OLG Köln: Bläck Fööss – Unbefugter Namensgebrauch durch Werbeanzeige „Karneval ohne Kostüm ist wie Bläck ohne Fööss“ Urteil vom 28.05.2010 – 6 U 9/10

Indem der Werbetext „Karneval ohne Kostüm ist wie Bläck ohne Fööss“ den – so gut wie allen potentiellen Käufern von Karnevalskostümen im Verbreitungsgebiet der Zeitung bekannten – Namen der „Bläck Fööss“ witzig abwandelt, verwendet er ihn, um für das kommerzielle Angebot der Beklagten Aufmerksamkeit zu erzeugen und zugleich das positive Image der Gruppe zur Absatzförderung zu nutzen. Damit greift die Werbung in die dem Namensträger vorbehaltene Entscheidung ein, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Namen für solche Zwecke zur Verfügung stellen will. Dies gilt unabhängig davon, dass der Text die Gruppe nicht zusätzlich irreführend als Nutzer der Produkte und Werbeträger (Testimonial) der Beklagten darstellt, sondern es bei dem Wortspiel mit ihrem Namen belässt.

OLG Köln, Urteil vom 28.05.2010 – 6 U 9/10Band Bläck Fööss
BGB §§ 12, 812 Abs. S. 1, 823 Abs. 1

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.12.2009 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln (33 O 172/09) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e

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I.
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Die Beklagte warb im Januar 2009 in einer Zeitungsanzeige für Karnevalskostüme mit dem Text „Karneval ohne Kostüm ist wie Bläck ohne Fööss.“ Nach Abmahnung der Klägerin – der Kölner Musikgruppe „Bläck Fööss“ – verpflichtete sie sich zur Unterlassung der Werbung. Das Landgericht hat sie antragsgemäß zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr von 10.000 € sowie zum Ersatz der Abmahnkosten verurteilt. Mit der Berufung verfolgt sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

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II.
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht eine unbefugte Verwertung des Namens der Klägerin zu Werbezwecken bejaht, die als – fahrlässiger – Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Gruppe (§§ 812 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 1 BGB) durch Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr auszugleichen war (vgl. BGHZ 30, 7 = GRUR 1959, 430 [431] – Caterina Valente; BGHZ 81, 75 = GRUR 1981, 846 [847] – Rennsportgemeinschaft; GRUR 2009, 1085 = WRP 2009, 1269 – Wer wird Millionär?). Die Angriffe der Berufung rechtfertigen weder dem Grunde noch der Höhe nach eine andere Beurteilung:

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1. Indem der Werbetext den – so gut wie allen potentiellen Käufern von Karnevalskostümen im Verbreitungsgebiet der Zeitung bekannten – Namen der „Bläck Fööss“ witzig abwandelt, verwendet er ihn, um für das kommerzielle Angebot der Beklagten Aufmerksamkeit zu erzeugen und zugleich das positive Image der Gruppe zur Absatzförderung zu nutzen. Damit greift die Werbung in die dem Namensträger vorbehaltene Entscheidung ein, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Namen für solche Zwecke zur Verfügung stellen will. Dies gilt unabhängig davon, dass der Text die Gruppe nicht zusätzlich irreführend als Nutzer der Produkte und Werbeträger (Testimonial) der Beklagten darstellt, sondern es bei dem Wortspiel mit ihrem Namen belässt.

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Der unbefugte Namensgebrauch ist nicht durch vorrangige schutzwürdige Interessen der Beklagten gerechtfertigt, insbesondere kann sie sich weder auf die Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) noch auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen (vgl. zur Abwägung mit dem Namens- oder Markenrecht BGH, GRUR 2005, 583 [584] = WRP 2005, 896 – Lila Postkarte; GRUR 2008, 1124 = WRP 2008, 1524 – Zerknitterte Zigarettenschachtel; WRP 2008, 1527 = NJOZ 2008, 4549 – Zwei Zigarettenschachteln; GRUR 2009, 1085 = WRP 2009, 1269 – Wer wird Millionär?; GRUR 2010, 161 [164; 166] = WRP 2010, 252 – Gib mal Zeitung; Senat, MD 2009, 496 [500] – Roller sucht Deutschlands hässlichstes Jugendzimmer). Die Berufung macht zu Recht nicht geltend, dass der kurze, für die Anzeige in einer Tageszeitung verfasste Werbetext ein Sprachkunstwerk sei, das Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse eines schöpferischen Künstlers zur Anschauung bringe. Soweit er in verfremdeter Form die Meinungsäußerung enthalten mag, dass der Brauch, sich an Karneval zu kostümieren, und die (seit inzwischen vierzig Jahren im Karneval und darüber hinaus aktive) Klägerin als Musikgruppe für dieses Volksfest von ähnlich großer Bedeutung seien (vgl. aus kulturhistorischer Perspektive Matthaei, Der kölsche Jeck [2009], S. 324 ff.), genügt das – wie schon das Landgericht richtig ausgeführt hat – nicht, um eine den kommerziellen Zweck der Werbung überlagernde Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung anzunehmen. Dass der rheinische Karneval jedes Jahr im Januar und Februar ein die regionale Öffentlichkeit bewegendes Ereignis ist, stellt auch nach Ansicht des Senats keinen Freibrief für die Anbieter von Karnevalsartikeln dar, ungefragt die Namen bekannter Karnevalisten oder im Karneval auftretender Musikgruppen zur eigenen Absatzförderung – wie im Streitfall – zu instrumentalisieren.

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2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr, die das Landgericht auf 10.000,00 € geschätzt hat (§ 286 ZPO). Mindestens diesen von der Klägerin geltend gemachten Betrag hält auch der Senat als finanziellen Ausgleich für angemessen und erforderlich (vgl. zur Üblichkeit deutlich höherer fünf- bis sechsstelliger Beträge in Fällen überregionaler Werbung BGH, GRUR 2008, 1124 = WRP 2008, 1524 – Zerknitterte Zigarettenschachtel, WRP 2008, 1527 = NJOZ 2008, 4549 – Zwei Zigarettenschachteln; GRUR 2009, 1085 = WRP 2009, 1269 – Wer wird Millionär?). In Rede steht eine während der laufenden Karnevalssession geschaltete großformatige Anzeige in der auflagenstärksten regionalen Tageszeitung des Köln-Bonner Raums; hätte die Klägerin als Spitzengruppe (nicht nur) des Kölner Karnevals die werbewirksame Nutzung ihres abgewandelten Namen lizenzieren wollen, hätte sie dafür einen (erheblich über ihrer üblichen Gage für einen Sitzungsauftritt liegenden) Betrag verlangen können, der mit der Urteilssumme nicht zu hoch bewertet ist. Dabei kann der Beklagten als Rechtsverletzerin nicht zu Gute kommen, dass eine entsprechende Lizenzvereinbarung wahrscheinlich niemals abgeschlossen worden wäre, weil die Gruppe nicht für kommerzielle Werbung zur Verfügung steht (und auch den Urteilsbetrag nicht selbst vereinnahmen will, sondern einem Sozialprojekt zugedacht hat).

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3. Dass die Klägerin nach alledem auch Ersatz ihrer mit der Berufung nicht gesondert angegriffenen Abmahnkosten verlangen kann, bedarf keiner näheren Begründung.

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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst.

Vorinstanz:
Landgericht Köln – 33 O 172/09

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