LG Nürnberg-Fürth: Zwischen der Marke „THOR STEINAR“ und „Storch Heinar“ besteht keine Verwechslungsgefahr – Keine Rechtsverletzung bei humorvoller Parodie einer Marke Urteil vom 11.08.2010 – 3 O 5617/09

1. Eine Verwechslungsgefahr gemäß §14 II MarkenG scheidet aus, wenn eines der einander gegenüberstehenden Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Assoziation zu einem in seiner Bedeutung bekannten Begriff hervorruft.

2. Ein Herabsetzen oder Verunglimpfen gemäß § 4 Nr. 7 UWG setzt voraus, dass der Mitbewerber oder dessen Produkte dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden, was bei einer humorvollen oder ironischen Anspielung zu verneinen ist. Bei der in diesem Rahmen erforderlichen Abwägung sind die Grundsätze der Meinungs- und Kunstfreiheit zu berücksichtigen.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 11.08.2010 – 3 O 5617/09Keine Verwechslungsgefahr zwischen „THOR STEINAR“ und „Storch Heinar“
GG Art. 5 I, III; MarkenG §§ 4, 14 II; UWG §§ 8, 3 ff.

In dem Rechtsstreit

gegen

wegen Unterlassung, MarkenG

erlässt das LandgerichtNürnberg-Fürth -3. Zivilkammer- durch den Vorsitzenden Richter am LandgerichtRottmann, die Richterin am LandgerichtKneissl und den Richter am LandgerichtHusemann am 11.08.2010 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2010 folgendes

Teilanerkenntnis- und Schlussurteil

I.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der im Teilanerkenntnisurteil vom 05.01.2010 bezeichneten Handlungen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:

a) Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise,

b) die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren

c) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet,

d) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und gewerblichen Adressaten von Angeboten.

II.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus den im Teilanerkenntnisurteil vom 05.01.2010 beschriebenen Verletzungshandlungen entstanden sind oder noch entstehen werden.

III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 94%, der Beklagte 6%.

V.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 180.000,- EUR festgesetzt. Dabei entfallen auf

• Ziffer 1. der Klage: 100.000,- EUR,
• Ziffer 2. der Klage: 50.000,- EUR,
• Ziffern 3. und 4. der Klage: jeweils 15.000,- EUR.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um markenrechtliche und wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche mit Folgeansprüchen.
Die Klägerin fertigt und handelt mit Bekleidung. Unter der Domain „t…de“ betreibt sie einen Webshop und verkauft ihre Mode.

Die Klägerin ist Inhaberin der nachbezeichneten deutschen Marken:

Sie ist Inhaberin der folgenden Bildmarke (Registernummer 30467844), die am 30.11.2004 angemeldet und am 16.06.2005 u. a. für die Waren- und Dienstleistungsklasse 25 (insbesondere Bekleidungsstücke) eingetragen wurde (Anlage K 4):

Sie ist darüber hinaus Inhaberin der folgenden Bildmarke (Registernummer 30649936), die am 11.08.2006 angemeldet und am 03.04.2007 u. a. für die Waren- und Dienstleistungsklasse 18 (insbesondere Regenschirme), 21 (insbesondere Glaswaren, Porzellan und Steingut) sowie 25 (insbesondere Bekleidungsstücke) eingetragen wurde (Anlage K 5):

Sie ist auch Inhaberin der Wortmarke „THOR STEINAR“ (Registernummer. 30467843), die am 30.11.2004 angemeldet und am 02.06.2005 u. a. für die Waren- und Dienstleistungsklasse 25 (insbesondere Bekleidungsstücke) eingetragen wurde (Anlage K 6).

Schließlich ist die Klägerin Inhaberin der Wortmarke „Wüstenfuchs“ (Registernummer. 30744372), die am 06.07.2007 angemeldet und am 25.10.2007 u. a. für die Waren- und Dienstleistungsklassen 18 und 25 eingetragen wurde (Anlage K 7).

Auf der Domain „st…de“ wird im Internet ein Webshop betrieben, in dem u. a. Bekleidungsstücke, Tassen, Anstecker sowie Regenschirme zum Verkauf angeboten werden (Anlagen K 10 bis K 12). Die so vertriebenen Produkte enthalten überwiegend den Aufdruck „Storch Heinar“ sowie das folgende Wappen:

Der Beklagte war bei DENIC als Inhaber dieser Domain registriert (Anlage K 2). Mittlerweile wurde die Domain auf die SPD – Landesverband Mecklenburg-Vorpommern – übertragen (Anlage B 4). Im Impressum dieser Homepage ist der Beklagte als inhaltlich Verantwortlicher im Sinne des Presserechts benannt, außerdem wird er als Urheber („geschrieben von“) benannt (Anlage K 3 b).

Mit Schreiben von Rechtsanwalt P. wurde der Beklagte am 08.04.2009 wegen der Verletzung der Wortmarke „THOR STEINAR“ sowie der Bildmarken der Klägerin abgemahnt (Anlagen K 15 und B 1).

Über die klägerischen Marken wird in der Öffentlichkeit diskutiert (Anlagen B 5 bis B 7). Im Brandenburgischen Verfassungsbericht fand die Marke „Thor Steinar“ als „identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten“ Erwähnung. Die Klägerin geht verwaltungsrechtlich dagegen vor.

Die Klägerin meint, dass das Verhalten des Beklagten sowohl markenrechtlich wie auch wettbewerbsrechtlich unzulässig sei.

In der Klageerwiderung vom 05.11.2009 hat der Beklagte den unter Ziffer 2. der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Verwendung der Bezeichnung „Wüstenfuchs“ anerkannt. Die Kammer erließ daraufhin am 05.01.2010 ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil.

Zuletzt beantragt die Klägerin:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

a)

oder das Zeichen „Storch Heinar“

zur Kennzeichnung von Bekleidung zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere wenn dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:

b) diese Zeichen zur Kennzeichnung von Geschirr, insbesondere Tassen, zu benutzen und/oder benutzen zu lassen,

c) oder das Zeichen „Storch Heinar“ zur Kennzeichnung von Ansteckern, Taschen oder Regenschirmen zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere wenn dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der unter Ziffer 1 und 2 bezeichneten Handlungen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses aus dem sich ergeben:

a) Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise,

b) die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren

c) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet,

d) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und gewerblichen Adressaten von Angeboten.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus den unter Ziff. 1 und 2 beschriebenen Verletzungshandlungen entstanden sind oder noch entstehen wird.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.780,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2009 zu zahlen.

Im Termin vom 21.07.2010 hat der Beklagte die zum Teilanerkenntnisurteil vom 05.01.2010 gehörigen Folgeansprüche auf Auskunft (ursprünglich Ziffer 3, jetzt Ziffer 2 der Klage) sowie auf Schadensersatzfeststellung (ursprünglich Ziffer 4, jetzt Ziffer 3 der Klage) hinsichtlich der Taschen, die mit der Bezeichnung „Wüstenfuchs“ bis zum 17.03.2010 beworben wurden, anerkannt.

Hinsichtlich des anerkannten Teils hat die Klägerin den Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils beantragt.

Der Beklagte gibt an, nicht passivlegitimiert zu sein, da die streitgegenständliche Seite durch die SPD Mecklenburg-Vorpommern benutzt werde. Dies ergebe sich auch so aus dem Impressum. Der Beklagte betreue die Homepage in seiner Funktion als SPD-Mitglied. Auch die Erlöse aus dem Verkauf flössen der SPD zu.

Eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Markenrechts sei zu verneinen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Protokoll vom 21.07.2010 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht anerkannt wurde, unbegründet. Es fehlt hinsichtlich der Wortmarke „Thor Steinar“ und der Bildmarken mit dem Andreaskreuz an einer markenrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Verletzungshandlung (unter A.). Die in diesem Urteil tenorierten Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche hinsichtlich einer Verletzung der Marke „Wüstenfuchs“ beruhen auf einem Anerkenntnis des Beklagten (unter B.).

A.
Der Klägerin steht der in Ziffer 1. der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Wortmarke „Thor Steinar“ und der Bildmarke mit dem Andreaskreuz nicht zu.

Zwar ist der Beklagte als Störer passivlegitimiert, da er bei DENIC als Inhaber der Domain „www.st…de“ registriert war (Anlage K 2) und im Impressum der Homepage als inhaltlich Verantwortlicher im Sinne des Presserechts und als Urheber („geschrieben von“) benannt (Anlage K 3 b) ist (BGH, MMR 2009, 752; BGH, GRUR1986, 248 -“Sporthosen“). Dass die Domain mittlerweile auf die SPD – Landesverband Mecklenburg-Vorpommern – übertragen wurde (Anlage B 4), spielt keine Rolle, weil einmal eine vom Verletzten gesetzte Wiederholungsgefahr fortwirkt.

Das Verhalten des Beklagten ist aber weder markenrechtlich (unter I.) noch wettbewerbsrechtlich (unter II.) zu beanstanden. Darüber hinaus wäre, selbst bei Annahme eines Verstoßes, das Verhalten des Beklagten von Art. 5 GG gedeckt (unter III.).

Mangels Hauptsacheanspruchs sind diesbezüglich auch die Folgeansprüche auf Auskunft (ursprünglich Ziffer 3., jetzt Ziffer 2. der Klage), Schadensersatzfeststellung (ursprünglich Ziffer 4., jetzt Ziffer 2. der Klage) und Abmahnkosten (ursprünglich Ziffer 5., jetzt Ziffer 4. der Klage) nicht gegeben.

I.
Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch nach §§ 4, 14 MarkenG zu.

1. Zwar werden durch den Beklagten das streitgegenständliche Zeichen „Storch Heinar“ sowie das Wappen mit dem Storch kennzeichenmäßig benutzt.

Von einem markenmäßigen Gebrauch ist auszugehen, wenn das Zeichen in der Weise verwendet wird, dass es im Rahmen des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH, GRUR 2005, 583 – Lila Postkarte).

Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen.

2. Es fehlt aber an der Verwechslungsgefahr zwischen den klägerischen Marken und den angegriffenen Zeichen.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, weshalb ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, GRUR 2008, 258-INTERCONNECT).

Im vorliegenden Fall ist von Warenidentität im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG auszugehen, da die auf der streitgegenständlichen Homepage „st…de“ angebotenen und vertriebenen Waren der durch die klägerischen Marken erfassten Waren entsprechen. Die Marken der Klägerin sind für die Waren- und Dienstleistungsklassen 18, 21 und 25 eingetragen. Der Beklagte vertreibt Waren genau dieser Produktsegmente, auf denen er die streitgegenständlichen Zeichen anbringt.

Die Kennzeichnungskraft der Wort- und Bildmarken der Klägerin ist durchschnittlich, da die Marken eingetragen sind und benutzt werden. Für eine Stärkung der Kennzeichnungskraft aufgrund überregionaler Bekanntheit oder besonderem Werbeaufwand ist nichts vorgetragen.

Der markenrechtliche Anspruch scheitert jedoch an der fehlenden Ähnlichkeit der klägerischen Marken einerseits und der auf der Homepage „st…de“ benutzen Zeichen andererseits.

a) Die Klagebildmarken bestehen aus einem dunkel gehaltenen Wappenfeld mit einem weißen „X“ als Kreuz, welches im oberen und unteren Teil jeweils einen weißen Punkt enthält. Sie sind in schwarz-weiß eingetragen und erfassen damit die Abbildung in jeder anderen Farbe, da eine Marke, die keine bestimmte Farbe beansprucht, grundsätzlich in jeder beliebigen Farbkombination wiedergegeben werden kann (BGH, GRUR 2006, 859 – Malteserkreuz).

Die Klagewortmarke lautet „THOR STEINAR“.

b) Das angegriffene Bildzeichen besteht aus einem roten Wappenfeld mit einem vorwiegend in weiß gehaltenen Vogel. Es handelt sich dabei um einen Storch mit gespreizten Flügeln und Beinen, wobei zwischen den Beinen im unteren Teil des Wappens ein ovalförmiger weißer Punkt als Ei und im oberen Teil des Wappens zwischen den gespreizten Flügeln ein weißer, stilisierter Storchenkopf mit Helm enthalten ist.

Das angegriffene Wortzeichen lautet „Storch Heinar“.

c) Eine Zeichenähnlichkeit dieser Klagemarken mit den angegriffenen Zeichen „Storch Heinar“ und dem Bildzeichen mit dem Storch im Wappen besteht nicht.

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Kennzeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Kennzeichen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EUGH, GRUR, 1998, 387 – Springende Raubkatze).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das angegriffene Zeichen sowohl in seinem Wort- als auch seinem Bildgehalt einen Storch darstellt. Eine Verwechslungsgefahr scheidet nämlich dann aus, wenn einem der beiden Zeichen eine eindeutige und bestimmte Bedeutung zukommt, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie ohne weiteres erfassen können (EUGH, GRUR 2006, 237 – Picasso; EUGH, GRUR 2006, 413 – ZIRH/SIR). Dabei ist ausreichend, wenn nur eine der Marken über einen entsprechenden Begriffsinhalt verfügt, während die andere einen Fantasiebegriff darstellt. Maßgeblich ist, ob der Begriff wegen seines jedermann geläufigen Sinngehalts rasch erfasst wird und als allgemein verständliches Wort mit einem anderen, der Umgangssprache nicht entlehnten Kennzeichen nicht verwechselt werden kann (BGH, NJW-RR 1992, 175 – Bally/Ball).

aa) Das angegriffene Bildzeichen vermittelt einen anderen Gesamteindruck als die klägerische Bildmarke.
Zum einen unterscheiden sich die Wappen der Zeichen. Die Wappen der Klägermarke sind von ihrer Form her „bauchiger“, während das Wappen des angegriffenen Zeichens spitzer zugeschnitten ist. Zudem ist die obere Begrenzung des Wappens der Klägermarken leicht abgerundet, während das Wappen des angegriffenen Zeichens geradlinig ist.

Auch die Bilder in dem Wappen unterscheiden sich grundlegend. Während die Klägerbildmarken ein weißes Andreaskreuz mit 2 weißen Punkten beinhalten, also von einem in weiß gehaltenen Großbuchstaben „X“ dominiert sind, ist in dem angegriffenen Bildzeichen ein Storch mit gespreizten Flügeln als Wappeninhalt prägend. Dieser Storch ist auch eindeutig an dessen schwarz-weißen und detaillierten Flügelstrukturen, den gekrümmten, dünnen Beinen, dem roten Schnabel sowie dem langgezogenen Hals erkennbar. Der durchschnittlich informierte Verbraucher assoziiert deshalb mit diesem Zeichen einen Storch und nicht die klägerischen Bildmarken.
Außerdem unterscheiden sich die Konturen des Storches in wesentlichen Punkten von dem des Andreaskreuzes. So sind die nach oben gereckten Flügel breiter als die obere Hälfte des Andreaskreuzes, wogegen die dünnen Beine des Storches schmaler als der untere Teil des Andraskreuzes ausgeprägt sind.

bb) Auch zwischen der klägerischen Wortmarke „THOR STEINAR“ und dem angegriffenen Wortzeichen „Storch Heinar“ besteht keine Ähnlichkeit.

Zwar besteht Übereinstimmung in der Anzahl der Silben, der Verwendung der Vokale und der Endung des zweiten Markenbestandteils. Insgesamt überwiegen aber die Unterschiede in Klang, Schriftbild und Sinn.
Schriftbildlich sind die Zeichenketten sowohl in ihrer Gesamtheit, als auch in ihren einzelnen Wortbestandteilen unterschiedlich lang.

Die Bezeichnung „Storch Heinar“ ähnelt auch phonetisch nicht der Marke „THOR STEINAR“. Die klägerische Wortmarke wird bei Ihrer Aussprache am Anfang durch ein hartes „T“ dominiert, während das Klangbild der angegriffenen Zeichnung durch ein weicheres „Scht“ eingeleitet wird. Auch das jeweils zweite Wort unterscheidet sich im Klangbild durch das weiche und auszusprechende „H“ im Wort „Heinar“ und dem verhältnismäßig harten „St“ von „Steinar“.

Entscheidend ist jedoch, dass es keine begriffliche Zeichenähnlichkeit zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen gibt. Bei der Bezeichnung „Storch Heinar“ handelt es sich um die Beschreibung des Namens eines Vogels, nämlich eines Storches namens Heinar. Bei der Bezeichnung „THOR STEINAR“ handelt es sich dagegen um einen Namen, wobei der erste Wortbestandteil möglicherweise dem Donnergott „Thor“ entlehnt ist.

d) Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist maßgeblich auf das Leitbild des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgeblich sind die Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren oder Dienstleistungen (EUGH, GRUR Int. 1999, 734 – Lloyd). Dabei spielt nicht nur der Durchschnittsverbraucher der Produkte, für die die Klägermarke registriert ist, eine Rolle, sondern insbesondere auch diejenigen Verkehrskreise, an die sich der angebliche Verletzer wendet. Dies ist nämlich die Personengruppe, die durch die Verletzungshandlung tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wird, über den Produktverantwortlichen getäuscht zu werden.

Die Produkte mit den angegriffenen Zeichen werden ausschließlich im Rahmen des Internetshops „www.st…de“ angeboten. Die Ausgestaltung dieser Homepage sowie die Weiterleitung auf die der SPD gehörenden Internetseite „www.e…de“ zeigt, dass die auf dieser Seite angebotenen Produkte sich nicht an den normalen Verbraucher, der seine Kleidung allein nach dem Aussehen und Design kauft, sondern vor allem ein politisch interessierten Kundenkreis, der mit dem Tragen dieser Produkte eine politische Aussage treffen möchte, wendet. Es erscheint ausgeschlossen, dass die so angesprochenen Verkehrskreise der Gefahr unterliegen, das angegriffene Zeichen mit den klägerischen Marken zu verwechseln. Diese Verkehrskreise fühlen sich gerade durch die satirische Auseinandersetzung mit den klägerischen Marken angesprochen und entscheiden sich daher bewusst dafür.
Umgekehrt scheint es ebenfalls ausgeschlossen, dass ein durchschnittlicher Verbraucher, der ein Bekleidungsstück aus dem Haus der Klägerin erwerben will, versehentlich ein T-shirt vom Internetshop „st…de“ erwirbt (so auch OLG Köln, Beschluss vom 02.12.2009, Anlage B 3 – „Thorten Schneidar“).

e) Auch ein gedankliches Inverbindungsbringen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG ist vorliegend nicht gegeben.

Im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmales ist erforderlich, dass für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen im Sinne einer Fehlvorstellung über die betriebliche Herkunft der Waren besteht. Die Herstellung einer rein assoziativen gedanklichen Verbindung zwischen den Marken reicht hingegen nicht aus (EuGH, GRUR 1998, 387, Tz. 26 – „Springende Raubkatze“).

Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Klagemarken und die angegriffenen Zeichen demselben Unternehmen oder zumindest wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen zuordnen.

II.
Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht auf § 8 UWG stützen.

Zwar ist für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG keine Wettbewerbsförderungsabsicht mehr notwendig. Auch sind die Klägerin und der Beklagte Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie gleichwertige Waren absetzen. Es fehlt aber an einer Verletzungshandlung gemäß §§ 3 ff. UWG.

1. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 UWG scheitert bereits daran, dass die angegriffenen Zeichen keine vergleichende Werbung darstellen.

Die Verwendung bestimmter Produktbezeichnungen ist zwar eine Äußerung zum Zwecke des Absatzes der betreffenden Produkte und damit Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG (vgl. Art. 2 lit. a der Richtlinie 84/450/EWG). Werbung ist jedoch nur dann vergleichend, wenn sie unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht (§ 6 Abs. 1 UWG).
Unerlässliches Erfordernis eines jeden Werbevergleichs ist daher, dass der Werbende einen für den Verkehr erkennbaren Bezug zwischen mindestens zwei Wettbewerbern, zwischen deren Waren oder Dienstleistungen bzw. ihren Tätigkeiten oder sonstigen Verhältnissen herstellt. Dabei reicht zwar die nur mittelbar erkennbare Bezugnahme aus. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass jede noch so fernliegende, „nur um 10 Ecken gedachte“ Bezugnahme genügt. Andernfalls würde der Begriff des Werbevergleichs uferlos ausgeweitet (BGH, GRUR 2002, 982 – die „Steinzeit“ ist vorbei!). Nicht ausreichend ist, wenn die angesprochenen Verkehrskreise allein aufgrund von außerhalb der angegriffenen Werbung liegenden Umständen eine Verbindung zwischen dem beworbenen Produkt und demjenigen des Mitbewerbers herstellen (BGH, GRUR 2008, 628 – Imitationswerbung).

Im vorliegenden Fall machen die beanstandeten Zeichen die Marken der Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar erkennbar. Auch wenn es sich bei dem angegriffenen Zeichen um eine parodistische Anlehnung an die klägerischen Marken handelt, enthalten diese Zeichen von sich aus keinerlei Bezug zur Klägerin. Soweit diese Bezugnahme durch Umstände außerhalb der angegriffenen Werbung erfolgt (wie z. B. durch Interviews), ist dies für die Beurteilung des Vorliegens von vergleichender Werbung unbeachtlich.

2. Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 UWG scheidet ebenfalls aus, da die angegriffenen Zeichen keine Verwechslungsgefahr hervorrufen.

Der Begriff der Verwechslungsgefahr ist im Marken- und im Wettbewerbsrecht einheitlich zu bestimmen. Sie liegt vor, wenn im konkreten Kontext der Benutzung die Gefahr besteht, dass der angesprochene Verkehr die Waren oder Dienstleistungen, die Marken oder andere Kennzeichen der Mitbewerber verwechselt bzw. annimmt, dass sie aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (EUGH, GRUR 2008, 698 – O2).

Eine solche Verwechslungsgefahr ist im vorliegenden Fall nicht gegeben (vgl. die Ausführungen zu A. I. 2.).

3. Die Kammer verneint auch das Vorliegen der Voraussetzungen von § 4 Nr. 7 UWG. Durch die angegriffenen Zeichen werden die Kennzeichen und Waren der Klägerin weder herabgesetzt noch verunglimpft.

a) Eine Herabsetzung besteht in der sachlich nicht gerechtfertigten Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers, seines Unternehmens und/oder seiner Leistungen in den Augen der angesprochenen oder von der Mitteilung erreichten Verkehrskreise, soweit diese als Marktpartner des betroffenen Mitbewerbers in Betracht kommen. Die Verunglimpfung ist eine gesteigerte Form der Herabsetzung und besteht in der Verächtlichmachung in Gestalt eines abträglichen Werturteils ohne sachliche Grundlage (Köhler/Bornkamm, § 4 UWG, Rdnr. 7.12).
Ob eine Herabsetzung oder Verunglimpfung vorliegt, beurteilt sich nach dem Eindruck der angesprochenen Verkehrskreise. Bei der Würdigung sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Inhalt und Form der Äußerung, der Anlass und der gesamte Sachzusammenhang sowie die Verständnismöglichkeiten der angesprochenen Verkehrskreise zu berücksichtigen. Dabei kommt es auf die Sichtweise des durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers an, nicht dagegen auf die Sichtweise des betroffenen Mitbewerbers.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine wettbewerbswidrige pauschale Herabsetzung vorliegt, kommt es darauf an, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachliche gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondereUmstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. Solange der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher den in der Werbung enthaltenen Sprachwitz erkennt und merkt, dass es sich um eine humorvolles Wortspiel handelt, mit dem die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten geweckt werden soll, ist eine Herabsetzung nicht gegeben (BGH, GRUR 2002, 982 – die „Steinzeit“ ist vorbei!). Solange der Werbende mit ironischen Anklängen nur Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit der Werbung aber, weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt, keine Abwertung des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung (BGH, GRUR 2002, 828 – Lottoschein).

Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf stets in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte stellt erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von dem Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird (BGH, GRUR 2010, 161 – Gib mal Zeitung).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall von einer pauschalen Herabsetzung gemäß § 4 Nr. 7 UWG nicht auszugehen.

Die angegriffenen Zeichen stellen zwar eine satirische Anlehnung an die klägerischen Marken dar. Diese Parodie stellt jedoch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der klägerischen Marken dar, da sie die Klägerin nicht der Lächerlichkeit oder dem Spott preisgibt. Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Zeichen – sowohl das Bild des eierlegenden Storches als auch sein Name „Storch Heinar“ – in einer ironisch und humoristisch eingekleideten Weise auf die bei Teilen der Verbraucher bestehende Meinung, dass die klägerischen Marken sich insbesondere bei bestimmten Kreisen der Bevölkerung besonderer Beliebtheit erfreuen, anspielen. Die angegriffenen Zeichen sind jedoch gerade nicht so angelegt, dass sie ernst und damit wörtlich genommen werden wollen.

Auch die Klagepartei trägt keine Umstände vor, aus denen sich eine Verunglimpfung oder Herabsetzung der klägerischen Marken aufgrund der Benutzung der angegriffenen Zeichen ergeben würde. Soweit die Klägerin auf ein Interview der Beklagten verweist, kann sich daraus kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der angegriffenen Zeichen herleiten lassen.

c) Darüber hinaus fehlt es bei den angegriffenen Zeichen an einem direkten Bezug zur Klägerin, weshalb auch deshalb eine Verletzung von § 4 UWG ausscheidet.

Die angegriffenen Zeichen weisen in ihrer Gesamtheit weder eine direkte Aussage zur Qualität der Produkte der Klägerin noch zu ihrem Auftreten im Wirtschaftsleben auf. Auch eine Verwechslungsgefahr mit den klägerischen Marken besteht nicht. Der einzige Bezug erschöpft sich erkennbar darin, dass das klägerische Zeichen satirisch verfremdet wurde und deshalb als Scherz empfunden werden soll, was der Verkehr ebenso sieht (so auch BGH, GRUR 1986, 759 – „BMW“). Der in der „Verballhornung“ der Marke der Klägerin liegende Scherz, der als allgemeine Aussage eine gesellschaftliche Diskussion aufgreift, ohne direkt auf die Klägerin einzugehen, führt nicht zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Klägerin, da diese „Verballhornung“ nach Inhalt und Form nicht geeignet ist, die Klägerin in ihrem Ansehen als Wirtschaftsunternehmen vor der Öffentlichkeit herabzuwürdigen (so auch OLG Frankfurt, NJW 1982, 648 – „Lusthansa“). Damit scheidet auch ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch aus.

III.
Ein Marken- oder Wettbewerbsverstoß wäre darüber hinaus als satirische Auseinandersetzung mit den klägerischen Marken von Art. 5 GG erfasst und könnte von der Klägerin nicht verboten werden.

1. Der Beklagte kann sich bei seinen Tätigkeiten auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen.
a) Die Rechtssprechung hat sich in verschiedenen Urteilen mit der Notwendigkeit der Beachtung der Meinungsfreiheit bei der Beurteilung kritischer Äußerungen beschäftigt.

So sei Werbeplakat „Mordoro“ vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, da die öffentliche Auseinandersetzung mit den Gesundheitsgefahren des Rauchens im Allgemeininteresse liege. Die Meinungsfreiheit erlaube es dem Kritiker, seinen Standpunkt in dieser Frage überpointiert zur Geltung zu bringen. Er sei nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung beschränkt. Auch für den unkritischen Betrachter ziele der Aussagegehalt des Kalenderblatts nicht auf die Zigarettenmarke „Marlboro“, sondern richte sich gegen den Konsum von Zigaretten schlechthin. Dadurch werde eine Diffamierung nicht bewirkt (BGH, NJW 1984, 1956 – Mordoro).

Etwas anderes gelte nur dann, wenn nicht eine Meinung über die Klägerin und deren Erzeugnisse oder Werbemethoden sowie die Äußerung einer solchen Meinung zur Beurteilung ansteht, sondern die rein kommerzielle Benutzung fremder angesehener Marken dazu dient, ein sonst nicht verkäufliches eigenes Produkt auf den Markt zu bringen. Wenn das beanstandete Verhalten allein diesem Zweck, nicht aber einer satirischen Auseinandersetzung mit dem Ruf oder den Werbemethoden der Klägerin diene, sei das Recht auf satirische Meinungsäußerung nicht einschlägig (BGH, NJW 1994, 1954 – Mars-Kondom).

Auch ein Beitrag zur öffentlichen Auseinandersetzung über die Preispolitik eines bekannten Unternehmens halte sich im Bereich der Meinungsfreiheit. Ein Unternehmen wie die Telekom müsse es daher hinnehmen, dass seine Preispolitik in der Öffentlichkeit kritisch begleitet wird. Es habe keinen Anspruch darauf, dass eine satirische Befassung mit einer Veränderung ihrer Tarifstruktur unterbleibt. Das Unternehmen müsse sich dieser Auseinandersetzung stellen und sei nicht berechtigt, den Meinungskampf unter Heranziehung des Wettbewerbsrechts mit Verbotsverfügungen zu unterlaufen (KG, GRUR 1997, 295 – „Alles wird teuer“).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die angegriffenen Zeichen vom Grundrecht der Meinungsfreiheit erfasst.

Unabhängig von der Frage, wofür die Marken der Klägerin stehen, sind sie Gegenstand politischer Diskussionen und der Beobachtung durch den brandenburgischen Verfassungsschutz. Mit der Verwendung des angegriffenen Zeichens nimmt der Beklagte an der geistigen Auseinandersetzung über die Marken der Klägerin teil. Die Zeichen dienen dabei als Mittel des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, nämlich des Rechtsradikalismus. Die gesamte Gestaltung des Internetauftrittes, über welchem ausschließlich die Produkte mit den angegriffenen Zeichen vertrieben werden, zeigt, dass sich diese Produkte an einen politisch interessierten Kundenkreis, der dem Tragen dieser Produkte eine politische Meinung äußern will, richten. Auf der Internetseite „e…de“, auf welche die Seite „st…de“ weiterleitet, wird kritisch über die NPD und die rechtsextreme Szene berichtet. Unter der Überschrift „Satire“ erfolgt dann der Link auf den Internetauftritt von Storch Heinar. Weitere Angebote dieser Seite zeigen, dass es bei den im Rahmen des Internetshops angebotenen Textilien nicht vorrangig um den kommerziell orientierten Verkauf der Produkte geht, sondern die politische Aussage im Vordergrund steht. Solche Beiträge zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage fallen in den Kernbereich des Schutzes der Meinungsfreiheit (so auch OLG Köln, Beschluss vom 02.12.2004, Anlage B 3 – „Thorten Schneidar“).
2. Außerdem ist das Grundrecht der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG einschlägig.

a) Die Rechtsprechung hatte bereits des öfteren Gelegenheit, sich mit dem Spannungsfeld zwischen gewerblichen Rechtschutz und Kunstfreiheit zu beschäftigen.

So unterfalle der Kunstfreiheit eine Postkarte, in der Eindrücke des Künstlers von den Marken der Klägerin und deren Werbung mit der Herausstellung der Abbildung von Kühen humorvoll und satirisch aufgegriffen werden. Durch die Kunstfreiheit seien auch diejenigen Personen geschützt, die als Verleger eine Vermittlungsfunktion zwischen dem Künstler und dem Publikum übernehmen. Den Verbrauchern bleibe die in der scherzhaften Gestaltung der Postkarten ebenfalls liegende kritische Auseinandersetzung mit den Marken und Werbeauftritten der Klägerin nicht verborgen. Dabei spiele keine Rolle, dass die Beklagte vorrangig kommerzielle Ziele mit der Verbreitung der Postkarte verfolgt (BGH, GRUR, 2005, 583 – Lila Postkarte).

Von der Kunstfreiheit sei auch ein T-Shirt umfasst, das in humorvoller Weise die Werbung der Klägerin dafür, dass man auf äußerst simple Weise in das Internet gelangen kann, mit der Erlangung eines Abschlusses, der die allgemeine Hochschulreife bescheinigt, verknüpft. Der angegriffene Aufdruck stelle eine eigenständige kreative Leistung dar, bei der zwar auch auf einen bekannten Werbeslogan der Klägerin zurückgegriffen werde, bei der das streitgegenständliche Kennzeichen jedoch nur eine untergeordnete Rolle spiele (OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 231 – Bildmarke AOL).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann sich der Beklagte auch auf das Grundrecht der Kunstfreiheit berufen.

Die angegriffenen Zeichen greifen in humorvoll-satirischer Weise die klägerischen Marken sowie deren Resonanz in der Gesellschaft auf. Den Verbrauchern – insbesondere den mit der Homepage „st…de“ gezielt angesprochenen Verkehrskreisen – ist die in der scherzhaften Gestaltung der Zeichen auf den angebotenen Produkten ebenfalls liegende kritische Auseinandersetzung mit den Marken der Klägerin und deren Kundenkreis ersichtlich.

B.
Die in diesem Urteil enthaltene Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung beruht auf einem Anerkenntnis des Beklagten im Termin und bezieht sich auf die im Teil-Anerkenntnisurteil vom 05.01.2010 bezeichneten Handlungen hinsichtlich der Benutzung des Zeichens „Wüstenfuchs“.

Die klägerischen Anträge zu 2) und 3) sind dahingehend auszulegen, dass die Klägerin – entgegen ihrer Formulierung – Auskunft und Schadensersatzfeststellung nicht hinsichtlich der in Ziffer 2) (diese in der Klage ursprünglich enthaltene Ziffer ist nach dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 05.01.2010 entfallen) sondern der im Teil-Anerkenntnisurteil vom 05.01.2010 bezeichneten Handlungen begehrt.

Darüber hinaus legt die Kammer die Prozesserklärung des Beklagten dahingehend aus, dass es als vollständiges Anerkenntnis hinsichtlich der die Verletzungshandlungen aus dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 05.01.2010 betreffenden Klageanträge 2. und 3. (3. und 4. der ursprünglichen Klage) gemeint war, dass aber im Rahmen der Auskunft nur Verletzungshandlungen betreffend Taschen, die mit der Marke „Wüstenfuchs“ bis 17.03.2010 beworben wurden, eingeräumt werden.

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht – trotz Anerkenntnisses hinsichtlich der Unterlassung – nicht, da die Abmahnung vom 08.04.2009 (Anlagen K 15 und B 1) sich nicht auf eine Verletzung der klägerischen Marke „Wüstenfuchs“ bezog.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 93 ZPO.

Hinsichtlich Ziffer 2. der Klage (bezüglich der Marke „Wüstenfuchs“) liegt ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO vor. Die Abmahnung vom 01.04.2009 bezog sich nicht auf die Verletzung dieser Marke. Innerhalb der Klageerwiderungsfrist erkannte der Beklagten diesen Anspruch in der Klageerwiderungsschrift vom 05.11.2009 an.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

D.
Der Streitwert wurde auf 180.000,- EUR festgesetzt. Dabei entfallen auf

• Ziffer 1. der Klage: 100.000,- EUR (wegen der behaupteten Verletzung der klägerischen Bildmarke und der Wortmarke „Thor Steinar“),
• Ziffer 2. der (ursprünglichen) Klage: 50.000,- EUR (wegen der behaupteten Verletzung der klägerischen Wortmarke „Wüstenfuchs“),
• Ziffern 3. und 4. der (ursprünglichen) Klage: jeweils 15.000,- EUR (dabei beziehen sich jeweils 10.000,- EUR auf die in Ziffer 1. beschriebenen und jeweils 5.000,- EUR auf die in Ziffer 2. beschriebenen Verletzungshandlungen).

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