Der Eintragung der angemeldeten Marke KAUFMANN in der graphischen Ausgestaltung, dass der Buchstabe „K“ rötlich und Anfangs- bzw. Endbuchstabe etwas größer als die übrigen Buchstaben dargestellt sind, steht hinsichtlich der Dienstleistungen „Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Forschungen auf dem Gebiet der Technik“ das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen.
Freiberufler, Wissenschaftler und Künstler können ihre Tätigkeit so betreiben, dass nach außen hin ein gewerbliches Unternehmen vorliegt und auch Freiberufler Gewerbetreibende im Sinne des HGB sind. Der Verkehr wird daher auch im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen annehmen, dass sie im Rahmen eines gewerblichen und kaufmännischen Unternehmens erbracht werden.
BPatG, Beschluss vom 30.04.2009 – 25 W (pat) 12/07 – KAUFMANN
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 305 71 253
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems sowie des Richters Merzbach und der Richterin Bayer
beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
ist am 29. November 2005 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden und begehrt noch Schutz für die Dienstleistungen:
„Aus-, Fort- und Weiterbildung; Veranstaltung und Leitung von Seminaren, Kolloquien, Symposien; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherche- und Entwicklungsdienste bzgl. neuer Produkte (für Dritte); Schlichtungsdienstleistungen; Verwaltung von Urheberrechten; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten (für Dritte); Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Überwachungsdienstleistungen im Bereich des geistigen Eigentums; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Dienstleistung von Ingenieuren; Forschungen auf dem Gebiet der Technik“.
Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2008 wurde die Anmeldung durch eine Prüferin des höheren Dienstes gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Bei „Kaufmann“ handle es sich im allgemeinen Sprachgebrauch um die Bezeichnung für eine Person, die eine kaufmännische Lehre abgeschlossen habe und beruflich Handel, Kauf und Verkauf betreibe. Die Bezeichnung stelle einen Basisbegriff der Rechts-und Wirtschaftssprache dar. Soweit der Anmelder vortrage, dass dieses Wort hinsichtlich der nunmehr noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend sei, sei dem entgegenzuhalten, dass auch nicht beschreibenden Angaben die Unterscheidungskraft fehlen könne, so u. a. gebräuchlichen Bezeichnungen, die vom Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden würden. Dies müsse hinsichtlich der (Berufs-)Bezeichnung „Kaufmann“ bejaht werden. In dem Umstand, dass die Bezeichnung auch als Familienname Verwendung finde, liege keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit. Im Zusammenhang mit dem gewerblichen Anbieten von Dienstleistungen entnehme der Verkehr eine eindeutige Sachaussage. Die konkrete angemeldete Form führe als typografie- und werbegrafikübliche Hervorhebungsgestaltung nicht von der ausgesprochen bekannten und gebräuchlichen kaufmännischen Basisberufsbezeichnung „Kaufmann“ weg.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle des DPMA aufzuheben.
Der Verkehr nehme eine Marke in ihrer Gesamtheit mit allen Bestandteilen so auf, wie sie ihm entgegentrete (hier also als Patent- und Rechtsanwaltskanzlei), ohne sie einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen. Dieser Kontext sei nicht berücksichtigt worden. Hinzu komme, dass die Unterscheidungskraft einer Marke nur im Hinblick auf die Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden sei, zu betrachten sei. Bezogen auf die konkreten Dienstleistungen, die nie von einem Kaufmann erbracht würden, liege konkrete Unterscheidungskraft vor. Die von der Markenstelle vorgenommene Verneinung der Unterscheidungskraft setze tatsächliche Feststellungen voraus, aus denen sich ergebe, dass der Verkehr das Zeichen für die bestimmten Dienstleistungen nicht als Herkunftsbezeichnung wahrnehme. Dieser Nachweis sei nicht geführt und werde als unbegründetes Werturteil zurückgewiesen. Unterscheidungskraft könne sich auch dann ergeben, wenn es naheliegende praktisch bedeutsame -und damit übliche -(z. B. hier KAUFMANN Patent-und Rechtsanwälte) Bezeichnungen gebe, die der Verkehr als Marke empfinde, zumal es sich hier um eine Wort-/Bildmarke handle.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Anmelder ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn der Eintragung der angemeldeten Marke steht zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist. Dies können allgemeine Verkehrskreise sein, insbesondere können aber auch Unternehmen und Fachleute die Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 – Biomild).
Bei dem Begriff „Kaufmann“ handelt es sich um die Bezeichnung für eine Person, die eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hat und beruflich Handel, Kauf und Verkauf betreibt (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. Bd. 5, S. 2083). Die Bezeichnung stellt zudem einen Basisbegriff der Rechts- und Wirtschaftssprache dar, nämlich den Begriff des Kaufmanns im Sinne des HGB, also jemand, der ein Handelsgewerbe betreibt. Die angemeldeten Dienstleistungen können alle in der Weise erbracht werden, dass der Verkehr davon ausgeht, die Dienstleistungen werden durch ein gewerbliches Unternehmen bzw. einen Kaufmann erbracht, so dass der Begriff nur als solcher und nicht als betriebskennzeichnender Herkunftshinweis verstanden wird. Dies gilt auch hinsichtlich der Dienstleistungen „Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Forschungen auf dem Gebiet der Technik“. Auch wenn diese Dienstleistungen z. B. von Angehörigen freier Berufe erbracht werden und nach dem historisch gewachsenen Berufsbild und der Verkehrsanschauung freie Berufe, Wissenschaft und Kunst kein Gewerbe darstellen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl. § 1 Rdn. 19), ist der angemeldete Begriff nicht unterscheidungskräftig. Freiberufler, Wissenschaftler und Künstler können ihre Tätigkeit so betreiben, dass nach außen hin ein gewerbliches Unternehmen vorliegt und auch Freiberufler Gewerbetreibende im Sinne des HGB sind (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl. § 1 Rdn. 20). Der Verkehr wird daher auch im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen annehmen, dass sie im Rahmen eines gewerblichen und kaufmännischen Unternehmens erbracht werden.
Darüber hinaus können die Dienstleistungen „Aus-, Fort-und Weiterbildung; Veranstaltung und Leitung von Seminaren, Kolloquien, Symposien; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherche- und Entwicklungsdienste bzgl. neuer Produkte (für Dritte); Schlichtungsdienstleistungen; Verwaltung von Urheberrechten; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten (für Dritte); Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Überwachungsdienstleistungen im Bereich des geistigen Eigentums; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Dienstleistung von Ingenieuren; Forschungen auf dem Gebiet der Technik“ auch speziell für Kaufleute erbracht werden, so dass „Kaufmann“ auch als Hinweis auf den angesprochenen Verkehrskreis und damit als Bestimmungsangabe in Betracht kommt. Unabhängig davon, ob der Verkehr sich als Kaufmann von den Dienstleistungen angesprochen fühlt oder davon ausgeht, die Dienstleistungen werden von einem Kaufmann bzw. kaufmännisch geführten Betrieb erbracht, versteht der Verkehr die Bezeichnung nur als solche und nicht als Marke.
Soweit der Beschwerdeführer meint, es sei zu berücksichtigen, dass es naheliegende praktisch bedeutsame – und damit übliche – Bezeichnungen wie „KAUFMANN Patent- und Rechtsanwälte“ gebe, die der Verkehr als Marke empfinde, kann dem nicht gefolgt werden. Das angemeldete Zeichen ist so zu beurteilen, wie es angemeldet ist und nicht danach, ob bestimmte Zusätze von dem Verständnis der Bezeichnung im Sinne einer Sachangabe wegführen könnten, etwa wenn ein Vorname hinzugefügt würde. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Verkehr – wie der Anmelder meint – „KAUFMANN Patent- und Rechtsanwälte“ als Marke verstünde.
Auch die vorliegende graphische Ausgestaltung, die sich darin erschöpft, dass der Buchstabe „K“ rötlich und Anfangs- bzw. Endbuchstabe etwas größer als die übrigen Buchstaben dargestellt sind, begründet nicht die Schutzfähigkeit der vorliegenden Anmeldung. Da der Verkehr in der Werbung daran gewöhnt ist, dass einzelne Buchstaben eines Wortes farblich oder größenmäßig herausgestellt werden, wird der Verkehr trotz der bildlichen Ausgestaltung in der angemeldeten Bezeichnung lediglich den Begriff „Kaufmann“ sehen und diesen nur als solchen verstehen, ihm jedoch keine betriebliche Herkunftsfunktion zumessen.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Unterschriften
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