Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen wegen eines ohne weiteres erkennbaren eindeutigen Begriffsinhalts zu verneinen sein kann, gilt auch dann, wenn nur das Klagezeichen über einen solchen Bedeutungsgehalt verfügt.
BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 102/07 – AIDA/AIDU (OLG Köln)
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 2007 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin veranstaltet seit dem Jahre 1996 unter dem Unternehmensschlagwort „AIDA“ Kreuzfahrten. Sie ist mit Priorität vom 15. Januar 1997 als Inhaberin der Wortmarke Nr. 39701328.0 „Aida“ unter anderem für die Dienstleistungen „Veranstaltungen von Reisen, Transportwesen, Beherbergung von Gästen sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten“ sowie weiterer Marken mit dem Bestandteil „AIDA“ eingetragen.
2
Die Beklagte vermittelt seit dem Jahre 2003 in Form eines Internetreiseportals unter dem Domain-Namen „aidu.de“ Reisen und Reiseveranstaltungen.
3
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihrer Kennzeichenrechte unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „AIDU“ und auf Löschung des Domain-Namens „aidu.de“ in Anspruch genommen.
4
Die Klägerin hat beantragt,
1. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Kennzeichen „AIDU“ in Alleinstellung im geschäftlichen Verkehr für Reisedienstleistungen, insbesondere für Buchungen von Reisen, Reisereservierungen und -buchungen, Ticketverkauf für Veranstaltungen, zu verwenden;
2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der DENIC eG auf die Registrierung des Domain-Namens „aidu.de“ zu verzichten.
5
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens stattgegeben; den Antrag auf Löschung des Domain-Namens hat es abgewiesen.
6
Die dagegen gerichteten Rechtsmittel beider Parteien sind erfolglos geblieben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihr die (Weiter-)Benutzung ihres Domain-Namens „aidu.de“ für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Verkündung des Berufungsurteils gestattet wird.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte die Rechte an dem Domain-Namen „aidu.de“ auf einen Dritten übertragen hat, die Hauptsache hinsichtlich des Antrags auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens für erledigt erklärt. Sie verfolgt mit der Anschlussrevision ihr Klagebegehren, soweit es in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist, mit der Maßgabe weiter, insoweit die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
8
I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag auf Unterlassung der Verwendung des Zeichens „AIDU“ nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG für begründet und den Anspruch auf Löschung des Domain-Namens „aidu.de“ für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
9
Die Wortmarke „Aida“ der Klägerin und das Zeichen „AIDU“ der Beklagten seien im markenrechtlichen Sinn miteinander verwechselbar. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei jedenfalls glatt durchschnittlich. „Aida“ habe für Reisedienstleistungen keinen beschreibenden Charakter. Der Verkehr werde vielmehr bei „Aida“ in erster Linie an die überaus populäre gleichnamige Oper von Giuseppe Verdi bzw. deren Protagonistin denken – eine Assoziation, die gerade das Originelle einer Verwendung dieses Zeichens für die hiermit in keinerlei Bezug stehenden Reisedienstleistungen ausmache. Auf der Grundlage der hohen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen des Veranstalens von Reisen einerseits und des Vermittelns von Reisen andererseits bestehe wegen der mindestens mittleren Zeichenähnlichkeit von „Aida“ und „AIDU“ kein vernünftiger Zweifel an der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Das in der deutschen Sprache nicht vorkommende Zeichen „AIDU“ verfüge über keinen sinnbildlichen Gehalt, so dass allein Ähnlichkeiten im Schriftbild und/oder Klang von Bedeutung sein könnten. Die schriftbildliche Ähnlichkeit der Zeichen sei augenfällig. Die klangliche Ähnlichkeit stelle sich nicht anders dar. „AIDU“ erscheine dem Verkehr als Kunstwort, vielleicht auch (irrig) als ihm nicht geläufiger fremdsprachiger Ausdruck. Der Verkehr werde deshalb mangels feststehender Ausspracheregeln der deutschen Sprache für die Buchstabenfolge „ai“ angesichts des ihm fremden Worts auf ihm ähnlich erscheinende Begriffe zurückgreifen und deshalb dazu neigen, „AIDU“ in der Art des auch optisch ähnlichen und ihm von der bekannten Oper her vertrauten Wortes „Aida“ als „A-I-DU“ aussprechen.
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Ein Anspruch auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens bestehe nicht, weil nicht feststehe, dass jedwede Belegung der hinter dem Domain-Namen stehenden Website eine Verletzungshandlung darstellen würde. Vielmehr seien aus dem Bereich der (hohen) Dienstleistungsähnlichkeit vollständig herausführende Inhalte denkbar, die die markenrechtliche Verwechslungsgefahr entfallen ließen.
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II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Klägerin bleibt dagegen ohne Erfolg.
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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aus ihrer Wortmarke „Aida“ ein Unterlassungsanspruch im Umfang des Klageantrags zu 1 mit der von ihm ausgesprochenen Maßgabe nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen den Zeichen „Aida“ und „AIDU“ bestehe Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, gerichteten Rügen der Revision verhelfen ihr zum Erfolg.
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a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beklagte die Bezeichnung „AIDU“ zur Bezeichnung der von ihr angebotenen Reisedienstleistungen (Vermittlung von Reisen) markenmäßig verwendet hat.
14
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Wortmarke „Aida“ der Klägerin und dem angegriffenen Zeichen „AIDU“ der Beklagten bestehe Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, beruht dagegen auf Rechtsfehlern.
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aa) Das Berufungsgericht ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwar von dem Grundsatz ausgegangen, dass diese unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Seiner Beurteilung hat es auch zugrunde gelegt, dass eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke besteht, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 28.6.2007 – I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 20 = WRP 2008, 232 – INTERCONNECT/T-InterConnect; Urt. v. 5.2.2009 – I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Tz. 23 = WRP 2009, 616 – METROBUS).
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bb) Das Berufungsgericht hat eine jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke „Aida“ sowie eine hohe Ähnlichkeit der von den Parteien angebotenen Reisedienstleistungen angenommen. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
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cc) Die Auffassung des Berufungsgerichts, auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und hoher Dienstleistungsähnlichkeit bestehe wegen der mindestens mittleren Zeichenähnlichkeit von „Aida“ und „AIDU“ Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, beruht jedoch auf rechtlich fehlerhaften Erwägungen.
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(1) Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Ähnlichkeit von Wortzeichen anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln ist, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.1999 – C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f. = WRP 1999, 806 – Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 – C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413 Tz. 21 – [Mülhens/HABM] ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH, Beschl. v. 13.12.2007 – I ZB 26/05, GRUR 2008, 715 Tz. 37 – idw). Es hat auch berücksichtigt, dass bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen ist, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. nur BGH, Urt. v. 3.4.2008 – I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Tz. 33 = WRP 2008, 1434 – Schuhpark).
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(2) Das Berufungsgericht hat jedoch die Bedeutung, die dem Sinngehalt eines Zeichens für die Frage der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr zukommen kann, nicht hinreichend beachtet. Es hat angenommen, das Zeichen „AIDU“ verfüge über keinen sinnbildlichen Gehalt, so dass allein Ähnlichkeiten im Schriftbild oder Klang maßgeblich sein könnten. Unter diesen beiden Ge-sichtspunkten sei die Ähnlichkeit allerdings mindestens als im oberen Bereich des Durchschnittlichen liegend einzuordnen, so dass von einer Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen auszugehen sei. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung der Zeichenähnlichkeit den Grundsatz nicht beachtet hat, dass eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang zu bejahende Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen zu verneinen sein kann, wenn einem Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt (EuGH, Urt. v. 12.1.2006 – C-361/04 P, Slg. 2006, I-643 = GRUR 2006, 237 Tz. 20 – [Ruiz-Picasso u.a./HABM] PICASSO/PICARO; GRUR 2006, 413 Tz. 35 – ZIRH/SIR; Urt. v. 18.12.2008 – C 16/06 P, MarkenR 2009, 47 Tz. 98 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH, Urt. v. 28.8.2003 – I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1049 = WRP 2003, 1439 – Kellogg’s/Kelly’s, m.w.N.).
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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts denkt der Verkehr bei „Aida“ in erster Linie an die gleichnamige Oper von Guiseppe Verdi. Darin liege eine Assoziation, die gerade das Originelle einer Verwendung dieses Zeichens für die hiermit in keinerlei Bezug stehenden Reisedienstleistungen ausmache. Zur Aussprache des Ausdrucks „AIDU“ hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Verkehr werde angesichts dieses ihm nicht geläufigen fremden Worts auf ihm ähnlich erscheinende Begriffe zurückgreifen und deshalb dazu neigen, „AIDU“ in der Art des ihm von der bekannten Oper her vertrauten Wortes „Aida“ auszusprechen. Bei Verwendung von „AIDU“ in Alleinstellung werde der Verkehr hierin nicht das Akronym für „Ab in den Urlaub“ erkennen, zumal die Klagemarke „Aida“ offenkundig kein aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetztes Kurzwort sei.
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Danach ist davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr den Begriff „Aida“ ohne weiteres auch dann mit dem Namen der bekannten Oper verbindet, wenn er ihm im Zusammenhang mit Reisedienstleistungen begegnet. Das Berufungsgericht hätte sich demnach damit befassen müssen, ob die von ihm angenommene klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit durch den Bedeutungsgehalt der Klagemarke aufgehoben ist. Davon hat es jedoch rechtsfehlerhaft abgesehen, weil es der Ansicht war, es komme für die Zeichenähnlichkeit und damit für die Verwechslungsgefahr schon deshalb nur auf klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeiten, nicht aber auf den Bedeutungsgehalt an, weil das angegriffene Zeichen „AIDU“ über keinen solchen Bedeutungsgehalt verfüge. Der Grundsatz, dass eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit der Zeichen wegen eines ohne weiteres erkennbaren eindeutigen Begriffsinhalts zu verneinen sein kann, gilt jedoch auch dann, wenn nur ein Zeichen, im Streitfall das Klagezeichen, über einen solchen Bedeutungsgehalt verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 237 Tz. 20 – PICASSO/PICARO; BGH GRUR 2003, 1047, 1049 – Kellogg’s/Kelly’s).
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2. Die zulässige Anschlussrevision ist dagegen unbegründet. Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Hauptsache hinsichtlich des Löschungsbegehrens erledigt hat, ist unbegründet, weil ein entsprechender Anspruch der Klägerin von Anfang an nicht bestand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen konnte, auf die Registrierung des Domain-Namens „aidu.de“ zu verzichten.
23
a) Die Anschlussrevision ist zulässig. Zwischen dem Gegenstand der Revision der Beklagten und dem Gegenstand der Anschlussrevision der Klägerin besteht jedenfalls ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang.
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b) Der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Verzicht auf die Registrierung des Domain-Namens „aidu.de“ war – worauf bereits das Landgericht mit Recht hingewiesen hat – nur dann begründet, wenn jede Verwendung des Domain-Namens durch die Beklagte notwendig die Voraussetzungen einer Verletzung der Marken oder des Unternehmenskennzeichens der Klägerin erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 – vossius.de; Urt. v. 19.7.2007 – I ZR 137/04, GRUR 2007, 888 Tz. 13 = WRP 2007, 1193 – Euro Telekom). Davon kann nur ausgegangen werden, wenn jede Verwendung des Domain-Namens – auch im Bereich anderer Branchen als derjenigen der Reisedienstleistungen – eine Rechtsverletzung nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG darstellt. Dies kann aber, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, nach der Lebenserfahrung nicht angenommen werden.
25
c) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision stand der Klägerin insoweit kein vom künftigen Inhalt der Webseiten von „aidu.de“ unabhängiger Beseitigungsanspruch wegen einer Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu. Auch die Annahme, der Verkehr könne den unzutreffenden Eindruck gewinnen, zwischen den beteiligten Unternehmen bestünden vertragliche, organisatorische oder sonstige wirtschaftliche Verbindungen, setzt eine hinreichende Branchennähe voraus (vgl. BGH, Urt. v. 9.9.2004 – I ZR 65/02, GRUR 2005, 430 = WRP 2005, 488 – mho.de; Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 171/05, GRUR 2008, 1104 Tz. 22 = WRP 2008, 1532 – Haus & Grund II). Eine solche Verwechslungsgefahr kann daher nicht schon allein wegen der von der Klägerin geltend gemachten erhöhten Kennzeichnungskraft ihres bekannten Unternehmenskennzeichens und einer – für die revisionsrechtliche Beurteilung zugunsten der Klägerin zu unterstellenden – Ähnlichkeit der beiden Zeichen angenommen werden.
26
Es kann dahingestellt bleiben, ob es eine Verletzung der Kennzeichen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Ausnutzung von deren Wertschätzung und Unterscheidungskraft i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG darstellte, wenn die Beklagte den Domain-Namen außerhalb des Bereichs der Reisedienstleistungen für eines ihrer anderen Geschäftsfelder nutzen sollte, etwa im (Online-)Versicherungs- und Finanzierungswesen. Das Begehren der Klägerin ist nicht darauf gerichtet, der Beklagten die Verwendung des Domain-Namens für diese oder bestimmte andere Tätigkeitsfelder zu untersagen. Vielmehr soll die Beklagte auf die Registrierung des Domain-Namens als solche verzichten. Ein auf Löschung der Registrierung des Domain-Namens gerichteter kennzeichenrechtlicher Beseitigungsanspruch setzt – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – voraus, dass jedwede Belegung der unter dem Domain-Namen betriebenen Website eine Verletzungshandlung darstellt, also auch eine Verwendung außerhalb der von der Anschlussrevision angeführten Tätigkeitsbereiche. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision kommt es im Hinblick auf die Reichweite des geltend gemachten Beseitigungsanspruchs auch nicht darauf an, ob eine rechtsverletzende Verwendung nach den Umständen des Falles naheliegender erscheint als eine nicht rechtsverletzende. Der naheliegenden Gefahr einer (erstmaligen) Rechtsverletzung durch eine drohende (zukünftige) Verwendung in einem bestimmten Tätigkeitsbereich könnte mit einem auf die Untersagung dieser konkreten Verwendung gerichteten vorbeugenden Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begegnet werden. Ein auf Löschung des Domain-Namens gerichteter Beseitigungsanspruch würde durch eine solche Erstbegehungsgefahr dagegen nicht begründet.
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III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin zur gesteigerten Kennzeichnungskraft und des von ihm festgestellten Bedeutungsgehalts des Zeichens „Aida“ prüfen kann, ob zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr besteht. Sollte sich danach eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des Klagezeichens ergeben, kann unter Berücksichtigung der hohen Dienstleistungsähnlichkeit schon ein geringer Grad an Zeichenähnlichkeit für die Annahme einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genügen. Dass das Berufungsgericht das Unterlassungsbegehren der Klägerin dahin verstanden hat, es umfasse auch die Verwendung des Begriffs „aidu“ (kleingeschrieben), insbesondere im Domain-Namen „aidu.de“, begegnet dabei aus Rechtsgründen keinen Bedenken.
Unterschriften
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.02.2007 – 31 O 439/06 –
OLG Köln, Entscheidung vom 01.06.2007 – 6 U 35/07 –
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