1. Im Eintragungsverfahren sind die Voraussetzungen der ersichtlichen Bösgläubigkeit im Sinne des §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 37 Abs. 3 MarkenG durch das DPMA festzustellen, nicht durch den Anmelder zu widerlegen. Der generelle Benutzungswille des Anmelders wird widerleglich vermutet.
2. Dass eine Marke für ein außerordentlich weites Spektrum von Waren und Dienstleistungen angemeldet ist und der Anmelder keinen eigenen, eine Nutzung ermöglichenden Geschäftsbetrieb hat, reicht für sich genommen nicht aus, die Vermutung seines generellen Benutzungswillen zu widerlegen.
BPatG, Beschluss vom 24.04.2012 – 33 W (pat) 122/09 – soulhelp
§§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 32 Abs. 2 Nr. 3, 37 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, § 20 MarkenV
Beschluss
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 028 397.4
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, die Richterin Dr. Hoppe und den Richter am Amtsgericht Dr. Wache am 24. April 2012
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. August 2009 aufgehoben.
Gründe
I.
Am 12. Mai 2009 hat die Anmelderin die Bildmarke
unter Beanspruchung der Farben Schwarz, Gelb, Grün, Rot und Blau für folgende Dienstleistungen angemeldet:
Klasse: 35
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten
Aktualisierung von Werbematerial; Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen; Auskünfte, Informationen und Ermittlungen in Handels- und in Geschäftsangelegenheiten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce; Betrieb einer Im- und Exportagentur; betriebswirtschaftliche Beratung; Buchführung; Buchprüfung; Dateienverwaltung mittels Computer; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben; Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Ersteilen von Steuererklärungen; Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet; Durchführung von Transkriptionen; Durchführung von Unternehmensverlagerungen; Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten; Marketing (Absatzforschung) für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility management); Erstellen von Abrechnungen (Büroarbeiten), Statistiken, betriebswirtschaftlichen Gutachten, Geschäftsgutachten, Rechnungsauszügen und Wirtschaftsprognosen; Erteilung von Auskünften (Information) und Beratung für Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten (Verbraucherberatung); Erteilung von Wirtschaftsauskünften, soweit in Klasse 35 enthalten; Fakturierung; heliografische Vervielfältigungsarbeiten; Herausgabe von Werbetexten; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing) Layoutgestaltung für Werbezwecke; Lohn- und Gehaltsabrechnung; Mannequindienste für Werbe- und verkaufsfördernde Zwecke; Marketing (Absatzforschung), auch in digitalen Netzen; Marktforschung; Meinungsforschung; Verkaufsförderung (Sales promotion) für Dritte; Nachforschung in Computerdateien (für Dritte); Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Organisationberatung in Geschäftsangelegenheiten; organisatorische Beratung; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Outsourcing-Dienste (Hilfe bei Geschäftsangelegenheiten); Personal-, Stellenvermittlung; Personalanwerbung; Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests; Personalmanagementberatung; Pflege, Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Plakatanschlagwerbung; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen, soweit in Klasse 35 enthalten; Planung und Überwachung von Unternehmensentwicklungen in organisatorischer Hinsicht; Planungen (Hilfe) bei der Geschäftsführung; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Preisermittlung für Waren und Dienstleistungen (Büroarbeiten); Preisvergleichsdienste; Sammeln und Zusammensteilen von themenbezogenen Presseartikeln; Schätzung von ungeschlagenem Holz; Schätzungen auf dem Gebiet der Wolle; Schaufensterdekoration; Schreibmaschinenarbeiten; Sekretariatsdienstleistungen; Sponsoring in Form von Werbung; Sponsorensuche; Stenografiearbeiten; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Telefonantwortdienst (für abwesende Teilnehmer); Telefonkostenabrechnung; Telemarketing (Absatzforschung); Textverarbeitung (Schreibdienste); Vermittlung von Zeitarbeitskräften; Unternehmensberatung; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Vermietung von Büromaschinen und -geraten , soweit in Klasse 35 enthalten; Vermietung von Fotokopiermaschinen, Verkaufsautomaten, Verkaufsständen; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung von Abonnements für Telekommunikationsdienste (für Dritte); Vermittlung von Adressen zu Werbezwecken; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Vermittlung von Mobilfunkverträgen (für Dritte); Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen, insbesondere auch von Sponsoring-Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten; Vermittlung von Werbe vertragen für Dritte (Sponsorensuche); Vermittlung von Zeitungsabonnements (für Dritte); Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Verwaltung fremder Geschäftsinteressen; Vervielfältigung von Dokumenten; Verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Unternehmensverwaltung von KFZ-Fuhrparks
Klasse: 36
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;
Abwickeln von Geldgeschäften mit Kreditkarten; Ausgabe von Debitkarten, Gutscheine, Wertmarken, Kreditkarten, Reiseschecks; Bankgeschäfte, auch mittels Onlinebanking; Beleihen von Gebrauchsgütern; Börsenkursnotierung; Clearing (Verrechnungsverkehr); Depotverwahrung von Wertsachen; Dienstleistungen eines Aktuar; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers, Finanz- oder Wertpapiermaklers sowie eines Versicherungsmaklers; Dienstleistungen von Rentenkassen; Effektengeschäfte; Einziehen von Außenständen (Inkassogeschäfte); Einziehen von Miet- und Pachterträgen; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility management); Erfassung, Abwicklung und Absicherung von Termingeschäften; Erstellung von Steuergutachten und -Schätzungen; Erteilung von Auskünften in Versicherungsangelegenheiten; Erteilung von Finanzauskünfte; Factoring; Feuerversicherungswesen; Finanzanalysen; finanzielle Beratung; Finanzielle Förderung; finanzielle Schätzungen (Versicherungs-, Bank-, Grundstücksangelegenheiten); finanzielles Sponsoring; Finanzierungen;
Finanzierungsberatung; Gebäudeverwaitung; Geldwechselgeschäfte; Geschäftsliquidationen (Finanzdienstleistungen); Gewährung von Teilzahlungskredite; Grundstücksverwaltung; Homebanking; Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien (Facility management); Inkassogeschäfte; Investmentgeschäfte; elektronischer Kapitaltransfer; Krankenversicherungswesen; Kreditvermittlung; Leasing; Lebensversicherungswesen; Lombardgeschäfte; Mergers- und Akquisitionsgeschäfte, nämlich finanzielle Beratung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie Unternehmensbeteiligungen; numismatische Schätzungen; Sammeln von Spenden für Dritte; Schätzen von Briefmarken, Schmuck, Immobilien, Kunstgegenständen sowie Schätzung von Reparaturkosten (Werteermittlung); Scheckprüfung; Seeversicherungswesen;
Sparkassengeschäfte; Übernahme von Bürgschaften, Kautionen; Unfallversicherungswesen; Vergabe von Darlehen; Vermietung von Büros (Immobilien); Vermietung von Wohnungen; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds; Vermittlung von Versicherungen; Vermögensverwaltung insbesondere auch durch Treuhänder; Verpachtung von landwirtschaftlichen Betrieben; Versicherungsberatung; Verwahrung von Wertstücken in Safes; Wohnungsvermittlung; Zollabfertigung für Dritte
Klasse: 41
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten
Anfertigung von Übersetzungen; Aufzeichnung von Videobändern; Ausbildungsberatung und Fortbildungsberatung sowie Erziehungsberatung; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Bereitstellen von Karaokeeinrichtungen; Berufsberatung; Betrieb einer Diskothek, Modellagentur für Künstler, Bücherbusses, Clubs (Unterhaltung oder Unterricht), Internats, Spielcasinos, Golfplätzen, Kindergärten (Erziehung); Filmvorführungen in Kinos; Betrieb von Museen (Darbietung, Ausstellungen); Betrieb von Nachtklubs, Spielhallen, Sportanlagen, Sportcamps, Varietetheatern, Vergnügungsparks, zoologischen Gärten; Coaching; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Dienstleistungen eines Fitnessstudios; Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Digitaler Bilderdienst; Dolmetschen der Gebärdensprache; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Durchführung von pädagogischen Prüfungen; Durchführung von Spielen im Internet; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Erstellen von Bildreportagen; Erstellen von Untertiteln; Unterricht; Fernkurse; Fernsehunterhaltung; Fernunterricht; Filmproduktion; Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Fotografieren; Glücksspiele; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte), insbesondere Statistiken; Herausgabe von Verlagsdruckerzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet (ausgenommen für Werbezwecke); Auskünfte über Veranstaltungen (Unterhaltung); Kalligrafiedienste; Komponieren von Musik; Layoutgestaltung, außer für Werbezwecke; Mikroverfilmung; Montage (Bearbeitung) von Videobändern; Musikdarbietungen (Orchester); Online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Organisation, Veranstaltung und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen, Konferenzen, Kongressen, Konzerten, Kolloquien, Seminaren, Workshops (Ausbildung) und Symposien; Party-Planung (Unterhaltung); Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Produktion von Shows; Synchronisation;Theateraufführungen; Ticketvorverkauf für Unterhaltungsveranstaltungen; Tierdressur; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Bällen, Lotterien, Schönheitswettbewerben, Unterhaltungsshows (Künstleragenturen und Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung)); Verfassen von Drehbüchern; Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte); Verleih von Büchern (Leihbücherei); Vermietung von Audiogeräten, Beleuchtungsgeräten für Bühnenausstattung und Fernsehstudios, Bühnendekoration, Camcordern, Sportausrüstungen (ausgenommen Fahrzeuge), Sporttaucherausrüstungen, Stadien, Tennisplätzen, Theaterdekoration, Tonaufnahmen, Videokameras; Veröffentlichung von Büchern; Videofilmproduktion; Videoverleih (Bänder); Zeitmessung bei Sportveranstaltungen; Zirkusdarbietungen; Zusammenstellung von Fernsehprogrammen und Rundfunkprogrammen; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten.
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat mit Schreiben vom 15. Juli 2009 der Anmelderin gegenüber beanstandet, dass das absolute Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorliege. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis bestehe im Wesentlichen aus der bloßen Übernahme sämtlicher für die Klassen 35, 36 und 41 in der Suchdatenbank des DPMA aufgeführten, überhaupt nur möglichen Waren- und Dienstleistungsbezeichnungen. Ein ernsthafter Benutzungswille könne nach Sachkunde und Lebenserfahrung nicht angenommen werden, da eine solche umfangreiche (selbst auch nur geplante) Nutzung oder Lizensierung als unmöglich erscheine. Es handle sich um eine sogenannte „Hinterhaltsmarke“.
Die Anmelderin hat sich auf die Beanstandung hin zwar zur Unterscheidungskraft und zum fehlenden Freihaltungsbedürfnis geäußert, ist aber nicht auf die beabsichtigte Nutzung der Anmeldung eingegangen.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat daraufhin mit Beschluss vom 7. August 2009 die Anmeldung zurückgewiesen. Eine erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, dass an der zuvor geäußerten Auffassung festzuhalten sei.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie beantragt u. a.,
den Beschluss aufzuheben und die Marke zum Aktenzeichen 30 2009 028 397.4/36 einzutragen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Eintragung einer Marke keinen generellen, von Amts wegen prüfbaren Benutzungswillen voraussetze; vielmehr sehe das Markenrecht eine „Benutzungsschonfrist“ vor. Zum Zeitpunkt der Anmeldung müsse noch keine zwingende Benutzung vorgesehen sein, sondern diese dürfe sich erst entwickeln. Aus dem Fehlen der Benutzungsabsicht ergebe sich noch kein Rechtsmissbrauch. Für die klassenweise Anmeldung von Waren und Dienstleistungen gebe es sachliche Gründe, diese sei auch weithin üblich. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Anmeldung ausschließlich mit Oberbegriffen oder unter Einbeziehung der Unterbegriffe erfolge. Die Anmelderin selbst habe sehr wohl eine „allgemeine (neutrale)“ und „konkretisierende“ Benutzungsabsicht. Das ergebe sich aus ihrer Domain „Soulhelp.de“.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das absolute Schutzhindernis der bösgläubigen Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) liegt nicht vor.
1.
Eine Marke ist u. a. dann bösgläubig angemeldet, wenn der Anmelder keinen eigenen Benutzungswillen hat, sondern lediglich allein den Marktzutritt eines Dritten verhindern will („Spekulationsmarke“ oder „Hinterhaltsmarke“; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage 2012, § 8 Rn. 688).
Grundsätzlich wird im Eintragungsverfahren der generelle Benutzungswille des Anmelders widerleglich vermutet (BGH GRUR 2001, 242 Nr. 38 – Clase E; BGH GRUR 2009, 780 Nr. 19 – Ivadal). Es ist nicht Sache des Anmelders, seinen Benutzungswillen zu belegen; vielmehr hat das DPMA die erforderlichen Feststellungen zu treffen (BPatG 28 W (pat) 588/10). Maßgeblich ist, ob sich eine Behinderungsabsicht nach der Lebenserfahrung aufdrängt (Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 687). Die darüber hinaus erforderliche Behinderungsabsicht ist ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das anhand aller erheblichen objektiven Umstände festgestellt werden muss (EuGH GRUR 2009, 763 – GOLDHASE Lindt; BGH GRUR 2001, 242 – Classe E).
Die Zurückweisung einer Anmeldung kann nur dann auf § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt werden, wenn das Fehlen des Benutzungswillens und die weiteren Voraussetzungen der Bösgläubigkeit ersichtlich sind (§ 37 Abs. 3 MarkenG), also ohne unfangreiche und zeitraubende Ermittlungen aus den zur Verfügung stehenden Informationsquellen festgestellt werden können (Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 680).
Wenn die Marke für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldet worden ist, so kann darin zwar ein Indiz für eine Behinderungsabsicht zu sehen sein (Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 688); es handelt sich aber um ein schwaches Indiz, das für sich genommen die Behinderungsabsicht nicht belegt (BPatG 28 W (pat) 588/10). Weiter kommt es darauf an, ob die markenmäßige Benutzung ernsthaft und nachvollziehbar geplant ist, oder ob Marken lediglich „gehortet“ werden (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 211; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 688). Für eine Behinderungsabsicht spricht es, wenn die angemeldete Marke ganz oder überwiegend beschreibenden Charakter hat oder sich einer Beschreibung annähert, oder wenn sie einem nicht formal geschützten Zeichen ähnelt, das bereits verwendet wird oder dessen Verwendung durch Dritte naheliegt (vgl. BGH GRUR 2008, 621 – AKADEMIKS; BGH GRUR 2009, 780 – Ivadal; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 690). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Anmelder einen eigenen Geschäftsbetrieb hat; denn eine Benutzungsabsicht ist auch dann gegeben, wenn die Marke Dritten zur Benutzung überlassen werden soll (BGH GRUR 2001, 242 – Classe E).
2.
Gemessen an diesem Maßstab kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, dass die Marke ersichtlich bösgläubig angemeldet worden ist.
Die Marke ist zwar für ein außerordentlich weites Spektrum an Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 41 angemeldet worden. Dies ist jedoch vom Gesetz ausdrücklich zugelassen, wobei dem Anmelder nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG und § 20 MarkenV i. V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG die Wahl bleibt, durch die Beanspruchung der Oberbegriffe der Nizzaer Klassifikation möglichst alle Dienstleistungen einer Klasse zu erfassen, oder lieber alle unter diese Oberbegriffe fallenden Kategorien von Dienstleistungen im Einzelnen detailliert aufzuzählen. Beide Vorgehensweisen tragen dem registerrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung und gewährleisten die Publizitätsfunktion des Markenregisters. Im Übrigen ist ein Anmelder nicht auf drei Klassen beschränkt, er kann vielmehr bei Bezahlung der entsprechenden Klassifikationsgebühren nach dem PatKostG (Anlage zum Gebührenverzeichnis Nr. 331 300) auch weitere Klassen beanspruchen, ja sogar alle 45 Klassen der Nizzaer Klassifikation, was in der Praxis gar nicht so selten geschieht. Allein aus der Beanspruchung einer Vielzahl von einzelnen Waren und Dienstleistungen oder von Klassen mit ihren Oberbegriffen lässt sich ein bösgläubiges Verhalten nicht ableiten.
Die Anmelderin kann nämlich die Absicht haben, die Anmeldung oder die Marke ganz oder teilweise an einen oder mehrere Dritte zu übertragen oder Lizenzen an ihr zu erteilen. In diesem Fall kann die Marke in Zukunft sehr wohl im gesamten Bereich der in der Anmeldung benannten Dienstleistungen verwendet werden. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber bewusst geschaffen, als er sich von der im alten WZG noch vorgeschriebenen Bindung zwischen Markenanmeldung und Geschäftsbetrieb im MarkenG gelöst hat.
Die Internetrecherche des Senats hat ergeben, dass die Anmelderin nach ihren eigenen veröffentlichten Angaben eine private Kinderhilfe betreibt. Das geschieht in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins (Soulhelp e.V.). Die Anmelderin ist Sängerin und Songschreiberin. Der Verein verkauft Kunstobjekte; ein Teil des Verkaufserlöses wird für Kinder in Not und für Menschen mit Behinderung gespendet. Auch Musik der Anmelderin kann über die Homepage des Vereins heruntergeladen werden. Auch ein ideeler, karitativer Verein, der keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, kann eine Marke in der Öffentlichkeit ernsthaft benutzen (EuGH GRUR 2009, 156 – Radetzky).
Auf Antrag der Anmelderin ist im Jahr 2007 die Marke soulrank-records eingetragen worden. Ein Antrag auf Eintragung der Wortmarke „Soul-help“ ist wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anmelderin noch weitere Marken angemeldet hat und somit Marken „hortet“.
Unter diesen Umständen erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass die hier verfahrensgegenständliche Marke ganz oder teilweise an Dritte übertragen oder lizenziert werden, und dass durch die Einnahmen die Arbeit des Vereins gefördert werden kann. Das kann nicht als lebensfern und ausgeschlossen betrachtet werden.
Auch andere Indizien für eine Behinderungsabsicht liegen nicht vor. Die Anmeldung hat als Bildmarke ein vergleichsweise hohes Gestaltungsniveau. Dass sie bereits verwendeten Zeichen ähnelt, oder dass die Verwendung ähnlicher Zeichen durch Dritte naheliegt, ist vom DPMA nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Im Übrigen dient die Bösgläubigkeitsprüfung nicht der von Amts wegen erfolgenden Vorwegnahme eines späteren, nur auf Antrag eines Beteiligten einzuleitenden Widerspruchsverfahrens.
Ob die angemeldete Marke in dem seit der Anmeldung vergangenen Zeitraum von über drei Jahren verwendet worden ist, ist unerheblich. Gerade dann, wenn eine Verwertung mit Hilfe von Dritten beabsichtigt sein sollte, liegt die Annahme nahe, dass das erst dann geschehen soll, wenn die Marke eingetragen und somit registerrechtlich geschützt ist.
3.
Die Beschwerde hat aus diesen Gründen Erfolg, soweit sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt. Die Eintragung der Marke kann der Senat nicht anordnen; die Sache ist vielmehr zur weiteren Prüfung an das DPMA zurückzugeben (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 70 Rn. 16).
Die Überprüfung der Dienstleistungsbegriffe und der Klassifizierung bleibt dem DPMA vorbehalten.
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