1. Wird das Anbieten und Bewerben von Produkten (hier: diagnostischen Apparaten usw.) „unter der Marke ANSWER FOR LIFE“ als Markenverletzung (gestützt auf eine ähnliche Wortmarke für ähnliche Produkte) angegriffen und wird zur Begründung auf eine Unternehmens-Werbung mit dem Claim („ANSWER FOR LIFE“) verwiesen, in der dessen Leistungen nur allgemein und ohne konkreten Produkte-Bezug angepriesen werden, so ist dieser Unterlassungsanspruch aus § 14 MarkenG nicht begründet. Es liegt gerade kein markenmäßiger Gebrauch der Bezeichnung für ein Produkt vor, auch nicht etwa über die „Brücke“ einer firmenmäßigen Verwendung des Slogans.
OLG Hamburg, Beschluss vom 10.03.2008 – 3 W 10/08 – ANSWER FOR LIFE
§ 14 MarkenG
In dem Rechtsstreit
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 10. März 2008 durch die Richter Gärtner, Spannuth, Terschlüssen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 8. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Beschwerde.
Der Wert des Streitgegenstandes wird in Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auf € 100.000.- festgesetzt.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen der einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen aus §§ 14 Absätze 5 und 2 Nr. 2 MarkenG und von Art 9 Abs. 1 b GMV liegen nicht vor. Im Einzelnen:
1. Der Antrag betrifft die Bewerbung, das Angebot, den Vertrieb und das sonstige Inverkehrbringen von diagnostischen Apparaten, Mitteln, Software oder Verfahren unter der Marke „Answers for life“.
a) Als Klaggrund sind die beiden Werbeaussendungen aus der Anlage Ast. 10 und 11 vorgetragen. In beiden Werbeblättern findet sich jeweils links unten der Spruch „Answers for life“ und auf der rechten Seite die Unternehmensbezeichnung „I.“. In der Anlage 11 heißt es noch: „Wir kombinieren mondernste Labordiagnostik, bildgebende Verfahren und Informationstechnologie zu innovativen Methoden der Früherkennung.“ Es geht also um die Werbung für Produktangebote von der Art, wie sie in dem Unterlassungsantrag benannt sind.
b) Zum Klaggrund gehört weiter der Vortrag der beiden für die Antragstellerin u. a für die Produkte „in vitro Diagnostika … für medizinische und veterinärmedizinische Zwecke“ eingetragenen Wortmarken „LIFE NEEDS ANSWERS“. Auf diese beiden Marken ist der Unterlassungsantrag gestützt.
c) Streitgegenstand ist nach der Lehre vom zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff also die Frage, ob die beiden Marken der Antragstellerin durch die Benutzung der Wendung „Answers for life“ nach der Art, wie sie in den beiden Werbeaussendungen benutzt worden ist, verletzt werden.
d) Soweit es in dem Antrag heißt: „unter der Marke“, versteht der Senat dies zum Teil als Beschreibung der konkreten Verletzungsform – das „unter“ zeigt an, dass es nicht um eine Kennzeichnung von Produkten „mit“ der Marke geht – und zum Teil als rechtliche Würdigung. Die Verwendung des Wortes „Marke“ ist nämlich ein in den Antrag aufgenommenes Begründungselement, mit dem die Antragstellerin entsprechend der Antragsbegründung ihrer Ansicht Ausdruck verleiht, dass die beanstandete Wortkombination in den konkreten Verletzungshandlungen als ein die betriebliche Herkunft der beworbenen Produkte anzeigendes Zeichen – mithin markenmäßig – benutzt wird.
2. Eine solch produktidentifizierende Verwendung des beanstandeten Werbespruchs ist nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Die Antragsgegnerin verwendet den Spruch „Answers for life“ vielmehr als einen auf das Unternehmen bezogenen Claim und nicht als einen die betriebliche Herkunft von Produkten anzeigenden Slogan.
a) Da der Unterlassungsanspruch auf die eingetragenen Marken gestützt ist, hat die markenrechtliche Prüfung auszugehen von den Verfügungsmarken, so wie sie eingetragen sind und nicht so, wie sie im Verkehr verwendet werden. Da sich die beiden Verfügungsmarken noch in der Benutzungsschonfrist befinden, kommt es insbesondere auch nicht darauf an, in welcher Weise sie bisher im Verkehr benutzt worden sind.
b) Der markenrechtliche Verletzungstatbestand verlangt einen kennzeichnenden Gebrauch des als kollidierend beanstandeten Zeichens in der Verletzungsform. Ob dabei ein markenmäßiger Gebrauch (so der BGH in der Entscheidung „THE HOME STORE“, WRP 2008, 236, Rz 22 und 23 für die Gemeinschaftsmarke) zu fordern ist, oder ob ein sonst kennzeichnender Gebrauch ausreicht, kann hier offen bleiben, denn die Antragstellerin verlangt nur Unterlassung einer markenmäßigen Verwendung und ein sonst kennzeichnender Gebrauch, etwa als besonderes Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG, der zugleich auf die betriebliche Herkunft von Produkten hinweist, liegt hier ebenfalls nicht vor.
c) Ein markenmäßiger Gebrauch setzt voraus, dass das angegriffene Zeichen in einer Weise benutzt wird, dass die Verbraucher es als Ursprungsbezeichnung für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen auffassen. Als Benutzungshandlung kommt außer einer Anbringung auf der Ware auch ein firmenmäßiger Gebrauch in Betracht, der zugleich eine Verbindung zu den vertrieben Waren oder Dienstleistungen herstellt. So hat es der BGH in der soeben zitierten Entscheidung (WRP 2008, a. a. O., Rz. 28) unter Berufung auf die Céline-Entscheidung des EuGH ausgeführt.
d) In den beiden Beanstandungsformen der Anlagen Ast. 10 und 11 werden konkrete Produkte gar nicht beworben. In der Anlage 10 wird unter der Firma „I.“ und dem Claim „Answers for life“ mitgeteilt, dass „… unser ganzheitliches Angebot“… „Services, Infrastructure, Information Technology und Medical Technology“ umfasst. Dazu heißt es neben der Grafik, in der diese Bereiche dargestellt sind, in einem Fließtext: „Erleben Sie die neusten Entwicklungen in den Bereichen Medizintechnik, Informationstechnologie, Infrastruktur und Service“.
Der beanstandete Spruch, der schon von Haus aus als eine werbende Anpreisung und nicht als Name für ein(en) Unternehmens(teil) daherkommt, wird also noch nicht einmal als besondere geschäftliche Bezeichnung für einen aus Sicht der Adressaten organisatorisch verselbstständigten Geschäftsbereich benutzt, sondern vielmehr für eine Vielzahl von Leistungsangeboten der Antragsgegnerin, so dass hier nicht die Brücke über einen firmenmäßigen Gebrauch zu einem zugleich markenmäßigen Gebrauch geschlagen werden kann.
e) Die Werbung aus der Anlage Ast. 11 benennt ebenfalls keine konkreten Produkte, sondern schildert auf verallgemeinerter Ebene („Wir kombinieren mondernste Labordiagnostik, bildgebende Verfahren und Informationstechnologie zu innovativen Methoden der Früherkennung.“), welche Art von Produkten zu welchen Zwecken – nämlich der „gezieltere(n) Diagnose“ – auf dem Gebiet der Medizintechnologie angeboten werden können. Es handelt sich also um Unternehmens-Image-Werbung, in der die Antragsgegnerin ihre Leistungsfähigkeit ohne jede Bezugnahme auf bestimmte konkrete Produktangebote im Verkehr kommuniziert.
Die angesprochenen Kreise haben im Hinblick auf diese ersichtliche Imagewerbung noch nicht einmal Anlass zu der Annahme, dass es bei der Antragsgegnerin einen für die herausgestellte Leistungsfähigkeit auf dem Gebiet der Medizintechnologie organisatorisch verselbstständigten Betrieb namens „Answers for life“ geben könnte. Und dies selbst dann nicht, wenn sie den Spruch allein auf die herausgestellte Leistungsfähigkeit im Bereich der Medizintechnologie beziehen sollten, denn im Kontext der gesamten Anzeige wird dem Referenzadressaten nur mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin in dem beworbenen Bereich wegen ihrer Leistungsfähigkeit „Antworten für das Leben“ geben könne, also technische Lösungen anbieten kann, die helfen können, Menschen am Leben zu erhalten. Das ist die typische Verwendung eines auf das Unternehmen bezogenen Werbespruchs, also eines Claims zur Darstellung der eigenen Leistungsfähigkeit, aber weder marken- noch firmenmäßiger Gebrauch.
3. Ob die Antragstellerin möglicherweise aus lauterkeitsrechtlichen Anspruchsgrundlagen vorgehen könnte (BGH GRUR 1997, 308 – Wärme fürs Leben -), kann hier offen bleiben, denn auf solche Anspruchsgrundlagen ist der Antrag nicht gestützt. Ein Sachverhalt, der neben den markenrechtlichen Anspruchsgrundlagen zugleich einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen könnte, ist nicht vorgetragen.
4. Ebenfalls nicht zum Streitgegenstand gehört die vorgetragene Markenanmeldung der Antragsgegnerin. Auf diese ist Bezug genommen worden, um darzustellen, dass die Antragsgegnerin selbst Sprüche der hier streitigen Art für unterscheidungskräftig zur Bezeichnung von Produkten hält.
In der Subsumtion taucht die Markenanmeldung als selbstständiger Verletzungsfall nicht auf und entsprechend der vorprozessualen Ankündigung scheint die Antragstellerin im Wege der Löschung vorgehen zu wollen, sobald das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung (diese enthält nur Klassifizierungsnummern) veröffentlicht ist (Abmahnschreiben vom 17. Dezember 2007, Seite 3, Anlage Ast 12).
Wegen der durch die Anmeldung begründeten Begehungsgefahr für eine markenmäßige Benutzung hat die Antragstellerin sich offenbar mit der vorprozessual erfolgten Berühmungsaufgabe begnügt (Schreiben der Antragsgegnervertreter vom 28. Dezember 2007, Seite 5, Anlage Ast 13; anders für die durch die Vorbereitungshandlung der Anmeldung einer Marke begründete „qualifizierte Erstbegehungsgefahr“: Ingerl-Rohnke, Markengesetz, 2.Aufl./2003, Rz. 69 vor §§ 14-19 und dem folgend Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl./ 2006, Rz. 232 zu § 14, die sich auf BGH, GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX- berufen, wo die Teillöschung der eingetragenen Marke als nicht ausreichend für die Beseitigung der Begehungsgefahr angesehen wurde).
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 UWG. Der Senat hat den vom Landgericht festgesetzten Streitwert in Ansehung des sog. Angriffsfaktors gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen wieder auf den von der Antragstellerin im Verfügungsantrag als angemessen angegebenen Betrag heraufgesetzt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ihr wirtschaftliches Interesse an zukünftiger Unterlassung des beanstandeten Verhaltens zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung, § 4 Abs. 1 ZPO, zu hoch eingeschätzt haben könnte. Die Antragstellerin verteidigt mit den von ihr vorgetragenen Benutzungshandlungen, mag man diese als markenmäßig ansehen oder nicht, einen wertvollen gewerblichen Besitzstand, in den die Antragsgegnerin mit einem nach ihrer – der Antragstellerin – Ansicht verwechslungsfähigen Zeichen eingebrochen ist. Angesichts der Marktbedeutung beider Unternehmen ist der Angriffsfaktor mit € 250.000.- keinesfalls zu hoch eingeschätzt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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