OLG Koblenz: Club Pearls

Die Verwendung des identischen oder im Wesentlichen identischen Unternehmenskennzeichens stellt eine Verletzung der §§ 5, 15 MarkenG dar.

Auch ein Bordellbetrieb genießt regelmäßig nur einen räumlich begrenzten Schutz.

OLG Koblenz, Beschluss vom 10.01.2008 – 6 W 885/07
§§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Metzger und den Richter am Landgericht Groß hat am 10. Januar 2008 b e s c h l o s s e n :

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 18.12.2007 abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Der Antragsgegnerin wird – für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten,

im Wege der einstweiligen Verfügung einstweilen verboten,

1. im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

P…’s

und/oder P…s

und/oder Club-P…s

und/oder Club-P…’s

kennzeichenmäßig im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Bordelles zu benutzen, insbesondere die vorstehenden Zeichen als Namen und/oder Firma für einen Bordellbetrieb zu benutzen und/oder diese Zeichen im Rahmen von Internetdomains zur Bewerbung eines Bordellbetriebes zu benutzen;

2. im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Eröffnung eines Bordellbetriebes am 30. November 2007 in der Straße …, …… T… mit nachfolgender Aussage zu werben:

P…’s-T… öffnet nach langer Wartezeit seine Pforten wieder für Sie,

wie im Internet unter der Domain www.p…-t….de geschehen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 100.000,- € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.
Der Antragsteller betreibt zur Zeit in ….. T…, R…Straße .., einen Bordellbetrieb, der bis zum 15.09.2007 unter der Anschrift I… .., ….. T…, angesiedelt war. Der Antragsteller nannte seinen Betrieb zunächst „Club P…’s“ und führt ihn seit geraumer Zeit unter der Bezeichnung „Club P…s“, unter der er ihn auch im Internet (www.club-P…s.de) und in der Lokalpresse bewirbt.

Der Antragsteller macht geltend, die Antragsgegnerin betreibe seit dem 30.11.2007 / 03.12.2007 unter seiner früheren Betriebsanschrift I…, ….. T…, gleichfalls einen Bordellbetrieb unter Verwendung der Bezeichnung „Club-P…’s T…“, der sich im Internet unter www.P…s-T….de sowie www.club-P…s-t….de präsentiere. Auf ihrer Homepage und in Anzeigen in den Printmedien habe sie die Gründung ihres Unternehmens als Wiedereröffnung bezeichnet und es so auf den unzutreffenden Eindruck angelegt, ihr Bordell sei mit dem von ihm betriebenen, bis vor kurzem an gleicher Stelle ansässigen Bordell identisch oder verbunden.

Er ist der Auffassung, die Antragsgegnerin verstoße durch die Verwendung einer Geschäftsbezeichnung, die mit derjenigen seines Betriebes identisch oder teilidentisch sei, gegen kennzeichenrechtliche Vorschriften zum Schutze seiner Geschäftsbezeichnung, durch die Bezeichung ihrer Betriebseröffnung als Wiedereröffnung gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen.

Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung folgendes anzuordnen:

Der Antragsgegnerin werde – für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, verboten,

1. im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

P…’s

und/oder P…s

und/oder Club-P…s

und/oder Club-P…’s

kennzeichenmäßig im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Bordelles zu benutzen, insbesondere die vorstehenden Zeichen als Namen und/oder Firma für einen Bordellbetrieb zu benutzen und/oder diese Zeichen im Rahmen von Internetdomains zur Bewerbung eines Bordellbetriebes zu benutzen;

2. im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Bezug auf die Eröffnung eines Bordellbetriebes am 30. November 2007 in der Straße I… .., ….. T… mit nachfolgender Aussage zu werben:

P…s’s-T… öffnet nach langer Wartezeit seine Pforten wieder für Sie,

wie im Internet unter der Domain www.P…s-T….de geschehen.

Mit Beschluss vom 18.12.2007 hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, der Schutzbereich der vom Antragsteller verwendeten Geschäftsbezeichnung erstrecke sich nicht auf den räumlichen Bereich, in dem der Betrieb der Antragsgegnerin ansässig sei, sondern allein auf den jetzigen Geschäftssitz des Antragstellers (T…). Mögliche Ansprüche in Bezug auf den räumlichen Geltungsbereich T… seien dadurch, dass der Antragsteller seinen Betrieb nach T… verlegt habe, erloschen. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestünden nicht; diese seien zum einen aufgrund des Vorrangs des Markenrechts ausgeschlossen, zum anderen aufgrund des räumlich begrenzten Geltungsbereichs der Rechte des Antragstellers.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und macht insbesondere geltend, der kennzeichnungsrechtliche Schutz seiner Unternehmensbezeichnung wie auch der seinem Unternehmen zukommende Schutz vor unlauterem Wettbewerb müsse sich auch auf den – von seinem eigenen Unternehmenssitz nur 8,4 km entfernten – Sitz des Unternehmens der Antragsgegnerin erstrecken.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die angefochtene Entscheidung sowie den Nichtabhilfebschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 21.12.2007 Bezug genommen.

II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch in der Sache begründet.

1.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die mit der einstweiligen Verfügung durchzusetzenden Unterlassungsansprüche bestehen (Verfügungsanspruch).

Das gilt zunächst für die begehrte Weisung an die Antragsgegnerin, im Zusammenhang mit dem Betrieb ihres Bordelles nicht mehr das Zeichen „P…s“/“P…’s“ oder „Club P…s“/“Club P…’s“ zu benutzen. Grundlage des entsprechenden kennzeichnungsrechtlichen Unterlassungsanspruches sind die Bestimmungen der §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG. Die Bezeichnung „Club P…s“ wie die als deren Kurzform gleichfalls unterscheidungskräftige Bezeichnung „P…s“ ist als besondere Geschäfts- oder Unternehmensbezeichnung schutzfähiges Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 MarkenG: Ihr kommt namensmäßige Unterscheidungskraft zu, d. h. die Eignung, das Geschäft oder Unternehmen gleichsam wie ein Name oder eine Firma zu benennen (Fezer, Markenrecht, 2. Aufl. 1999, § 15 Rn. 122). Sie wird vom Antragsteller, wie er für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens glaubhaft gemacht hat, im Geschäftsverkehr seit dem Jahr 2000 – und zwar seit 2002 durch ihn alleine – verwendet und hat allein durch diese Verwendung, d. h. die Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr kennzeichnungsrechtlichen Schutz erlangt, ohne dass es auf eine Verkehrsgeltung ankäme (Fezer, a. a. O., § 15 Rn. 131 m. w. N.).

Die Verwendung des identischen oder im Wesentlichen identischen Unternehmenskennzeichens durch die Antragsgegnerin, von der der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium aufgrund des vom Antragsteller glaubhaft gemachten Sachverhaltes auszugehen hat, verletzt den Antragsteller in den ihm durch §§ 5, 15 MarkenG gewährten Rechten. Geschützt ist die Geschäftsbezeichnung gegen fremden unbefugten Gebrauch im geschäftlichen Verkehr insbesondere, sofern dieser geeignet ist, Verwechslungen in Bezug auf die Unternehmen hervorzurufen (kennzeichenrechtlicher Verwechslungsschutz, § 15 Abs. 2 MarkenG). Mit einer solchen Verwechslungsgefahr ist die Verwendung der Unternehmensbezeichnung „P…s“/“P…’s“ oder „Club P…s“/“Club P…’s“, auch mit dem Zusatz „T…“, vorliegend verbunden. Maßgebend sind dafür die identische oder teilidentische Schreibweise der Unternehmensbezeichnungen – der Schreibweise mit oder ohne Apostroph weist der geschäftliche Verkehr nach Überzeugung des Senates keine entscheidende Bedeutung zu -, die Branchenidentität und nicht zuletzt der Umstand, dass das Unternehmen der Antragsgegnerin genau unter der Anschrift angesiedelt ist, unter der bis zum 15.09.2007 – nur zweieinhalb Monate vor Eröffnung des Betriebes der Antragsgegnerin – das Unternehmen des Antragstellers ansässig war. Hinreichende Unterscheidungskraft kommt in diesem Zusammenhang auch dem Zusatz „T…“ nicht zu. Zum einen verwendet die Antragsgegnerin selbst diesen nicht konsequent, bewirbt sie vielmehr ihr Bordell auch unter der Internetdomain www.club-P…s-t….de. Zum anderen kann der Zusatz „T…“ angesichts der im übrigen weitestgehend identischen Unternehmensbezeichnung und der wirtschaftlichen Tätigkeit in der gleichen Branche den irrigen Eindruck erwecken oder doch jedenfalls nicht ausschließen, zwischen den Unternehmen bestünden besondere wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhänge. Auch gegen eine solche Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne schützt § 15 Abs. 2 MarkenG (Fezer, a. a. O., § 15 Rn. 134).

Soweit die landgerichtliche Kammer ihre ablehnende Entscheidung damit begründet, der räumliche Geltungsbereich der Unternehmensbezeichnung des Antragstellers erstrecke sich nicht bzw. nicht mehr auf T…, vermag sich der Senat dem zum bisherigen Verfahrensstand nicht anzuschließen. Zwar gewährt die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Tat beispielsweise Gaststättenbezeichnungen grundsätzlich Schutz nur für einen bestimmten Ort oder ein eng damit verbundenes Wirtschaftsgebiet, weil sie aufgrund ihres Wirkungsbereiches nur in Verbindung mit einem bestimmten Ort im Verkehr bekannt sind oder in den Verkehr dringen. Auch ein Bordellbetrieb genießt nach Überzeugung des Senates regelmäßig nur einen solchen räumlich begrenzten Schutz. Allein aus der Tatsache, dass der Internetauftritt seines Unternehmens deutschlandweit (und darüber hinaus) abrufbar ist, kann der Antragsteller nichts herleiten; dies ist aus technischen Gründen zwangsläufige Konsequenz eines Auftrittes im Internet und belegt für sich genommen nicht, dass das Unternehmen mit entsprechender räumlicher Ausdehnung wirtschaftet.

Gleichwohl dürfte die erstinstanzliche Kammer im Ergebnis die räumlichen Grenzen des Schutzes der Unternehmensbezeichnung des Antragstellers zu eng gezogen haben. Zwischen beiden Betrieben liegen nur 8,4 km. Noch bedeutend kürzer ist die Entfernung vom Unternehmenssitz der Antragsgegnerin zur Ortsgrenze der Stadt T…, in der das Bordell des Antragstellers ansässig ist. Die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen belegen mit der für eine einstweilige Verfügung erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller die Kundschaft für seinen Betrieb deutlich über die Ortsgrenzen von Trier hinaus rekrutiert. Insoweit mögen zwar die Anfahrtsbeschreibungen im Internet und die im Internetauftritt verwendeten Sprachen wenig aussagekräftig sein. Der Antragsteller hat aber darüber hinaus Anzeigen in lokalen Printmedien des Raumes S… wie auch aus dem benachbarten L… geschaltet; es spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass kostenträchtige Werbemaßnahmen bei einem am Markt bereits eingeführten Betrieb nur geschaltet werden, wenn auch tatsächlich mit einem entsprechenden Werbeeffekt zu rechnen ist. Nach alledem geht der Senat davon aus, dass der „Einzugsbereich“ des Betriebes des Antragstellers auch den Ort T… erfasst, zumal der Betrieb des Antragstellers dort noch vor wenigen Monaten ansässig war.

2.
Der Antragsteller hat schließlich glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin durch die werbende Aussage „P…’s-T… öffnet nach langer Wartezeit seine Pforten wieder für Sie“ entgegen §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig irreführende Angaben über die geschäftlichen Verhältnisse ihres Unternehmens gemacht hat. Hierauf gründet sich ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch des Antragstellers. Der Vorrang des Markenrechts steht dem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht entgegen: Die irreführende Werbung, die der Antragsteller der Antragsgegnerin zur Last legt, liegt nicht (lediglich) in der unzulässigen Verwendung einer geschützten geschäftlichen Bezeichnung, vielmehr werden davon zu unterscheidende und darüber hinausgehende werbende Aussagen beanstandet.

Die Formulierung „… öffnet… wieder…“ suggeriert, zumal in Verbindung mit der weitestgehend identischen Unternehmensbezeichnung, den angesprochenen Verkehrskreisen fälschlicherweise eine unternehmerische Kontinuität zwischen dem Betrieb der Antragsgegnerin und dem bis kurz zuvor an gleicher Stelle ansässigen Betrieb des Antragstellers. Entsprechendes gilt für die gleichfalls zu Recht beanstandeten Werbeaussagen „P…s-T… – Neueröffnung am 3.12.2007 – neue Leitung, neue Girls“ (suggeriert: gleiches Unternehmen, wenngleich unter neuer Leitung und mit „neuen Girls“), „… das Original kommt zurück – Neueröffnung am 30.11.2007“ („kommt zurück“ suggeriert: war schon einmal da) und „Das Original ist zurück“ (dito). Gegen all diese irreführenden Werbeaussage kann sich der Antragsteller als Wettbewerber mit dem Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG zur Wehr setzen. Von einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien geht der Senat aus; insoweit wird auf die Ausführungen vorstehend 1. Bezug genommen.

3.
Auch ein Anordnungsgrund liegt vor. Für den kennzeichenrechtlichen Verstoß liegt die Wiederholungsgefahr auf der Hand. Sie ist darüber hinaus auch in Bezug auf den wettbewerbsrechtlichen Verstoß anzunehmen. Rund 6 Wochen nach Eröffnung des Bordelles der Antragsgegnerin kann die Gründungsphase ihres Betriebs noch nicht als abgeschlossen angesehen werden; zumindest für die nähere Zukunft ist zu befürchten, dass sie ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Werbezwecken erneut auf die angebliche „Wieder“-Eröffnung hinweisen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung ergeht wegen bestehender Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung und ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt dem Vorschlag des Antragstellers und der Festsetzung des Gegenstandswertes erster Instanz.

Gegen diese Entscheidung ist der Rechtsbehelf des Widerspruches gegeben. Dieser ist beim Landgericht Koblenz zu erheben (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 924 Rn. 6).

(Unterschriften)

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