Zwischen den Marken Citiboerse und CITIBOND besteht eine assoziative Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie, da über 100 Marken mit dem Stammbestandteil „CITI“ für die Widersprechende in Deutschland geschützt sind und aufgrund allgemeiner Bekanntheit ein Hinweischarakter auf die Widersprechende gegeben ist. Die angegriffene Marke passt von der Wortbildung her in die Zeichenserie der Widersprechenden, da „CITI“ am Anfang steht. Auch wenn den Marken aus der Zeichenserie der Widersprechenden häufig ein englischer Begriff folgt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung, zumal englische und deutsche Begriffe häufig gleichgewichtig wahrgenommen werden bzw. keine Unterschiede mehr gemacht werden und vorliegend zudem bei einigen der Marken aus der Zeichenserie der entsprechende zweite Wortbestandteil auch als deutsches Wort verstanden werden kann (z. B. „CITICARD“, „CITIGOLD“, „CITIFONDS“, „CITIPARTNER“ und „CITIFAX“).
BPatG, Beschluss vom 07.04.2009 – 33 W (pat) 67/07 – Citiboerse ./. CITIBOND und CITIBANK
§ 9 Abs 1 Nr. 2 MarkenG
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 304 17 175
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender und der Richter Kätker und Knoll
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 1 wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. März 2007 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 343 367 in Bezug auf die Dienstleistungen „Werbung im Internet und anderen Medien, insbesondere Vermietung von Werbeflächen im Internet und zu Präsentationszwecken; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien“ der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist. Wegen dieses Widerspruchs wird insoweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
2. Die Entscheidung über die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 bleibt dahingestellt.
G r ü n d e
I .
Die am 24. März 2004 angemeldete Wort-/Bildmarke
ist am 8. Juli 2004 unter der Nummer 304 17 175 für folgende Waren und Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen worden:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse;
Klasse 28: Spiele;
Klasse 35: Werbung im Internet und anderen Medien, insbesondere Vermietung von Werbeflächen im Internet und zu Präsentationszwecken; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Zusammenstellen von Waren für Dritte zu Präsentationszwecken.
Nach Veröffentlichung der Eintragung am 13. August 2004 haben hiergegen die beiden Widersprechenden mit den am 9. November 2004 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Schriftsätzen Widerspruch eingelegt aus den prioritätsälteren, im Jahr 2001 bzw. 1999 eingetragenen Gemeinschaftsmarken, nämlich der unter der Nummer CTM 1 343 367 registrierten Gemeinschaftsmarke
CITIBOND,
mit dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in Klasse 16 enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier-und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); insbesondere Druckereierzeugnisse und Veröffentlichungen über Wertpapiergeschäfte und die Vermittlung von offenen Investmentfonds, Investitionen und Management;
Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Maklerdienstleistungen in Bezug auf Wertpapiere und offene Investmentfonds, Investmentdienstleistungen, Anlageinformations- und –verwaltungsdienstleistungen;
Klasse 38: Bereitstellung des Zugangs zu einem globalen Computernetz, insbesondere in den Bereichen Wertpapiergeschäfte, Vermittlung von offenen Investmentfonds, Investmentdienstleistungen, Investmentinformationen und Management
und der für Waren und Dienstleistungen der Klasse 9, 16 und 36 unter der Nummer CTM 179 531 registrierten Gemeinschaftsmarke
CITIBANK.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Widersprüche zurückgewiesen. Die Vergleichsmarken könnten sich zwar jeweils auf identischen Waren, nämlich Druckereierzeugnissen begegnen. Die jeweils gegenüberstehenden Dienstleistungen lägen im entfernteren Ähnlichkeitsbereich. Ausgehend von diesen Faktoren sei selbst bei möglicher Warenidentität aufgrund mangelnder Markenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Die angegriffene Marke unterscheide sich von den Widerspruchsmarken im Gesamteindruck durch den Bildbestandteil und den Zusatz „international“. Auch wenn die angegriffene Marke wegen des rein beschreibenden Zusatzes „international“ naheliegend mit „Citiboerse“ benannt werde, bestehe keine Verwechslungsgefahr, zumal der Bestandteil „Citi“ trotz der Abweichung gegenüber „City“ auf das Herstellen bzw. Anbieten der Waren und Dienstleistungen in der Stadt hinweise. Der Verkehr werde sich deshalb verstärkt an den abweichenden Bestandteilen „boerse“, „bond“ und „bank“ orientieren. Andere Arten einer Verwechslungsgefahr seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie führen aus, dass sie durch eine lang andauernde Benutzung einer Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „CITI“ weltweit und in Deutschland eine große Bekanntheit der Marke „CITI“ sowie der „CITI“-Zeichenserie erlangt hätten. Die Marke „CITI“ der Widersprechenden, die zugleich Stammbestandteil sämtlicher „CITI“-Kombinationszeichen sei, komme im Rahmen der globalen Markenbewertung auf Platz 11. Der Marke sei ein Wert von … Millionen US-Dollar beizumessen. Die globale Bekanntheit und Berühmtheit der Marke „CITI“ sowie der „CITI“-Markenfamilie sei in Entscheidungen von US-Gerichten festgestellt worden. Auch in Deutschland sei die Bekanntheit bereits im Jahr 2005 festgestellt worden. Die Widersprechende 2 betreue in Deutschland 5 Millionen Konten, Versicherungen und Citibank-Visa-Karten. Für die Widersprechenden und ihre Konzerntöchter seien mehr als 100 Marken mit dem Stammbestandteil „Citi“ in Deutschland geschützt (u. a. CITIGROUP, CITIBASE, CITICARD, CITICASH, CITIGOLD, CITIPRIME, CITIFONDS, CITIPAY, CITIDATA, CITIPHONE, CITIPARTNER CITIFAX). Die CITI-Markenfamilie sei bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der angemeldeten Marke umfangreich benutzt worden. Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken. Die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen seien identisch bzw. hochgradig ähnlich. Im Hinblick auf den in den Marken jeweils dominanten Bestandteil „CITI“ bestehe eine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Außerdem bestehe unter dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie Verwechslungsgefahr.
Zum Beleg der großen Bekanntheit der Marke „CITI“ sowie der „CITI“-Zeichenserie haben die Widersprechenden umfangreiches Material vorgelegt (siehe dazu Bl. 32 bis 309 d. A.), unter anderem auch eine eidesstattliche Versicherung des Direktor Marketing bei der C… AG & Co KGaA, einem Unternehmen des C… Inc. Konzerns.
Die Widersprechenden beantragen,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke wendet sich gegen das Beschwerdevorbringen, ohne selbst einen konkreten Antrag zu stellen. Sie ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung zutreffend sei. Die abweichende Schreibweise der jüngeren Marke „Citi“ gegenüber der Schreibweise in Großbuchstaben „CITI“ bei den Widerspruchsmarken spreche gegen die Annahme einer gleichen Markenbildung. Bei der jüngeren Marke sei insbesondere der Anfangsbuchstabe C“ so gestaltet, dass sich das Gesamterscheinungsbild schon auf den ersten Blick von den Widerspruchsmarken abhebe. Die Unterscheidbarkeit der Marke sei auch durch den Zusatz „international“ gegeben. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werde der Verbraucher bei den gegenüberstehenden Marken nicht davon ausgehen, dass die darunter angebotenen Dienstleistungen aus wirtschaftlich oder auf sonstige Weise miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Die angegriffene Marke weiche mit der gegebenen Gestaltung von der corporate identity der Widersprechenden erkennbar erheblich ab.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Telefax vom 6. April 2009 (Bl. 344 d. A.) die Anmeldung zurückgenommen in Bezug auf die Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse“ der angegriffenen Marke. Die Widersprechenden haben nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung bzw. nach der mündlichen Verhandlung ihren Widerspruch gegen die Waren „Spiele“ und die Dienstleistungen „Zusammenstellen von Waren für Dritte zu Präsentationszwecken“ der angegriffenen Marke zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden der Widersprechenden sind zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 MarkenG.
Die Beschwerde der Widersprechenden zu 1 hat in dem zuletzt maßgeblichen Widerspruchsumfang auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Gesichtspunkte die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 125b Nr. 1 i, V. m. § 9 Abs 1 Nr. 2 MarkenG, so dass auf den nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist des § 42 Abs. 1 MarkenG erhobenen Widerspruch der Widersprechenden zu 1 die Löschung der angegriffenen Marke insoweit gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG anzuordnen ist.
Die Entscheidung über die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 kann angesichts des im Beschwerdeverfahren erfolgreichen Widerspruchs der Widersprechenden zu 1 dahingestellt bleiben.
Die beiden Widersprüche haben sich zuletzt nur noch gegen die Dienstleistungen „Werbung im Internet und anderen Medien, insbesondere Vermietung von Werbeflächen im Internet und zu Präsentationszwecken; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien“ der angegriffenen Marke gerichtet. Im Übrigen haben die Widersprechenden ihre Widersprüche zurückgenommen. Die Beschwerdeanträge waren in diesem Umfang auszulegen. Die Waren „Druckereierzeugnisse“ der angegriffenen Marke waren nicht mehr verfahrensgegenständlich, weil die von der Inhaberin der angegriffenen Marke insoweit erklärte Rücknahme der Anmeldung im Sinne eines Verzichts nach § 48 MarkenG auszulegen ist.
1. Widerspruch aus der Widerspruchsmarke „CITIBOND“:
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rechtspr., vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) „Sabèl/Puma“; GRUR 2005, 1042 (Nr. 27) „THOMSON LIFE“; MarkenR 2009, 47 „MOBILIX/OBELIX“; BGH GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) „Malteserkreuz“; GRUR 2008, 905 (Nr. 12) -Pantohexal). Bei dieser umfassenden Beurteilung ist grundsätzlich auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.
Die Verwechslungsgefahr schließt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, letzter Halbsatz MarkenG die Gefahr ein, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Hauptsächlicher Anwendungsbereich dieser Art von Verwechslungsgefahr ist die Rechtsfigur, die von der Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des Markengesetzes unter der Bezeichnung „mittelbare Verwechslungsgefahr“ bzw. „Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens“ entwickelt worden ist (vgl. dazu u. a. BGH BGH GRUR 1969, 40, 41 „Pentavenon“; GRUR 1989, 350, 352 „Abbo/Abo“; aus der jüngeren Rechtsprechung z. B. BGH GRUR 1996, 200, 202 „Innovadiclophlont“; GRUR 1999, 240, 241 „STEPHANSKRONE I“; GRUR 2000, 886, 887 „Bayer/BeiChem“; GRUR 2002, 544, 547 „BANK 24“). Sie beruht auf der Erkenntnis, dass manche Unternehmen sich einer Serienmarke für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen bedienen und diese – dabei als solche erkennbar bleibende Stammmarke – für einzelne Waren und Dienstleistungen zu deren besonderer Kennzeichnung erweitern. Die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennt, gleichwohl einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke wertet, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimisst und deshalb die übrigen (abweichenden) Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren und Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansieht (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, (Nr. 63 – 65, 86 „BAINBRIDGE/Bridge“).
a) Da Benutzungsfragen im vorliegenden Verfahren keine Rolle spielen, ist von der Registerlage auszugehen. Danach stehen den streitgegenständlichen Dienstleistungen „Werbung im Internet und anderen Medien, insbesondere Vermietung von Werbeflächen im Internet und zu Präsentationszwecken; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien“ der angegriffenen Marke unter anderem die Dienstleistungen „Anlageinformations-und – verwaltungsdienstleistungen“ und „Investmentinformationen“ der Widerspruchsmarke „CITIBOND“ gegenüber.
Eine Ähnlichkeit der Vergleichsdienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass der Verkehr der Meinung sein könnte, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 81 i. V. m. 44; Jansen in HK-Mar-kenR § 9 Rdn. 208 ff., jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
Nach diesen Grundsätzen ist nach Auffassung des Senats eine Ähnlichkeit der bezeichneten Vergleichsdienstleistungen zu bejahen. Die Dienstleistungen „Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien“ der angegriffenen Marke und die „Anlageinformationsdienstleistungen“ und „Investmentinformationen“ der Widerspruchsmarke „CITIBOND“ weisen erhebliche Überschneidungen auf, wenn sie sich nicht in Teilbereichen sogar decken. Bei den „Anlageinformationsdienstleistungen“ und „Investmentinformationen“ kann die Darstellung von Firmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und ihren künftigen Ertragsaussichten eine ganz wesentliche Rolle spielen, wenn es um Anlageinformationen etwa im Zusammenhang mit Aktien oder Firmenanleihen geht. Im Vordergrund steht zwar regelmäßig nicht die Präsentation der Firma, wie dies bei der Dienstleistung „Präsentation von Firmen“ der Fall sein wird, sondern die Dienstleistung gegenüber potentiellen Anlegern. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass diese Informationsdienstleistungen im Auftrag von Firmen erfolgen, die sich mit diesen Informationen darstellen wollen, um Kapital einzuwerben, etwa im Rahmen von Börsengängen, Kapitalerhöhungen oder ähnlichem. Insoweit bestehen engste Berührungspunkte und Überschneidungen zwischen diesen Vergleichsdienstleistungen in Bezug auf die Beschaffenheit, ihre regelmäßige Erbringungsart, ihren Verwendungszweck, ihre Nutzung, ihre wirtschaftlichen Bedeutung und letztlich ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, so dass von einer großen Ähnlichkeit der Vergleichsdienstleistungen auszugehen ist. Dies gilt in etwas abgeschwächter Form auch für die Dienstleistungen „Werbung, im Internet und anderen Medien, insbesondere …“ der angegriffenen Marke einerseits und die „Anlageinformationsdienstleistungen“ und „Investmentinformationen“ der Widerspruchsmarke andererseits. Soweit die „Anlage- und Investmentinformationen“ im Auftrag von Firmen gegeben werden, die sich mit diesen Dienstleistungen darstellen wollen, um Kapital einzuwerben, hat dies durchaus einen werblichen Charakter, so dass gewisse Überschneidungen nicht verneint werden können und insoweit zumindest von einer mittleren Warenähnlichkeit auszugehen ist.
b) Es kann als nicht entscheidungserheblich dahinstehen, ob der Widerspruchsmarke „CITIBOND“ eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt. Angesichts entgegenstehender Gesichtspunkte ist ihr jedenfalls zumindest eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen.
c) Ausgehend von diesen Faktoren haben die Vergleichsmarken zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zumindest einen mittleren Markenabstand zu wahren, der nicht eingehalten ist.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist zwischen der grafisch ausgestalteten jüngeren Marke „Citiboerse international“ und der Widerspruchsmarke „CITIBOND“ allerdings nicht gegeben. In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich diese Vergleichsmarken klar und unverwechselbar in allen für die Beurteilung des Gesamteindrucks wesentlichen Kriterien. Dies gilt auch beim Vergleich des die angegriffene Marke prägenden Bestandteils „Citiboerse“ und der Widerspruchsmarke „CITIBOND“. Diese Vergleichsbezeichnungen unterscheiden sich in den Markenbestandteilen „boerse“ und „BOND“ unverwechselbar, was sich ausreichend deutlich auf den Gesamteindruck auswirkt, zumal diese abweichenden Bestandteile auch noch dazu führen, dass sich die Markenwörter in der Silbenzahl und damit im Sprechrhythmus und in der Betonung voneinander abheben. Hinzu kommt ein klar erkennbarer unterschiedlicher Sinngehalt, der der Verwechslungsgefahr zusätzlich entgegenwirkt (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 151 ff. m. w. N.).
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung der Vergleichsmarken in dem Bestandteil „CITI“ bzw. „Citi“ ist nach Auffassung des Senats ebenfalls zu verneinen. Abweichend von dem Grundsatz, dass es keinen Elementenschutz gibt (siehe Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 231), käme eine Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt nur dann in Betracht, wenn der Bestandteil „CITI“ innerhalb der älteren Marke eine prägende Wirkung (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 34) „SIERRA ANTIGUO“) und in der jüngeren Marke neben weiteren Voraussetzungen zumindest eine selbständig kollisionsbegründende Wirkung hätte (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 37) „THOMSON LIFE“). Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Bestandteil „Citi“ in der grafisch ausgestalteten Marke „Citiboerse“ eine selbständig kennzeichnende Stellung hat. Dagegen spricht zum einen die grafische Ausgestaltung mit dem verfremdeten Anfangsbuchstaben „C“ und der Umstand, dass der Bestandteil „Citi“ klanglich mit dem Wort „City“ übereinstimmt und damit eine Gesamtbegrifflichkeit i. S. v. „Stadtbörse“ nahelegt.
Zwischen den Vergleichsmarken ist aber eine assoziative Verwechslungsgefahr bzw. mittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen, und zwar unter dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie. Die Widersprechenden, die konzernmäßig miteinander verbunden sind, haben unwidersprochen vorgetragen, dass sie durch eine lang andauernde Benutzung einer Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „CITI“ weltweit und in Deutschland eine große Bekanntheit mit der Marke „CITI“ sowie der „CITI“-Zeichenserie erlangt hätten und für sie und ihre Konzerntöchter mehr als 100 Marken mit dem Stammbestandteil „CITI“ in Deutschland geschützt seien, was im Übrigen in gewissem Umfang allgemein bekannt und damit offenkundig sein dürfte. Trotz der Nähe zu dem praktisch klangidentischen beschreibenden Wort „City“ hat der Wortbestandteil „CITI“ im Hinblick auf die Verwendung der verschiedenen „CITI“-Marken durch die Widersprechenden Hinweischarakter auf die Widersprechenden bzw. auf deren Konzernverbund erlangt, was insbesondere für Dienstleistungen aus dem Bereich der Klasse 36, nämlich „Finanzwesen“ und „Geldgeschäfte“, aber auch für Informations-und Werbedienstleistungen insbesondere in diesem Bereich gilt. Dieser Hinweischarakter erfasst jedenfalls den hier streitgegenständlichen Dienstleistungsbereich, zumal Markenserien typischerweise zur Kennzeichnung verschiedener Waren und Dienstleistungen dienen und deshalb der für den Hinweischarakter maßgebliche Dienstleistungsbereich nicht zu eng gezogen werden darf (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 335).
In diese Zeichenserie der Widersprechenden passt nach Auffassung des Senats die jüngere Marke, so dass die Gefahr besteht, dass der Verkehr diese Marke als zur Markenfamilie der Widersprechenden gehörend ansieht und es somit auf diesem Weg zu Herkunftsverwechslungen kommen kann, weshalb eine Verwechslungsgefahr i. S. d § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist. Weder die grafische Ausgestaltung noch der Bestandteil „international“ der jüngeren Marke sind geeignet, solche Herkunftsverwechslungen hinreichend zu verhindern. Die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke bewegt sich im Rahmen üblicher werbegrafischer Ausgestaltungen. Der Verkehr hat keinen Anlass, dieser Ausgestaltung eine eigenständige kennzeichnende Bedeutung beizumessen, zumal sie sich kaum treffend benennen lässt und deshalb bei der mündlichen Benennung der Marke, der bei den hier verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt, überhaupt keine Rolle spielen wird. Vielmehr wird der Verkehr naheliegend davon ausgehen, dass die Widersprechenden im Rahmen der Zeichenmodernisierung nunmehr ihre Marken oder einen Teil ihrer Marken auch grafisch ausgestalten. Auch der Umstand, dass die Marken der Widersprechenden in Versalien (Großbuchstaben) eingetragen sind, hat entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke keine Bedeutung, da der Schutz der Widerspruchsmarken sämtliche verkehrsübliche Wiedergabeformen erfasst, also auch die Schreibweise mit großem Anfangsbuchstaben und nachfolgender Kleinschreibung wie bei der angegriffenen Marke (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 97), was entsprechend auch für den Stammbestandteil einer Zeichenserie gilt. Der weitere Wortbestandteil „international“ ist glatt beschreibend und hat ebenfalls keinerlei kennzeichnende Funktion, so dass davon auszugehen ist, dass der Verkehr sich bei der jüngeren Marke allein an dem Wortbestandteil „Citiboerse“ orientieren wird. Auch in Bezug auf die Wortbildung passt der Wortbestandteil „Citiboerse“ in die Markenserie der Widersprechenden. Wie bei den Marken aus der Zeichenserie der Widersprechenden bildet der Bestandteil „Citi“ bei der angegriffenen Marke den Anfangsbestandteil. Bei den Marken aus der Zeichenserie der Widersprechenden folgt dann zwar häufig ein englischer Begriff. Auch dies stellt allerdings nach Auffassung des Senats kein Kriterium dar, das eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte, zumal englische und deutsche Begriffe häufig gleichgewichtig wahrgenommen werden bzw. keine Unterschiede mehr gemacht werden und vorliegend zudem bei einigen der Marken aus der Zeichenserie der entsprechende zweite Wortbestandteil auch als deutsches Wort verstanden werden kann (z. B. „CITICARD“, „CITIGOLD“, „CITIFONDS“, „CITIPARTNER“ und „CITIFAX“).
2. Widerspruch aus der Widerspruchsmarke „CITIBANK“:
Die Entscheidung über die Beschwerde der aus der Marke „CITIBANK“ Widersprechenden zu 2 konnte dahingestellt bleiben, da die erfolgreiche Beschwerde der aus der Marke „CITIBOND“ Widersprechenden zu 1 bereits zur Löschung der angegriffenen Marke in dem beantragten Umfang führt (siehe dazu BGH in BlPMZ 1967, 134 „Stute“). Der Beschwerde- bzw. Löschungsantrag der Widersprechenden zu 2 geht nicht über die angeordnete Löschung hinaus.
3. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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