OLG Köln: Ritter-Sport Schokoladenquadrat – Zur Verwechslungsgefahr bei bekannter Formmarke Urteil vom 30.03.2012 – 6 U 159/11

Milka Schokolade Schlauchverpackung Aus den Gründen: Bereits die Verwendung der Doppelverpackung führt in der Verbraucherwahrnehmung zu einem ganz erheblichen Abstand von der bekannten Formmarke („Ritter-Sport Quadrat“) der Klägerin und dieser Abstand weitet sich zur Zeichenunähnlichkeit aus, wenn – wie es bei den angegriffenen Produktausstat­tungen der Fall ist – die Aufmerksamkeit der Verbraucher statt durch die Form durch andere kennzeichnende Farb-, Wort- und Bildelemente in Anspruch genommen wird.

OLG Köln, Urteil vom 30.03.2012 – 6 U 159/11Ritter-Sport Schokoladenquadrat
§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.06.2011 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 478/10 – wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat über die ihr bereits mit dem angefochtenen Urteil auferlegten Kosten hinaus auch alle weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin ist Inhaberin der nachfolgend abgebildeten deutschen dreidimensionalen Marken Nr. 2913183 und Nr. 3986997, die als verkehrsdurchgesetzte Marken für Tafelschokolade eingetragen sind. Die mit ihr vertraglich verbundene Alfred Ritter GmbH & Co. KG vertreibt seit 1932 Schokolade der Marke „Ritter Sport“ in Verpackungen mit quadratischer Grundform; seit den 1970er Jahren verwendet sie sogenannte Schlauchverpackungen.

3D-Marke Ritter-Sport Schokoladenquadrat
Nr. 2913183

3D-Marke Ritter-Sport Schokoladenquadrat
Nr. 3986997

Die Beklagte vertreibt in Deutschland in großem Umfang Schokolade der Marke „Milka“. 2010 brachte sie erstmals je zwei 40-g-Schokoladentafeln in den nachfolgend wiedergegebenen Ausstattungen auf den Markt.

Milka Schokolade Schlauchverpackung

Milka Schokolade Schlauchverpackung

Milka Schokolade Schlauchverpackung

Die Klägerin sieht darin – in dieser Rangfolge – eine jeweils wegen Verwechslungsgefahr und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft anzunehmende Verletzung ihrer Marken Nr. 2913183 und Nr. 3986997 sowie einer Marke kraft Verkehrsgeltung an quadratischen Schokoladenverpackungen jeder Größe, die sie für sich in Anspruch nimmt; äußerst hilfsweise stützt sie ihre Klageanträge auf den Vorwurf der wettbewerbsrechtlich unlauteren Nachahmung. Ihre – zuerst gegen eine andere Gesellschaft des Konzerns der Beklagten, nach Parteiwechsel jedoch nur noch gegen diese gerichtete – Klage auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung war vor dem Landgericht, dessen tatsächliche Feststellungen der Senat in Bezug nimmt, auf der Grundlage des von der Kammer bejahten Verwässerungstatbestandes erfolgreich; eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss eines seit Ende 2010 gegen die eingetragenen Marken anhängigen Löschungsverfahrens – wie von der Beklagten beantragt – hat die Kammer abgelehnt.

Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Aussetzung des Verfahrens sowie – hilfsweise – die Abweisung der Klage.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit darin zu ihren Gunsten erkannt worden ist. Im Wege der Anschlussberufung erstrebt sie eine Verurteilung der Beklagten gemäß ihren erstinstanzlichen Klageanträgen auch wegen Verwechslungsgefahr zwischen ihrer Marke Nr. 2913183 und den angegriffenen Produktausstattungen der Beklagten.
Beide Parteien vertiefen und ergänzen in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zu ihren jeweils für Schokolade verwendeten Aufmachungen (einschließlich solcher Produktaufmachungen der Beklagten, die Gegenstand eines von der Klägerin angestrengten weiteren Rechtsstreits sind) und deren Verkehrsbekanntheit, zu der sie schon dem Landgericht mehrere Verkehrsumfragen (Anlagen K 10-16, B 36) vorgelegt hatten. Wegen aller Einzelheiten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Nach der Berufungsverhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.03.2012 eine weitere Verkehrsumfrage (Anlage K 44) vorgelegt und ergänzend zur Sache ausgeführt.

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Das Berufungsziel der Beseitigung ihrer erstinstanzlichen Verurteilung erreicht die Beklagte nicht durch Aussetzung des Verfahrens unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, sondern weil ihr – weitergehender – Antrag auf Abweisung der Klage aus sachlichen Gründen Erfolg hat.

1. Soweit die Berufung, indem sie den Antrag auf Klageabweisung als lediglich hilfsweise gestellt bezeichnet, über den im Urteil des Landgerichts abgelehnten (daher statt mit der sofortigen Beschwerde mit der Berufung anfechtbaren, vgl. Prütting/Gehrlein/Anders, ZPO, 3. Aufl., § 252 Rn. 3) Verfahrensantrag auf Aussetzung der Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die beim Deutschen Patent- und Markenamt anhängigen Löschungsanträge gegen die eingetragenen Marken der Klägerin vorab zu entscheiden bittet, dringt sie damit nicht durch. Denn es kann keine Rede davon sein, dass das Landgericht das ihm gemäß § 148 ZPO eingeräumte Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt hätte.
Wenn das Verletzungsgericht einem Löschungsantrag Aussicht auf Erfolg beimisst und die mit der Aussetzung verbundene Prozessverzögerung vor diesem Hintergrund als hinnehmbar beurteilt, kann eine Aussetzung des Verletzungsprozesses zwar geboten sein (vgl. BGH, GRUR 2003, 1040 [1042] – Kinder I). Im Streitfall ist aber weder in absehbarer Zeit mit einer rechtskräftigen Entscheidung über die auf die Schutzhindernisse der §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1 MarkenG gestützten Anträge zu rechnen noch liegt deren Erfolg so erkennbar auf der Hand, dass es wegen der Vorgreiflichkeit für die in erster Linie aus den eingetragenen Marken abgeleiteten Klageansprüche unvertretbar wäre, den Abschluss des Löschungsverfahrens nicht abzuwarten.

Eine Aussetzung ist schließlich auch deshalb nicht veranlasst, weil die Klage sich aus den nachfolgenden Erwägungen bereits unabhängig von den im Löschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG vorgebrachten Nichtigkeitsgründen – die das Verletzungsgericht bei eingetragenen Marken nicht zur Versagung jeglichen Schutzes heranziehen, bei der ihm obliegenden selbstständigen Bestimmung der Kennzeichnungskraft allerdings in seine Betrachtung einbeziehen darf (vgl. zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einerseits BGH, GRUR 2010, 138 = WRP 2010, 260 [Rn. 16 ff.] – Rocher-Kugel, andererseits BGH, GRUR 2010, 1103 = WRP 2010, 1508 [Rn. 41 ff.] – Pralinenform II) – als abweisungsreif erweist.

2. Das Landgericht hat angenommen, dass die streitgegenständlichen Ausstattungen der Beklagtenprodukte die Rechte der Klägerin aus ihrer Marke Nr. 2913183 (nachfolgend nur: Klagemarke) im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG verletzen, weil sie sich als Benutzung eines ähnlichen Zeichens für Waren darstellen, welche die Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise beeinträchtigt. Dem vermag der Senat im Ergebnis auf der Grundlage des ihm bis zur Berufungsverhandlung unterbreiteten Sachverhalts nicht beizutreten; der im nachgereichten Schriftsatz der Klägerin vom 08.03.2012 angekündigte ergänzende Vortrag rechtfertigt in der Sache keine andere Beurteilung und keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

a) Zutreffend – und zwischen den Parteien nicht umstritten – ist allerdings der unausgesprochene Ausgangspunkt der landgerichtlichen Erwägungen, dass der auf Art. 5 Abs. 2 der (Markenrechts-) Richtlinie 89/104/EWG bzw. 2008/95/EG (MRRL) beruhende Schutz bekannter Marken nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG über seinen Wortlaut hinaus nicht nur bei einer Benutzung ähnlicher Zeichen für unähnliche Waren, sondern auch bei einer Benutzung solcher Zeichen für Waren eingreifen kann, die – wie im Streitfall – mit denen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist (EuGH, GRUR 2003, 240 [Rn. 24 ff.] – Davidoff; GRUR 2008, 503 [Rn. 37] – adidas/MarcaModa; GRUR 2010, 445 [Rn. 48] – Google und Google France; BGH, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 61] – TÜV II).

b) Den Angriffen der Berufung stand hält auch die Feststellung des Landgerichts, dass es sich bei der Klagemarke in ihrer eingetragenen Form um eine nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geschützte Marke handelt, weil sie für die fraglichen Waren einem bedeutenden Teil des davon betroffenen inländischen Publikums bekannt ist (vgl. EuGH, GRUR 2009, 1158 [Rn. 21 ff.] – PAGO/Tirolmilch; BGH, GRUR 2003, 428 [432] = WRP 2003, 647 – BIG BERTHA; GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 42] – TÜV II; Senat, GRUR-RR 2005, 339 [340] – Kleiner Feigling II; GRUR-RR 2011, 459 – Dumont-Kölsch).

Der erforderliche Bekanntheitsgrad, für den sich feste Prozentsätze nicht angeben lassen, ist anhand aller relevanten Umstände wie des Marktanteils der Marke, der Intensität, der geografischen Ausdehnung und der Dauer ihrer Benutzung sowie des Umfang der zu ihrer Förderung getätigten Investitionen zu bestimmen (vgl. EuGH, a. a. O.; BGH, a. a. O.), was eine Heranziehung demoskopischer Umfragen indes nicht ausschließt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 1333; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 14 Rn. 212). In diesem Zusammenhang kann auch der Umstand von Bedeutung sein, dass der Gesetzgeber einen besonderen Bekanntheitsschutz an sich nur für solche Marken vorgesehen hat, die auch in Bezug auf nicht ähnliche Waren bei den mit der angegriffenen Bezeichnung konfrontierten Verkehrskreise in Erinnerung gerufen werden (vgl. BGH, GRUR 2003, 428 [432] = WRP 2003, 647 – BIG BERTHA; EuGH, GRUR 2009, 56 [Rn. 47 ff., 53] – Intel).
Die Registerdarstellung beruht auf Fotografien der Vorder- und Rückseite einer in Bezug auf Farbe und sonstige Kennzeichen vollständig neutralisierten, nahezu quadratischen Schlauchverpackung von nicht näher definierter Größe. Das Landgericht hat aus dem langjährigen Vertrieb von 100-g-Schokoladentafeln der Marke „Ritter Sport“ durch die Lizenznehmerin der Klägerin in Verpackungen, deren Form der Registerdarstellung zumindest sehr nahe kommen, auf eine Bekanntheit auch der Klagemarke geschlossen. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass die Verpackung in der neutralen Form ohne weitere Ausstattungsmerkmale so, wie sie als Marke eingetragen wurde, nie benutzt worden ist. Da im Süßwarenbereich eine Nutzung dreidimensionaler Marken, die eine Waren- und Verpackungsform darstellen, in Verbindung mit weiteren Marken im Sinne einer Mehrfachkennzeichnung durchaus üblich ist, schließt dies bei intensiver Verwendung der Form allerdings nicht aus, dass sie innerhalb der Gesamtgestaltung als selbstständige Marke erkannt wird und eine eigenständige herkunftshinweisende Funktion erfüllt (vgl. BPatG, GRUR 2011, 68 [74] – Goldhase in neutraler Aufmachung). So liegt es hier: Wie sich für den vorliegenden Verletzungsprozess bereits aus der Eintragung der neutralen Warenform als verkehrsdurchgesetzte Marke ergibt, wird diese in der Gesamtbevölkerung, auf die beim Angebot von Tafelschokolade als Ware des Massenkonsums abzustellen ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 138 = WRP 2010, 260 [Rn. 46] – Rocher-Kugel; GRUR 2010, 1103 = WRP 2010, 1508 [Rn. 45] – Pralinenform II), als herkunftshinweisend erkannt. Die intensive markenmäßige Verwendung der Form hat das Landgericht außerdem zu Recht durch den von der Lizenznehmerin der Klägerin seit langem erfolgreich verwendeten Werbeslogan „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ bestätigt gefunden.

Seine Annahme einer jedenfalls den Bereich durchschnittlicher Kennzeichnungskraft „überragenden“ Bekanntheit der Klagemarke erweist sich vor diesem Hintergrund nicht nur angesichts der vom Landgericht im Wesentlichen zutreffend gewürdigten Marktverhältnisse als berechtigt, sondern findet eine weitere Stütze auch in den von der Klägerin erstinstanzlich vorgelegten Verkehrsumfragen, die für neutralisierte Schokoladenaufmachungen mit quadratischer Grundform einen ganz erheblichen Bekanntheits-, Kennzeichnungs- und Zuordnungsgrad ermittelt haben. In der im Sommer 2010 durchgeführten GfK-Umfrage (Anlage K 15) gaben 93,4% aller Befragten an, eine derartige Verpackungsform für Tafelschokolade schon einmal gesehen zu haben. 84,5% ordneten die Warenform einem bestimmten Unternehmen zu und 80,3% (auf Nachfrage 80,5%) erkannten darin die Marke „Ritter Sport“ oder „Ritter“. Die fünfzehn Jahre ältere Infratest-Umfrage (Anlage K 14) hatte einen gleich hohen Bekanntheitsgrad (93%) und nur wenig geringere Werte beim Kennzeichnungs- (80%) und Zuordnungsgrad (75%) ergeben. Selbst wenn gewisse, im Gesamteindruck zurücktretende Unterschiede zwischen den diesen Umfragen zugrunde liegenden Testverpackungen und der eingetragenen Klagemarke in Rechnung gestellt werden, belegen die Umfrageergebnisse doch eine Verkehrsbekanntheit der Form, die hinreichend deutlich über den für die Eintragung als Marke erforderlichen Durchsetzungsgrad hinausgeht.

Da das Erreichen des Durchsetzungsgrades eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der eingetragenen Marke indiziert (vgl. BGHZ 171, 89 = GRUR 2007, 780 = WRP 2007, 1090 [Rn. 35] – Pralinenform I; BGHZ 156, 112 [122] = GRUR 2003, 1040 = WRP 2003, 1431 – Kinder I; BGH, GRUR 2007, 1071 = WRP 2007, 1461 [Rn. 24, 28] – Kinder II), muss für den erhöhten Schutz als im Rechtssinne bekannte Marke (trotz verfahrensrechtlicher Gleichwertigkeit des Schutzes mit dem Schutz originär kennzeichnungskräftiger Marken, vgl. BGH GRUR 2006, 701 = WRP 2006, 896 [Rn. 9] – Porsche 911) freilich ein noch höherer Wert angenommen werden. Aber selbst wenn an den Durchsetzungsgrad dreidimensionaler Marken, die übliche Warenformen darstellen, ähnlich hohe Anforderungen gestellt werden wie an den von glatt warenbeschreibenden Begriffen (vgl. BGHZ 156, 112 [125] = GRUR 2003, 1040 = WRP 2003, 1431 Kinder I; BGH, GRUR 2008, 505 = WRP 2008, 797 [Rn. 28] – TUC-Salzcracker; GRUR 2009, 954 = WRP 2009, 1250 [Rn. 39] – Kinder III; GRUR 2010, 138 = WRP 2010, 260 [Rn. 46] – Rocher-Kugel m. w. N.), sind diese für die Klagemarke jedenfalls erfüllt. Denn zum einen hat bereits das Landgericht im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, dass quadratische Verpackungen in Deutschland keine allgemein übliche Form von Tafelschokolade sind. Wenn zum anderen nach den vorerwähnten Umfragen vier Fünftel der Bevölkerung die Verpackungsform als herkunftshinweisend ansehen und dem richtigen Hersteller zuordnen, spricht zumindest dieser Wert dafür, darin ein bekanntes Kennzeichen gerade dieses Herstellers zu sehen.

c) Die Bekanntheit der Klagemarke allein rechtfertigt indessen noch keinen erhöhten Schutz gegenüber nicht identischen oder verwechslungsfähigen Produktaufmachungen eines die gleichen Waren anbietenden Mitbewerbers. Im Streitfall vermag der Senat nach dem Vorbringen der Klägerin einschließlich der mit Schriftsatz vom 08.03.2012 nunmehr vorgelegten weiteren Verkehrsumfrage nicht festzustellen, dass die angegriffenen Produktaufmachungen der Beklagten eine hinreichende Ähnlichkeit mit der Klagemarke aufweisen, um eine für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG genügende gedankliche Verknüpfung zwischen ihnen annehmen zu können. Selbst wenn diese Voraussetzung als gegeben unterstellt wird, fehlt es jedenfalls an den weiteren Voraussetzungen des – vom Landgericht nach den Umständen des Streitfalles zu Recht allein in Betracht gezogenen – Verletzungstatbestandes einer auch als „Verwässerung“ oder „Schwächung“ bezeichneten Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Klagemarke.

aa) Die rechtsverletzende Benutzung eines der bekannten Marke angenäherten Zeichens erfordert zunächst einen markenmäßigen Gebrauch des Kollisionszeichens (BGH, GRUR 2005, 583 = WRP 2005, 896 – Lila Postkarte), für den es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 5 Abs. 2 MRRL allerdings ausreicht, dass die beteiligten Verkehrskreise das Kollisionszeichen, ohne es als Herkunftshinweis aufzufassen, wegen seiner hochgradigen Ähnlichkeit gedanklich mit der bekannten Marke verknüpfen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58 [Rn. 29, 39] – adidas/Fitnessworld; GRUR 2009, 56 [Rn. 30] – Intel; BGH, a. a. O.; GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 54, 60] – TÜV II).

(1) Ob eine solche gedankliche Verknüpfung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (EuGH, GRUR 2009, 56 [Rn. 41 ff.] – Intel; BGH, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 54] – TÜV II).

Für die Annahme einer gedanklichen Verknüpfung im Rechtssinne genügt es nicht, wenn ein Zeichen geeignet ist, durch bloße Assoziation an ein fremdes Kennzeichen Aufmerksamkeit zu erwecken (BGH, GRUR 2004, 779 [783] – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2009, 772 = WRP 2009, 971 [Rn. 71] – Augsburger Puppenkiste). Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sind keine anderen Maßstäbe anzulegen als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (BGH, GRUR 2004, 594 [596] = WRP 2004, 909 – Ferrari-Pferd; GRUR 2007, 1071 = WRP 2007, 1461 [Rn. 45] – Kinder II; GRUR 2009, 672 = WRP 2009, 824 [Rn. 49] – Ostsee-Post; vgl. BGH, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 59] – TÜV II; vgl. auch EuG, GRUR Int. 2012, 245 – NC Nickol/Nike). Könnte bei bekannten Marken die unzureichende Ähnlichkeit eines angegriffenen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG allein dadurch überwunden werden, dass es für identische Waren verwendet wird, würde dies auf eine mit dem objektiven Zweck des Gesetzes und der Richtlinie unvereinbare Ausweitung des Schutzes solcher Marken hinauslaufen.

Von diesen Prämissen geht – soweit ersichtlich – die Rechtsprechung nicht nur des Bundesgerichtshofs, sondern auch des Gerichtshofs der Europäischen Union aus, obwohl einzelne seiner Formulierungen für die Annahme des Landgerichts zu sprechen scheinen, dass an die Zeichenähnlichkeit im Rahmen des Verwässerungstatbestandes geringere Anforderungen zu stellen sind als im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr. Indem der Gerichtshof einen Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen verlangt, aufgrund dessen die beteiligten Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen dem Zeichen und der Marke sehen, das heißt die beiden miteinander verknüpfen, ohne sie jedoch zu verwechseln (EuGH, GRUR 2004, 58 [Rn. 29] – adidas/Fitnessworld; GRUR 2008, 503 [Rn. 41] – adidas/MarcaModa; GRUR 2009, 56 [Rn. 30] – Intel), macht er indes deutlich, dass sogar überragend bekannte, unverwechselbare Marken nur gegenüber Zeichen Schutz genießen, die hinreichend ähnlich sind (vgl. zum Ganzen Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 206 ff. [208], 256; Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14 Rn. 1254 f., 1284, 1347).

Bei der nach alledem gleichen Kriterien wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegenden Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu beachten. Einzelne Bestandteile können für den Gesamteindruck prägend sein (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 = WRP 2005, 1505 [Rn. 28 f.] – Thomson Life; BGH, GRUR 2006, 60 = WRP 2006, 92 [Rn. 17] – coccodrillo); diese unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente sind besonders zu berücksichtigen, weil der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre Einzelheiten achtet (vgl. EuGH, GRUR 2010, 933 [Rn. 33] – Barbara Becker m. w. N.; BGH GRUR 2011, 148 = WRP 2011, 230 [Rn. 13] – Goldhase II). Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, darin eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne das Erscheinungsbild zu dominieren oder zu prägen (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 30]; BGH, GRUR 2004, 865 [866] = WRP 2004, 1281 – Mustang; GRUR 2007, 1071 = WRP 2007, 1461 [Rn. 35] – Kinder II; GRUR 2008, 1002 = WRP 2008, 1434 [Rn. 33] – Schuhpark; GRUR 2009, 484 = WRP 2009, 616 [Rn. 32] – Metrobus; GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 831 [Rn. 34] – Stofffähnchen I). Versteht der Verkehr ein Element des angegriffenen Zeichens nach den Umständen als Zweitkennzeichnung, kann sich der Vergleich darauf beschränken (BGH, GRUR 2002, 171 [174f.] = WRP 2001, 1315 – Marlboro-Dach; GRUR 2004, 865 [866] = WRP 2004, 1281 – Mustang; GRUR 2008, 254 = WRP 2008, 236 [Rn. 33 ff.] – The Home Store).

Da im Rahmen von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG das angegriffene Zeichen – wie ausgeführt – nicht zwingend als Herkunftshinweis aufgefasst werden muss, um es gedanklich mit der bekannten Marke zu verknüpfen, wird es hier ausreichen, aber auch erforderlich sein, dass ein Zeichen oder Zeichenelement, ohne dass ihm eine selbstständig kennzeichnende Stellung beigemessen wird, von erheblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs wenigstens in einer Weise selbstständig wahrgenommen wird, dass es aufgrund seiner Ähnlichkeit die bekannte Klagemarke in Erinnerung zu rufen vermag.

(2) Von einer solchen Ähnlichkeit im Rechtssinne zwischen den Produktausstattungen in ihrer Gesamtheit – wie sie Gegenstand der Klage sind – und der Klagemarke vermag der Senat nicht auszugehen.

Die angegriffenen Produktausstattungen enthalten aus der maßgeblichen Perspektive eines Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH GRUR 2010, 1103 [Rn. 30, 45] = WRP 2010, 1508 – Pralinenform II), zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, vor allem deutliche Hinweise auf die Herkunft der Schokoladentafeln aus dem Betrieb der Beklagten: die als Marke geschützte Farbe „Lila“ (vgl. BGH, GRUR 2005, 427 = WRP 2005, 616 – Lila-Schokolade; GRUR 2005, 583 = WRP 2005, 896 – Lila Postkarte), das auf beiden Hälften der Doppelpackung vorkommende Wort-/Bildzeichen „Milka“ und die unterhalb des größeren der beiden Wort-/Bildzeichen abgebildete „lila Kuh“. Angesichts dessen ist – wovon zu Recht auch das Landgericht ausgegangen ist – jede Gefahr von Verwechslungen mit Schokoladeprodukten der Marke „Ritter Sport“ nicht nur fernliegend, sondern ausgeschlossen.

Daneben fließt in den Gesamteindruck, den das Publikum von den Produktausstattungen gewinnt, zwar auch deren Form ein. Obwohl diese erfahrungsgemäß nicht in gleicher Weise mit den Funktionen einer Marke in Verbindung gebracht wird wie ein Wort- oder Bildzeichen, weil der Verkehr darin auch bei besonderer Gestaltung in der Regel zuerst die funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst sieht (vgl. BGH GRUR 2010, 1103 [Rn. 30] = WRP 2010, 1508 – Pralinenform II), kann – wie das Landgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat – die Kennzeichnungskraft einer dreidimensionalen Marke Auswirkungen darauf haben, ob der Verkehr sich ihrer erinnert, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (vgl. BGH, a. a. O. [Rn. 33] m. w. N.). Im Streitfall sprechen die Umstände aber insgesamt gegen die Annahme, dass die Form der angegriffenen konkreten Produktausstattungen beim Publikum eine relevante gedankliche Verknüpfung zur bekannten Klagemarke hervorruft.

Dafür genügt es hier nach Lage der Dinge nämlich nicht, dass der Verbraucher innerhalb der mehrere deutliche Beklagtenkennzeichen aufweisenden Gesamtgestaltung eine an die Klagemarke erinnernde Verpackungsform selbstständig wahrnimmt. Vielmehr muss er in seiner Wahrnehmung nicht nur von den nachdrücklich auf „Milka“-Schokolade hinweisenden Farb-, Wortund Bildelementen absehen, sondern außerdem eine zusätzliche Abstraktionsleistung vollbringen, indem er aus der angegriffenen Gesamtverpackung in der Form eines Rechtecks, dessen äußere Maße und Proportionen denen einer handelsüblichen 100-g-Schokoladentafel entsprechen, eine der beiden Hälften herausgreift und mit der nahezu quadratischen Schlauchverpackung der Klagemarke in Beziehung setzt.

Die angegriffene, tatsächlich zwei 40-g-Schokoladentafeln enthaltende Doppelpackung ist zwar in der Mitte perforiert und in zwei gleich große fast quadratische Hälften trennbar, was – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – durch die konkrete Gestaltung auch deutlich hervorgehoben wird. Dennoch tritt dem Verbraucher in der Produktaufmachung der Beklagten nicht unmittelbar die Form der Klagemarke, sondern – unter Vernachlässigung weiterer Unterschiede bei den Außenlaschen und der rückseitigen Öffnung – allenfalls die Form zweier zusammenhängender quadratischer Schlauchverpackungen entgegen. Dies gilt nicht nur in der besonders zu berücksichtigenden Kaufsituation, sondern würde selbst dann gelten, wenn für den Verwässerungstatbestand ebenso wie für den Verwechslungstatbestand (vgl. EuGH, GRUR 2003, 55 [Rn. 57] – Arsenal FC; GRUR 2006, 237 [Rn. 46] – PICASSO/PICARO; BGHZ 171, 89 = GRUR 2007, 780 = WRP 2007, 1090 [Rn. 25] – Pralinenform I; GRUR 2008, 793 = WRP 2008, 1196 [Rn. 21] – Rillenkoffer) ein Schutz der Marke gegen Zeichen in Betracht käme, die erst im Stadium der Benutzung der Ware wahrgenommen werden. Denn auch dann noch wird dem Verbraucher schon durch die erkennbar bleibende Perforation (vgl. die der Ipsos-Umfrage Anlage B 36/2 zugrunde liegende Abbildung einer Verpackungshälfte) und durch die jeweiligen Aufschriften („Für Jetzt“/“Für Später“; „Für Mich“/“Für Dich“; „1. HALBZEIT“/“2. HALBZEIT“) signalisiert, dass er es mit einer Hälfte einer Doppelpackung zu tun hat.

(3) Dass unter diesen Umständen eine hinreichend intensive gedankliche Verknüpfung zwischen angegriffener Produktausstattung und der Klagemarke von keinem relevanten Teil der Durchschnittsverbraucher hergestellt wird, bestätigen die von der Beklagten vorgelegten Verkehrsumfragen. Insbesondere nach der ersten Ipsos-Umfrage vom 03.12.2009 (Anlage B 36/1), bei der den Befragten eine „lila“ eingefärbte, im Übrigen jedoch neutrale Doppel-Schlauchverpackung der in Rede stehenden Art vorgelegt wurde, verbindet damit spontan nur ein zu vernachlässigender Anteil von 1,9% der Gesamtbevölkerung die Marke „Ritter Sport“. Auch nach Hinzurechnung der auf gestützte Nachfrage erfolgten Nennungen (Frage 3) beträgt der Anteil insgesamt nur 4% gegenüber 83,1% (spontan 70,7%) der Befragten, die sich an „Milka“ erinnert fühlen. Auf die Zusatzfragen, ob die Aufmachung die Befragten auch noch an ein anderes bekanntes Produkt erinnere und welches Produkt das sei (Fragen 6 und 7), antworten lediglich weitere 7,5% mit einem Hinweis auf die Klagemarke.

(4) Aus der von der Klägerin aufgrund der Erörterung in der Berufungsverhandlung eingeholten und mit Schriftsatz vom 08.03.2012 vorgelegten weiteren GfK-Umfrage vom 05.03.2012 (Anlage K 44) ergeben sich keine entscheidend anderen Gesichtspunkte, so dass es einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 139 Abs. 2, 156 Abs. 2 Nr. 1, 296a, 525 ZPO) insoweit nicht bedarf.

Unabhängig von den seitens der Beklagten im Schriftsatz vom 20.03.2012 geltend gemachten methodischen Bedenken belegt diese Umfrage nämlich kein Verbraucherverständnis, wonach der klägerischen Formmarke im Rahmen der angegriffenen Produktverpackung ein hinreichend hohes Wiedererkennungspotential zukommt. Die den Befragten von den Fragestellern auf einem Bildschirm präsentierte Abbildung einer neutralweißen, jeden Hinweis auf Kennzeichen der Beklagten einschließlich ihrer Farbmarke „Lila“ vermeidenden Doppel-Schlauchverpackung mit zwei nahezu quadratischen Hälften wird danach spontan von 28,9% des maßgebenden Verkehrskreises der Marke „Ritter Sport“ zugeordnet, was der Mehrheit der 51,1% der Befragten entspricht, die die gezeigte Form für herkunftshinweisend halten (Frage 2); auf offene und gestützte Nachfragen ergaben sich Zuordnungswerte von 33,7% (Frage 3) und 9,8% (Frage 4), insgesamt also von 43,5%. Dies deutet darauf hin, dass der mit einer solchen Verpackungsform ohne jeden sonstigen kennzeichnenden Hinweis konfrontierte Durchschnittsverbraucher damit am ehesten die Klagemarke und die Produkte der Lizenznehmerin der Klägerin assoziiert. Allerdings fällt auf, dass die vorgenannten Werte sehr deutlich hinter dem mit der GfK-Umfrage 2010 (Anlage K 15) für die Klagemarke ermittelten Zuordnungsgrad von mehr als 80% (und hinter dem für Formmarken vorauszusetzenden Durchsetzungsgrad) zurückbleiben (vgl. oben zu lit. b). Das bestätigt die Annahme des Senats, dass bereits die Verwendung der Doppelverpackung in der Verbraucherwahrnehmung zu einem ganz erheblichen Abstand von der bekannten Formmarke der Klägerin führt und dieser Abstand sich zur Zeichenunähnlichkeit ausweitet, wenn – wie es bei den angegriffenen Produktausstattungen der Fall ist – die Aufmerksamkeit der Verbraucher statt durch die Form durch andere kennzeichnende Farb-, Wort- und Bildelemente in Anspruch genommen wird.

bb) Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf das mit Schriftsatz vom 08.03.2012 angekündigte ergänzende Klägervorbringen bedarf es im Übrigen auch deshalb nicht, weil auf seiner Grundlage ebenso wenig wie nach bisherigem Sach- und Streitstand das Vorliegen einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Klagenmarke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG festgestellt werden kann.

Eine solche „Verwässerung“ liegt vor, wenn die Eignung der Marke, die Waren zu identifizieren, für die sie eingetragen ist, geschwächt wird, weil die Benutzung des ähnlichen Zeichens durch Dritte zur Auflösung der Identität der Marke und ihrer Bekanntheit beim Publikum führt; dies ist insbesondere der Fall, wenn die Marke, die eine unmittelbare gedankliche Verbindung mit den von ihr erfassten Waren hervorrief, dies nicht mehr zu bewirken vermag (vgl. EuGH, GRUR 2009, 56 [Rn. 29, 76] – Intel; GRUR 2009, 756 [Rn. 39] – L’Oreal/Bellure; OLG München, GRUR-RR 2011, 449 [454] – Volks-Serie). Das Bestehen einer gedanklichen Verknüpfung zwischen den einander gegenüber stehenden Zeichen befreit den Inhaber der bekannten Marke nicht davon, den Nachweis für eine tatsächliche und gegenwärtige Beeinträchtigung seiner Marke oder für eine ernsthafte Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung zu erbringen (EuGH, GRUR 2009, 56 [Rn. 70] – Intel), was jedenfalls voraussetzt, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Gefahr dargetan – und nach allgemeinen zivilprozessualen Regeln vom Anspruchsteller im Falle ihres substantiierten Bestreitens durch den Prozessgegner gegebenenfalls bewiesen – werden, dass sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der Waren, für die die Marke eingetragen ist, infolge der Benutzung des angegriffenen Zeichens künftig verändern wird (vgl. EuGH, a. a. O. [Rn. 77] – Intel; OLG München, a. a. O.). Dies wird um so eher anzunehmen sein, je stärker die gedankliche Verknüpfung und je bekannter und unterscheidungskräftiger die ältere Marke ist (EuGH, a. a. O. [Rn. 67, 69] – Intel; Senat, GRUR-RR 2011, 459 [460] – Dumont-Kölsch). Während unerheblich ist, ob der Verwender des angegriffenen Zeichens aus der Unterscheidungskraft einen Vorteil zieht (EuGH, a. a. O. [Rn. 78] – Intel), muss es sich doch um die ernsthafte Gefahr einer signifikanten Veränderung des Verbraucherverhaltens zulasten der bekannten Marke handeln; ein lediglich gradueller Verlust an Unterscheidungskraft allein reicht dafür nicht aus (OLG München, a. a. O.; vgl. Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14, Rn. 1274, 1370).

Im Rahmen der auch insoweit vorzunehmenden umfassenden Prüfung aller Umstände (vgl. EuGH, GRUR 2009, 56 [Rn. 65, 68 – Intel) genügt es im Streitfall insbesondere nicht, dass der Bereich identischer Waren betroffen ist und die Klagemarke für diese Waren „überragend“ bekannt sein mag. Auch der vom Landgericht eingehend und zutreffend gewürdigte Umstand, dass nicht einmal die langjährige – hinsichtlich ihres Umfangs allerdings bestrittene und nur ansatzweise nachgewiesene – Marktpräsenz dritter Schokoladenprodukte in nahezu quadratischen Schlauchverpackungen bisher zu einer erkennbaren „Verwässerung“ der Klagemarke geführt hat, rechtfertigt für sich genommen keineswegs schon den umgekehrten Schluss, dass die Verwendung von – nach den vorstehenden Ausführungen deutlich anders gestalteten und keine hohe Ähnlichkeit mit der Klagemarke aufweisenden – Produktaufmachungen der in Rede stehenden Art durch einen bedeutenden Mitbewerber und einen der umsatzstärksten Anbieter von Tafelschokolade in Deutschland ernsthaft eine Auflösung der Identität und Bekanntheit der Klagemarke befürchten lässt. Die Ergebnisse der von beiden Seiten vorgelegten Verkehrsumfragen belegen eine solche Gefahr signifikanter Beeinträchtigungen der Klagemarke ebenfalls nicht, sondern deuten eher darauf hin, dass die vom Publikum mit quadratischen Verpackungen nach Art der Klagemarke in Verbindung gebrachte Schokolade „Ritter Sport“ ihre diesbezügliche Bekanntheit und Kennzeichnungskraft auch gegenüber Konkurrenzprodukten behaupten wird, die als (entfernte) Anlehnung an die den Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut“ visualisierende bekannte Form verstanden werden können.

cc) Ob die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft – wenn sie entgegen den vorstehenden Erwägungen bejaht werden könnte – in unlauterer Weise erfolgt, ist abschließend aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. BGH, GRUR 1999, 992 [994f.] = WRP 1999, 931 – BIG PACK). Dabei können die Wertungen, wie sie bei der Beurteilung der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 MRRL und § 23 Nr. 2 MarkenG vorzunehmen sind, herangezogen werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 672 = WRP 2009, 824 [Rn. 26] – OSTSEE-POST; BGH, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 65] – TÜV II).

Im Streitfall fällt – soweit es darauf noch ankommt – ins Gewicht, dass die geometrische Grundform des Quadrats und erst recht die eines aus zwei Quadraten zusammengesetzten Rechtecks für sich genommen nicht als Marke für Tafelschokolade geschützt ist. Vor diesem Hintergrund verstößt auch der mit den angegriffenen Produktverpackungen umgesetzte Gedanke, eine rechteckige Schokoladentafel in einer Aufmachung zu präsentieren, die zwei 40-g-Tafeln unter einem verbindenden Gedanken (Zeiteinteilung, Paarbeziehung, Dauer eines Fußballspiels) zu einer Doppelpackung mit gleichen Außenmaßen wie eine herkömmliche 100-g-Schokoladentafel zusammenfasst, nicht von vornherein gegen anständige Gepflogenheiten, selbst wenn es neben den streitbefangenen Aufmachungen weitere Angebote der Beklagten geben mag, die eine planvolle Annäherung an (fast) quadratische Schlauchverpackungs-Formen nahezulegen scheinen.

3. Soweit das Landgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – auf die von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG in Verbindung mit ihrer eingetragenen Marke Nr. 3986997 sowie einer angeblich zu ihren Gunsten bestehenden Marke kraft Verkehrsgeltung an nicht näher definierten quadratischen Schokoladenverpackungen jeder Größe nicht weiter eingegangen ist, so dass sie ohne Anschlussberufung der Prüfung im Berufungsrechtszug unterliegen (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 220), bleibt die Klage ebenfalls ohne Erfolg.

Aus den vorstehenden Ausführungen erhellt, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den angegriffenen Aufmachungen und den hilfsweise geltend gemachten Marken mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit erst recht ausscheidet (vgl. insbesondere oben zu Nr. 2 lit. c aa [2]) und eine Verwässerung dieser Marken – ihre Bekanntheit und im Falle der Benutzungsmarke bereits ihr Bestehen unterstellt – aus denselben Gründen ausscheiden muss wie die Verwässerung der bekannten Klagemarke Nr. 2913183.

4. Für den von der Klägerin äußerst hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG gilt im Ergebnis nichts anderes. Ihr Vorbringen lässt schon nicht hinreichend genau erkennen, aus welchen konkreten wettbewerblich eigenartigen Produktaufmachungen sie den Anspruch herleiten will. Jedenfalls fehlt es aber an einer wettbewerbsrechtlich relevanten Nachahmung durch die Beklagte. Soweit diese überhaupt Merkmale der klägerischen Produktausstattung übernommen hat, kann unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart der Klägerprodukte, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme und den möglicherweise die Wettbewerbswidrigkeit begründenden besonderen Umständen (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2012, 58 [Rn. 42] – Seilzirkus) weder eine vermeidbare Herkunftstäuschung noch eine unangemessene Rufbeeinträchtigung oder Rufausbeutung festgestellt werden. Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte der geringen Ähnlichkeit und fehlenden Verwechslungsgefahr zwischen den angegriffenen Ausstattungen und der Form der Klägerprodukte sind auf die vollständigen Aufmachungen der Klägerprodukte, soweit sie Gegenstand des Vorbringens der Parteien gewesen sind, im Wesentlichen übertragbar. Ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch liegt danach fern.

5. Mangels Verwirklichung eines marken- oder wettbewerbsrechtlichen Schutztatbestandes entfallen ebenfalls die von der Klägerin geltend gemachten Annexansprüche.

III.
Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin muss nach alledem ebenfalls ohne Erfolg bleiben.

Ein Anspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht nicht, weil angesichts der vorstehenden Erwägungen eine herkunftshinweisende Verwendung der Form in den angegriffenen Produktausstattungen fern liegt und eine Verwechslung mit der Klagemarke jedenfalls ausscheidet; deren beachtliche Kennzeichnungskraft genügt auch im Bereich der Warenidentität nicht, die Unähnlichkeit zu der eindeutig auf „Milka“ hinweisenden Aufmachung zu überwinden (vgl. insbesondere oben zu Nr. 2 lit. c aa [2]). Auch für die Annahme einer Verwechslungsgefahr in weiterem Sinne fehlt jeder Anhaltspunkt.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Das Urteil betrifft die tatrichterliche Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache noch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt ist.

V.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 07.10.2011 auf 2.240.000 € festgesetzt. Hierbei geht der Senat von einem Wert des vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsanspruchs in Höhe von 1 Mio. € und der Annexansprüche von insgesamt 400.000 € aus. Die weiteren – im Wesentlichen auf das gleiche wirtschaftliche Ziel gerichteten – Ansprüche der Klägerin, die diese hilfsweise und mit ihrer Anschlussberufung geltend gemacht und über die der Senat in diesem Urteil entschieden hat, rechtfertigen unter Berücksichtigung von § 45 Abs. 1 S. 3 eine angemessene Erhöhung dieses Wertes um insgesamt sechsmal je ein Zehntel, also (6 x 140.000 =) 840.000 € auf den genannten Betrag.

Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 478/10

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