchten Zeichens von sich aus nicht feststellen. Da die Anmelderin die Durchführung einer demoskopischen Befragung zur Verkehrsdurchsetzung der Farbe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausdrücklich abgelehnt hat, konnte der Nachweis, dass die Marke das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft infolge ihrer Benutzung im Verkehr überwunden hat, auch nicht auf diese Weise erbracht werden.

6. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil die Kriterien für die Beurteilung eines sehr spezifischen Marktsegmens im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG).

(Unterschriften)

BPatG Volltext

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