OLG Naumburg: Werbung für nicht zugelassenes Arzneimittel

OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.06 – 10 U 40/05 Hs – Wettbewerbswidrige Werbung für nicht zugelassenes Arzneimittel

Der Einordnung des Mittels Glukokine als Arzneimittel steht auch nicht entgegen, dass es sein Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet hat, denn (…) ist dies für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel unbeachtlich. Es mag sein, dass die Bittermelone, deren Konzentrat der einzige Wirkstoff von Glukokine ist, ein Gemüse mit zahlreichen Mineralstoffen und Vitaminen, insbesondere mit viel Eisen und Vitamin C ist. Diese Inhaltsstoffe werden aber von dem durchschnittlich informierten Verbraucher jedenfalls anhand der Packungsaufmachung in keiner Weise wahrgenommen, weil der Hersteller auf diese auch in keiner Weise abstellt.

In dem Rechtsstreit

gegen

wegen Unterlassung

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung von … auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2006

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 29. Juli 2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Dessau abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Verfügungsbeklagten wird es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den persönlich haftenden Gesellschaftern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu werben

1. für Arzneimittel, ohne die Pflichtangaben (gemäß §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 3 HWG) unter Nennung der Anwendungsgebiete des Mittels und des Satzes: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ vom übrigen Werbetext deutlich abgesetzt wiederzugeben gemäß Katalog für Herbst/ Winter 2004 (Stand 01.11.2004),

13. für Dr.-Schüßler-Salze

13.1. Gesund werden – gesund bleiben mit den Mineralsalzen nach Dr. Schüßler

13.3. Dr. Schüßler machte eine bahnbrechende Entdeckung: Krankheiten entstehen, wenn der Mineralstoffhaushalt der Zellen gestört ist. Durch Zuführung der entsprechenden Mineralsalze in speziell aufbereiteter (potenzierter) Form wird der Mineralstoffhaushalt der Zellen reguliert und das Gleichgewicht wieder hergestellt,

14. für registrierte homöopathische Arzneimittel mit der Wiedergabe von Anwendungsgebieten, wenn dies wie folgt geschieht:

14.9. Nr. 6 Kalium sulfuricum
Das Salz der Entgiftung

15. für das Mittel Glukokine
für einen gesunden Zuckerstoffwechsel

und/oder

haben einen positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel.

Der weitergehende Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Verfügungskläger zu 1/3 und der Verfügungsbeklagten zu 2/3 auferlegt.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden dem Verfügungskläger zu 1/10 und der Verfügungsbeklagten zu 9/10 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird für die Zeit bis zum 1. Dezember 2005 auf 26.000,00 EUR, für die Zeit vom 2. Dezember 2005 bis zum 20. Januar 2006 auf 8.000,00 EUR und für die Zeit ab dem 21. Januar 2006 auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

I.
Der Verfügungskläger begehrt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, bestimmte Formen der Werbung zu betreiben.

Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich satzungsmäßig zur Aufgabe gemacht hat, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern.

Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Versandapotheke und firmiert seit dem 11. Januar 2005 unter der im Rubrum genannten Firma. Unter der Bezeichnung m. .de … verwendete die R. – Apotheke , deren Inhaberin C. B. war, die nunmehr Mitgesellschafterin der Verfügungsbeklagten ist, für ihre Werbung im Herbst/Winter 2004 einen Katalog, der in gedruckter Form verteilt wurde und ferner im Internet eingesehen werden konnte.

Unter dem 24. Mai 2005 mahnte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte ab und forderte eine Unterlassungserklärung. Unter dem 2. Juni 2005 gab die Verfügungsbeklagte eine Unterlassungserklärung ab. Wegen ihres Inhalts wird auf Bd. I Bl. 26 f. d. A. Bezug genommen.

Der Verfügungskläger hat die Auffassung vertreten, die im Katalog enthaltene Werbung verletze das HWG und sei wettbewerbswidrig. So verstoße die Werbung für nahezu alle Arzneimittel gegen § 4 Abs. 1, 3 HWG, weil die Pflichtangaben nicht deutlich lesbar und vom übrigen Werbetext abgesetzt wiedergegeben seien.

Die Werbung für Dr. Schüßler Salze sei entsprechend Ziffer 14 ihrer Anträge zu beanstanden, weil sie täuschend sei. Derartigen Salzen komme keine wissenschaftlich gesicherte Wirkung zu. Ohne einen wissenschaftlichen Nachweis betreffend die Richtigkeit des Wirkungszusammenhangs könne mit dieser Behauptung nicht geworben werden. Es liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 HWG vor. Es handele sich um registrierte Arzneimittel, für die nicht mit Anwendungsgebieten geworben werden dürfe. Bei dem Mittel Glukoline handele es sich um kein zugelassenes Arzneimittel. Es dürfte deshalb gemäß § 3 a HWG nicht beworben werden.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu werben für

1. Arzneimittel, ohne die Pflichtangaben (gemäß §§ 4 Abs.1, 3 HWG) unter Nennung

– des Namens des Mittels
– der Anwendungsgebiete des Mittels und
– des Satzes: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“

vom übrigen Werbetext deutlich abgesetzt wiederzugeben.

2. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Herz ASS ratiopharm 100“ mit den Anwendungsgebieten:

2.1. „Bei instabiler Angina pectoris“
2.2. „Bei akutem Herzinfarkt“
2.3. „zur Vorbeugung eines weiteren Infarktes“
2.4. „zur Vorbeugung vorübergehender Mangeldurchblutung im
Gehirn und Hirninfarkten“,

3. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Aspirin protect 100 mg“ mit den Anwendungsgebieten:

3.1. dient der Vermeidung von Herzinfarkten,
3.2. dient der Vermeidung von Schlaganfällen,

4. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Tromcardin forte“ mit den Anwendungsgebieten:

4.1. bei Herzrhythmusstörungen,
4.2. Herzmuskelschwäche,
4.3. Herzinfarkt-Prohylaxe und -Therapie,

5. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Blemaren-N-Brausetabeletten“ mit den Anwendungsgebieten:

5.1. bei Harnsäuresteinleiden mit oder ohne gleichzeitig vorliegen-
den Kalziumsteinen,

6. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Prostagutt forte“ mit dem Anwendungsgebiet:

lindert die Beschwerden einer vergrößerten Prostata,

7. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Azuprostat Sabal“ mit dem Anwendungsgebiet:

gutartige Vergrößerung der Prostata,

8. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „eviprostat-S sabal“ mit dem Anwendungsgebiet:

bei Beschwerden bedingt durch eine vergrößerte Prostata,

9. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Cystinol akut“ mit dem Anwendungsgebiet:

bei entzündlichen Erkrankungen der Harnwege,

10. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Cystium Solidago“ mit dem Anwendungsgebiet:

zur vorbeugenden Behandlung bei Harnsteinen und Nieren-
grieß,

11. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Silymarin Stada 200 mg“ mit den Anwendungsgebieten:

11.1. zur Behandlung von toxischen Leberschäden,
11.2. zur Mitbehandlung bei Folgezuständen der Leberentzündung
und Leberzirrhose,

12. außerhalb der Fachkreise für das Mittel „Eicosan 750“ mit dem Anwendungs-
gebiet:

zur Senkung stark erhöhter Blut-Fett-Spiegel,

13. Dr.-Schüßler-Salze

13.1. Gesund werden – gesund bleiben mit den Mineralsalzen nach Dr. Schüßler
13.2. Mit nur 12 verschiedenen Mineralsalzen behandelte Dr. Schüßler zahlreiche alltägliche Beschwerden und Erkrankungen
13.3. Dr. Schüßler machte eine bahnbrechende Entdeckung: Krankheiten entstehen, wenn der Mineralstoffhaushalt der Zellen gestört ist. Durch Zuführung der entsprechenden Mineralsalze in speziell aufbereiteter (potenzierter) Form wird der Mineralstoffhaushalt der Zellen reguliert und das Gleichgewicht wieder hergestellt,

14. registrierte homöopathische Arzneimittel mit der Wiedergabe von Anwendungsgebieten, wenn dies wie folgt geschieht:

14.1. Nr. 1 Calcium fluoratum D 12
Das Salz des Bindegewebes, der Gelenke und Haut
14.2. Nr. 3 Ferrum phos. D 12
Das Salz des Immunsystems,
14.3. Nr.5 Kalium phos. D 6
Das Salz der Nerven und Psyche
14.4. Nr.7. Magnesium phos. D 6
Das Salz der Muskeln und Nerven
14.5. Nr. 9 Natrium phos D 6
Das Salz des Stoffwechsels
14.6. Nr. 11 Silicea D 12
Das Salz der Haare, Haut und des Bindegewebes
14.7. Nr. 2 Calcium phos. D 6
Das Salz der Knochen und Zähne
14.8. Nr. 4 Kalium choratum D 6
Das Salz der Schleimhäute
14.9. Nr. 6 Kalium sulfuricum
Das Salz der Entgiftung
14.10. Nr. 8 Magnesium Chloratum D 6
Das Salz des Flüssigkeitshaushalts
14.11. Nr. 11 Natrium sulfuricum D 6
Das Salz der Ausscheidung.
14.12. Nr. 12 Calcium sulf. D 6
Das Salz der Gelenke

15. das Mittel Glukokine
für einen gesunden Zuckerstoffwechsel

und/oder

haben einen positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, der Verfügungskläger sei schon nicht klagebefugt, da ihm zu wenig Apotheken angehörten. Ferner sei sie nicht passivlegitimiert, da die Katalogwerbung von der R. – Apotheke stamme. Ferner lägen Verstöße gegen das HWG nicht vor.

Das Landgericht Dessau hat mit dem am 29. Juli 2005 verkündeten Urteil die einstweilige Verfügung im Hinblick auf die Ziffern 1 bis 11 und 15 der Anträge des Verfügungsklägers die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Die weitergehenden Anträge hat es zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Werbung der Beklagten im streitgegenständlichen Katalog sei zumindest teilweise wettbewerbswidrig. Der Verfügungskläger sei gemäß § 8 Abs. 3 UWG klagebefugt. Die Verfügungsbeklagte sei passivlegitimiert. Auch finde auf den vorliegenden Katalog das HWG Anwendung, da die Ausnahmevorschrift gemäß § 1 Abs. 6 HWG nicht greife.

Die im Katalog enthaltene Werbung verstoße gegen § 4 Abs. 1 und Abs. 3 HWG. Die Verfügungsbeklagte bewerbe in ihrem Katalog die jeweiligen Arzneimittel mit einem Text, der die Wirkungen des jeweiligen Arzneimittels beschreibe. Dies erfülle die Voraussetzungen, nach denen die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 3 HWG wiedergegeben werden müssten. Die Pflichtangaben müssten gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt oder abgegrenzt angegeben werden. Diesen Anforderungen genüge die Katalogwerbung der Verfügungsbeklagten nicht.

Die in den Anträgen 2 bis 12 wiedergegebene Werbung aus dem Katalog der Verfügungsbeklagten sei wettbewerbswidrig und verstoße gegen § 12 HWG i.V.m. Anlage A.

Bei der unter der Antragsziffer 13 beanstandeten Werbeaussage für Dr. Schüßler Salze sei eine Wettbewerbswidrigkeit nicht gegeben, denn es läge keine Werbeaussage vor, die sich auf ein konkretes Leiden oder ein konkretes Krankheitsbild beziehe.

Auch für die im Antrag unter Ziffer 14.1 bis 14.12 aufgeführten Mittel liege ein Wettbewerbsverstoß nicht vor, da insbesondere § 5 HWG nicht berührt sei.

Bei der mit dem Antrag zu Ziffer 15 verfolgten Werbeaussage liege ein Verstoß gegen § 3 HWG vor.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Zu den abgewiesenen Anträgen betreffend das Dr. Schüßler Salz nimmt der Verfügungskläger auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Die Werbung der Verfügungsbeklagten sei täuschend, denn derartigen Aussagen komme keinerlei wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis zu. Wer aber im geschäftlichen Verkehr mit Wirkungsaussagen Werbung treibe, die wissenschaftlich ungesichert seien, habe darzulegen und zu beweisen, dass seine Angaben zutreffend und richtig seien. Während die Homöopathie des Dr. Hahnemann nach dem Prinzip Gleiches heilt Gleiches behandele, wolle Dr. Schüßler ein angebliches Defizit an anorganischen Stoffen medikamentös ersetzen. Einen wissenschaftlichen Beleg hierzu gebe es nicht. Das Landgericht habe hierzu im Urteil ausgeführt, dass die Werbeaussagen keinen Bezug auf ein konkretes Leiden oder ein konkretes Krankheitsbild hätten. Die Aussage 13.1 „Gesund werden – gesund bleiben“ enthalte aber ein klares und eindeutiges Wirkungsversprechen. Es werde pauschal ohne Differenzierung nach Krankheiten dem Leser der Werbung versprochen, dass die Salze geeignet seien, der Gesundheit zu helfen. Die Aussage 13.2., mit nur 12 verschiedenen Mineralsalzen behandele Dr. Schüßler zahlreiche alltägliche Beschwerden und Erkrankungen, sei sachlich unzutreffend. Vom Publikum werde die Aussage so verstanden, dass es sich hier um eine im Ergebnis erfolgreiche Behandlung der genannten Beschwerden und Erkrankungen des Alltags handele. Die Verbreitung dieser Aussage in der hier gewählten plakativen Form sei deshalb zu Täuschung geeignet, weil sie im Zusammenhang mit dem aktuellen Angebot der Salze verbreitet werde. Die Behauptung unter 13.3., Krankheiten entstehen, wenn der Mineralstoffhaushalt der Zellen gestört sei, sei wissenschaftlich nicht gesichert und durch nichts belegt.

Zu dem abgewiesenen Antrag Ziffer 14 habe er in der Antragsschrift auf Seite 15 und im Schriftsatz vom 7. Juli 2005 auf Seite 15 ff. vorgetragen, dass mit Wirkungsgebieten geworben werde, was aber gemäß § 5 HWG verboten sei. Für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert seien, dürfe nicht mit Anwendungsgebieten geworben werde. Die in dem Antrag zu Ziffer 14.1 bis 14.12 aufgeführten Mittel hätten gemeinsam, dass sie als registrierte homöopathische Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden. Entgegen § 5 HWG enthielten die Werbeaussagen durchweg Angaben über Anwendungsgebiete, wenn auch in verschlüsselter Form. Auch seien die Angaben täuschend, weil belegbare Zusammenhänge zwischen den Verbindungen und den genannten Körperteilen nicht bestünden.

Der Verfügungskläger hat zunächst angekündigt zu beantragen,

das am 29. Juli 2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Dessau wird abgeändert und die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, bei Vermeidung für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den persönlich haftenden Gesellschaftern, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu werben für

13. Dr.-Schüßler-Salze

13.1. Gesund werden – gesund bleiben mit den Mineralsalzen nach Dr. Schüßler

13.2 Mit nur 12 verschiedenen Mineralsalzen behandelte Dr. Schüßler zahlreiche alltägliche Beschwerden und Erkrankungen

13.3. Dr. Schüßler machte eine bahnbrechende Entdeckung: Krankheiten entstehen, wenn der Mineralstoffhaushalt der Zellen gestört ist. Durch Zuführung der entsprechenden Mineralsalze in speziell aufbereiteter (potenzierter) Form wird der Mineralstoffhaushalt der Zellen reguliert und das Gleichgewicht wieder hergestellt,

14. registrierte homöopathische Arzneimittel mit der Wiedergabe von Anwendungsgebieten, wenn dies wie folgt geschieht:

14.9. Nr. 6 Kalium sulfuricum
Das Salz der Entgiftung

14.11. Nr. 11 Natrium sulfuricum D 6
Das Salz der Ausscheidung.

Der Verfügungskläger hat den Rechtsstreit im Hinblick auf die Ziffern 2 bis 12 der Antragsschrift für erledigt erklärt. Die Verfügungsbeklagte hat sich dieser Erklärung ausweislich ihres Schriftsatzes vom 28. November 2005 angeschlossen, so dass der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

Nach Erörterung des Sach- und Streitstands hat der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2006 die Anträge zu Ziffer 13.2. und Ziffer 14.11. zurückgenommen. Dem hat die Verfügungsbeklagte zugestimmt.

Ferner hat die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung die Anträge zu Ziffer 13.1., 13.3. und 14.9. der Antragsschrift vom 18. Juni 1995 anerkannt.

Der Verfügungskläger beantragt nunmehr,

die Abänderung des angefochtenen Urteils im Hinblick auf die oben genannten Anträge zu Ziffer 13.1., 13.3. und 14.9. und insoweit ein Anerkenntnisurteil zu erlassen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie nicht durch Teilanerkenntnisurteil zu verurteilen ist.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, der Verfügungskläger sei schon nicht gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 UWG antragsbefugt, denn er verfüge nur über 2 Apotheken und einige pharmazeutische Unternehmen; da es in Deutschland rund 21.000 Apotheken gebe, seien diese nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht nicht repräsentativ vertreten.

Sie habe nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG verstoßen, da nicht davon auszugehen sei, dass sie als Rechtsnachfolgerin der R. – Apotheke die Katalogwerbung fortsetze. Der Verfügungskläger hätte darlegen und beweisen müssen, dass ein neuer Katalog die selbe wettbewerbswidrige Werbung enthalte wie die angegriffene Werbung. Ihre Gesellschafter hafteten nicht für eine Werbung ihrer Rechtsvorgängerin.

Ihre Verurteilung für Arzneimittel ohne die Nennung der Pflichtangabe gemäß § 4 Abs. 1 HWG unter Nennung des Namens des Arzneimittels vom übrigen Werbetext deutlich abgesetzt wiederzugeben, sei rechtsfehlerhaft, da der Verbotsausspruch weiter reiche, als nach den Entscheidungsgründen materiell gerechtfertigt zu sein. Der Verfügungskläger habe nicht ein einziges Arzneimittel genannt, wo der Name entweder nicht angegeben oder nicht deutlich vom Werbetext abgegrenzt worden sei. Aus dem streitgegenständlichen Katalog sei diesbezüglich kein Beispiel ersichtlich.

Ihre Verurteilung, nicht für Arzneimittel zu werben, ohne die Pflichtangabe der Anwendungsgebiete des Arzneimittels vom übrigen Werbetext deutlich abgesetzt wiederzugeben, verstoße ebenfalls gegen § 4 Abs. 1 HWG. Das Landgericht habe ausgeführt, neben dem Namen des Arzneimittels seien die Anwendungsgebiete gemäß der amtlichen Zulassung vollständig wiederzugeben. Das Gericht habe verkannt, dass grundsätzlich nicht in jeder Werbung für ein Arzneimittel alle in Betracht kommenden Anwendungsgebiete benannt werden müssten. Der Verbraucher solle durch die jeweilige Werbung nur in die Lage versetzt werden, sich über die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung, Wirkungsweise und Bedeutung klar zu werden. Diese Zielsetzung erfordere es nicht, in der Werbung, die allein auf eine bestimmte Indikation abgestellt sei, auch von der Werbung nicht angesprochene Anwendungsgebiete mit aufzuführen.

Das Landgericht habe ferner fehlerhaft angenommen, dass der Pflichtsatz „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ bezogen auf jedes Medikament oder jede Darstellung genannt werden müsse. Aus dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, an welcher Stelle die Pflichtinformation in der Werbung stehen müsse. Dass dies vorliegend auf einer Seite erfolgt sei, sei ausreichend.

Auch verstoße das landgerichtliche Urteil gegen §§ 253 Abs. 2, 313 Abs. 4 ZPO, da der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht konkret gefasst worden sei und insbesondere keine konkrete Verletzung genannt worden sei. Der Verfügungskläger und das Landgericht hätten lediglich das Gesetz wiederholt.

Hinsichtlich des Spruchs für das Mittel Glukokine leide das angefochtene Urteil an einer Rechtsverletzung, denn § 3 a HWG sei nicht richtig angewendet worden. Bei Glukokine handele es sich um ein Lebensmittel und nicht um ein Arzneimittel. Die Unterscheidung werde von Gesetzes wegen erkennbar anhand der jeweils unterschiedlichen Zweckbestimmung der Produkte vorgenommen, nicht anhand der bloßen Eignung. Der bloße Umstand, dass das Mittel geeignet sei, wohlgemerkt nicht bestimmt, den Blutzuckerspiegel zu beeinflussen, führe gewiss nicht zu einer Verkehrsauffassung in Richtung Arzneimittel.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufungen der Parteien sind zulässig, wobei die selbständige Berufung der Verfügungsbeklagten aus Klarstellungsgründen als Anschlussberufung behandelt wird.

Die Berufung des Verfügungsklägers hat Erfolg, da die Verfügungsbeklagte die Anträge zu Ziffer 13.1., 13.3. und Ziffer 14.9., die zwischenzeitlich ausschließlich noch Gegenstand seiner Berufung sind, anerkannt hat, so dass die Verfügungsbeklagte insoweit durch Teilanerkenntnisurteil zu verurteilen ist.

Die Anschlussberufung der Verfügungsbeklagten hat keinen Erfolg.

Der zulässige Verfügungsantrag des Verfügungsklägers ist über den anerkannten Teil hinaus nach §§ 935, 940 ZPO in dem aus dem Tenor des hiesigen Urteils ersichtlichen Umfang begründet.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Verfügungsklägers ist zulässig, denn die Antragsbefugnis ergibt sich aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, 3 Abs. 1 Nr. 2 UklaG. Der Verfügungskläger ist auf dem Gebiet des Arzneimittel- und Heilmittelrechts antrags- und klagebefugt, denn hierfür kommt es nicht allein auf Apotheken an, die Mitglied bei dem Verfügungskläger sind, sondern auf sämtliche Mitglieder, die dem Pharmabereich zuzuordnen sind (BGH, WRP 1998, 983). Ergänzend sei bemerkt, dass dem Verfügungskläger nicht nur zwei Apotheken angehören, sondern auch diejenigen, die Mitglied bei dem H. Apothekerverein e.V. sind. Ungeachtet dessen kommt es aber für die Frage der Antragsbefugnis entsprechend den obigen Ausführungen nur darauf an, ob der Verfügungskläger genügend Mitglieder repräsentiert, die Waren und Leistungen verwandter Art anbieten und/oder vertreiben. Dies sind eben auch Pharmaunternehmen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ihre Produkte von den direkt mit den Verbrauchern in Kontakt tretenden Stellen, also den Apotheken in einer den Regeln des Wettbewerbsrechts entsprechenden Weise angeboten werden.

Ferner verstoßen die Anträge, denen das Landgericht stattgegeben hat, auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Bei den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen geht es nicht darum, in jedem Fall bereits die Pflichtverletzung konkret zu bezeichnen, die nach ihrem Inhalt und nach ihrer Form wettbewerbswidrig ist. Wenn dem Schuldner eines Unterlassungsanspruchs konkret aufgegeben wird, eine bestimmte Art der Werbung gegen die Verhängung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, ist es letztlich Sache des Vollstreckungsverfahrens zu prüfen, ob dies der Fall ist oder nicht. Für das hiesige Verfahren ist nur entscheidend, dass ein bestimmter Verstoß vorliegt. Es geht nicht darum, den streitgegenständlichen Katalog im Einzelnen zu untersuchen, um die Wettbewerbsverstöße sämtlich aufzuzeichnen. Für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch reicht ein Verstoß, der in den Entscheidungsgründen dargelegt werden muss, um die Verurteilung der Verfügungsbeklagten zu begründen.

Der Verfügungskläger hat auch einen im Wege der einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO sicherungsfähigen Abwehranspruch gegen die Verfügungsbeklagte.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 3 a, 4 Abs. 1, Abs. 3 HWG bejaht.

Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des HWG stellt zugleich einen Verstoß gegen § 3 UWG dar, ohne dass es des Hinzutretens weiterer objektiver und subjektiver Merkmale bedarf.

Diese Verstöße begründen für den Kläger den Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Verfügungsbeklagten bleiben ohne Erfolg.

Insbesondere kann sich die Verfügungsbeklagte nicht darauf berufen, nicht sie selbst, sondern ihre Rechtsvorgängerin habe die beanstandete Werbung vorgenommen. Vielmehr ergibt sich die Passivlegitimation der Verfügungsbeklagten aus § 8 Abs. 1 UWG. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass C. B. als Inhaberin der R. – Apotheke und Betreiberin des Internethandels unter dem Domain-Namen m. de … den beanstandeten Werbekatalog herausgegeben und zu verantworten hatte. Ein aus dieser Werbung resultierenden Unterlassungsanspruch ist ferner höchstpersönlicher Natur, d. h. ein Rechtsnachfolger haftet nur dann, wenn er in seiner Person die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, also das Verhalten des Vorgängers fortsetzt oder fortzusetzen droht. Soweit nach dem Übergang eines Unternehmens aber weiterhin Begehungsgefahr besteht, kommt die Haftung des Rechtsnachfolgers in Betracht. Vorliegend betreibt nunmehr die Verfügungsbeklagte die Internet Apotheke m. . Diese hat durch ihr vorprozessuales Verhalten und durch ihr Verhalten im einstweiligen Verfügungsverfahren gezeigt, dass sie sich von der Werbung ihrer Mitgesellschafterin C. B. nicht distanziert. Sie hat in keiner Weise dargelegt, dass sie das streitgegenständliche Verhalten ebenfalls als wettbewerbswidrig ansieht, sondern im Gegenteil ausgeführt, dass Verstöße gegen das HWG in dem jetzt noch streitgegenständlichen Umfang nicht vorlägen. Insofern besteht für die Verfügungsbeklagte die konkrete Gefahr der Fortsetzung des wettbewerbswidrigen Verhaltens ihrer Mitgesellschafterin. Ungeachtet dessen ist entscheidend, dass die Beklagte selbst eine Erstbegehung vorgenommen hat. Entsprechend den obigen Ausführungen ist sie seit dem 11. Januar 2005 Rechtsnachfolgerin der R. – Apotheke in W. . Zu dieser Zeit befand sich der streitgegenständliche Katalog zwar schon am Markt, denn die Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten hatte dies am 8. Dezember 2004 veranlasst, gleichwohl ist davon auszugehen, dass für den Inhalt dieses Katalogs ab dem 11. Januar 2005 die Verfügungsbeklagte verantwortlich war. Bereits nach ihrem Vorbringen wurde der hier streitgegenständliche Katalog erst im Frühjahr 2005 durch einen neuen Katalog ersetzt. Die Verfügungsbeklagte hat also bis zu dieser Zeit mit diesem Werbung betrieben, so dass es letztlich auf die Frage der Rechtsnachfolge schon gar nicht ankommt. Nochmals: Die Verfügungsbeklagte hat selbst Verstöße gegen das HWG begangen, so dass die Wiederholungsgefahr indiziert ist.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten beurteilt sich ihr Verhalten nach dem HWG, da die Ausnahmevorschrift gemäß § 1 Abs. 6 HWG ersichtlich nicht greift. Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung findet das HWG keine Anwendung beim elektronischen Handel mit Arzneimitteln auf das Bestellformular und die dort aufgeführten Angaben, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind. Es liegt auf der Hand, dass die hier in Rede stehenden Angaben des streitgegenständlichen Katalogs nicht ausschließlich zur Ermöglichung der Bestellung dienen, sondern jedenfalls auch der Werbung für die dargestellten Produkte dienen. Für die Ermöglichung einer Bestellung von Waren ist es in erster Linie ausreichend, den Lesern Produktnamen, Verpackungsgrößen und Preise zu nennen. Weder ein buntes Bild von einer fröhlichen Familie, noch Fotos von den beworbenen Produkten, noch Angaben zu ihrer Verwendung sind indes für die Bestellung von Waren erforderlich.

Die im Katalog enthaltene Werbung der Verfügungsbeklagten verstößt gegen § 4 Abs. 1 und Abs. 3 HWG, da der gemäß Abs. 3 HWG vorgesehene Text sowie die Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 bei der Werbung außerhalb der Fachkreise nicht gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt angegeben worden sind. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 HWG „können entfallen“ folgt, dass der Werbende Angaben gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, 3, 5 und 6 HWG machen darf. Allerdings entbindet ihn dies nicht von der Pflicht, zusätzlich den Pflichthinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ anzubringen. Die Pflichtangaben müssen deutlich abgesetzt und abgegrenzt werden, damit sie als sachlich-informativer Teil der Gesamtwerbung erkannt werden (BT-Drs. 7/3060 S. 67). Diese Zielsetzung diktiert die Modalität der Gestaltung. Dem Werbenden verbleiben zwar gestalterische Freiräume, jedoch müssen die Pflichtangaben als abgesetzte und abgegrenzte Einheiten wahrgenommen werden, wobei auf einen Betrachter abzustellen ist, der sich der Werbung zuwendet und sie zur Kenntnis nimmt. Die Pflichtangaben brauchen also keinen Blickfang darzustellen. Andererseits darf es nicht notwendig sein, sich intensiv mit der Anzeige zu befassen, um sie zu finden. Letzteres ist vorliegend indes der Fall. Wegen der übrigen Farbgestaltung und Schriftgröße der jeweiligen Werbeseiten fällt vorliegend der auf jeder Seite am Ende in kleiner Schriftgröße gedruckte Pflichtsatz gemäß § 4 Abs. 3 HWG kaum ins Auge. Insbesondere entspricht die Schriftgröße der zu den Informationen der einzelnen Produkte. Die Werbung hat in keiner Weise versucht, den Eindruck der Abgrenzung durch andere Gestaltungsmittel vorzunehmen, insbesondere nicht durch Farbigkeit und/oder Schriftgröße und/oder Einrahmung und/oder Unterstreichung.

Ungeachtet dessen begegnet es auch Bedenken, dass die Pflichtangabe vorliegend auf mehrere Arzneimittel bezogen worden ist. Der Bundesgerichtshof hat bereits eine dreispaltige Werbung für mehrere Arzneimittel als unklar angesehen, bei der die Pflichtangaben in einer Spalte sich auf Arzneimittel bezogen, die in einer anderen Spalte beworben worden sind (BGH, Beschluss vom 18. April 1996, 1 ZR 108/93). Bei solchen Anzeigen sollte eindeutig dafür gesorgt werden, dass jedem beworbenen Mittel seine Pflichtangaben eindeutig zugeordnet werden kann. Dies ist bei der hier in Rede stehenden Werbung eindeutig nicht der Fall.

Auch die Pflichtangaben, die der Werbende gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 HWG zu den Anwendungsgebieten des beworbenen Arzneimittels zu tätigen hat, finden sich in der hier streitgegenständlichen Werbung nicht ausreichend wieder. Entsprechend den obigen Ausführungen kann dahinstehen, ob dies für jedes beworbene Arzneimittel des Katalogs der Fall ist, da für einen Wettbewerbsverstoß, der einen Unterlassungsanspruch begründet, ein einmaliger Verstoß genügt. Jedenfalls für „Spalt Schmerztabletten“ (Katalog Seite 6), „HeparSL forte“ (Katalog Seite 12), „Canesten Salbe“ (Katalog Seite 15) und „HepaBesch“ (Katalog, Seite 37) finden sich in dem hier streitgegenständlichen Katalog nicht die Anwendungsgebiete, die gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 HWG wiederzugeben sind.

Zur Klarstellung, auf welche Pflichtangaben sich die Verletzungshandlung und damit der Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers bezieht, hat der erkennende Senat den Tenor des angefochtenen Urteils bezogen auf den hier in Rede stehenden Verstoß ergänzt.

Im Berufungsverfahren kann für die Begründetheit der Berufung dahinstehen, ob die Anträge zu Ziffer 2 bis Ziffer 12 im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 12 HWG in Verbindung mit der Anlage A begründet sind, da die Parteien das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Insofern ist diese Frage noch für die nachfolgende Kostenentscheidung relevant.

Die Werbeaussagen der Anträge zu 13.1., 13.2. und 13.3. sowie 14.9. und 14.11. sind zwischenzeitlich durch Anerkenntnis bzw. Antragsrücknahme erledigt.

Schließlich hat die Berufung der Verfügungsbeklagten keinen Erfolg, sofern sie sich gegen den Antrag zu Ziffer 15 der Antragsschrift richtet. Das Landgericht hat die Verfügungsbeklagte rechtsfehlerfrei dazu verurteilt, die Werbung für das Mittel Glukokine mit den Angaben „für einen gesunden Zuckerstoffwechsel“ und „haben eine positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel“ zu unterlassen, denn es liegt ein Verstoß gegen § 3 a HWG vor. Nach dieser Bestimmung ist eine Werbung für Arzneimittel dann unzulässig, wenn die Arzneimittel der Pflicht zur Zulassung unterliegen und nicht nach arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind.

Die genannte Bestimmung soll einen maximalen Schutz der Verbraucher gewährleisten, denn ein Erzeugnis kann als Arzneimittel nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt. Das Genehmigungsverfahren dient dem Zweck, den Verkehr vor Mitteln zu schützen, die schädlich sind, deren therapeutische Wirksamkeit fehlt oder unzureichend begründet ist (RL 65/65/EWG Art. 5 Abs. 1). Diesem Verfahren müssen sich Produkte nach dem weiten Arzneimittelbegriff des EuGH schon dann unterziehen, wenn sie als Arzneimittel bezeichnet werden. Die Richtlinie enthält zwei selbständige Definitionen des Arzneimittelbegriffs: eine nach der subjektiven Bezeichnung des Stoffes als Arzneimittel durch den Hersteller oder Verkäufer und eine nach der objektiven Zweckbestimmung des Stoffes. Ein Erzeugnis ist dann Arzneimittel, wenn es unter eine dieser beiden Definitionen fällt (EuGH, Urteil vom 20. Mai 1992, NVwZ 1993, 53; Urteil vom 28. Oktober 1992, EuZW 1993, 763 ff.).

Zwar trägt der Verfügungskläger die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Zulassungspflicht, im hiesigen Verfahren hat er dies indes glaubhaft gemacht.

Ein Arzneimittel ist entsprechend den vorstehenden Grundsätzen nicht nur dann als solches bezeichnet, wenn es ausdrücklich, gegebenenfalls durch das Etikett oder den Beipackzettel, als solches benannt wird. Vielmehr fallen unter diese Alternative auch die Mittel, die aus anderen Gründen bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher lediglich schlüssig, aber mit Gewissheit den Eindruck entstehen lassen, dass dieses Erzeugnis ein Arzneimittel ist. Dabei kann insbesondere die Aufmachung ein wichtiges Indiz für die Absicht des Verkäufers oder Herstellers darstellen, dass das Produkt als Arzneimittel auf den Markt gebracht werden soll. Die Aufmachung des Produkts, die sich in dem streitgegenständlichen Katalog befindet, weist bereits deutlich auf ein Arzneimittel hin, denn es geht um eine Tablettenverpackung. Ungeachtet dessen liegt aber die zweite Alternative des Arzneimittelbegriffs des Europäischen Gerichtshofs vor, denn die Verfügungsbeklagte hat ganz klar auf Auswirkungen auf die Körperfunktionen abgestellt und damit Glukokine als Mittel zur Verbesserung des Zuckerstoffwechsels dargestellt.

Der Einordnung des Mittels Glukokine als Arzneimittel steht auch nicht entgegen, dass es sein Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet hat, denn – wie ausgeführt – ist dies für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel unbeachtlich. Es mag sein, dass die Bittermelone, deren Konzentrat der einzige Wirkstoff von Glukokine ist, ein Gemüse mit zahlreichen Mineralstoffen und Vitaminen, insbesondere mit viel Eisen und Vitamin C ist. Diese Inhaltsstoffe werden aber von dem durchschnittlich informierten Verbraucher jedenfalls anhand der Packungsaufmachung in keiner Weise wahrgenommen, weil der Hersteller auf diese auch in keiner Weise abstellt. Insofern wird auf die Anlage A 35 im Anlagenband Bezug genommen. Der Anwendungsbereich wird von dem Hersteller Sandoz nicht mit der Eisen- und Vitamin C-Zufuhr im Sinne einer Nahrungsergänzung beschrieben, sondern mit dem positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel, also zweifelsfrei mit einer pharmakologischen Wirkung. Ob das Mittel Glukokine diese pharmakologische Wirkung tatsächlich auf den menschlichen Organismus entfalten kann, ist für die Entscheidung des hiesigen Verfahrens unerheblich, denn es kommt entsprechend den obigen Ausführungen darauf an, ob der durchschnittliche Verbraucher aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu Glukokine diese pharmakologische Wirkung entnehmen kann. Letzteres ist – wie ausgeführt – zweifelsfrei der Fall. Nur ergänzend sei noch erwähnt, dass auch der Packungshinweis: „Offizieller Förderer Deutscher Diabetikerbund“ darauf hindeutet, dass Glukokine dazu dienen soll, die derzeitige Volkskrankheit Nr. 1 in Deutschland zu behandeln und den Blutzuckerspiegel insbesondere von Diabetikern zu senken. Einen anderen Grund, Glukokine einzunehmen, als den Blutzuckerspiegel zu senken, ist den zur Verfügung stehenden Informationen jedenfalls nicht zu entnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass ein Verbraucher, der nicht Diabetiker ist, sich veranlasst sehen könnte, Glukokine zu sich zu nehmen, sind nicht ersichtlich und von der Verfügungsbeklagten dargelegt worden.

Unerheblich ist auch, ob auf dem deutschen Markt zwischenzeitlich oder seit langer Zeit Bittermelone als Nahrungsmittel erhältlich ist. Jedenfalls für das den Senatsmitgliedern bekannte Gebiet kann dies zwar verneint werden; dies kann indes dahinstehen. In dem streitgegenständlichen Katalog wird nicht eine Bittermelone angeboten, sondern das Mittel Glukokine, das entsprechend den obigen Ausführungen kein Nahrungsmittel ist.

Sonstige Gründe, welche der Berufung der Verfügungsbeklagten zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 91 a ZPO.

Für den ersten Rechtszug gilt Folgendes:

Der Verfügungskläger trägt im Hinblick auf die Anträge zu Ziffer 13.2. und 14.11. (Antragsrücknahme) und Ziffer 14.1. bis 14.8., 14.10. und 14.12., für die das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte, was der Verfügungskläger mit der Berufung nicht angegriffen hatte, die Kosten des Verfahrens.

Bezogen auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des einstweiligen Verfügungsverfahrens (Anträge zu Ziffer 2.1., 2.2., 2.3., 2.4., 3.1., 3.2., 4.1., 4.2., 4.3., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 11.1., 11.2. und 12.) trägt die Verfügungsbeklagte gemäß § 91 a Abs. 1 S. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens, denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist insofern erst durch die Gesetzesänderung der Anlage A zu § 12 HWG vom 29. August 2005 unbegründet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt, also insbesondere zur Zeit der Verkündung des angefochtenen Urteils, galt noch die alte Gesetzeslage, wonach das Verbot des § 12 HWG auf eine Vielzahl von Krankheiten anzuwenden war, für die der Gesetzgeber angenommen hatte, dass ausschließlich eine Behandlung durch einen Arzt und keine Selbstmedikation zu erfolgen habe.

Auch bezüglich des anerkannten Teils der Ursprungsanträge des Verfügungsklägers (Ziffer 13.1., 13.3. und 14.9.) trägt die Verfügungsbeklagte die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, denn insoweit kommt eine Anwendung des § 93 ZPO zu ihren Gunsten nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die Verfügungsbeklagte zu der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens Veranlassung gegeben hatte, da jedenfalls die Verfügungsbeklagte die entsprechenden Anträge nicht sofort im Sinne des § 93 ZPO anerkannt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 2, 3 ZPO und bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Verfügungsklägers an der vorläufigen Sicherung seines Hauptsachebegehrens. Dieses hat der Senat entsprechend den von der Verfügungsbeklagten nicht angegriffenen Wertangaben des Verfügungsklägers ermittelt.

(Unterschriften)

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