OLG Stuttgart: Irreführende Arzneimittelwerbung

OLG Stuttgart, Urteil vom 16.03.2006 – 2 U 226/05

Irreführende Arzneimittelwerbung: Bewerbung eines Mittels zur Behandlung von Zinkmangelzuständen mit wissenschaftlich ungesicherten Wirkungsbehauptungen

1. Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Vorsitzenden der 37. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 16.11.2005

g e ä n d e r t .

2. Die Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern in der Antragsgegnerin, im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „Z.“ zu werben:

„Die Orotsäure

– fördert das Zellwachstum

– unterstützt den Schutz der Leberzellen vor Giftstoffen“.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 10.000,00 EUR

Gründe

I.

Die Berufung des Antragstellers ist zulässig, der Sache nach von Erfolg.
A.

Die Antragsgegnerin hat in „D. A.zeitung“ vom 29.09.2005 für ein Präparat, bezüglich dessen sie über die Zulassung verfügt:

Behandlung von Zinkmangelzuständen

für den maßgeblichen Wirkstoff dahin geworben:

„Die Orotsäure

– fördert das Zellwachstum

– unterstützt den Schutz der Leberzellen vor Giftstoffen“.

Der Antragsteller hat darin einen Verstoß gegen § 3 a HWG gesehen, da damit Werbung außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs betrieben werde, und später – wie allerdings schon in der Abmahnung – seinen Verfügungsanspruch auch darauf gestützt, dass § 3 Nr. 1 HWG verletzt sei, weil damit eine wissenschaftlich nicht fundierte Wirkungsaussage getroffen werde.

Die Antragsgegnerin sah § 3 a HWG schon nicht als erfüllt an, da die angegriffene Werbung keinen Anwendungsbereich anspreche; eine Irreführung sei nicht gegeben, da der Antragsgegnerin umfängliche wissenschaftliche Belege für die Richtigkeit der Angaben zu Gebote stünden.

Das Landgericht wies den Verfügungsantrag zurück, da diese Werbung keine Anwendungsbereiche beanspruche, sondern nur pharmakologische Wirkungsaussagen träfe. Der nur angesprochene fachkundige Verkehr, die Apothekerschaft, kenne die Wirkungsweise der angegebenen Bestandteile; im Übrigen sei der Antragsteller die Glaubhaftmachung schuldig geblieben, dass die von der Antragsgegnerin vorgelegten Belege unzutreffend seien.

Dagegen wendet sich die Berufung des Antragstellers ,

die ein falsches Verständnis des ohnehin auf jedes Publikum bezogenen § 3 a HWG annimmt; denn verboten sei Werbung außerhalb des Anwendungsgebietes. Im Übrigen habe das Landgericht auch die Glaubhaftmachungslast im Rahmen des § 3 HWG verkannt. Der Antragsteller habe die wissenschaftliche Fragwürdigkeit der Aussage glaubhaft zu machen, was dem Erkenntnisstand zu entnehmen sei, welchen der Senat im zwischen den Parteien mit Rechtskraftwirkung im Jahre 1990 geführten Prozess erhoben habe, woran sich, wie ergänzend vorgelegte Unterlagen ergäben, nichts geändert habe.

Der Antragsteller beantragt

– wie erkannt -.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als richtig und verweist darauf, dass Rechtskraftwirkung schon deshalb nicht bestehe, weil auf Beklagtenseite vormals eine zwar namensähnliche, aber nicht identische Partei Prozessbeteiligte gewesen sei.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B.

1. § 3 a S. 2 HWG ist nicht erfüllt.

a) aa) Dieser in das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 3 a HWG (vgl. hierzu Reinhart in Fezer, UWG [2005], § 4-S4, 399; Bülow GRUR 2005, 482, 484) neu aufgenommene zweite Satz, wonach das Werbeverbot des Satzes 1 auch gelte, wenn sich die Werbung auf Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen beziehe, die nicht von der Zulassung erfasst sind, sollte nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/5728 S. 84 zu Art. 2 Nr. 1 a [§ 3 a HWG]) klarstellen, „dass das Verbot der Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel in dem in den Sätzen 1 und 2 beschriebenen Umfang gilt. Damit wird inhaltlich auch einem Vorschlag des Bundesrates zu § 12 entsprochen, nach dem sich die Werbung nur auf den ‚eigentlichen Indikationszweck’ beziehen darf“. Auf die Beantwortung der Frage, ob das Arzneimittel tatsächlich in dem Anwendungsgebiet oder in der Darreichungsform auch außerhalb der Zulassung wirksam ist oder nicht, kommt es bei der Beurteilung eines Verstoßes gegen § 3 a HWG nicht an. Selbst eine langjährig nachgewiesene Wirksamkeit ändert nichts an dem Verbot einer entsprechenden Bewerbung. Die Verbotsvorschrift des § 3 a HWG knüpft an dem formalen Kriterium der Erfassung in der Zulassung an. Ist das Anwendungsgebiet von der Zulassung umfasst, kann dafür geworben werden, wenn nicht, scheidet eine Werbung aus (Kieser, A&R 2006, 3, 4). Damit ist ersichtlich nur das Gesetz geworden, was bislang schon in Rechtsprechung und Literatur vertreten worden ist. Denn nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur stellte auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bezüglich weitergehender, vom arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus nicht abgedeckter Indikationen einen Anwendungsfall des § 3 a HWG dar, obwohl dies nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift hervorging. Begründet wurde diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift damit, dass es im Bereich nicht zugelassener Indikationen an der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung durch die Zulassungsbehörde fehle (Reinhart a.a.O. § 4-S4, 400 m.umfängl.N.). Danach wendet sich die Vorschriftenergänzung gegen eine Ausweitung der Angabe des Anwendungsgebietes über den Zulassungsbereich hinaus, schreibt aber nicht vor – wie der Antragsteller augenscheinlich meint -, Arzneimittelwerbung beschränke sich einzig auf die reine Angabe des zugelassenen Anwendungsgebietes. Ansonsten wäre auch für die Anwendung des § 3 Nr. 1 HWG im Bereich der Arzneimittel kein Raum.

bb) Das Gesetz versteht unter „Anwendungsgebiet“ die Indikation, den medizinischen Zweck, für den das Arzneimittel anzuwenden ist (Bülow in Bülow/Ring, HWG, 2. Aufl., § 4, 58). Er ist gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff der Indikation (Doepner, HWG, 2. Aufl., § 4, 36; Kloesel/Cyran, AMG, § 11 [79. Erg.-Lief.], Rdn. 27; Rehmann, AMG, 2. Aufl., § 11, 6; vgl. auch Reinhart a.a.O. 400). Er bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, insbesondere die körperlichen und seelischen Zustände, die durch das betreffende Arzneimittel beeinflusst werden sollen (Doepner a.a.O. 36; Kloesel/Cyran a.a.O. 27). Es sind demgemäß die Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden gemeint, die das Heilmittel heilen, verhindern, lindern oder erkennen lassen soll (Bülow a.a.O. 58; Kloesel/Cyran a.a.O. 27).

b) Vorliegend bezeichnet die angegriffene Werbung keine Anwendungsgebiete des Arzneimittels, also keine Indikationen oder Krankheitsbilder, vielmehr nur Wirkungsaussagen. Die Deutung des Antragstellers, es gehe um die Krankheit der Trunksucht (Leberschäden, Bl. 36, 46), ist abwegig.

2. § 3 Nr. 1 HWG ist jedoch erfüllt.

a) Dass dem Hauptbestandteil des Präparats und damit diesem selbst eine therapeutische Wirksamkeit und Wirkung beigelegt wird, stellt auch die Antragsgegnerin selbst nicht in Abrede. Sie verteidigt die Wirkungsaussagen nur dahin, dass das Arzneimittel sie habe. Tatsächlich entnimmt der informierte und aufmerksame Adressat (vgl. hierzu BGH Teil-U. v. 21.07.2005 – I ZR 94/02 – Ginseng-Präparat ; Reinhart a.a.O. 380) diesen Aussagen die konkreten Wirkungsangaben hinsichtlich Zellwachstum und Leberzellenschutz vor Giftstoffen. Dies kann der Senat, obgleich seine Mitglieder nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, auch selbst feststellen, weil es vorliegend nur um die rein sprachliche Aufnahme des Aussagegehaltes geht, für welches Fachwissen nicht Voraussetzung ist (vgl. hierzu BGH GRUR 2006, 79, 81 [Rz. 27] – Jeans ; OLG Hamburg MD 1999, 969, 972).

b) Zwar trifft im Rahmen des § 3 Nr. 1 HWG den Kläger grundsätzlich die Beweislast (OLG Hamburg MD 2002, 164, 166; Reinhart a.a.O. 381; Bülow a.a.O. § 3, 38; inzident BGH a.a.O. [II 1 b] – Ginseng-Präparat ), den Antragsteller mithin die Glaubhaftmachungslast. Nur wenn eine in der Gesundheitswerbung verwendete Aussage wissenschaftlich umstritten ist, hat derjenige, der sie sich zu Eigen macht, den Nachweis zu führen, dass sie stimmt, wenn er darauf verzichtet, auf die Umstrittenheit hinzuweisen (OLG Hamburg a.a.O. 166; OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 295; Bülow a.a.O. 39; krit. zur dogmatischen Herleitung, im Ergebnis aber ebenso: Doepner a.a.O. § 3 HWG, 34 und 35; Reinhart a.a.O. 381). Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und an anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (BVerwG NJW 1996, 801, 802; vgl. auch Pelchen in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche NebenGe , HWG [2004], § 3, 12), es sei denn, dass die Werbung selbst zu erkennen gibt, dass etwa eine homöopathische Wirkung in Anspruch genommen wird; dann gilt nur der Erfahrungsmaßstab dieser medizinischen Richtung (vgl. OLG Hamburg MD 1999, 969, 973; Doepner a.a.O. 72; Reinhart a.a.O. 382). Trägt der Kläger, dem zunächst die Beweislast obliegt, das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage einer gesundheitsbezogenen Werbeaussage substanziiert vor, so ist es die Aufgabe des Beklagten, die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbeangabe zu beweisen. Nur wenn der Kläger seiner Pflicht zur Substanziierung und zum Nachweis wissenschaftlicher Zweifel an der angegriffenen Werbeaussage nachgekommen ist, kann sich dieser auf die Beweiserleichterung berufen (OLG Hamburg a.a.O. 166; OLG Frankfurt a.a.O. 295/296; OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 173, 175; Reinhart a.a.O. 381). Zur Substanziierung des klägerischen

Vorbringens genügt beispielsweise die Vorlage einer substanzbezogenen Monographie im Sinne des § 25 Abs. 7 AMG, wenn diese die umstrittenen Wirkungen nicht abdeckt (OLG Frankfurt a.a.O. 296; Reinhart a.a.O. 381; Doepner a.a.O. 72; vgl. auch Senat MD 1993, 160, 169).

c) Der Antragsteller ist seiner – hier – Glaubhaftmachungslast dadurch gerecht geworden, dass er – losgelöst von Rechtskraftfragen – unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senates vom 27.11.1992 – 2 U 236/00 (veröffentlicht in MD 1993, 160 f) belegt hat, dass im dortigen Hauptsacheverfahren unter Einschaltung eines Sachverständigen Prof. Dr. F. und der Einholung einer Auskunft des Bundesgesundheitsamtes die dortige Beweisaufnahme ergeben hatte, dass therapeutische Wirkungen, wobei „ von besonderem Interesse … hierbei [die unten angeführten] zwei Eigenschaften der Orotsäure“ waren (Senat a. a. O. 161), „als nicht hinreichend belegt beurteilt“ werden mussten (Senat a.a.O. 169), womit die Aussagen zu Eigenschaften der Orotsäure:

-Ihr Wachstumssteigerungseffekt

-Ihr Einfluss auf den Leberstoffwechsel

betroffen waren (Senat a.a.O. i.V.m. Antrag b, dort S. 164). Danach sind in jenem Erkenntnisverfahren nicht – wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glauben machen wollte – (nur) therapeutische Wirkungen, also pharmakologische Wirkungen für klinische Anwendungsgebiete, Streitgegenstand gewesen, sondern eben inhaltsgleiche werbliche Wirkungsbeanspruchungen. Durch die Vorlage der Abhandlungen A 5 = Bl. 37 bis 40 und A 6 = Bl. 41 bis 45 ist zudem dargetan, dass auch der weitere wissenschaftliche Fortschritt insoweit keine durchgreifenden Erkenntnisse im Sinne der Wirkungsberühmungen der Antragsgegnerin erbracht hat.

d) Danach war es an der Antragsgegnerin, die Glaubhaftmachung zu erbringen, dass ihre Wirkungsaussagen wissenschaftlich – eine alternativmedizinische Wirkungsbeanspruchung liegt nicht vor – gesichert ist. Dies ist ihr nicht gelungen. In Englisch gehaltene Dokumentationen (AG 4 = Bl. 91 bis 112) sind nicht verwertbar (vgl. § 184 GVG). Darauf hat bereits schon der Antragsteller zutreffend hingewiesen. Soweit die Antragsgegnerin diese Handhabung damit bekämpft, dass danach die in diesen Publikationen angeblich verkörperten Niederlegungen des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes „einfach mit dem Einwand beiseite gewischt werde, man sei der englischen Sprache nicht hinreichend mächtig“, so entspricht diese zugespitzte Schlussfolgerung aber gerade der gesetzgeberischen Wertung. Denn das Gericht muss nicht jeder und auch nicht jeder gängigen Fremdsprache mächtig sein. Die wenigen restlichen in Deutsch gehaltenen Publikationen sind schon hinsichtlich der Stellung des Autors innerhalb der Fachwelt offen, im Übrigen als einzelne Stimme nicht tauglich, eine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis zu belegen (vgl. insoweit Pelchen a.a.O. § 3 HWG, 12). Eine andere Wertung ist auch nicht im Hinblick auf die mit Schriftsatz vom 22.02.2006 und weiter in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ergänzenden Äußerungen und Erläuterungen geboten. Zum Teil gilt insoweit, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, dass auch sie nur in englischer Sprache abgefasst sind. Zudem besagt der Umstand, dass sich eine Publikation „Lexikon“ nennt, aus sich heraus noch nichts über deren wissenschaftlichen Stellenwert. Das Privatgutachten Prof. Dr. S., würde es die ihm zugeschriebene wissenschaftliche Wertung enthalten, stellte dann ohnehin nur eine Stimme innerhalb eines dann zumindest als offen zu behandelnden wissenschaftlichen Streites dar, was angesichts der aufgezeigten Glaubhaftmachungsregeln noch nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin ausschlüge. Professor S. beruft sich jedoch nahezu durchgängig nur auf Veröffentlichungen aus den 50er und 60er Jahren, vereinzelt auf solche der 70er Jahre, und nur noch auf eine aus dem Jahre 1981 und eine von 1990, welche den aktuellsten Beleg darstellt. Die Aufgabe des Gutachters und des angeschriebenen Bundesgesundheitsamtes im Falle des Senatsurteils von 1992 war aber gerade, unter Einschluss des damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes eine Aussage über das wissenschaftliche Gesichertsein der inhaltsgleichen Wirkungsberühmungen zu treffen. Unter Berücksichtigung dieses Erkenntnisstandes gelangten beide jedoch zum Ergebnis, dass die beanspruchten Wirkungen wissenschaftlich nicht hinreichend belegt seien. Im Übrigen erschöpft sich das Privatgutachten Prof. S. hinsichtlich der ersten Wirkungsaussage, wie auch der andere vorgelegte Aufsatz, einzig in der bloßen Behauptung, dass die Orotsäure eine Wirkung besitze. Bezüglich der zweiten Aussage verliert sich diese Stellungnahme in der Äußerung, dass die beigefügten Arbeiten „eindeutig auf eine klinische Relevanz der Unterstützung der Leberfunktion“ hinwiesen, womit die konkrete Wirkungsaussage aber nur annähernd erreicht wird. Zudem kann nicht übersehen werden, dass der Privatgutachter in Bezug auf das überlieferte Quellenmaterial selbst zusammenfassend feststellt, dass auf Grund der Fülle der Aufsätze und der Kürze der Zeit, welche zur Ausarbeitung des Privatgutachtens zur Verfügung gestanden habe, „eine detaillierte Bewertung noch nicht möglich“ gewesen sei. Damit offenbart das Privatgutachten neben seinen veralteten Quellen selbst, dass es nur sehr kursorisch sei, was ihm allemal nimmt, Glaubhaftmachungsmittel von einem Gewicht zu sein, dass die Ausgangsglaubhaftmachung des Antragstellers als die Wiedergabe eines nicht (mehr) maßgeblichen wissenschaftlichen Standpunktes angesehen werden muss. Damit ist die Antragsgegnerin ihrer (Gegen-)Glaubhaftmachungslast nicht gerecht geworden.

3. § 3 HWG ist nicht nur auf Wirkungsaussagen gegenüber Laien beschränkt (Reinhart a.a.O. § 4-S4, 371 und 380; vgl. auch Bülow a.a.O. § 3, 19). Dass die angesprochenen Fachkreise die Wirkungsaussagen unschwer als falsch oder ungesichert erkennen könnten, behauptet die Antragsgegnerin, welche sie vielmehr als zutreffend verteidigt, selbst nicht.

4. Ein Verstoß gegen die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG), ist grundsätzlich geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG; BGH Teil-U. v. 21.07.2005 – I ZR 94/02 [II 2] – Ginseng-Präparat ).
II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 542 Abs. 2 i.V.m. § 3 ZPO.

Dass sich der Verstoß letztlich nur aus § 3 Nr. 1 HWG herleiten lässt und nicht auch – wie vom Antragsteller geltend gemacht – aus § 3 a HWG, stellt ein Teilunterliegen nicht dar, da damit einem einheitlichen gleichgerichteten Verbotsantrag nur unterschiedliche rechtliche Begründungen unterlegt waren, nicht jedoch war jede behauptete Verletzung der Norm zum eigenständigen Streitgegenstand erhoben worden.

(Unterschriften)

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