Dadurch, dass mit der Bezeichnung „Fachanwalt für Markenrecht“ geworben wird, ohne dass es diesen Fachanwaltstitel gibt, liegt eine irreführende Werbung über geschäftliche Verhältnisse vor. Zudem suggeriert die falsche Bezeichnung „Fachanwalt für Markenrecht“ eine unzutreffende Alleinstellung im Sinne des Wettbewerbsrechts.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.01.2010 – 2-06 O 521 /09 – „Fachanwalt für Markenrecht“
§§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 III Nr. 1 UWG i.V.m. § 1 FachanwaltsVO
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
gegen
…
hat das Landgericht Frankfurt am Main – 6. Zivilkammer – durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Rau, Richter Dr. Trosch, Richter am Landgericht Dr. Hasse,
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2010 für Recht erkannt:
Der Beschluss – einstweilige Verfügung vom 28.10.2009 wird bestätigt.
Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Eilverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin wegen wettbewerbswidrigem Verhalten auf Unterlassung in Anspruch.
Der Antragsteller ist ein bundesweit tätiger Rechtsanwalt, der seine Dienste auch über seine Internetpräsenz anbietet.
Die in der Schweiz ansässige Antragsgegnerin betreibt unter der Domain, „…de“ einen Webkatalog für Deutschland in Form eines Branchenverzeichnisses, das u.a. ein Rechtsanwaltsverzeichnis enthält. Die Antragsgegnerin bezeichnet den Webkatalog ausweislich ihres Internetauftritts als „unseren Webkatalog“; das dortige Impressum weist die Antragsgegnerin als „verantwortlich für den Inhalt“ aus und sieht Kopierschutz-rechte an diesem für die Antragsgegnerin vor.
Am 28.09.2009 bemerkte der Antragssteller, dass in dem Webkatalog der Antragsgegnerin für die bundesweit tätigen Rechtsanwälte … mit der Bezeichnung „Fachanwalt für Markenrecht“ geworben wurde.
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin sodann Anfang Oktober 2009 ab und forderte die Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Antragsgegnerin ließ dieses Ansinnen durch anwaltliches Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2009 zurückweisen – in diesem Schreiben hatten diese angezeigt, „dass wir die rechtlichen Interessen … [der Antragsgegnerin] vertreten.“ (Bl. 18d.A.).
Am 08.10.2009 war die inkriminierte Bezeichnung aus dem Webkatalog entfernt worden; am 19.10.2009 und am 27.10.2009 war diese dort hingegen (wieder) enthalten.
Die Kammer erließ am 28.10.2009 die streitgegenständliche einstweilige Verfügung, die dem Antragsteller am 02.11.2009 zugestellt wurde.
Der Antragssteller stellte mit Schriftsatz vom 09.11.2009, bei Gericht eingegangen am 12.11.2009, den Antrag auf Zustellung des streitgegenständlichen Beschlusses an die Antragsgegnerin durch das Gericht im Ausland. Eine solche Zustellung ist bislang nicht erfolgt. Vorangegangen war diesem Antrag die Anfrage des Antragsstellers vom 3.11.2009 bei den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, ob diesen „für den Fall gerichtlicher Schritte auch Zustellungsvollmacht“ erteilt worden sei (Bl. 57 d.A.) und deren Antwort (Bl. 59 d.A. : „Zur Frage des Verhältnisses einer angezeigten Zustellungsbevollmächtigung einerseits und zur Vertretungsbevollmächtigung andererseits verweisen wir auf OLG Düsseldorf GRUR-RR 2005, 102. Sollte aus unserer Antwort vom 06.10.2009 möglicherweise – von uns nicht intendiert – abzuleiten sein, wir behaupteten, das Unternehmen … AG in allen nur möglichen Belangen zu vertreten, wäre diese Interpretation nicht von der Wirklichkeit gedeckt. In der gegenständlichen Angelegenheit sind wir mandatiert“). Mit Telefax-Schreiben vom 16.11.2009 übersandte der Antragssteller den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin zwecks Zustellung eine beglaubigte Abschrift der streitgegenständlichen Beschlusses einschließlich der Antragsschrift nebst Anlagen, bestehend aus insgesamt 59 fortlaufend und durchgehend paginierten Seiten; auf der zweiten Seite des übersandten Beschlusses findet sich ein Ausfertigungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, auf der letzten Seite der gesamten Beschlussverfügung ein Beglaubigungsvermerk des Antragstellers.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss – einstweilige Verfügung – des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.10.2009 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt.
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Aufhebung der einstweiligen Beschlussverfügung vom 21.10.2009 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin meint, dass die Verfügung schon wegen ihrer fehlenden Zustellung – bei der ihren Bevollmächtigten übersandten Beschlussverfügung habe es sich nicht um eine beglaubigte Abschrift der Beschlussausfertigung i.S.d. § 170 ZPO gehandelt – gemäß § 929 Abs. 2 ZPO aufzuheben sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gelangten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung war auf den Widerspruch der Antragsgegnerin auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen; dies führte zu ihrer Bestätigung.
1.
Die Verfügung war nicht etwa (schon) deshalb gemäß § 929 Abs. 2 ZPO aufzuheben, weil sie der Antragsteller nicht rechtzeitig im vorzitierten Sinn vollzogen hätte.
Es kann offenbleiben, ob, wofür gewichtige Argumente streiten (durchlaufende und abschließende Paginierung, Ausfertigungsvermerk auf dem eigentlichen Beschluss, Beglaubigungsvermerk auf der letzten Seite der gesamten Beschlussverfügung), eine wirksame Zustellung der Beschlussverfügung an die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin erfolgt ist. Eine Zustellung an diese konnte, musste aber nicht i.S.d. §§ 191, 166 ff. ZPO bewirkt werden, da die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsgegner vorprozessual gerade nicht ihre (vermeintliche) prozessuale Bevollmächtigung angezeigt und sich auch auf dessen Nachfrage nach Verfügungserlass jedenfalls nicht hinreichend klar geäußert haben.
Die Zustellung an die Antragsgegnerin selbst bzw. jedenfalls der diesbezügliche Antrag des Antragstellers erfolgte innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO, da dieser nach Zustellung der Beschlussverfügung am 02.11.2009 am 12.11.2009 bei Gericht einging und dies für eine Vollziehung i.S.d. § 929 Abs. 2 ZPO ausreichend ist (vgl. dazu: OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 1236 f.).
2,
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 III Nr. 1 UWG i.V.m. § 1 FachanwaltsVO unter dem Gesichtspunkt der (täterschaftlichen) Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. grundsätzlich hierzu BGH GRUR 07, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay).
Die Antragsgegnerin hat durch die Einrichtung und den Betrieb eines Webkatalogs insoweit eine Gefahrenquelle für Wettbewerbsverletzungen u.a. nach §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 FachanwaltsVO und § 5 UWG geschaffen, als dass dieser Katalog bestimmungsgemäß für geschäftsmäßige Angebote genutzt werden kann und in diesem Zusammenhang typischerweise die nach den Gesamtumständen nahe liegende Möglichkeit besteht, dass Gewerbetreibende bei dieser Gelegenheit – aus Unkenntnis der gesetzlichen Regelungen, aus Nachlässigkeit oder bewusst – wettbewerbswidrig für sich werben.
Eine solche, gemäß § 3, 4 Nr. 11, 5 UWG i.V.m. § 1 Fachanwalts VO wettbewerbswidrige Werbung der Rechtsanwälte … in dem Webkatalog der Antragsgegnerin liegt vor:
a.
Bei den Rechtsanwälte … und dem Antragssteller handelt es sich um Mitbewerber. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist unter einem Mitbewerber jeder Unternehmer zu verstehen, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Das ist hier sowohl in sachlicher als auch in räumlicher Hinsicht der Fall:
Für die sachliche Marktabgrenzung kommt es nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept darauf an, ob sich die von den beteiligten Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen nach ihren Eigenschaften, ihrem Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass sie der verständiger Nachfrager als austauschbar ansieht. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Tätigkeit des Antragstellers und der Rechtsanwälte … zu bejahen, da sich ein verständiger Mandant mit einem (marken-) rechtlichen Problem an beide wenden könnte.
Hinsichtlich der räumlichen Marktabgrenzung kommt es darauf an, ob sich die Gebiete, in denen der Antragssteller und die Rechtsanwälte … Kunden haben oder zu gewinnen suchen, decken oder überschneiden, wobei es dabei, auch soweit es Internet-Werbung betrifft, auch auf die Ausrichtung und die Größe der Kanzleien ankommt (BGH GRUR 2005, 520 – optimale Interessenvertretung). Auch wenn es sich bei der Kanzlei des Antragstellers um eine eher kleine Kanzlei handelt und auch wenn die Entfernung zwischen seiner Kanzlei in Isernhagen und den Standorten Frankfurt/M. und Heidelberg der (ohnehin zudem bundesweit tätigen) Rechtsanwälte nicht gerade gering ist, sind beide Kanzleien jedenfalls auch im Bereich des Markenrechts (beim Antragssteiler manifestiert sich dies in dem Fachanwaltstitel für IT-Recht, bei der Kanzlei … in jenem für gewerblichen Rechtsschutz), in dem gerichtsbekannt Kanzleien verschiedenster Größe in gleichgelagerten Fällen forensisch tätig werden, tätig. Es ist zudem gerichtsbekannt, dass selbst in Gerichtsverfahren Parteien sich zuweilen nicht durch einen an ihrem oder am Sitz des Gerichtes, sondern an einem dritten Ort ansässigen Anwalt vertreten lassen. Dies scheint angesichts der heutigen Kommunikationsmittel und Reisemöglichkeiten auch ohne weiteres machbar zu sein.
b.
Dadurch, dass die Rechtsanwälte … mit der Bezeichnung „Fachanwalt für Markenrecht“ für sich geworben haben, ohne über einen entsprechenden Fachanwaltstitel zu verfügen, warben sie irreführend über ihre geschäftlichen Verhältnisse i.S.d. § 5 UWG. Zudem liegt in diesem Verhalten ein Verstoß gegen § 1 FachanwaltsVO, der gemäß § 4 Nr. 11 UWG ebenfalls wettbewerbswidrig ist. Einen „Fachanwalt für Markenrecht“ gibt es schlicht nicht, so dass eine entsprechende Bezeichnung jedenfalls eine unzutreffende Alleinstellung suggeriert. Dass einer der Rechtsanwälte … Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit einem Ausbildungsanteil von ca. 1/7 Markenrecht im Rahmen der Fachanwaltsausbildung ist, kann an dieser Einschätzung erkennbar nichts ändern.
Liegt mithin ein solcher Wettbewerbsverstoß nahe oder hat die Antragsgegnerin von einem solchen sogar Kenntnis, trifft sie die – vor- und/oder nachsorgende – Pflicht zur Eindämmung solcher Verstöße, wobei an Art und Intensität der hierzu erforderlichen Maßnahmen möglicherweise keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind. Vorliegend hat die Antragsgegnerin dieser Pflicht nicht genügt. Zwar hat sie nach ihrer Abmahnung den inkriminierten Eintrag entfernt, es jedoch – obgleich ihr zumutbar und technisch möglich – nicht verhindert, dass dieser Eintrag am 19.10.2009 wieder vorhanden und jedenfalls bis zum 27.10.2009 in dem Katalog enthalten war.
Der Antragsgegnerin waren auch die weiteren Kosten des Verfügungsverfahrens aufzuerlegen, da sie unterlag (§ 91 ZPO).
Fundstelle: Rechtsanwalt Möbius
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