Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 24.11.2008 – 5 W 117/08 –
Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 91 a, 321 a ZPO
Amtliche Leitsätze
1. In wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten ist eine „Antwortpflicht des Abgemahnten“ dann nicht anzuerkennen, wenn der Abgemahnte eine wettbewerbswidrige Handlung nicht begangen hat oder eine solche nicht droht.
2. Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nicht hingegen hat das Gericht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden.
Anmerkung: Ausnahmsweise besteht jedoch nach Ansicht des Gerichts dann eine Pflicht zur Aufklärung, wenn der Abgemahnte zurechenbar den Anschein eines von ihm begangenen Verstoßes gesetzt hätte.
Tenor
Die Gehörsrüge der Antragstellerin vom 29.10.2008 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
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Die als Gehörsrüge nach § 321 a ZPO auszulegende „Gegenvorstellung“ der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§ 321 a Abs. 2 Satz 1 und 4 ZPO). Die Anhörungsrüge ist jedoch nicht begründet. Eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin im Sinne des § 321 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben.
2
Der in Art. 103 Abs. 1 GG niedergelegte Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nicht hingegen hat das Gericht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Urteil vom 8.7.1997, Az.: 1 BvR 1621/94; juris-Rz. 43 f.; BGH NJW-RR 2005, 1051, 1052).
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Gegen dieses Gebot hat der erkennende Senat nicht verstoßen. Er hat bei seiner Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die gemäß § 91 a ZPO getroffene Kostenentscheidung des Landgerichts vielmehr auch die mit der vorliegenden Anhörungsrüge wiederholte Rechtsauffassung geprüft, dass die fehlende Reaktion der Antragsgegnerin auf die Abmahnung der Antragstellerin vom 25.1.2007 (Anlage K 12 zum Eilantrag) eine abweichende Kostenentscheidung zugunsten der Antragstellerin jedenfalls in Bezug auf die Kosten des Erlassverfahrens rechtfertigt.
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Der Senat hält diese Rechtsauffassung weiterhin für nicht durchgreifend, und zwar aus den nachfolgend aufgeführten Gründen (§ 321 a Abs. 4 Satz 5 ZPO):
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Die Antragstellerin stützt sich zur Begründung ihrer Rechtsauffassung, dass die Antragsgegnerin auf ihre Abmahnung hätte reagieren und auf ihre fehlende Verantwortlichkeit für die streitgegenständliche Werbeanzeige hinweisen müssen, auf eine „Antwortpflicht des Abgemahnten“. Die Antragstellerin übersieht, dass es nach nach herrschender Auffassung (vgl. BGH WRP 1995, 300 ff. – Kosten bei unbegründeter Abmahnung; Hefermehl/Köhler/Bornkamm , UWG, 26. Aufl., § 12 Rn. 1.63 m.w.N.; Harte/Henning/Brüning, UWG, § 12 Rn. 69; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 41 Rn. 55 ff.; Ahrens/Spätgens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 12 ff.) eine derartige „Antwortpflicht“ des zu Unrecht Abgemahnten nicht gibt, da es an einer begangenen oder drohenden wettbewerbswidrigen Handlung mangelt. Ein Wettbewerbsverstoß der Antragsgegnerin liegt nach den Ausführungen des Senats in dem angegriffenen Beschluss vom 10.10.2008 nicht vor. Eine Aufklärungspflicht lässt sich daher nicht aus einem zwischen dem Abmahnenden und dem Abgemahnten bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis herleiten. Die einseitige Zusendung einer Abmahnung als solche kann ebenfalls kein Rechtsverhältnis schaffen, aus dem eine Aufklärungspflicht folgen könnte. Aus den gleichen Gründen folgt eine Antwortpflicht – so sinnvoll eine Antwort zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten auch sein mag – nicht aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB (c.i.c.) oder nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. einer entsprechenden Anwendung des § 840 Abs. 1, 2 ZPO ( vgl. eingehend BGH WRP 1995, 300, 301 f. – Kosten bei unbegründeter Abmahnung).
6
Da die Antragsgegnerin nach dem Sachverhalt, von dem der Senat bei seiner Entscheidung auszugehen hatte, die Werbeanzeige weder in Auftrag gegeben noch für diese als Störer verantwortlich gewesen ist und auch nicht zurechenbar den Anschein eines von ihr begangenen Verstoßes gesetzt hatte, kann sich auch nicht ausnahmsweise eine Pflicht zur Aufklärung ergeben (vgl. Harte/Henning/Brüning a.a.O. a.E.).
Unterschriften
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