Schlagwort-Archive: Stich den Buben

OLG Hamburg: Praxis Aktuell

OLG Hamburg, Urteil vom 25.01.2008 – 5 U 90/07 – (nicht rechtskräftig)
§§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG, § 14 Abs. 2 MarkenG

Amtliche Leitsätze:

1. Richtet sich ein Unterlassungsantrag im Grenzbereich wettbewerbs- und markenrechtlicher Ansprüche ausschließlich gegen ein wettbewerbswidriges Verhalten, das eine Gefahr der Fehlzuordnung mit sich bringt, so kann sich der Antrag nicht darauf beschränken, nur das Verbot der Verwendung der (verwechselbaren) Bezeichnung zu erfassen, sondern hat darüber hinaus zusätzliche Umstände zu bezeichnen, aus denen sich gerade die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens ergibt.

2. Übernimmt ein Unternehmer zur Bezeichnung einer Software zur Lohn- und Gehaltsabrechnung („Praxis Aktuell Lohn & Gehalt“), die u. a. der Übermittlung von Daten zwischen Arbeitgebern und gesetzlichen Krankenkassen dient, den Zeitschriftentitel eines Publikationsorgans der AOK („Praxis Aktuell“), mit der diese ihre Aufklärungspflicht als Sozialversicherungsträger gem. § 13 SGB I erfüllt, so haben die angesprochenen Verkehrskreise Anlass zu der Annahme, diese Software sei von der AOK autorisiert bzw. besitze eine (besondere) aufgabenbezogene Qualifizierung. Hierdurch macht sich der Verwender das besondere Vertrauen zunutze, das der AOK als (quasi)öffentlicher Institution entgegen gebracht wird.

3. Ein derartiges Verhalten ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn in Bezug auf die Software tatsächlich keine geschäftlichen Beziehungen bestehen, die AOK an dem Softwareprodukt weder beteiligt ist noch dieses fördert. Die Tatsache, dass der Unternehmer bei der fachlichen Konzeption und Erstellung des Printmediums „Praxis Aktuell“ für die AOK maßgeblich beteiligt ist, vermag an der Wettbewerbswidrigkeit der Produktbezeichnung für die Software nichts zu ändern.

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BGH: Stich den Buben

BGH, Urteil vom 10.08.2000 – I ZR 126/98Stich den Buben (OLG Karlsruhe)
MarkenG §§ 2, 127; UWG §§ 1, 3; WeinVO § 39 Abs. 1 Nr. 2

a) Der Name einer im Verkehr bekannten (Weinbergs-) Lage kann – auch ohne die weinbezeichnungsrechtlich vorgesehene Beifügung einer Ortsbezeichnung (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinVO) – eine (mittelbare) geographische Herkunftsangabe darstellen.

b) Wird eine geographische Herkunftsangabe oder eine der Herkunftsangabe ähnliche Bezeichnung als Firmenbestandteil verwendet, so liegt allein darin noch keine Benutzung „für Waren“ im Sinne von § 127 MarkenG. Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz vor unlauterer bzw. irreführender Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe kann sich in einem solchen Fall aber aus §§ 1, 3 UWG ergeben (§ 2 MarkenG).

c) Unabhängig von einer Irreführung kommt jedenfalls bei mittelbaren Herkunftsangaben in Betracht, daß die Benutzung als Bestandteil der Firma eines einzelnen Unternehmens zu einer individuellen Behinderung (§ 1 UWG) derjenigen Wettbewerber führt, die die Herkunftsangabe (ebenfalls) berechtigt als Hinweis auf ein bestimmtes geographisches Gebiet verwenden. Insbesondere kann die Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe dadurch beeinträchtigt werden, daß sie in anderer Weise (hier als Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen, gefährdet wird. Eine Benutzung als Firmenbestandteil kann zudem infolge Verkehrsverwirrung den Werbewert der geographischen Herkunftsangabe empfindlich schwächen und die Gefahr einer Umwandlung in einen betrieblichen Herkunftshinweis begründen.

d) Zu der Frage, ob der Verkehr aufgrund einer Verwendung des Bestandteils „Winzerhaus“ in der Firma einer Winzergenossenschaft über den Charakter des Unternehmens als ein weinanbauendes Einzelunternehmen irregeführt wird, wenn nur die Mitglieder der Genossenschaft über Rebflächen verfügen und die Genossenschaft den Wein ihrer Mitglieder ausbaut und vertreibt.

e) Zu der weiteren Frage, ob beachtliche Teile des Verkehrs aufgrund einer Benutzung des Firmenbestandteils „Hans StichdenBuben“ über den ausschließlichen Vertrieb von Weinen aus der im Verkehr bekannten Lage „Stich den Buben“ sowie über einen Alleinbesitz der so firmierenden Winzergenossenschaft an dieser Lage getäuscht werden, wenn die Genossenschaft überwiegend, aber nicht ausschließlich Wein aus der Lage „Stich den Buben“ vertreibt und die Lage weder im Alleinbesitz der Genossenschaft noch dem ihrer Mitglieder steht.

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