LG München: studi.de

LG München I, Urteil vom 28.11.2007 – 1HK O 22408/06 – studi.de
§ 14 MarkenG

Markenrechtliche Ansprüche nach § 14 MarkenG bestehen nicht, da es schon an der Voraussetzung eines Handelns im geschäftlichen Verkehr fehlt. Die Inanspruchnahme von Web-Diensten, die – gesponsert durch Werbung – kostenfrei angeboten werden, in einem ansonsten erkennbar privat ausgerichteten Webauftritt lässt, sofern keine anderen Anhaltspunkte bestehen, keine Zielrichtung erkennen, entweder selbst wirtschaftlich tätig zu werden oder gar eine fremde erwerbswirtschaftliche Tätigkeit zu fördern.

In dem Rechtsstreit

gegen

wegen Unterlassung

erlässt das Landgericht München 1, 1. Kammer für Handelssachen, durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2007 folgendes

Endurteil:

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer (Az. 1HK O 22408/06) vom 18.12.2006 wird aufgehoben.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13.12.2006 wird zurückgewiesen.

III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Das Urteil ist in Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Berechtigung zur Nutzung des Zeichens „studi“ als Teil der Domain „studi.de“ und als Bezeichnung des auf dieser Domain vom Beklagten betriebenen Webauftritts insgesamt.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) meldete am 01.09.2006 die Bezeichnung „studi“ als Wortmarke für verschiedene Waren-/Dienstleistungsklassen (25, 35, 38, 41, 42) beim Deutschen Patent- und Markenamt an; die Marke wurde dort am 13.11.2006 eingetragen und steht in Kraft (Anlagen ASt1 und ASt2).

Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist Inhaber der Domain „studi.de“ und betreibt unter dieser seit 29. Oktober 1998 einen Webauftritt (Anlage ASt4).

Noch bevor die Klägerin die Wortmarke „studi“ anmeldete, fragte am 02. August 2006 ein Herr … per E-Mail beim Beklagten an, ob dessen Domain zum Verkauf stehe, was der Beklagte jedoch verneinte. Herr … war früher bei der Klägerin beschäftigt, wobei zwischen den Parteien Streit besteht, in welcher Funktion und Verantwortlichkeit.

Über den Webauftritt waren u.a. die folgenden Bildschirmanzeigen erreichbar:

Klickte man innerhalb des mit einem Sonnensymbol und den Worten „wetter.de“ überschriebenen Kastens auf die Schaltfläche „*Sonnen-Klingeltöne bei RTLhandyfun.de“, so öffnete sich über den dahinter geschalteten Link ein eigenes Fenster mit kommerziellen Inhalten der Webseite RTLhandyfun.rtl.de, von dem aus Klingeltöne heruntergeladen werden konnten.

Der Link auf das Klingeltonangebot von rtl.handyfun.de ist in dem von dem Wetterdatenanbieter „wetter.de“ zu Verfügung gestellten Button fest enthalten und kann vom Beklagten nicht einzeln entfernt werden. Der Beklagte erhält keinen Anteil an den über die Verlinkung gegebenenfalls. erzielten Werbeeinnahmen.

Die bei den Veranstaltungshinweisen unter „Infos“ jeweils angegebenen Web- Adressen verwiesen teilweise auf Angebote kommerzieller Veranstalter, u.a. des „Delicious-Club“ in Duisburg.
Über den Karteireiter „FSV Gelsenkirchen“ konnten die Nutzer der Seite Informationen über den dortigen Flugsportverein, dessen Mitglied der Beklagte ist, gewinnen.

Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2006 (Anlage ASt5) abmahnen. Der Beklagte gab die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab und ließ die Ansprüche durch Schreiben seiner vorgerichtlichen Vertreter vom 30.11.2006 (Anlage ASt6) zurückweisen. In diesem Schreiben, das im übrigen Ausführungen zu angeblich bestehenden älteren Rechten und sonstigen Einwendungen des Beklagten enthält, lässt dieser auch unter Verweis auf die Entscheidung des Großen Zivilsenats des BGH vom 15.07.2005 (GSZ 1/04) Ersatz der Anwaltskosten wegen vermeintlich unberechtigter Schutzrechtsverwarnung fordern.

Die Kammer hat am 18.12.2006 eine einstweilige Verfügung mit folgendem Wortlaut erlassen:

Dem Antragsgegner wird bei Meidung
– eines Ordnungsgeldes von € 5,00 bis zu € 250.000,00, an dessen Stelle — im Falle der Uneinbringlichkeit — eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder
– einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Beklagten,
für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935, 890 ZPO

verboten,

im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „studi.de“

1. für Werbung insbesondere mittels des Internets und/oder
2. für Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen insbesondere im Internet und/oder
3. für Werbung im Bereich der Telekommunikation und/oder
4. für Netzwerk-Telekommunikation und/oder
5. für Bereitstellung und Auslieferung von Informationen insbesondere über Internetplattform und/oder
6. für Bereitstellung des Zugriffs auf Daten und Informationen in insbesondere globalen Netzwerken

zu benutzen;

und dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Hiergegen legte der Beklagte am 15.10.2007 Widerspruch ein, nachdem die Kammer zwischenzeitlich am 10.10.2007 den Anspruch der Klägerin im parallelen Hauptsacheverfahren (Az. 1 HK 0 8822/07) abgewiesen hatte.

Der Beklagte behauptet, er habe die Website nach seinem Spitznamen „Studi“, der sich aus einer Abkürzung seines Nachnamens herleite, benannt und könne deshalb und aufgrund Werktitelschutzes ältere Rechte an dem Kennzeichen „studi“ geltend machen, da er die Seite bereits seit 1998 betreibe. Sein Handeln sei rein privat erfolgt; wäre aber von Handeln im geschäftlichen Verkehr die Rede, müsse die Geschäftsbezeichnung „studi.de“, die der Beklagte auch jeweils als Überschrift über einzelne Dienstleistungen seines Webauftritts gestellt habe, als seine Geschäftsbezeichnung angesehen werden, so dass sich auch hieraus ältere Rechte gegenüber der Klagemarke der Klägerin ergeben würden.

Der Beklagte ist ferner der Ansicht, dass die Klagemarke von der Klägerin böswillig angemeldet wurde. Herr .., der kurze Zeit vor dieser Anmeldung bei ihm bzgl. eines Abkaufs der Domain angefragt habe, sei bei der Klägerin beschäftigt gewesen und zwar in verantwortlicher Position, wie sich aus den Anlagen B5 und B6 ergebe; insbesondere hab die Klägerin in ihrer Pressemitteilung vorn 11. Juli 2007 ihn selbst als „einen der beiden Mitgründer von studi.net bezeichnete“.

Die Markenanmeldung habe daher ersichtlich nur dazu gedient, ihm die Domain, die er nicht habe verkaufen wollen, abzunehmen.

Die Domain „studi.de“ würde vom Beklagten jedoch nicht markenmäßig genutzt, da der Verkehr die Bezeichnung „Studi“ keiner bestimmten Person zuordne, sondern die Domain als eine aus einem generischen Begriff gebildete Domain ansehen werde, da „Studi“ gemeinhin als Abkürzung für Student verwendet werde.

Aufgrund dieses allgemeinen Sprachgebrauchs sei die Bezeichnung auch freihalte – bedürftig und die Marke damit löschungsreif, was im Verletzungsprozess hinsichtlich des Schutzumfangs der Marke zu berücksichtigen sei.

Der Beklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München 1 vom 18.12.2006 aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I, Az. 1 HK 0 22408/07 bleibt aufrechtzuerhalten und den Widerspruch des Antragsgegners zurückzuweisen.

Sie behauptet, Herr … sei bei ihr nur als Praktikant beschäftigt gewesen. Die Pressemitteilung B6 habe nur dazu gedient, die bereits zuvor beschlossene Auslagerung des Projektes „studi.net“ auf die von Herrn ei und einer weiteren Person gegründeten „… AG“ vorzubereiten. Dieses Projekt sei auch streng zu trennen von dem von der Klägerin selbst verfolgten Geschäftskonzept zu „Studi“, über das Business-to-Business-Leistungen erbracht werden sollten. Herr … habe von der Markenanmeldung durch die Klägerin auch nicht gewusst.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe im geschäftlichen Verkehr gehandelt, da er bei der Verwendung des Zeichens „studi“ in seiner Domain und auch seinem Webauftritt, die eine markenmäßige Nutzung darstelle, jedenfalls fremde Geschäftsinteressen gefördert habe. Er habe die im Schriftsatz vom 19.12.2006 (Blatt 16/20 der Akte) im Einzelnen dargelegten Tatbestände der Markenklassen 35 und 38 der Nizzaer Klassifikation erfüllt, indem er insbesondere auf die kommerzielle Seite rtlhandyfun.rtl.de verlinkt und somit für die Firma RTL Werbung betrieben habe.

Nach Auffassung der Klägerin könne der Beklagte auch weder aus der Nutzung der Domain und seines dort betriebenen Webangebotes noch aus seinem Nachnamen „Studen…“ ältere Rechte herleiten, da die Seite weder Werktitelschutz genieße, noch der Beklagte selbst unternehmerisch tätig geworden sei (und daher auch keine Geschäftsbezeichnung für sich beanspruchen könne), noch ein Namensschutz für Spitznamen bestehe (wenn es überhaupt zutreffe, dass der Spitzname des Beklagten „Studi“ sei).

Da der Beklagte in der Antwort auf die Abmahnung aber — implizit durch seinen Verweis auf die Entscheidung des Großen Senats des BGH vom 15.07.05 — Gegenansprüche wegen Eingriffs in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb geltend gemacht habe, müsse er sich jedenfalls daran festhalten lassen, dass sein Handeln im geschäftlichen Verkehr erfolgt sei.

Insoweit seien auch die Anforderungen von der Kammer in ihrer Hauptsacheentscheidung vom 10.10.2007 zu hoch gesteckt worden. Es genüge jede Form der objektiven Förderung eigener oder fremder Geschäftszwecke. Daher könne auch nicht auf subjektive Aspekte abgestellt werden.

Der Beklagte habe auch bei früheren Gestaltungen seiner Website bereits Hinweise auf Drittunternehmen zugelassen (Werbung für Webspace der Strato AG, ASt9, und einleitender Hinweis, dass seine Website nicht diejenige eines Herrn Studen… sei, verbunden mit einem Link auf dessen Kochtopfangebot unter www.studionline.de, ASt 10) und damit deren Geschäftszwecke gefördert.

Allein die Tatsache, dass Veranstaltungshinweise auf der Seite enthalten waren und bei diesen auch noch die Links der Veranstalter genannt wurden, zeige, dass der Beklagte in den Geschäftsverkehr eingegriffen und somit im geschäftlichen Verkehr gehandelt habe.

Die Parteien haben im Übrigen gemäß § 137 III ZPO auf ihre vorbereitend gewechselten Schriftsätze und die Schriftsätze des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen markenrechtliche Ansprüche nach § 14 MarkenG nicht zu, da es schon an der Voraussetzung eines Handelns des Beklagten im geschäftlichen Verkehr fehlt und der Beklagte sich andernfalls auf ältere Rechte nach § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG berufen könnte; überdies müsste mit den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Verfahrens von bösgläubiger Markenanmeldung der Klägerin ausgegangen werden, so dass die Dringlichkeit der Durchsetzung von Ansprüchen aus dieser Marke entfiele.

I. Der Beklagte hat nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt.

1. Der Begriff des Handels im geschäftlichen Verkehr umfasst jede wirtschaftliche Betätigung, mit der in Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen am Erwerbsleben teilgenommen wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, Rdnr. zu § 14). Rein private Handlungen sind demgegenüber nicht dem geschäftlichen Verkehr zuzurechnen. Zur Abgrenzung von Privat- und Geschäftsverkehr verweist der BGH (z.B. GRUR 2002, 622, 624) darauf,

dass es für das Handeln im geschäftlichen Verkehr auf die erkennbar nach außen tretenden Zielrichtung des Handelnden ankommt. Dient das Verhalten nicht der Förderung der eigenen oder einer fremden erwerbswirtschaftlichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit, scheidet ein Handeln im geschäftlichen Verkehr aus (…). Das Verhalten ist dann ausschließlich dem privaten Bereich außerhalb von Erwerb und Berufsausübung zuzurechnen.

2. Bei Anwendung dieses Maßstabes steht für die Kammer außer Zweifel, dass hinsichtlich des Webauftritts des Beklagten im Ganzen und speziell der Verwendung des Zeichens „studi“ im Domainnamen und auf den Einzelseiten des Webauftritts eine auf Förderung der eigenen oder einer fremden erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit ausgerichtete Zielsetzung nicht zum Ausdruck kommt.

a) Auf eine solche Zielrichtung kann insbesondere nicht daraus geschlossen werden, dass der Beklagte innerhalb des von ihm eingebundenen, vom Anbieter www.wetter.de zur Verfügung gestellten, Wetter-Buttons die Existenz einer kleinen, mit einem link auf die Seite www.rtlhandyfun.de verknüpften, Werbefläche in Kauf nahm, durch die die kostenlose Nutzung dieses Dienstes finanziert wird:

Die Inanspruchnahme von Web-Diensten, die — gesponsert durch Werbung — kostenfrei angeboten werden, in einem ansonsten erkennbar privat ausgerichteten Webauftritt lässt — sofern, wie hier, alle sonstigen in eine solche Richtung weisenden Indizien fehlen — keine Zielrichtung erkennen, entweder selbst wirtschaftlich tätig zu werden oder gar eine fremde erwerbswirtschaftliche Tätigkeit zu fördern.

Die notwendig mit der Einbindung des Dienstes verbundene Werbung für den Sponsor ist weder Selbst- noch Hauptzweck, sondern schlicht die Folge des Wunsches, den betreffenden Dienst für die eigenen — hier erkennbar privat ausgerichteten — Belange zu nutzen. An keiner Stelle des Webauftritts des Beklagten, soweit die Klägerin diese in den oben wiedergegebenen Bildschirmdarstellungen vorgelegt und angegriffen hat, kommt eine erwerbwirtschaftliche Zielrichtung zum Ausdruck.

Auch aus den einschlägigen Kommentarfundstellen und der veröffentlichten Rechtsprechung lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass der vorliegende Sachverhalt anders zu beurteilen wäre:

aa) Sowohl Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 14 RdNr. 48 bzw. RdNr. 49 als auch Sträbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 14 RdNr. 30 lassen die Existenz von Bannerwerbung auf privaten Websites alleine nicht zur Begründung des Handelns im geschäftlichen Verkehr genügen. Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, Rdnr. 40-43 zu § 14 MarkenG und v. Schultz, Markenrecht, Rdnr. 9 zu § 14 MarkenG erwähnen die Fallkonstellation nicht.

bb) Das OLG Schleswig hatte schon im Jahr 2000 in der Entscheidung „SWABEDOO“, in einer der vorliegenden Sache sehr ähnlichen Konstellation entschieden, dass Werbeeinblendungen, die in Kauf genommen werden, um einen zu privaten Verwendung gewünschten Dienst nutzen zu können, unschädlich sind (MMR 2001, 399, 401):

„und schließlich bringt dem Beklagten auch die Werbung der Firma E. keine Vorteile, aus denen auf eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr geschlossen werden kann. Denn die Werbung dieser Firma hat der Beklagte nur akzeptiert, um auf seiner Homepage ein Gästebuch zu privaten Zwecken einrichten zu können, dessen Erstellung ihm selbst nicht möglich war. Im Ergebnis kann daher ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nicht festgestellt werden, so dass markenrechtliche Ansprüche ausscheiden.“

cc) Die Entscheidung des OLG Hamm („FTP Explorer“, MMR 2001, 611) geht demgegenüber von einem deutlich zu unterscheidenden Sachverhalt aus. Dort hatte der Beklagte die Klagemarke unmittelbar zur Bezeichnung des Links selbst verwendet, der auf ein fremdes eigenwirtschaftliches Angebot verwies, ein unter dieser Markenbezeichnung angebotenes Softwareprodukt herunterzuladen. Insoweit wurde die Marke auch vom- Beklagten zur Kennzeichnung eines fremden geschäftlichen Angebots genutzt. Hieran fehlt es aber vorliegend:

Weder nutzt der Beklagte die Klagemarke zur Bezeichnung des Links auf die erwerbswirtschaftliche Seite www.rtlhandyfun.de selbst, noch zur Bezeichnung des auf der linken Seite seiner Website eingebundenen Wetter-Buttons insgesamt. Dieser wird vielmehr durch die Kennzeichnung „wetter.de“ klar als ein Angebot dieses Dienstes ausgewiesen, so dass es an der vom OLG Hamm beanstandeten Nutzung einer fremden Marke zur Kennzeichnung eines Links auf einen geschäftlichen Dienst eines Dritten gerade fehlt. Allein die Tatsache, dass das angegriffene Zeichen „studi“ im Domainnamen des Beklagten und als Über- bzw. Hintergrundschrift auf den von ihm hierüber zugänglich gemachten Webseiten verwendet wird, stellt noch keine Nutzung dieses Zeichens zur Förderung fremder Geschäftszwecke dar, wenn weder diese Seiten selbst durch Werbeeinblendungen geprägt, noch der konkret beanstandete Link auf die Seite eines Dritten, die derartige Werbung enthält, mit dem Klagekennzeichen gekennzeichnet werden.

dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht bei Berücksichtigung der nun noch von der Klägerin für sich beanspruchten Entscheidung des LG Hamburg „luckystrike.de“, MMR 2000, 436 ff. geboten. Überträgt man das dort bemühte Bild des privaten Kfz als gewerblich genutzte Werbefläche auf den vorliegenden Fall, so würde sich die minimale Werbeeinblendung auf der hier zu beurteilenden Website allenfalls vergleichen lassen mit den Werbehinweisen auf Autohäuser u.ä., die bei privaten Kfz, die von gewerblichen Verkäufern für die Käufer zugelassen wurden, vielfach auf den von den Verkäufern zur Verfügung gestellten Nummernschildhalterungen anzutreffen sind. Niemand würde auf die Idee kommen, dem Halter eines privaten Kfz, der sein Fahrzeug mit Phantasienamen wie Trixi, Foxl oder ähnlichem versehen hätte, die Verletzung etwaiger gleichlautender Marken vorzuwerfen, weil er mit der Nutzung seines Kfz — nur aufgrund der Werbefläche auf dessen geschenkt erhaltenen Nummernschildhalterung — die Förderung fremder Geschäftstätigkeit bezweckt habe.

Genauso wenig wie eine solche Werbefläche die Nutzung eines — ansonsten privaten — Kfz zur geschäftlichen Handlung macht, ändert die Werbeeinblendung innerhalb des Wetter-Buttons den insgesamt privaten Charakter der vorliegend zu beurteilenden Website.

ee) Im Sinne der hiesigen Auffassung hatte das LG München I auch bereits mit Urteil vom 08.03.2001, MMR 2001, 545, 546, „saeugling.de“ entschieden:

Soweit der KI. … auf die kommerzielle Werbung des Providers „p.“ verweist, kann von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr noch nicht ausgegangen werden. Der Bekl. erzielt durch die Gestattung der Providerwerbung keine Einnahmen, sondern erspart sich nach seinem unbestrittenen Sachvortrag hierdurch höhere Providerkosten, die im Falle eines Webhosting-Providers zwangsläufig anfallen. Damit hat der Bekl. nicht aktiv die Werbung eines anderen zur Erzielung von Einnahmen geschaltet, sondern zur Verminderung seiner notwendigerweise anfallenden Kosten die Werbung seines Providers geduldet….

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Auch aus der Tatsache, dass der Beklagte unstreitig auf der über den Karteireiter „FSV Gelsenkirchen“ verlinkten Unterseite seines Auftritts Informationen des Flugsportvereins Gelsenkirchen zugänglich gemacht hat, lassen sich keine Hinweise auf ein Handeln zur Förderung eigener oder fremder geschäftlicher Tätigkeit entnehmen, da nicht dargetan ist, dass die Informationen und Angebote des Flugsportvereins, die der Beklagten wiedergegebenen hat, ihrerseits erwerbswirtschaftlicher Natur waren.

Bezeichnend ist insoweit, dass die vom Beklagten mit „st.udi.de Wetter“ überschriebenen Flugwetterdaten einen kommerziellen Link gerade nicht enthalten. Der auf der linken Seite eingeblendete Button mit Wetterinformationen ist hiervon räumlich deutlich abgehoben und nicht mit „studi.de“ überschrieben, sondern mit der Bezeichnung „wetter.de“, was für den Nutzer deutlich macht, dass hier die Einblendung eines fremden Dienstes genutzt wird.

c) Auch die vom Beklagten aufgenommenen Veranstaltungshinweise sind im Ergebnis noch dem privaten, jedenfalls aber dem ideellen Bereich zuzuordnen.

Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die Zielrichtung der Veranstaltungshinweise sich — entgegen der Bekundungen des Beklagten — nicht in der bloßen Information seiner Komilitonen über für Studenten interessante Events in der Region erschöpfte. Auch wenn man noch weitere Formulierungen als Abgrenzungskriterium heranzieht, als die oben unter 1. wiedergegebene des BGH, z.B. „Erfasst wird eine jede selbständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt“, vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, Rdnr. 41 zu § 14 MarkenG, würde der Beklagte mit derartigen Veranstaltungshinweisen den Privatbereich noch nicht notwendig verlassen haben:

Es steht vollkommen außer Frage, dass nicht jeder Hinweis einer Privatperson an andere über in nächster Zeit anstehende Veranstaltungen dem geschäftlichen Verkehr zuzurechnen ist; andernfalls würde hierunter auch das Gespräch am Gartenzaun fallen, sobald es sich mit den künftigen Partys in der Region befasst. Aber auch Informationen, die an ein breiteres Publikum gerichtet sind, müssen noch nicht auf eine Teilnahme am Erwerbsleben hindeuten.

So hat der BGH redaktionelle Berichterstattungen, in denen Markennamen erwähnt werden — auch wenn das Druckprodukt selbstverständlich erwerbswirtschaftlich veräußert wird — hinsichtlich der Wiedergabe des Markennamens als nicht im geschäftlichen Verkehr stehenden angesehen (GRUR 1965, 547, 548 „Zonenbericht“):

Die von der KI. behauptete Gefährdung ihres Firmennamens (Verwässerungsgefahr) wird durch § 16 UWG, der sich auf den Fall der Verwechslungsgefahr im geschäftlichen Verkehr bezieht, hier nicht erfasst; denn selbst wenn in der Nennung des Namens „VEB Zeiss (Jena)“ in einer den Betrieb in Jena betreffenden Pressemitteilung bereits eine Benutzung des Namens „Zeiss“ durch den Verlag gesehen werden könnte, in dem das die Mitteilung enthaltende Blatt erscheint, so würde es sich dabei jedenfalls nicht um eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr handeln.

Der vorliegende Fall liegt zwar insoweit anders, als der Markenname der Klägerin nicht in der Berichterstattung erwähnt wird, sondern die Berichterstattung selbst unter einer der klägerischen Marke entsprechenden Bezeichnung auf der gleichnamigen Domain erfolgt, dies allerdings wiederum, ohne selbst erwerbswirtschaftlich orientiert zu sein. Auch hält sich der Stil der Veranstaltungshinweise in seiner nüchternen Art eindeutig im Rahmen dessen, was bei einer redaktionellen Berichterstattung über anstehenden Veranstaltungen üblich ist und in einer Vielzahl von Print- und Onlinediensten zu finden ist, ohne dass diese in den Verdacht der gezielten Förderung der Einnahmeninteressen der Veranstalter von derartigen Events gerückt würden.

Auch die Tatsache, dass jeweils unter „Infos“ die Internet- Adressen der Veranstalter angegeben sind, auf denen sich naturgemäß Eigenwerbung für deren Veranstaltungen findet, ändert hieran nichts, da auch diese Angaben durch das Ziel einer neutralen, redaktionellen Information gedeckt sind und keinen Hinweis auf die gezielte Förderung fremder geschäftlicher Tätigkeit bilden.

Zu Recht nehmen überdies Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 14 RdNr. 51 auch Vereins- und Verbandstätigkeiten mit rein ideeller Zielsetzung vom geschäftlichen Verkehr aus. Dies kann mit gleichem Grund auch für die hier vorliegende Tätigkeit des Beklagten gelten.

Diese Tätigkeit unterscheidet sich auch wesentlich von derjenigen der Universität in dem vom OLG München am 3.2.2000 entschiedenen Fall „CDBench“, MMR 2000, 617. Dort war es um die Verteilung von Software gegangen, eine Tätigkeit, bei der die Vermutung gewerblicher Tätigkeit besteht, die dann auch im konkreten Fall nicht widerlegt werden konnte, da es sich nicht nur um ein Angebot an die Mitglieder des wissenschaftlichen Betriebes der Universität, sondern an jedermann handelte. Eine derartige Vermutung besteht aber bei Veranstaltungshinweisen nicht, da diese nicht primär gewerblichen Charakter haben.

Wenn der Dienst des Beklagten aber — wie von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27.11.2007, Seite 7, zweiter Absatz — als Onlinedienst angesehen würde, der im geschäftlichen Verkehr handelt, wäre diese Tätigkeit jedenfalls aber eine eigene geschäftliche Tätigkeit des Beklagten. Er wäre dann als Herausgeber eines geschäftlichen Veranstaltungsdienstes einzustufen, mit den unten unter II und III genannten Folgen, und würde nicht etwa nur fremde Geschäftsinteressen fördern.

d) Die von der Klägerin im vorliegenden Verfahren noch angeführten früheren Gestaltungen des Internetauftritts des Beklagten ASt 9 und 10 sind — abgesehen davon, dass es sich dabei teilweise auch um Sponsoring privat genutzten Webspaces geht — für die Entscheidung irrelevant, da sie sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem die Klägerin noch, nicht Inhaberin der Klagemarke war.

e) Allein aus der Tatsache, dass der Beklagte in der Reaktion auf die Abmahnung Gegenansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung geltend gemacht hat, kann nicht darauf geschlossen werden, dass er tatsächlich einen Gewerbebetrieb unterhält, der verletzt wurde. Eine explizite Behauptung eines solchen Betriebes lässt sich dem Schreiben zum einen schon nicht entnehmen, so dass auch schlicht ein Rechtsirrtum über die Voraussetzungen des Anspruchs wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung vorliegen könnte. Zum anderen hätte eine solche vorprozessuale Behauptung auch nicht zur Folge, dass der Beklagte hieran unabänderlich gebunden wäre und seine später im Prozess erfolgten Ausführungen nicht berücksichtigt werden dürften. Die Grundlage für die seinerzeit von der Kammer erlassene Verfügung ist daher auch aus tatsächlichen Gründen weggefallen.

II. Würde — etwa in Gestalt des Betriebes eines Onlinedienstes mit Veranstaltungs- und anderen Hinweisen — eine geschäftliche Tätigkeit des Beklagten vorliegen, deren Bezeichnung mit derjenigen der klägerischen Marke kollidiert, würde der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nach § 14 Abs. 2 MarkenG nicht zustehen, da sich der Beklagte auf die prioritätsälteren Rechte aus § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG berufen könnte.

Denn der Beklagte betreibt seinen Dienst bereits seit dem 29.10.1998 auf der Domain und unter der Bezeichnung „studi.de“. Dieser Bezeichnung, die sich als Überschrift des Webauftrittes insgesamt auf jeder von dessen Einzelseiten findet und zusätzlich in Kombination mit weiteren Ergänzungen zur Bezeichnung der einzelnen Unterangebote wie „studi.de — Wetter“ oder „studi.de — DUISBURG“ verwendet wird, würde im Fall geschäftlicher Tätigkeit der Charakter eines Unternehmenskennzeichens des vom Beklagten betriebenen Dienstes i.S.v. § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG zukommen. Das Recht aus dem Unternehmenskennzeichen würde gleichrangig neben dem Recht der Klägerin aus ihrer Marke stehen und diesem aufgrund seiner zeitlichen Priorität im Kollisionsfall vorgehen.

Die Kammer hält die Annahme, die Zielrichtung des Beklagten habe noch vor der Förderung der eigenen Tätigkeit auf der Förderung fremder geschäftlicher Tätigkeit gelegen, so dass die eigene Tätigkeit dem Beklagten keine eigenen Rechte verschaffen konnte, für eine — zwar vom gewünschten Ziel her nachvollziehbare, im Ergebnis aber nicht zutreffende — Konstruktion der Klägerin. Vom ganzen Aufbau des Webauftrittes des Beklagten ist erkennbar, dass die Vermittlung eigener Informationen im Vordergrund steht und dadurch allenfalls mittelbar und sekundär die Förderung fremder Geschäftsinteressen bewirkt wird. Der Auftritt stellt sich damit primär als Informationsportal des Beklagten dar und nicht als Vehikel zur Unterstützung fremder erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit. Zu den Einzelheiten siehe oben unter I.2.c).

III. Auf die Tatsache, dass im Rahmen des vorliegenden Verfügungsverfahren mangels besser Erkenntnismöglichkeiten auch von Böswilligkeit der Markenanmeldung der Klägerin auszugehen ist, kam es im Ergebnis daher aus den beiden oben genannten Gründen nicht mehr an.

Insoweit ist daher nur kursorisch auszuführen, dass zu der streitigen Frage, ob H. bei seiner Kaufanfrage für die Beklagte handelte, die Kammer nur von der Pressemitteilung B6 vom 11.07.2007 ausgehen konnte, da beide Parteien keine weiteren Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt haben; die Beweisangebote der Klägerin aus dem Hauptverfahren, auf die sie Bezug nimmt, sind im Verfügungsverfahren unbehelflich, da keiner der genannten Zeugen in der Verhandlung präsent war.

Da in der Pressemitteilung die Klägerin als Betreiberin der neuen Web 2.0 Plattform „studi.net“ und Herr W. als einer der beiden Mitbegründer von „studi.net“ genannt wird, ist im vorliegenden summarischen Verfahren aufgrund des ersten Anscheins davon auszugehen, dass die in engem zeitlichen Zusammenhang vom Beklagten negativ beschiedene Kaufanfrage des Herrn … vom 02.08.2006 und die Markenanmeldung der Klägerin vom 13.11.2006 in direktem Zusammenhang stehen und die Markenanmeldung somit mit dem Ziel erfolgte, die Domain des Beklagten in die eigene Verfügungsgewalt zu bekommen und den schutzwürdigen Besitzstand des Beklagten zu stören. Die Dringlichkeit der Durchsetzung einer somit für das vorliegende Verfahren als löschungsreif anzusehenden Marke entfällt damit. (Vgl. zur Berücksichtigung des Einwands der böswilligen Markenanmeldung im Verletzungsprozess: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. Rdnr. 62 zu § 2, sowie die Ausführungen des BGH in GRUR 2000, 1032, 1034 – „EQUI 2000″ – mit umfangreichen Literaturhinweisen: „Nach der Vorschrift des § 54 Abs. 1 MarkenG kann beim DPMA ein Antrag auf Löschung der Marke gestellt werden, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war, § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG. Dies schließt jedoch einen vor den ordentlichen Gerichten und nicht im Löschungsverfahren vor dem DPMA zu verfolgenden Anspruch aus § 1 UWG auf Einwilligung in die Löschung der Marke nicht aus.“ Im Verfügungsverfahren ist dieser Einwand auf der Ebene der Dringlichkeitsprüfung zu berücksichtigen.)

IV. Nebenentscheidungen:

1. Kosten: § 91 ZPO.

2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Ziff. 6, 711 ZPO.

(Unterschriften)

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