BPatG 33 W (pat) 52/07: medico consult für Unternehmensberatung im Bereich Medizin und Gesundheit als Marke schutzfähig

Die angemeldete Bezeichnung medico consult stellt für die Dienstleistungen „Unternehmensberatung im Bereich Medizin und Gesundheit“ nur eine sprechende Marke dar, bei der man zwar die dahinterstehende beschreibende Bedeutung erkennt, sie aber nicht für eine rein beschreibende Bezeichnung sondern zugleich auch für einen betrieblichen Herkunftshinweis hält.

BPatG, Beschluss vom 09.12.2008 – 33 W (pat) 52/07 – medico consult
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 305 34 805.1

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. Dezember 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender und der Richter Knoll und Kätker

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent-und Markenamts vom 16. Februar 2007 aufgehoben.

G r ü n d e

I
Die Anmeldung der Wortmarke

medico consult

für

Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, bei Fragen der Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung, organisatorische Beratung, Personalmanagementberatung, Unternehmensberatung im Bereich Medizin und Gesundheit;

Klasse 44: Dienstleistungen im Bereich der Medizin und Gesundheit in Form von Beratungen

ist durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 16. Februar 2007 durch ein Mitglied des Patentamts zurückgewiesen worden.

Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft. Die Wortzusammensetzung „medico consult“ weise sloganartig darauf hin, dass es sich um Dienstleistungen handele, die mit der Beratung zu medizinischen Themen zu tun hätten. Dies könne auch die Beratung eines medizinischen Unternehmens oder Personalmanagementberatung in Bezug auf medizinisches Fachpersonal sein. Zwar gehöre „medico“ nicht zur deutschen Sprache, sei jedoch den vergleichbaren deutschen Wörtern „Medizin, medizinisch“ und dem englischen Wort „medical“ phonetisch sehr ähnlich. Der weitere Markenbestandteil „consult“ sei im Deutschen durch Begriffe wie „consulting“ zumindest Fachkreisen bekannt. Damit liege ein beschreibender Hinweis auf das Thema der Dienstleistungen vor, nämlich Beratung im medizinischen Bereich in jedweder Form. Zwar sei die Wortkombination lexikalisch nicht nachweisbar, sie werde jedoch in ihrem Sinn unmittelbar ohne Analyse als „medizinische Beratung“ verstanden und gebe damit keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Zudem werde der Begriff ausweislich eines Internetbelegs bereits verwendet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Nach seiner Auffassung handelt es sich bei der Anmeldemarke um eine Wortneubildung, die sich aus dem reinen Fremdwort „medico“ (span., ital., abgeleitet von (lat.) „medicus“) und dem in die deutsche Sprache eingegangenen Begriff „consult“ für „Berater“ bzw. „Beratung“ zusammen setze. Der verständige Betrachter erkenne bei „medico consult“ einen Pleonasmus. Ein Beruf, eine Ware oder der Begriff „medico consult“ existiere im Deutschen nicht. Eine bestimmte, feststehende Bedeutung könne ihm nicht beigemessen werden. Nehme der Verkehr die angemeldete Gesamtmarke so auf, wie sie ihm entgegen trete, ohne analysierende, möglichen Bestandteilen oder deren Begriffsbedeutung nachgehende Betrachtung, so werde er sie als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Anmeldemarke in Zukunft als beschreibende Angabe durchsetze, so dass auch kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II
Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden Wörtern „medico“ und „consult“ zusammen. Der Markenbestandteil „Medico“ ist kein (auch kein eingedeutschtes) Wort der deutschen Sprache. Insbesondere findet er sich nicht in den Standardwerken Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, oder Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Allerdings stellt er in der Schreibweise „médico“ das spanische und portugiesische Wort für „Arzt“ dar, in der italienischen Sprache bedeutet „medico“ sowohl „Arzt“ als auch „medizinisch“ (vgl. Langenscheidts Millennium-Wörterbuch Spanisch, ders.: Italienisch; PONS, Standardwörterbuch Portugiesisch-Deutsch).

Das englische Wort „consult“ bedeutet „um Rat fragen, zu Rate ziehen, konsultieren, sich beraten“ (Langenscheidts Handwörterbuch Engl.-Deutsch). Als in die deutsche Sprache eingegangene Varianten der betreffenden Wortfamilie lassen sich lexikalisch die Formen „Consultant“ (Unternehmensberater) und „Consulting“ ((Unternehmens-) Beratung) belegen (vgl. Duden, Wahrig, jew. a. a. O.). Wie der Anmelder aber selbst vorträgt und sich durch eine kurze Internetrecherche bestätigen lässt, wird auch „Consult“ als neudeutsches Wort für Berater bzw. jede Art der Beratung verwendet.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann die angemeldete (Gesamt-) Marke „medico consult“ sowohl unter Berücksichtigung der konkreten Art und sprachlichen Herkunft ihrer Einzelbestandteile als auch deren Zusammenstellung nicht als beschreibende Angabe angesehen werden. Zunächst hat sich die angemeldete Gesamtkombination „medico consult“ so nicht als beschreibende Angabe belegen lassen. Eine vom Senat vorgenommene Stringsuche mit der Suchmaschine Google (im gesamten Web) nach dieser Wortzusammenstellung hat insgesamt 97 Treffer (einschließlich etlicher Doppeltreffer) erbracht. Darin werden die Wörter „medico consult“ allerdings entweder nur firmenmäßig oder sonst kennzeichnend verwendet (z. B. „medico-consult Dr. Ulrich Fromm Agentur für Wissenschaftsberichterstattung …“) oder sie treffen in mehrsprachigen Texten eher zufällig zusammen, ohne dabei eine Wortkombination zu bilden (z. B.: „Si no sabe cual es la dosis que debe tomar consulte con su medico. Consult your doctor in case you …“). Damit ist festzustellen, dass die angemeldete Wortkombination gegenwärtig nicht als beschreibende Angabe verwendet wird.

Es hat sich auch nicht anhand tatsächlicher Anhaltspunkte feststellen lassen, dass sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft von den Mitbewerbern des Anmelders zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Dienstleistungen benötigt werden kann. Der Markenstelle ist allerdings zuzustimmen, wenn sie sinngemäß davon ausgeht, dass die beiden Einzelworte vom inländischen Verkehr verstanden werden und dieser ihr durchaus einen beschreibenden Aussagegehalt entnehmen kann. Selbst breite Bevölkerungskreise dürften hinter „medico“ eine romanischsprachige Bezeichnung für einen Mediziner oder wenigstens irgendetwas Medizinisches sehen. Für die angesprochenen Verkehrskreise auf dem Gebiet medizinisch orientierter Beratung wird dies erst recht gelten. Der Bedeutungsgehalt einer irgendwie im medizinischen Bereich erfolgenden Beratung dürfte sich daher ohne weiteres erschließen.

Allerdings erkennt der Verkehr gerade dann auch, dass hier eine Kombination aus einem romanischsprachigen und einem englischen Wort vorliegt. Solche Kombinationen sind in Deutschland als sachlich-beschreibende Angaben völlig ungewöhnlich (ähnlich wie es Wortzusammensetzungen wie etwa „coche-check“, „exe-cutivos-headhunter“ oder „casa maintenance“ wären). Nur bei bereits eingedeutschten romanischsprachigen Wörtern erscheint eine Kombination mit englischen (bzw. neudeutschen) Fachbegriffen wenig überraschend bzw. nicht fantasievoll (z. B. „Spaghetti-Lunch“, „Playa-Player“). „Medico“ ist jedoch nicht eingedeutscht (s. o., Duden, Wahrig). Es ist daher nicht zu erwarten, dass die angemeldet Marke in Zukunft als Merkmalsbeschreibung im Inland benötigt wird. Daher liegt ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor.

Im Übrigen fehlt der angemeldeten Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zwar erkennt der Verkehr in ihr einen beschreibenden Aussagegehalt (s. o.), darin erschöpft sich die Marke jedoch nicht. Für einen r e i n beschreibenden Begriff wirkt sie untypisch, da solche Kombinationen aus romanischsprachigen und englischen (bzw. neudeutschen) Wörtern in der deutsche Sprache nicht als sachlich-beschreibende Angaben üblich sind. Verwendungen wie „Wir brauchen jetzt einen Medicoconsult“ oder „Wir bieten technische Beratung, Unternehmensberatung, medico consult und IT-Beratung an“ wirken unpassend (anders hingegen z. B. „medical consult“ oder „Consulting im Klinik-Bereich“ bzw. „Klinik-Consult“). Eine rein beschreibende Bedeutung könnte die angemeldete Wortkombination möglicherweise in romanischsprachigen Ländern haben, wenn eine Person sowohl Arzt als auch Berater ist und dies in einer Titelaufzählung deutlich macht, z. B. spanisch-englisch (bzw. spanisch–neu-spanisch) in der Form „Dr. Morillo, médico, consult“. Auch dies lässt sich jedoch nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen, da in Deutschland entweder deutsche (einschließlich neudeutsche Anglizismen, also „Arzt“ oder „Consult“) oder reine Anglizismen („physician/surgeon, consult“) verwendet werden. Damit stellt die angemeldete Bezeichnung nur eine sprechende Marke dar, bei der man zwar die dahinterstehende beschreibende Bedeutung erkennt, sie aber nicht für eine rein beschreibende Bezeichnung sondern zugleich auch für einen betrieblichen Herkunftshinweis hält.

Der angefochtene Beschluss war damit aufzuheben.

Unterschriften

BPatG Volltext

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