OLG Köln: Arzneimittelrabatte

OLG Köln, Urteil vom 08.12.2006 – 6 U 115/06 (LG Köln)
AMG § 78; AMPsVo § 3 ; HWG § 7 Abs. 1 Nr. 2 a n.F. und 2 b a.F.; UWG § 4 Nr. 11

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 13.4.2006 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 777/05 – dahin geändert, dass es im Verbotsausspruch anstelle von„ ermäßigte Preise“ einschränkend heißen muss „um Barrabatte ermäßigte Preise“.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen, soweit sie nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 7/9 und die Beklagte zu 2/9.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruches durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt 20.000 Euro.

Die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruchs kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Begründung
I.

Der Kläger ist ein Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, dem sämtliche Industrie- und Handelskammern Deutschlands als Mitglieder angehören.

Die Beklagte ist ein Pharmaunternehmen, das Generika herstellt und vertreibt. Sie bot Apotheken immer wieder für begrenzte Zeit einen Teil ihrer verschreibungspflichtigen Arzneimittel mit Rabatten auf den von ihr festgesetzten und verlautbarten Herstellerabgabepreis an, indem sie z.B. beim Kauf von zwei Packungen eines bestimmten Medikaments eine weitere lieferte, ohne diese zu berechnen. Neben diesem Angebot „2+1“ gab es auch Angebote „3+1“ oder „5+1“. Diese Monatsangebote entsprachen wirtschaftlich einem Rabatt von rund 33 %, 25% bzw. 17 %.

Der vom Hersteller vorgesehene Preis ohne Rabatt wird in der sog. Lauer-Liste veröffentlicht. Er ist Grundlage für die Berechung der Großhändlerhandelsspanne.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte biete nicht nur vereinzelt, sondern jeden Monat nahezu identische Rabatte auf eine Vielzahl von Arzneimitteln an. Mit diesen Rabatten unterschreite die Beklagte laufend die von ihr öffentlich verlautbarten Herstellerabgabepreise. Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den Vorschriften der AMPreisVO. Zwar sei es der Beklagten grundsätzlich bis zu der am 1. Mai 2006 in Kraft getretenen Änderung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG unbenommen gewesen, Rabatte zu gewähren, aber nur soweit diese nicht höher seien als die in § 2 Abs. 2, § 3 AMPreisVO festgelegten Großhandelszuschläge.

Der Kläger hat beantragt

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Apotheken beim Kauf von verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln Natural- und/oder Barrabatte, die die Großhandelshöchstzuschläge gemäß § 3 Abs.2, 3 AMPreisVO überschreiten anzubieten und/oder zu gewähren,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel Herstellerpreise wie in Anlage K 21 wiedergegeben anzugeben, wenn tatsächlich gegenüber Apotheken ermäßigte Preise wie in Anlage K 1 – K3, K 19 und K 20 in Rechnung gestellt werden, wie nachstehend wiedergegeben [es folgen die Auflistungen].

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, nicht Normadressat der allein an Apotheker gerichteten Arzneimittelpreisverordnung zu sein. Der in der Lauer-Liste verlautbarte Herstellerpreis werde von ihr immer dann in Rechnung gestellt, wenn das Monatsangebot nicht mehr gelte oder wenn die Apotheken nicht die Voraussetzungen erfüllten, um einen Rabatt in Anspruch zu nehmen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.4.2004 mit dem Hauptantrag abgewiesen und ihr im übrigen stattgegeben. In der Rabattgewährung durch die Beklagte liege ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG i.V.m. § 78 AMG und den Vorschriften der AMPreisVO. Da die Rabatte, die in den Monatsangeboten ausgelobt werden, in ihren Voraussetzungen abstrakt und für alle potentiellen Abnehmer gleich festgeschrieben seien, bestehe für jede Apotheke die Möglichkeit, das im Monatangebot beworbene Arzneimittel zu einem anderen Herstellerpreis zu erwerben als dem in der Lauer Taxe festgelegten und verlautbarten Preis. Folglich gewähre die Beklagte im Ergebnis zwei Herstellerpreise, was mit dem Gedanken der APreisVo – einheitliche Herstellerabgabepreise zu sichern – nicht vereinbar sei.

Am 1. Mai 2006 ist das Arzneimittelversorgung- und Wirtschaftlichkeitsgesetz in Kraft getreten. § 7 Abs. 1 HWG wurde dahingehend geändert, dass nun Naturalrabatte schlechthin unzulässig sind. Barrabatte sind nur unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger hat Anschlussberufung eingelegt und – in Erweiterung des erstinstanzlichen Hauptantrages – beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte unter Androhung der Ordnungsmittel des § 890 ZPO zu verurteilen, es zu unterlassen, Apotheken beim Kauf von verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln Naturalrabatte schlechthin und/oder Barrabatte, die die Großhandelshöchstzuschläge gemäß § 3 Abs.2, 3 AMPreisVO überschreiten, anzubieten und/oder zu gewähren,

hilfsweise,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, schon allein aufgrund der Gesetzesänderung sei dem Hauptantrag in der geänderten Fassung stattzugegeben und die Berufung ohne weiteres zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3.11.2206 hat die Beklagte erklärt, dass sie nach Änderung des HWG in Zukunft keine Naturalrabatte mehr an Apotheken gewähren werde. Sie bleibt aber bei ihrer Auffassung, dass sie Barrabatte, die die Großhandelshöchstzuschläge gemäß der geltenden Preisverordnung überschreiten, anbieten und/oder gewähren darf. Sie sei als Arzneimittelhersteller nicht Adressat der Arzneimittelpreisverordnung.

Der Kläger hat daraufhin die Anschlussberufung insoweit für erledigt erklärt, als der Hauptantrag sich auf ein Verbot der Gewährung von Naturalrabatten bezieht. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und im Übrigen beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Die ebenfalls zulässige Anschlussberufung hat sich zum Teil erledigt; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1. Die Anschlussberufung des Klägers richtet sich gegen die Abweisung der Klage mit dem Hauptantrag, der zugleich im Wege der Klageerweiterung neu gefasst worden ist.

a) Mit dem neu formulierten Antrag hat der Kläger – gestützt auf die inzwischen eingetretene Gesetzesänderung – hinsichtlich der Naturalrabatte ein „schlechthin“-Verbot begehrt, d.h. ohne die zuvor auf Natural- und Barrabatte bezogene Beschränkung auf eine Überschreitung der Großhandelshöchstzuschläge nach der Arzneimittelpreisverordnung. Bezüglich dieses Antragsteils haben die Parteien die Anschlussberufung übereinstimmend für erledigt erklärt. Insoweit ist nach § 91a ZPO, der in den Fällen einer beiderseitigen Erledigungserklärung eines Rechtsmittels entsprechend anzuwenden ist (vgl. Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., 2005, § 91a Rn. 197), lediglich noch über die Kosten zu entscheiden (dazu nachfolgend unter 3.).

b) In der Sache ist daher nur noch über den auf Barrabatte bezogenen Teil des Hauptantrages zu befinden. Insoweit hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das Verhalten der Beklagten nach altem und nach neuem Recht unlauter ist (vgl. BGH GRUR 2006, 949, 950 Rz. 12 – Kunden werben Kunden; BGH GRUR 2004, 693, 694 – Schöner Wetten; BGH GRUR 2003, 622, 623 – Abonnementvertrag). Für ein generelles Verbot, das es Arzneimittelherstellern untersagen würde, auch nur in einem Einzelfall Barrabatte zu gewähren, die den Großhandelshöchstzuschlag überschreiten, gab es nach altem Recht keine Grundlage. Nach § 7 Abs.1 Ziff 2 b HWG a.F. war die Rabattgewährung vielmehr grundsätzlich zulässig. Eine teleologische Reduktion der Norm dahingehend, dass die Rabattgewährung nur im Rahmen des Großhandelshöchstzuschlags zulässig gewesen wäre, war nicht veranlasst. Zwar mag durch eine Rabattgewährung über den Großhandelshöchstzuschlag hinaus das Ziel der Arzneimittelpreisverordnung, die Arzneimittelpreise zu dämpfen, konterkariert worden sein. Dies bedeutet aber – wie schon das Landgericht zutreffend festgestellt hat – nur, dass die Beklagte eine Lücke im System gefunden hat, nicht hingegen, dass ihr Handeln schon unter diesem Gesichtspunkt unlauter war. Auch der BGH ist in der Entscheidung „Apothekerspannen“ (GRUR 1984, 748) davon ausgegangen, dass eine Rabattgewährung grundsätzlich zulässig ist und erst dann einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung begründet, wenn der in der Lauer-Liste angegebene Preis in beachtlichem Umfang nicht eingehalten wird. Das von dem Kläger für seine gegenteilige Auffassung herangezogene und als Anlage K 23 vorgelegte Urteil des OLG Hamburg vom 23.02.2006 besagt gleichfalls nichts anderes. Dort ist ausschließlich eine in ihren Voraussetzungen abstrakt und für alle potentiellen Abnehmer gleich festgeschriebene Rabattgewährung mit der Folge verschiedener Herstellerabgabepreise für rechtswidrig erachtet worden. Die gelegentliche, in den Voraussetzungen nicht fixierte Rabattgewährung hat das Gericht vielmehr ausdrücklich als nach § 7 Abs. 1 Ziff. 2 HWG zulässig erklärt (Urteil S. 10). Mit seinem weit gefassten Antrag will der Kläger aber auch diese zulässige Rabattierung in einem Einzelfall verboten wissen. Das macht den Antrag unbegründet, wie schon das Landgericht zutreffend betont hat.

2. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen die Verurteilung entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers. Sie hat Erfolg, soweit die Verurteilung das Verbot der Gewährung von Naturalrabatten einschließt (nachfolgend unter a); hinsichtlich des Verbots, Barrabatte in der beanstandeten Form zu gewähren, erweist sich die Berufung hingegen als unbegründet (nachfolgend unter b).

a) Die Berufung ist im Hinblick auf ein Verbot der Gewährung von Naturalrabatten begründet. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Gewährung von Naturalrabatten durch die Beklagte auf der Grundlage des alten Rechts unlauter war, fehlt es an der für einen Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungsgefahr. Es ist anerkannt, dass die Wiederholungsgefahr entfallen kann, wenn der Verstoß unter der Geltung einer zweifelhaften Rechtslage erfolgt, diese Zweifelsfragen aber inzwischen durch eine Gesetzesänderung beseitigt sind. In einem derartigen Fall kann nicht angenommen werden, dass derjenige, der bei zweifelhafter Rechtslage sein Verhalten mit vertretbaren Gründen verteidigt, auch dann auf einer Fortsetzung oder Wiederholung seines Handels besteht, wenn der Gesetzgeber die offene Frage eindeutig im Sinne des – früher streitigen – Verbots entschieden hat (so BGH GRUR 2002, 717, 719 – Vertretung der Anwalts-GmbH; Bornkamm in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., 2006, § 8 Rn. 1.43). So liegen die Dinge hier. Der Verstoß, auf den der Kläger sich stützt, ist unter der Geltung der alten Rechtslage ergangen, die keineswegs eindeutig war. Dies zeigt sich schon daran, dass der Kläger selbst die Richtigkeit der für die Beurteilung des Rechtsstreits maßgeblichen BGH-Entscheidung „Apothekerspannen“ (GRUR 1984, 748, 749) in Frage stellt. Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, dass sie sich aufgrund der geänderten Rechtslage daran gehindert sieht, Naturalrabatte zu gewähren, ist die Wiederholungsgefahr entfallen.

b) Hinsichtlich des Verbotes, Barrabatte zu gewähren, ist die Berufung hingegen unbegründet. Insoweit ist das Verhalten der Beklagten sowohl nach altem (dazu nachfolgend aa) als auch nach neuem Recht (dazu nachfolgend bb) unlauter. Anders als bei den Naturalrabatten kann hier nicht von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, dass sie weiterhin Barrabatte, die die Großhandelshöchstzuschläge gemäß der Arzneimittelpreisverordnung überschreiten, anbieten und/oder gewähren darf.

aa) Die Gewährung von Barrabatten in dem vom Landgericht untersagten Umfang war nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 AMG und den Vorschriften der AMPreisV sowie § 7 HWG a.F. unlauter. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen, die der BGH in der Entscheidung „Apothekerspannen“ (a.a.O.) auf der Grundlage der damals geltenden Fassung des § 3 Abs. 2 AMPreisV, die jedenfalls im Kern unverändert geblieben ist, aufgestellt hat. Nach Ansicht des BGH verlangt es die Zweckbestimmung der Arzneimittelpreisverordnung bei der Preisberechnung auf die Preise abzustellen, die der Hersteller im Normalfall, also abgesehen von wenigen besonderen Ausnahmefällen, verlangt. Dieser Preis kann sich mit seinem Listenpreis decken, so dass dann auf die Preislisten abzustellen ist. Werden diese Listenpreise aber „in beachtlichem Umfang“ nicht eingehalten, sondern durch Rabatte unterschritten, so ist auf den tatsächlich überwiegend verlangten oder jedenfalls durchschnittlichen Herstellerpreis abzustellen. Das gegen die BGH-Entscheidung immer wieder vorgebrachte Argument, das Abstellen auf den tatsächlichen Durchschnittspreis des Herstellers sei nicht praktikabel, weil dessen Ermittlung kaum möglich sei (so Meyer NJW 1986, 1522, 1524), greift im Streitfall nicht durch. Denn anders als im Fall „Apothekerspannen“, in dem beide Parteien Apotheker waren, ist hier die Beklagte selbst diejenige, die die Herstellerpreise festlegt.

Es stellt somit einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung dar, wenn der Hersteller eines Arzneimittels seinen Herstellerpreis nachhaltig durch Rabatte unterschreitet, aber dennoch in der Lauer-Liste den nicht rabattierten Preis angibt. Eine solche nachhaltige Rabattgewährung ist hier anzunehmen. Der Kläger hat durch die in den Hilfsantrag aufgenommenen Listen hinreichend dargetan, dass die Beklagte nicht nur ausnahmsweise, sondern in erheblichem Umfang über mehrere Monate hinweg Rabatte gewährt hat. Die Beklagte ist dem nicht substantiiert entgegen getreten.

Die von der Beklagten zur Verteidigung vorgebrachte Ansicht, sie sei als Herstellerin nicht Normadressantin der Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung, vermag nicht zu überzeugen. Die Arzneimittelpreisverordnung kennt keinen fest umrissenen Normadressatenkreis. Entscheidend für einen Verstoß gegen die Verordnung ist allein, dass sich das Verhalten der Beklagten gegen die mit der Arzneimittelpreisverordnung verfolgte Zweckbestimmung richtet, das Arzneimittelpreisniveau zu senken. Dieses Ziel wird aber unterlaufen, wenn der in der Lauer-Liste verlautbare Preis durch eine nachhaltige Rabattgewährung zu einem rein fiktiven Preis wird, den die Apotheken in Wahrheit nicht bezahlen.

Die Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung auf die Hersteller untergräbt auch nicht – wie von der Beklagten befürchtet – die Freiheit der Hersteller verschreibungspflichtiger Arzneimittel, ihre Preise frei zu gestalten. Selbstverständlich können die Hersteller ihre Preise den Marktgegebenheiten entsprechend festlegen, es ist ihnen nur untersagt, nach der Festlegung dieser Preise und deren Verlautbarung in der Lauer-Liste in beachtlichem Umfang hiervon durch Rabattgewährung abuzweichen.

Auch aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des LG Hamburg vom 17.5.2005 (Az. 32 O 246/05) lässt sich nichts für ihre Rechtsansicht herleiten, da sich dieses Urteil zur Frage des Normadressaten nicht äußert.

bb) Nach neuer Rechtslage folgt aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 78 AMG und den Vorschriften der AMPreisV sowie § 7 HWG, dass die Rabattgewährung in dem von der Beklagten gewährten Umfang unzulässig ist. Nach der Neufassung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 a HWG sind Barrabatte für Arzneimittel unzulässig, „soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten.“ Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Gewährung von Barrabatten an Apotheken nur insoweit zulässig bleibt, als sie sich im Rahmen der Arzneimittelpreisverordnung hält. Gemeint ist hiermit, dass die Hersteller auf die Geltendmachung des Großhandelshöchstzuschlages verzichten können (vgl. BT-Drucks. 16/194, S. 18). Demgegenüber ist eine Rabattgewährung unzulässig, die über einen Verzicht auf die Erhebung des Zuschlages hinaus geht und die zu einem Preisabzug von dem in der Lauer-Liste veröffentlichen Preis führt. So liegt es auch im Streitfall.

3. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts. Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf §§ 91 a, 92, 97 ZPO. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger und die Beklagte je zu ½. Die Kosten der Anschlussberufung hat der Kläger in vollem Umfang zu tragen. Soweit in der Sache entschieden wurde, ergibt sich dies aus § 97 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils hat der Kläger unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten nach billigem Ermessen in entsprechender Anwendung des § 91 a ZPO zu tragen. Da der Kläger die Klageerweiterung allein auf die neue Rechtslage gestützt hat, fehlt es insoweit sowohl an einer Wiederholungsgefahr als auch – mangels Berühmung – an einer Begehungsgefahr. Der Kläger hätte insoweit mit seinem Hauptantrag nicht durchdringen können.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Es fehlt an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie an dem Erfordernis der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2, 3 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt oder nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

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