BPatG, Beschluss vom 19.09.2007 – 29 W (pat) 27/06
§ 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG
Die Prüfung eines als Bildmarke angemeldeten Zeichens durch das DPMA anhand der Kriterien für eine abstrakte Farbkombinationsmarke stellt eine falsche verfahrensrechtliche Behandlung dar. Für eine farbige Bildmarke gelten andere Prüfungskriterien als bei abstrakten Farbmarken. Dies führt zur Zurückverweisung an das DPMA und erneuten Entscheidung gem. § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG.
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 305 48 819.8
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker sowie die Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Januar 2006 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die Waren „Bild- und Tonträger, ausgenommen unbelichtete Filme; Datenträger (soweit in Klasse 09 enthalten) mit darauf gespeicherten Daten, Nachrichten und allgemeinen Informationen; Datenträger zur Wiedergabe von Ton und Bild; CD-ROMs, DVDs, CDs; Datenverarbeitungsgeräte; Druckereierzeugnisse aller Art, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Reiseführer; Behälter und Geräte für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Por-zellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.
2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
Die Bildmarke
…
ist für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 21, 25, 38, 41 und 42 angemeldet zur farbigen Eintragung in den Farben Gelb-Orange.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2006 hat die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung als abstrakte Farbmarke wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen für die Waren „Bild- und Tonträger, ausgenommen unbelichtete Filme; Datenträger (soweit in Klasse 09 enthalten) mit darauf gespeicherten Daten, Nachrichten und allgemeinen Informa-tionen; Datenträger zur Wiedergabe von Ton und Bild; CD-ROMs, DVDs, CDs; Datenverarbeitungsgeräte; Druckereierzeugnisse aller Art, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Reiseführer; Behälter und Geräte für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzel-lan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die angemeldete Marke zwar den Anforderungen an die Markenfähigkeit und die grafische Darstellbarkeit genüge. Da die beanspruchten Waren aber unterschiedlichste Farbgestaltun-gen aufweisen könnten und der Verkehr außerdem an eine vielfältige werbliche Verwendung von Farben und Farbkombinationen gewöhnt sei, werde er der beanspruchten Farbkombination keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass die Markenstelle ihrer Entscheidung nicht die beantragte farbige Bildmarke zugrunde gelegt habe, sondern von einer abstrakten Farbmarke ausgegangen sei. Für die beanspruchte Bildmarke bestünden keine Schutzhindernisse, da ihr für die in Rede stehenden Waren jeglicher warenbeschreibende Bezug fehle und sie auch nicht als Sachhinweis auf bestimmte Merkmale dieser Waren geeignet sei.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen, weil das Deutsche Patent- und Markenamt über eine andere als die beantragte Marke entschieden hat (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
1. Die Anmelderin hat klar und eindeutig die Eintragung einer farbigen Bildmarke beantragt, in dem sie im Antragsvordruck die Markenform „Bildmarke“ und für die Markenwiedergabe die farbige Eintragung angekreuzt sowie die Farben Gelb-Orange einschließlich der zugehörigen Farbklassifikationsnummern benannt hat (§ 32 Abs. 3 MarkenG i. V. m. §§ 6 Nr. 2, 8 Abs. 1 S. 2 MarkenV). Auch nachdem die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse beanstandet wurde, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2005 nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie Schutz für eine farbige Bildmarke beansprucht. Da es sich bei der Eintragung einer Marke um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt handelt, der einen entsprechenden Antrag voraussetzt, war die Markenstelle an diese Bestimmung der Markenform gebunden und durfte für die Prüfung der Schutzfähigkeit nicht eine abstrakte Farbmarke zugrunde legen (vgl. BPatG 29 W (pat) 179/04 – Pettersson und Findus). Dem steht nicht entgegen, dass sich die Anmelderin zur Begründung ihres Eintragungsbegehrens ausschließlich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schutzfähigkeit abstrakter Farbmarken bezogen hat. Für die Bestimmung des Anmeldegegenstands kommt es allein auf den am Anmeldetag eingereichten Eintragungsantrag an (vgl. BGH GRUR 2007, 55 – Farbmarke gelb/grün II). Die Entscheidung über eine andere als die beantragte Marke ist daher verfahrensfehlerhaft und stellt keine Entscheidung in der Sache dar.
2. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit der beanspruchten Marke wird das Deutsche Patent- und Markenamt zu berücksichtigen haben, dass sich eine farbige Bildmarke, bei der Farbverteilung und flächenmäßige Begrenzung durch die konkrete Abbildung festgelegt sind, wesensmäßig von einer abstrakten, konturunbestimmten Farbmarke unterscheidet (vgl. BPatG GRUR 2005, 1056 – zweifarbige Kombination Dunkelblau/Hellblau; 29 W (pat) 52/01 – rotes Parallelogramm). Der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aufgestellte Erfahrungssatz, dass die Verbraucher nicht daran gewöhnt sind, allein aus der Farbe einer Ware oder ihrer Verpackung auf die betriebliche Herkunft der mit der Farbe gekennzeichneten Waren zu schließen, kommt deshalb nicht zur Anwendung (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 65 – Libertel; GRUR 2004, 858, Rn. 38 f. – Heidelberger Bauchemie GmbH). Es gelten vielmehr die für alle Markenformen maßgeblichen Anforderungen, nämlich tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob die beanspruchte Marke für die verfahrensgegenständlichen Waren eine beschreibende Bedeutung hat oder aus anderen Gründen vom angesprochenen Publikum nicht als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Lässt sich aber nicht feststellen, dass farbige Vierecke, die aus verschiedenen Abstufungen eines Gelbtons zusammengesetzt sind, für die hier einschlägigen Waren eine beschreibende Bedeutung aufweisen, als werbliches oder dekoratives Gestaltungsmittel gebräuchlich sind oder eine bloße Abbildung dieser Waren darstellen (vgl. BPatG 29 W (pat) 52/01 – rotes Parallelogramm; 24 W (pat) 137/04 – Sternenmuster), so kann der Marke die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war aus Gründen der Billigkeit anzuordnen, weil der Beschluss der Markenstelle auf einem Verfahrensfehler beruht und das Beschwerdeverfahren bei ordnungsgemäßer Bearbeitung hätte vermieden werden können (§ 71 Abs. 3 MarkenG).
(Unterschriften)
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