Der Eintragung des Zeichens RCQT (Reconquista) als Marke steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegen. Das angemeldete Zeichen enthält eine fremdenfeindliche Aussage und verstösst damit gegen die guten Sitten.
Es ist grundsätzlich dem Eindruck entgegenzuwirken, Marken mit anstößigem Inhalt könnten staatlichen Schutz erfahren. Ziel des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG ist es nicht, nur Begriffe oder Zeichen zurückzuweisen, die unter keinen Umständen benutzt werden dürften. Die Einräumung eines staatlichen Monopolrechts an einer fremdenfeindlichen, rassistischen oder religiös diffamierenden Aussage widerspricht den gesellschaftlichen Wertvorstellungen beachtlicher Teile des deutschen Publikums.
Zum Hintergrund von RCQT: T-Shirt-Motive von „Reconquista reloaded“ – Hassrätsel für die Szene
BPatG, Beschluss vom 03.03.2011 – 27 W (pat) 554/10 – RCQT (Reconquista)
§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 048 388.4 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 3. März 2011 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin am Landgericht Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gr ü n d e
I.
Die Anmeldung der Wort-Bild-Marke (schwarz/weiß)
für folgende Waren
18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;
24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken;
25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 zurückgewiesen.
Das ist damit begründet, die Zurückweisung erfolge auf den Beanstandungsbescheid vom 20. Oktober 2009, der besagte, das angemeldete Zeichen verstoße gegen die guten Sitten, so dass ihm das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegenstehe. Die Abkürzung „rcqt“ stehe für „reconquista“, für die Rückeroberung der Iberischen Halbinsel und im heutigen Sprachgebrauch für rassistische, islamfeindliche Botschaften. Dazu hat die Markenstelle auf Fundstellen verwiesen, in denen die Rede davon ist, wie zur Zeit der Reconquista müssten die Europäer ihren angestammten Lebensraum zurückerobern. Dazu gehöre es, Überfremdungsregime zum Teufel zu jagen, um dann anschließend die Heimreise der unwillkommenen raum-, bluts- und kulturfremden Einwanderer sozialverträglich organisieren zu können.
Auf diese im Amtsbescheid vom 20. Oktober 2009 dargelegten Gründe habe sich die Anmelderin nicht geäußert. Eine erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage führe zu keiner abweichenden markenrechtlichen Beurteilung. Das Zeichen sei zudem ein freihaltungsbedürftiger Sachhinweis und als Abdruck eines Wappens sowie einer Flagge ohne jede Unterscheidungskraft.
Die Anmelderin hat am 4. Februar 2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft liege vor. RCQT sei nicht freihaltungsbedürftig, da es Nichts beschreibe.
Das Zeichen zeige auch keine staatlichen Wappen oder Flaggen. Ob es sich um eine leicht veränderte Darstellung des Eisernen Kreuzes handle, sei nicht relevant, weil es sich dabei um kein NS-Symbol handle. Das Zeichen könne nicht mit dem Gedankengut von Neonazis in Verbindung gebracht werden. Das Akronym RCQT sei in Deutschland unbekannt und stehe für ein unübliches Wort aus einer hierzulande nicht weit verbreiteten Sprache. Markenhintergrund sei eine Rückeroberung im Sinn der Idee der „kulturellen Hegemonie“ fußend auf der Idee des italienischen Philosophen Antonio Gramsci.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II.
Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin eine mündliche Verhandlung nicht – auch nicht hilfsweise – beantragt hat und der Senat sie nicht für erforderlich hält. Die Anmelderin hatte ausreichend Gelegenheit, ihre am 12. März 2010 eingelegte Beschwerde zu begründen.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg; auch nach Auffassung des Senats steht einer Registrierung der angemeldeten Marke § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegen.
Marken verstoßen gegen die guten Sitten, wenn sie geeignet sind, das Empfinden eines beachtlichen Teils der Verbraucher zu verletzen, indem sie sittlich, politisch und religiös anstößig wirken oder eine grobe Geschmacksverletzung enthalten. Maßgeblich ist insoweit die Auffassung der Gesamtheit der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, wobei weder eine übertrieben laxe noch eine besonders feinfühlige Ansicht entscheidend ist (vgl. BPatG, Beschluss vom 16.10.2002, Az.: 24 W (pat) 140/01 – Dalai Lama). Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die maßgebliche Auffassung der Verbraucher von einer fortschreitenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral geprägt ist. Dies betrifft aber nicht politisch diffamierende, rassistische oder frauenverachtende Äußerungen (vgl. BPatG, Beschluss vom 26.11.1997, Az.: 26 W (pat) 107/97 – Schenkelspreizer).
Die Abkürzung „rcqt“ steht, wie die Markenstelle ausreichend belegt hat für „reconquista“. Dieses Wort ist in Deutschland nicht so unbekannt, wie die Anmelderin meint. Zwar stammt es aus dem lateinisch-spanischen Sprachfeld. Es hat aber eine auch in Deutschland bekannte Bedeutung und steht in der Geschichtswissenschaft für eine historische Phase der Geschichte Spaniens.
Wohl weil es dabei um den Kampf zwischen Parteien ging, die auch unterschiedliche Religionen hatten, steht RCQT, wie die Markenstelle belegt hat, im heutigen Sprachgebrauch für islamfeindliche Botschaften. Die dem zu Grunde liegenden Rechercheergebnisse beruhen nicht darauf, dass die Markenstelle nach „Reconquista / rcqt und Nazi“ gesucht hat. Auch Recherchen unter dem Stichwort RCQT in Alleinstellung führen zu diesen Ergebnissen.
Einen davon wegführenden Bezug zu Antonio Gramsci hat RCQT nicht. Der sardische Philosoph und Gründer der Kommunistischen Partei Italiens, der während der Zeit des Faschismus jahrelang inhaftiert war, hat keinen Bezug zur Reconquista. Wenn die Anmelderin, was sie allerdings nicht vortragen hat lassen, solche Bezüge annehmen würde, fänden diese jedenfalls in dem angemeldeten Zeichen keinen Bezug und wären als subjektive Motive der Anmelderin für die Prüfung der Schutzfähigkeit ohne Belang. Dies gilt auch für Gramscis Gedanken zur „Hegemonie“, die keinen Bezug zur historischen „Rückeroberung Spaniens“ hatten.
Auch die in dem angemeldeten Zeichen enthaltene Graphik hat keine von einer wegführende Wirkung, zumal sie eher militant wirkt.
Auch ist grundsätzlich dem Eindruck entgegenzuwirken, Marken mit anstößigem Inhalt könnten staatlichen Schutz erfahren. Ziel des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG ist es nicht, nur Begriffe oder Zeichen zurückzuweisen, die unter keinen Umständen benutzt werden dürften. Die Einräumung eines staatlichen Monopolrechts an einer fremdenfeindlichen, rassistischen oder religiös diffamierenden Aussage widerspricht den gesellschaftlichen Wertvorstellungen beachtlicher Teile des deutschen
Publikums.
Dass viele von Textil- und Lederwaren sowie Bekleidung angesprochene Verbraucher den Sinn von RCQT nicht kennen werden, kann ebenso wenig zum Markenschutz führen, wie die Annahme, dass diejenigen, die mit dem Ausdruck und den damit verbundenen Ideen vertraut sind und spezielle Produkte erwerben, um ihren Anschauungen Ausdruck zu verleihen, keinen Anstoß nehmen. Dabei ist auch zu bedenken, dass Markenschutz dazu führen würde, dass ein weiteres Publikum als bisher mit diesem Begriff und den dahinterstehenden Anschauungen konfrontiert würde, und dann Anstoß nähme. Deshalb kann es für die Beurteilung der Verkehrsauffassung nicht auf eine Mehrheit im rechnerischen Sinn ankommen, sondern darauf, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Kreise, zum Einen die Verwendung des Zeichens als anstößig betrachtet, und sich zum Anderen daran stören würde, wenn das Zeichen durch die Eintragung als Marke den Anschein amtlicher Bestätigung erhielte (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 8 Rn. 278).
Ob auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegeben ist, kann dahingestellt bleiben.
Unterschriften
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