BPatG 26 W (pat) 39/08: WHESSKEY

Das Wort „WHESSKY“ verfügt über die erforderliche Unterscheidungskraft und ist als Marke schutzfähig, da die angesprochenen Verkehrskreise es in Bezug auf sämtliche Waren – hier u.a. alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), einschließlich Spirituosen – als Fantasiebezeichnung auffassen werden.

Im Gegensatz zur Rechtslage unter der Geltung des Warenzeichengesetzes besteht seit Einführung des Markengesetzes im Jahr 1995 kein Raum mehr für die Zurückweisung erkennbarer Abwandlungen beschreibender Angaben.

Der Schutzbereich der angegriffenen Marke „WHESSKEY“ umfasst im Kollisionsfall nicht die beschreibende Verwendung der beschreibenden Begriffe „Whisky/ Whiskey“.

BPatG, Beschluss vom 18.02.2009 – 26 W (pat) 39/08 – Wortmarke WHESSKEY
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 00 025

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann, den Richter Reker und die Richterin Kopacek

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I
Gegen die für die Waren

„Klasse 30: Schokolade, Schokoladewaren, einschließlich Pralinen, insbesondere solche mit einer Füllung aus alkoholischen Getränken; Schokoladengetränke; Kaffeegetränke; Teegetränke; feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Zuckerwaren;

Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Biere;

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), einschließlich Spirituosen“

ist am 27. Februar 2007 die Wortmarke 307 00 025

WHESSKEY

eingetragen worden.

Die Antragstellerin hat Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke nach §§ 54 Abs. 1, 50 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 MarkenG sowie Art. 1 Abs. 4b, 5 Abs. 1 Art. 8 E-Spirituosen-Grund-VO Nr. 1578/98 gestellt. Sie vertritt die Auffassung, die angegriffene Marke sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftig. Bestimmte Spirituosen, die durch Destillieren von Getreidemaische erzeugt würden, müssten als „Whisky“ bzw. „Whiskey“ bezeichnet werden. Die angegriffene Marke sei diesen Bezeichnungen derart angenähert, dass der Verbraucher darin die geschützten Sachbezeichnungen sehe.

Der Markeninhaber hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen und geltend gemacht, die angegriffene Marke werde vom Verkehr als fantasievolles Kunstwort aufgefasst.

Die Markenabteilung 3.4. des DPMA hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Marke stehe kein teilweises Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 MarkenG entgegen. „WHESSKEY“ sei ein Fantasiewort, auch wenn das Wortgerüst der Begriffe „Whisky“ und „Whiskey“ verwendet werde. Die alte Rechtsprechung zu sog. Abwandlungen (vgl. z. B. BGH GRUR 1968, 894 – Polyestra) sei überholt; nach der Gesetzesbegründung zum Markengesetz bestehe ein Freihaltebedürfnis nicht für erkennbare Abwandlungen beschreibender Angaben. Die Marke „WHESSKEY“ halte in jeder Hinsicht einen ausreichenden Abstand vom Gattungsbegriff „Whisky/Whiskey“ sowohl in klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht ein. Der Buchstabe „E“ werde, weil ein „Doppel-S“ auf ihn folge, wie „e“ und nicht wie „i“ ausgesprochen. Schriftbildlich falle vor allem das „Doppel-S“ auf. Eine Zurückweisung einer solchen Abwandlung sei nicht mehr möglich und auch nicht geboten, da die Eintragung von „WHESSKEY“ kein Verbietungsrecht gegen die Verwendung des Begriffs „Whisky/Whiskey“ gebe. Den bekannten Fachbegriff werde der angesprochene Verkehr in der angegriffenen Marke auch nicht ohne Weiteres erkennen. Eine Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG scheide schon deshalb aus, weil es sich bei „WHESSKEY“ um ein Fantasiewort handele. Auch ein Verstoß gegen die VO Nr. 1576/89 (die mittlerweile durch die VO Nr. (EG) 110/2008 ersetzt worden sei), der möglicherweise von § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG erfasst sei, liege nicht vor. Dieser Tatbestand sei nur auf „ersichtliche“ Fälle beschränkt. Die Ersichtlichkeit sei ebenso wie bei der Täuschungsgefahr auszulegen; es müsse daher in jedem denkbaren Fall eine gesetzeswidrige Benutzung vorliegen, die hier aber dem Markeninhaber nicht unterstellt werden könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie vertritt die Auffassung, die angegriffene Marke „WHESSKEY“ sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 9 MarkenG i. V. m. Art. 9 Abs. 7 i. V. m. Anhang II Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben (ab dem 20. Mai 2008 in Kraft getreten) für Spirituosen eingetragen worden. „WHESSKEY“ werde von den Verbrauchern aufgrund identischer Aussprache und hochgradiger schriftbildlicher Ähnlichkeit mit der Bezeichnung „Whisky/Whiskey“ gleichgesetzt. Gemäß der Verordnung Nr. 1576/89 bzw. Nr. 110/2008 müssten gewisse Spirituosen, die die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 4 b) erfüllten, mit der Bezeichnung „Whisky/Whiskey“ gekennzeichnet werden. Hinsichtlich der übrigen beanspruchten Waren würden die Verbraucher durch die Kennzeichnung „WHESSKEY“ irregeführt, da sie davon ausgingen, dass diese Whisky/Whiskey enthielten. Die angegriffene Marke sei freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig, da sie lediglich eine Eigenschaft der angebotenen Waren beschreibe. Rein klanglich werde die Marke „WHESSKEY“ genauso ausgesprochen wie „Whisky/Whiskey“, weil in der englischen Sprache der Vokal „e“ wie „i“ klinge; das zusätzliche „s“ habe keine Auswirkungen auf das Klangbild. Auch schriftbildlich bestünden erhebliche Ähnlichkeiten, wobei es zu berücksichtigen gelte, dass der Verbraucher bei der Wiedergabe von Bezeichnungen auf Flaschen in der Regel die Marke nicht auf einen Blick sehen werde. Selbst wenn der Verkehr Unterschiede in der Schreibweise feststellen sollte, würde er diese für Druckfehler halten. Aus der von der Markenabteilung zitierten Kommentarstelle bei Ströbele/Hacker (Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 271) ergebe sich, dass der BGH offenbar doch von einem möglichen Freihaltebedürfnis an beschreibenden Angaben ausgehe (vgl. z. B. GRUR 2003, 882, 883 -Lichtenstein). Die Erwägungen der Entscheidung „Lichtenstein“ seien auch im vorliegenden Fall anwendbar. Aufgrund der Gleichsetzung von „WHESSKEY“ mit „Whisky/Whiskey“ bestehe zudem eine Irreführungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG. Außerdem sei ein Benutzungsverbot nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG gegeben.

Die Antragstellerin beantragt daher sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4. vom 13. März 2008 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verfahren vor der Markenabteilung und erachtet den Beschluss der Markenabteilung für zutreffend. Soweit zwischenzeitlich die Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 durch die Verordnung (EG) Nr. 110/2008 ersetzt worden sei, ändere dies nichts an der Sachlage, da der Verbraucher in der Marke „WHESSKEY“ nicht die Bezeichnung „Whisky/Whiskey“ se-he und die Verordnung schon deshalb nicht einschlägig sei.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenabteilung des Deutschen Patent-und Markenamts hat zu Recht den Löschungsantrag zurückgewiesen, weil sowohl im Eintragungs- als auch im Entscheidungszeitpunkt kein Nichtigkeitsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG vorliegt, der die Löschung der Marke wegen eines absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2, 4, 9 MarkenG rechtfertigt.

Bei dem Wort „WHESSKEY“ handelt es sich nicht um eine Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit und anderer Eigenschaften der beanspruchten Waren dienen kann. Die vorgenannte Bestimmung lässt – im Gegensatz zur Rechtslage unter der Geltung des Warenzeichengesetzes – mit Einführung des Markengesetzes im Jahr 1995 keinen Raum mehr für die Zurückweisung erkennbarer Abwandlungen beschreibender Angaben (Amtliche Begründung zum Markenrechtsreformgesetz; BlPMZ 1994, 45 ff., 64; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8 Rdn. 271). Insofern sind sämtliche von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen, die alle vor Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 erlassen worden sind, nicht einschlägig.

Soweit der Europäische Gerichtshof im Jahre 2004 entschieden hat, dass solche Abwandlungen nur dann die erforderliche Unterscheidungskraft aufweisen, wenn sie sich von der zugrunde liegenden beschreibenden Angabe sowohl in visueller als auch in akustischer Hinsicht deutlich abheben (EuGH MarkenR 2004, 99, 109, Nr. 99 – Postkantoor), dies ist vorliegend zu bejahen. Der Vokal „E“ wird sowohl nach deutschen wie auch nach englischen Ausspracheregeln aufgrund des nachfolgenden doppelten „S“ eindeutig wie „e“ und nicht wie „i“ gesprochen (vgl. die von der Markenabteilung genannten Beispiele confess, mess, stress; darüber vgl. z. B. Wörter wie less, lesson etc.); die von der Antragstellerin behauptete englische Aussprache eines „e“ als „i“ vor einem verdoppelten Konsonanten ist aus Sicht des inländischen Verkehrs weder im Hinblick auf die Waren noch die Wortbildung nahegelegt (vgl. BPatGE 43, 108, 113 – Ostex/OSTARIX). Durch den abweichenden Vokal in der ersten Silbe entsteht ein deutlicher akustischer Unterschied zu „Whisky/Whiskey“. Dieser Unterschied findet seine Entsprechung im Schriftbild, wobei hier zusätzlich das verdoppelte „S“ visuell charakteristisch in Erscheinung tritt. Da gleich zwei schriftbildliche Abweichungen bestehen, erscheint die Annahme eines Druckfehlers fernliegend. Insgesamt ist daher eine klangliche oder schriftbildliche Identität zur beschreibenden Angabe „Whisky/Whiskey“ bereits von vornherein nicht gegeben. „WHESSKEY“ wirkt insgesamt – in Bezug auf die beanspruchten Waren – als Fantasiewort. Aufgrund der verfremdeten ersten Silbe „WHESS“ erscheint es sogar naheliegender, in der zweiten Silbe den englischen Begriff „KEY“ (= Schlüssel) zu identifizieren. In der von der Antragstellerin aufgegriffenen Entscheidung „Lichtenstein“ des BGH (vgl. GRUR 2003, 882) bestand demgegenüber eine klangliche Identität mit der geografischen Angabe „Liechtenstein“, die vorliegend nicht gegeben ist. Da die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke „WHESSKEY“ in Bezug auf sämtliche Waren als Fantasiebezeichnung auffassen werden, verfügt sie auch über die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Als Fantasiebezeichnung vermag die angegriffene Marke das angesprochene Publikum auch nicht über Art, Beschaffenheit oder sonstige tatsächliche Verhältnisse der beanspruchten Waren zu täuschen (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG). Ebenso wenig stellt der Fantasiebegriff einen Verstoß gegen die genannten Bezeichnungsverordnungen VO (EWG) Nr. 1576/98 bzw. VO (EG) Nr. 110/2008 und damit auch keinen Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG dar.

Die Markenabteilung hat damit zu Recht den Löschungsantrag zurückgewiesen. Sie hat überdies in zutreffender Weise darauf hingewiesen, dass der Schutzbereich der angegriffenen Marke „WHESSKEY“ im Kollisionsfall aus Rechtsgründen nicht die beschreibende Verwendung der beschreibenden Begriffe „Whisky/ Whiskey“ umfasst (vgl. BGH WRP 2003, 1353, 1355 – AntiVIR/AntiVirus; BPatG GRUR 2004, 873 – FRISH).

III
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Unterschriften

BPatG Volltext

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