Im Rahmen des Identitätsschutzes der Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kommt es nur auf Beeinträchtigungen der Funktionen der Marke an, soweit sie für Waren oder Dienstleistungen eingetragen und benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die das angegriffene Zeichen benutzt wird.
BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – I ZR 88/08 – Opel-Blitz II
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg – 3. Zivilsenat – vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision einschließlich der Kosten des Streithelfers trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin, die Adam Opel GmbH, ist ein bekanntes Unternehmen der Automobilindustrie. Sie ist Inhaberin der unter anderem für Landfahrzeuge und Spielzeug eingetragenen deutschen Bildmarke Nr. 1157264 (im Folgenden: Opel-Blitz-Zeichen):
2
Die Klägerin vertreibt sowohl selbst als auch durch Drittunternehmen Spielzeugmodelle ihrer Kraftfahrzeuge.
3
Die Beklagte vertreibt unter anderem Spielzeugmodellfahrzeuge unter der Bezeichnung „cartronic®“. Im Januar 2004 wurde ein funkgesteuertes Spielzeugmodellauto, das ein verkleinertes Abbild eines Opel Astra V8 Coupé darstellte und am Kühlergrill das Opel-Blitz-Zeichen trug, in einer durchsichtigen Verpackung angeboten. In der Verpackung befand sich eine sichtbare Gebrauchsbeschreibung, auf deren Vorderseite das Zeichen „cartronic®“ angebracht war; auf der – ebenfalls sichtbaren – Rückseite waren die Firmenbezeichnung „Autec“ und der Sitz der Beklagten angegeben. Das Funksteuerungsteil des Modellfahrzeugs war gleichfalls mit der Kennzeichnung „cartronic®“ und der Unternehmensbezeichnung der Beklagten versehen.
4
Die Klägerin sieht in der Verwendung des Opel-Blitz-Zeichens auf dem Kühlergrill des von der Beklagten vertriebenen Spielzeugmodellautos eine Verletzung ihrer Marke. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Vernichtung der im Besitz der Beklagten befindlichen Verletzungsgegenstände in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte, auf deren Seite der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie e.V. dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten ist, hat demgegenüber geltend gemacht, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden das auf ihrem Spielzeugauto angebrachte Opel-Blitz-Zeichen nicht als Herkunftshinweis, sondern sähen darin nur ein Detail einer vorbildgetreuen Nachbildung.
6
Das Landgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 234 EG (jetzt Art. 267 AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Stellt die Benutzung einer auch für „Spielzeug“ geschützten Marke eine Benutzung als Marke i.S. von Art. 5 Abs. 1 lit. a der Markenrechtsrichtlinie dar, wenn der Hersteller eines Spielmodellautos ein real existierendes Vorbild-fahrzeug in verkleinertem Maßstab einschließlich der auf dem Vorbild angebrachten Marke des Markeninhabers nachbildet und in Verkehr bringt?
2. Falls die Frage in Nummer 1 bejaht wird:
Ist die in Frage 1 beschriebene Art der Benutzung der Marke eine Angabe über die Art oder Beschaffenheit des Modellfahrzeugs i.S. von Art. 6 Abs. 1 lit. a der Markenrechtsrichtlinie?
3. Falls die Frage in Nummer 2 bejaht wird:
Welche Kriterien sind in Fällen dieser Art maßgebend, um beurteilen zu können, wann die Benutzung der Marke den anständigen Gepflogenheiten in Handel oder Gewerbe entspricht?
Ist dies insbesondere der Fall, wenn der Hersteller des Modellfahrzeugs auf der Verpackung und auf einem zur Benutzung des Modells erforderlichen Zubehörteil ein für den Verkehr als Eigenmarke erkennbares Zeichen sowie seine Unternehmensbezeichnung unter Nennung seines Firmensitzes anbringt?
7
Der Gerichtshof hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 25. Januar 2007 (C-48/05, Slg. 2007, I-1017 = GRUR 2007, 318 = WRP 2007, 299 – Adam Opel) wie folgt beantwortet:
1. Ist eine Marke sowohl für Kraftfahrzeuge – für die sie bekannt ist – als auch für Spielzeug eingetragen, stellen die Anbringung eines mit dieser Marke identischen Zeichens auf verkleinerten Modellen von Fahrzeugen der genannten Marke durch einen Dritten ohne die Erlaubnis des Inhabers der Marke, um diese Fahrzeuge originalgetreu nachzubilden, und die Vermarktung der genannten Modelle
– eine Benutzung i.S. des Art. 5 Abs. 1 lit. a der Markenrechtsrichtlinie dar, die der Inhaber der Marke verbieten darf, wenn diese Benutzung die Funktionen der Marke als für Spielzeug eingetragene Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte;
– eine Benutzung i.S. des Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie dar, die der Inhaber der Marke verbieten darf – sofern der in dieser Bestimmung beschriebene Schutz im nationalen Recht vorgesehen wurde -, wenn diese Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke als für Kraftfahrzeuge eingetragene Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
2. Ist eine Marke unter anderem für Kraftfahrzeuge eingetragen, stellen die Anbringung eines mit dieser Marke identischen Zeichens auf verkleinerten Modellen von Fahrzeugen der genannten Marke durch einen Dritten ohne die Erlaubnis des Inhabers der Marke, um diese Fahrzeuge originalgetreu nachzubilden, und die Vermarktung der genannten Modelle keine Benutzung einer Angabe über ein Merkmal dieser Modelle i.S. des Art. 6 Abs. 1 lit. b der Markenrechtsrichtlinie dar.
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Das Landgericht hat die Klage daraufhin abgewiesen (LG Nürnberg-Fürth WRP 2007, 840). Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Nürnberg GRUR-RR 2008, 393 = WRP 2008, 1257).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne die auf ihre Bildmarke gestützten Klageansprüche nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 3 MarkenG herleiten. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Die Beklagte benutze zwar die für Spielzeug eingetragene Marke der Klägerin i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn sie das Opel-Blitz-Zeichen auf einem Modellfahrzeug anbringe. Dadurch werde jedoch die Herkunftsfunktion der Marke nicht verletzt. Wenn ein Spielzeugauto in Form des maßstabgetreuen Abbildes eines real existierenden Vorbildfahrzeugs einschließlich der auf dem Fahrzeug an vorbildgetreuer Stelle angebrachten Marke hergestellt werde, sei damit nicht die Funktion dieser Marke als Herstellerhinweis verletzt. Denn zur Abbildung der Wirklichkeit gehöre bei einem Modellauto auch die Marke, die das Auto an der entsprechenden Stelle trage. Wenn die Beklagte das Opel-Blitz-Zeichen auf dem Kühlergrill anbringe, dann werde der Verbraucher dies als detailgetreue Nachbildung des großen Fahrzeugs verstehen und – wenn überhaupt – mit einer Marke für Kraftfahrzeuge, aber nicht für Spielzeugautos in Verbindung bringen.
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Ein nicht unerheblicher Teil von Spielzeug bestehe in der möglichst detailgetreuen Nachbildung der Erwachsenenwelt, insbesondere in der Nachbildung von Fortbewegungsmitteln wie Autos, Schiffen und Eisenbahnen. Wenn aber diese Erwachsenenwelt entsprechend den Erwartungen an Spielzeug abgebildet werden solle, dann müsse die Ware „Modellauto“ zur Vervollständigung der Abbildung auch mit dem Markenzeichen des jeweiligen großen Vorbildes an der originalgetreuen Stelle versehen werden. Ein Modellauto ohne das Zeichen des jeweiligen Produzenten würde den Charakter eines Modellautos verlieren; es wäre irgendein Spielzeugauto und gerade kein Modellauto. Dass der angesprochene Verbraucher im Opel-Blitz-Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft sehe, werde durch die von der Klägerin selbst durchgeführte Verkehrsbefragung bestätigt. Aus ihr folge, dass nur 13% aller Befragten und 11% derjenigen Befragten, die zumindest hin und wieder Spielzeug- oder Modellautos kaufen oder verwenden, in dem Opel-Blitz-Zeichen einen Anknüpfungspunkt für die Identifizierung des Herstellers gesehen hätten.
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Für eine Verletzung der Marke, soweit sie für Kraftfahrzeuge eingetragen sei, nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG fehle es sowohl an einer Rufbeeinträchtigung als auch an einer unlauteren Rufausnutzung im Sinne dieser Vorschrift.
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II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Verletzung der Marke der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG durch die Beklagte verneint.
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a) Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG setzt Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL erfüllt, wenn die Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Markeninhabers für Waren und Dienstleistungen erfolgt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, und wenn das Zeichen wie eine Marke benutzt wird, d.h. die Benutzung des Zeichens durch den Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2009 – C -487/07, GRUR 2009, 756 Tz. 58 = WRP 2009, 930 – L’Oréal/Bellure, m.w.N.; vgl. ferner EuGH, Beschl. v. 19.2.2009 – C -62/08, GRUR 2009, 1156 Tz. 42 – UDV North America/Brandtraders). Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Hauptfunktion, der Gewährleistung der Herkunft, auch ihre anderen Funktionen wie unter anderem die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen (EuGH GRUR 2009, 756 Tz. 58 – L’Oréal/Bellure). Der nach Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL gewährte Schutz ist somit weiter als der Schutz nach Art. 5 Abs. 1 lit. b MarkenRL (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), dessen Anwendung das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr und demnach die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Hauptfunktion der Marke voraussetzt (EuGH GRUR 2009, 756 Tz. 59 – L’Oréal/Bellure). Kann die Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann der Markeninhaber ihr auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL nicht widersprechen (EuGH GRUR 2009, 756 Tz. 60 – L’Oréal/Bellure).
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b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Benutzung des Opel-Blitz-Zeichens auf den Modellautos der Beklagten die Herkunftsfunktion der Marke der Klägerin nicht beeinträchtigt.
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aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2007 in dieser Sache ausgeführt, dass die in Rede stehende Benutzung des Zeichens durch die Beklagte die Hauptfunktion des Opel-Logos als für Spielzeug eingetragene Marke nicht beeinträchtigt, sofern die maßgeblichen Verkehrskreise das identische Zeichen auf den von der Beklagten vertriebenen verkleinerten Modellen nicht als Angabe darüber verstünden, dass diese Waren von der Klägerin oder einem mit dieser wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten (EuGH GRUR 2007, 318 Tz. 24 – Adam Opel). Die entsprechende Feststellung durch Bezugnahme auf den Durchschnittsverbraucher sei Sache des vorlegenden Gerichts (aaO Tz. 25).
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bb) Das Berufungsgericht hat – wie bereits das Landgericht – festgestellt, dass die angesprochenen Verbraucher das auf den Modellautos der Beklagten angebrachte Opel-Blitz-Zeichen nur als Abbildungsdetail der Wirklichkeit – nämlich als Abbildung der Marke, die das detailgetreu nachgebildete Auto an der entsprechenden Stelle trägt – verstehen und darin keinen Hinweis auf die Herkunft des mit dem Zeichen versehenen Modellautos erblicken.
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cc) Die gegen diese Feststellung gerichteten Rügen der Revision bleiben erfolglos.
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(1) Entgegen der Auffassung der Revision reicht es für die Annahme einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nicht aus, dass die angesprochenen Verbraucher das auf den Modellautos der Beklagten originalgetreu angebrachte Opel-Blitz-Zeichen als dieses und damit als die Marke erkennen, mit denen die Klägerin ihre entsprechenden Kraftfahrzeuge kennzeichnet. Der Tatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL) ist – soweit eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion in Rede steht – nur erfüllt, wenn die Herkunftsfunktion in Bezug auf die identischen Waren oder Dienstleistungen beeinträchtigt ist oder sein kann. Warenidentität besteht im Streitfall nur insofern, als die Beklagte Modellautos mit dem Opel-Blitz-Zeichen vertreibt und die Marke der Klägerin auch für Spielzeug eingetragen ist. Soweit die Klagemarke ferner für Kraftfahrzeuge eingetragen ist, liegt schon keine Benutzung für identische Waren i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL) vor (vgl. EuGH GRUR 2007, 318 Tz. 30 – Adam Opel). Es ist daher im Rahmen von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unbeachtlich, ob die angesprochenen Verbraucher in dem auf dem Modellauto angebrachten Zeichen die für Kraftfahrzeuge eingetragene und verwendete Marke der Klägerin sehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Verbraucher in dem Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft der Modellautos selbst sehen. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
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(2) Die Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung stehen – wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat – der Feststellung nicht entgegen, dass die angesprochenen Verbraucher in dem auf dem Spielzeugmodell der Beklagten angebrachten Opel-Blitz-Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft dieses Produkts aus einem bestimmten Unternehmen sehen. Auf die Frage, wen sie als Hersteller des ihnen gezeigten Spielzeugautos der Beklagten ansehen, haben nur 13% aller befragten Verkehrsteilnehmer sowie 11% derjenigen Befragten, die zumindest hin und wieder Spielzeug- oder Modellautos kaufen oder verwenden, das Unternehmen der Klägerin benannt; 38% aller Befragten sowie 48% des engeren Verkehrskreises haben dagegen „Autec/Cartronic“ angegeben. Die Auffassung des Berufungsgerichts, auch dies bestätige, dass das Opel-Blitz-Zeichen im konkreten Fall von einer für das Verbraucherverständnis relevanten Anzahl nicht als Hinweis auf die Herkunft des Modellautos verstanden werde, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Entgegen der Rüge der Revision ist diese Würdigung des Umfrageergebnisses durch das Berufungsgericht nicht deshalb von Rechtsirrtum beeinflusst, weil der bloße Umstand, dass ein Teil der Verbraucher aufgrund der Produktaufmachung „Autec“ oder „Cartronic“ als Hersteller identifiziere, es nicht ausschließe, dass die Befragten annähmen, es handele sich um ein mit der Klägerin wirtschaftlich verbundenes Unternehmen. Das Berufungsgericht hat sich durchaus mit der Frage befasst, ob bei den angesprochenen Verbrauchern aufgrund des auf dem Modellauto der Beklagten angebrachten Opel-Blitz-Zeichens die Vorstellung entsteht, diese Ware stamme von einem mit der Klägerin wirtschaftlich verbundenen Unternehmen; es hat diese Frage letztlich verneint. Dabei hat es die von ihm als bekannte und inzwischen sogar als üblich festgestellte Gewohnheit berücksichtigt, entweder auf den Spielzeugautos selbst oder auf der Verpackung einen Vermerk anzubringen, der darauf hinweist, dass die Marke des Herstellers des Originalautos, zum Beispiel „Opel“, „unter Lizenz“ benutzt werde. Solche Lizenzvermerke seien geeignet, beim Verbraucher die Vorstellung hervorzurufen, der Hersteller des Modellautos benötige eine Erlaubnis des jeweiligen Fahrzeugherstellers. Diese Vorstellung, so das Berufungsgericht weiter, knüpfe jedoch nicht an die Ware „Spielzeugauto“, sondern an die Ware „Kraftfahrzeug“ an. Anknüpfungspunkt der Vorstellung des Verbrauchers, der Hersteller des Modellautos benötige eine Erlaubnis, sei das reale Kraftfahrzeug in seiner Gesamtheit einschließlich der es als bestimmten Typ identifizierenden Marke.
24
Die Feststellung des Berufungsgerichts, der angesprochene Verbraucher schließe allenfalls wegen des „Nachmachens“ des Kraftfahrzeugs in seiner Gesamtheit, nicht jedoch wegen Verwendung der ihm bekannten Marke der Klägerin auf Lizenzbeziehungen zwischen den Parteien, ist als solche aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Rüge der Revision ist sie insbesondere nicht erfahrungswidrig. Die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Vorstellung des Verkehrs stimmt beispielsweise mit der rechtlichen Beurteilung beim Bestehen eines Geschmacksmusterschutzes für die Gesamtgestaltung des Kraftfahrzeugs überein, der sich auch auf Nachbildungen als Spielzeug beziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1995 – I ZR 191/93, GRUR 1996, 57, 59 = WRP 1996, 13 – Spielzeugautos; Eichmann in Eichmann/von Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 38 Rdn. 30). Das Berufungsgericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, dass es für die Annahme, die Herkunftsfunktion der für Spielzeug eingetragenen Klagemarke sei i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG beeinträchtigt, nicht genügt, wenn die Vorstellung des angesprochenen Verkehrs, das Spielzeugauto stamme von einem mit der Klägerin durch Lizenzbeziehungen verbundenen Unternehmen maßgeblich auf anderen Umständen beruht als auf einer Verwendung des Opel-Blitz-Zeichens als Marke (gerade) für Spielzeug. Selbst wenn sich die Annahme des Verbrauchers, der Hersteller des Spielzeugautos benötige eine Lizenz, darauf gründen sollte, dass das Kraftfahrzeug in seiner Gesamtheit nachgebildet wird und damit zwangsläufig in die Nachbildung die auf dem Originalfahrzeug angebrachten Marken einbezogen sind, kann daraus – entgegen der Auffassung der Revision – keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der für Spielzeug eingetragenen Klagemarke hergeleitet werden. Die auf etwaige Lizenzbeziehungen bezogenen Herkunftsvorstellungen des Verkehrs knüpfen auch dann an die Verwendung der betreffenden Marken gerade für Kraftfahrzeuge und eben nicht für Spielzeug an. Eine darin möglicherweise liegende Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (dieser Marken) wird jedoch vom Schutzbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL) nicht erfasst.
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c) Für eine Verletzung anderer Funktionen als der Herkunftsfunktion der für Spielzeug eingetragenen Marke der Klägerin ist im Streitfall nichts ersichtlich. Die von der Klägerin angesprochene Garantiefunktion – die Marke bietet Gewähr dafür, dass alle Waren, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann – ist hinsichtlich der für Spielzeug eingetrage-nen Klagemarke nicht berührt, da die angesprochenen Verbraucher die Verwendung des Opel-Blitz-Zeichens auf dem Modellauto der Beklagten nicht auf die Ware „Spielzeug“ beziehen. Dies gilt auch für sonstige Funktionen der für Spielzeug eingetragenen Klagemarke. Deren Qualitäts-, Werbe-, Kommunikati-ons- oder Investitionsfunktion wird durch die Verwendung des Opel-Blitz-Zeichens auf dem Modellauto der Beklagten nicht beeinträchtigt, weil das Opel-Blitz-Zeichen vom Verkehr schon nicht mit von der Klägerin hergestellten Spiel-zeugautos in Verbindung gebracht wird. Auf die Frage, ob möglicherweise die Qualitäts-, Werbe-, Kommunikations- oder Investitionsfunktion der für Kraftfahrzeuge eingetragenen Marke der Klägerin beeinträchtigt ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da der Schutzumfang des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch hinsichtlich der Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt wird, auf den Identitätsbereich, hier also auf Spielzeug, beschränkt ist.
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2. Die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens kann über den Bereich der mit Herkunftsvorstellungen für identische Waren und Dienstleistungen verbundenen Verwendung hinaus allerdings nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Art. 5 Abs. 1 lit. b MarkenRL) dann untersagt werden, wenn die durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht identisch, aber jedenfalls ähnlich sind und die Gefahr von Verwechslun-gen besteht. Im Streitfall sind Kraftfahrzeuge und Spielzeug- oder Modellautos jedoch keine ähnlichen Waren (vgl. EuGH GRUR 2007, 318 Tz. 34 – Adam Opel). Der Umstand, dass Hersteller von Kraftfahrzeugen Lizenzen für die Produktion von Modellautos vergeben, die ihre Fahrzeuge in verkleinerten Form nachbilden, genügt für die Annahme einer Warenähnlichkeit nicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.2004 – I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 596 = WRP 2004, 909 – Ferrari-Pferd).
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3. Ansprüche wegen Verletzung der für Kraftfahrzeuge eingetragenen Marke der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Art. 5 Abs. 2 MarkenRL) hat das Berufungsgericht gleichfalls rechtsfehlerfrei verneint.
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a) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Beeinträchtigung des Rufs der für Kraftfahrzeuge – nach ihrem Vorbringen – bekannten Marke der Klägerin scheide aus, weil sich selbst eine – möglicherweise – schlechte Qualität eines Modellautos auf den Ruf des Originalkraftfahrzeugs nicht auswirke; dieser werde maßgeblich durch regelmäßige Tests und Erfahrungsberichte sowie eigene praktische Erfahrungen des Verbrauchers mit der Qualität des Fahrzeugs geprägt. Die Ansicht der Revision, es sei außerordentlich naheliegend, dass eine gute oder weniger gute Qualität der Spielzeugautos auch das Bild beeinflusse, das die Verbraucher von der Fahrzeugmarke selbst hätten, zeigt nicht auf, dass die gegenteilige tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsfehler beruht. Eine unlautere Beeinträchtigung (oder Ausnutzung) des Rufs der für Kraftfahrzeuge eingetragenen Marke der Klägerin kann sich entgegen der Auffassung der Revision somit auch nicht daraus ergeben, dass die Spielzeugautos der Beklagten nach dem Vortrag der Klägerin qualitativ und im Design nicht deren Anforderungen genügten.
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b) Eine Ausnutzung des Rufs der für Kraftfahrzeuge eingetragenen Marke der Klägerin ist nach der Feststellung des Berufungsgerichts zwar insoweit gegeben, als mit der Nachbildung von Kraftfahrzeugen, die es in der Wirklichkeit gibt, zwangsläufig durch die entsprechende Gestaltung des Spielzeugmodells eine Anlehnung (auch) an den Ruf des Herstellers des Kraftfahrzeugs oder dessen Marke verbunden ist. Von einer Rufausnutzung „in unlauterer Weise“ i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG könne jedoch nur dann gesprochen werden, wenn über die bloße wirklichkeitsgetreue Abbildung hinaus in anderer Weise versucht werde, den Ruf, den das Kraftfahrzeug der Klägerin genieße, werblich zu nutzen. Da dies bei dem Vertrieb der Spielzeugautos der Beklagten unterbleibe, diese vielmehr ihre eigenen Marken verwende und sich jeglicher Zusammenhang allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig ergebe, fehle es an dem Merkmal der unlauteren Ausnutzung.
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Auch die dagegen gerichteten Angriffe der Revision verhelfen ihr nicht zum Erfolg. Soweit sie auf den Vortrag der Klägerin verweist, dass die Verbraucher auf das Vorhandensein der Fahrzeugmarke auf dem Spielzeugauto größten Wert legten und deshalb der Verkaufserfolg des Modellautos nicht zuletzt darauf beruhe, dass es sich um ein Fahrzeug der Klägerin mit dem Opel-Blitz-Logo handele, betrifft dieser Gesichtspunkt nur die mit der wirklichkeitsgetreuen Nachbildung zwangsläufig verbundene Rufausnutzung als solche, von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich die Unlauterkeit i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch nicht damit begründen, dass nach dem Vortrag der Klägerin inzwischen ca. 85% aller auf dem Markt angebotenen Modell- oder Spielzeugautos von lizenzierten Unternehmen stammten, dies dem Verbraucher bekannt sei und die Beklagte daher den unrichtigen Eindruck erwecke, die von ihr angebotenen Spielzeugautos würden mit Erlaubnis oder unter Kontrolle der Klägerin vertrieben. Das Beru-fungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die wirklichkeitsgetreue Nachbildung als solche noch nicht unlauter i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist, weil insoweit wegen der Erwartungen, welche die angesprochenen Verbraucher an derartiges Spielzeug stellen, und der darauf beruhenden jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen ein berechtigtes Interesse der Beklagten besteht (vgl. dazu auch BGHZ 126, 208, 214 – McLaren). Ebenso wie bei einer beschreibenden Verwendung i.S. von § 23 Nr. 2 MarkenG hat die Klägerin das mit der wirklichkeitsgetreuen Nachbildung notwendigerweise verbundene Maß an Verwechslungsgefahr hinzunehmen. Nach den rechtlich unbedenklichen Feststellungen des Berufungsgerichts beschränkt sich der Zusammenhang, den die Beklagte mit ihrem Produkt zu der Marke der Klägerin herstellt, auf die Bezüge, die sich aus der Nachbildung des Originals zwangsläufig ergeben.
31
III. Danach ist die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zurückzuweisen. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht geboten, da nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007 im vorliegenden Verfahren auch unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den sonstigen Markenfunktionen keine Zweifel an der Auslegung der für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts mehr bestehen.
32
Die Kostenentscheidung, die sich auch auf die Kosten des Streithelfers erstreckt, beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO.
Unterschriften
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 11.05.2007 – 4 HKO 4480/04 –
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.04.2008 – 3 U 1240/07 –
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