LG Düsseldorf: Elena.de

LG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2008 – 14c O 146/08 – Elena.de
§ 1004 BGB, § 14 Abs. 5 MarkenG

Der Anbieter eines Domain-Parking-Angebots haftet weder als Mittäter noch als Störer für Markenrechtsverletzungen, die Domain-Inhaber durch das Einstellen von Domains begehen.

Tenor

1. Es wird festgestellt,

a) dass die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Marke „Elena“ im geschäftlichen Verkehr hat, insbesondere die Marke „Elena“ als Domain im Internet bzw. im allgemeinen in Verbindung mit Top-Level-Domains zum Verkauf anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu vorstehend genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen;

b) dass die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung hat, das Zeichen „Elena“ in Geschäftspapieren oder in der Werbung, auf Aufmachungen oder Verpackungen, oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der durch die Einschaltung der Rechtsanwälte n entstandenen Gebühren und Auslagen in Höhe von 2.440,69 € hat.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

4. Dieses Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt unter der Domain www.sedo.de eine Domainbörse, in der sie Inhabern einer registrierten Domain Käufer für ihre Domain vermittelt. Die zum Kauf freigegebenen Domains sind auf der Internetseite der Klägerin mit Preisvorstellungen der Verkäufer aufgeführt. Ein Beispiel dafür, wie dieses Angebot von Domains gestaltet ist, zeigt die von der Beklagten vorgelegte Anlage B1.

Darüber hinaus bietet die Klägerin das Geschäftsmodell des sogenannten Sedo-Parkings an. Dieses Geschäftsmodell ermöglicht es Inhabern von registrierten, aber bisher ungenutzten Domains, diese Domain gewinnbringend einzusetzen. Dies geschieht dadurch, dass der Domaininhaber die Internetadresse bei der Klägerin für das Sedo-Parking anmeldet. Gleichzeitig hinterlegt der Domaininhaber in der Datenbank der Klägerin Werbe-Keywords. Wird nun von einem Internet-Nutzer die Internetadresse des Domaininhabers aufgerufen, so werden auf der – im Übrigen vom Domaininhaber ungenutzten – Domain Werbeanzeigen („Sponsored Links“) angezeigt, die auf die zuvor angegebenen Werbe-Keywords passen. Die Klägerin sowie der Domaininhaber verdienen mit jedem Klick des Internet-Nutzers auf eine der Werbeanzeigen. Welche Werbeanzeigen angezeigt werden, richtet sich nach den Werbe-Keywords: Das System der Klägerin ist derart eingestellt, dass jeweils diejenigen Werbeanzeigen erscheinen, die auch bei der Suchmaschine Google zu den entsprechenden Schlüsselwörtern angezeigt werden, was darauf beruht, dass die jeweils werbenden Unternehmen diese Anzeige zu dem entsprechenden Schlüsselwort bei … angemeldet und für deren Einblendung bezahlt haben.

Die Beklagte ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Register-Nr. 39870279 registrierten Marke „Elena“ sowie der Gemeinschaftsmarke „Elena“, die beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Nummer 004289831 registriert ist. Sie bietet EDV-System-Lösungen bzw. strukturierte IT-Management-System-Lösungen unter dieser Marke an.

Mit Abmahnschreiben vom 15. 4. 2008 forderte die Beklagte die Klägerin zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit unter anderem dem im Tenor/Klageantrag wiedergegebenen Inhalt auf (vgl. Anlage K3), Daraufhin nahm die Klägerin die Domain „elena.info“ aus ihrer Datenbank heraus und setzte den Begriff „elena“ auf eine Sperrliste, die verhindert, dass erneut ein Dritter „Elena“ auf ihrer Plattform zum Dorriainparking einstellt. Mi!; Anwaltsschreiben vom 21. 4. 2008 (Anlage K6) lehnte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und die Übernahme der Anwaltskosten der Beklagten ab und erläuterte der Beklagten ihr Geschäftsmodell des Domainverkaufs und des Sedo-Parkings. Zugleich setzte sie der Beklagten eine Frist bis zum 2. 5. 2008, die in der Folge bis zum 14. 5. 2008 verlängert wurde, innerhalb derer die Beklagte erklären sollte, dass sie von: ihren Ansprüchen abrücke. Mit Schreiben vom 14. 5. 2008 (Anlage K7) verlangte die Beklagte jedoch weiterhin die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und den Ersatz ihrer Abmahnkosten gegenüber der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, lediglich die Domain „elena.info“ sei in ihrer Plattform eingestellt gewesen. Falls in diem Angebot dieser Domain ein Markenrechtsverstoß liege, sei nicht sie, die Klägerin, hierfür verantwortlich, sondern die Inhaberin dieser Domain, die Firma „Net Strategies“ mit Sitz in Genua, Italien. Sie vermittele den Domaininhabern auf ihrer Plattform lediglich Käufer. Auch die zu den Domains eingestellten Werbe-Keywords habe sie, die Klägerin, weder eingestellt noch beeinflusst. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Domain „elena.info“ in ihre Datenbank eingestellt worden sei und dass unter dieser Domaim potentiell markenrechtlich relevante Google-Anzeigen eingeblendet würden. Auch eine Haftung nach den Grundsätzen der Störerhaftung gemäß §§ 823 Abs. 1 i. V. m. 1004 BGB; analog komme nicht in Betracht. Denn sie habe in keiner Weise willentlich zur Verletzung des geschützten Gutes beigetragen. Eine Pflicht zur Erstattung von Anwaltsgebühren scheide im Übrigen bereits gemäß § 7 TMG, der auf diese Fallkonstellation anzuwenden sei, aus.

Die Klägerin beantragt,

– wie erkannt –

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe die Domains „elena.com“, „elena.eu“, „elena.mobi“, „elena.net“ und „elena.org“ zum Kauf angeboten; die Domains „elena.de“ und „elena.info“ biete sie nach wie vor zum Kauf an (vgl. Anlage B1). Es sei dem Internetauftritt der Klägerin nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass die Klägerin nicht selbst Inhaberin der Domain sei; vielmehr werde der objektive Betrachter hiervon ausgehen. Durch dein Handel mit diesen Domains verletze die Klägerin die Markenrechte der Beklagten. Es könne die Klägerin nicht entlasten, wenn diese vortrage, sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Domain auf ihrer Internetseite angeboten werde. Jedenfalls sei es der Klägerin zuzumuten, die angebotenen Domains vorab auf Markenrechtsverletzungen zu prüfen. In der Registrierung der Domain mit dem Zusatz „elena“ liege zugleich eine gezielte wettbewerbswidrige Behinderung der Beklagten i. S. v. § 4 Nr. 10 UWG. Denn es sei eine Registrierung mit dem Ziel bewirkt worden, die Beklagte an der Verwendung eines von dieser bereits verwendeten Kennzeichens als Domain zu hindern (Domaingrabbing).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein Interesse an der Feststellung, dass der Beklagten ein Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht zusteht. Denn auch nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 21. 4. 2008 dazu aufgefordert hat, von der Geltendmachung der von ihr behaupteten Ansprüche Abstand zu nehmen, hat die Beklagte mit Schreiben vom 14. 5. 2008 darauf bestanden, dass die Klägerin eine Unterlassung- und Verpflichtungserklärung abgibt und ihre Rechtsanwaltskosten erstattet. Die Beklagte hat sich damit eines Anspruches gegen die Klägerin berühmt; die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass die fehlende Berechtigung dieses Anspruches festgestellt wird.

B.
Die Beklagte hat keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Unterlassung der Benutzung der Marke „Elena“ im geschäftlichen Verkehr.

1.
Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 14 Abs. 5 MarkenG. Denn der Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner ein Zeichen entgegen den § 14 Abs. 2 bis 4 MarkenG benutzt hat oder jedenfalls eine Benutzung unmittelbar droht.

a)
Die Klägerin hat eine Markenrechtsverletzung nicht begangen.

Insbesondere hat die Klägerin keine Verletzung der Marke „Elena“ dadurch begangen, dass sie den Domain-Namen „Elena“ auf ihrer Internetseite zum Verkauf anbietet. Eine Markenrechtsverletzung scheidet schon deshalb aus, weil das Angebot der Domains mit dem Domain-Namen „Elena“ nicht von der Klägerin stammt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass !sie auf ihrer Internetseite lediglich eine Plattform bietet, auf der Inhaber von registrierten Domains ihre Domain zum Verkauf anbieten können. Anbieter der Domains ist damit nicht die Klägerin, die lediglich Käufer und Verkäufer zusammenführt, sondern der jeweilige Inhaber der einzelnen Domain. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht bestritten. Sie trägt lediglich vor, dass sich diese Rechtsbeziehungen nicht ohne Weiteres dem Internetauftritt der Klägerin entnehmen lassen würden. Bei einem objektiven Betrachter entstehe vielmehr der Eindruck, als würde die Klägerin Domains selbst zum Verkauf anbieten. Abgesehen davon, dass der auf der Internetseite der Klägerin angezeigte Hinweis „Die marken- und namensrechtliche Überprüfung des Domain-Namens ist vom Kunden vor der Beantragung durchzuführen“ (Anlage B1) nahe legt, dass gerade nicht die Klägerin selbst Inhaberin der angebotenen Domains ist, und abgesehen davon, dass sich der Inhaber einzelner Domains in öffentlichen Datenbanken ermitteln lässt, kommt es auf diese Sicht eines objektiven Betrachters gar nicht an. Für die Frage, wer Täter einer Markenrechtsverletzung ist, ist nicht entscheidend, was ein objektiver Betrachter vermuten mag, sondern darauf, wer die angegriffenen Handlungen tatsächlich begangen hat. Tatsächlich stammen die Domain-Angebote aber von den einzelnen Domaininhabern; die Klägerin bietet lediglich eine Plattform, um diese Angebote zu platzieren.

Eine unberechtigte Nutzung der Marke „Elena“ durch die Klägerin ist auch nicht darin zu sehen, dass im Rahmen des Sedo-Parkings die geparkte Domain „elena.info“ über Keywords mit Werbeanzeigen verbunden wird. Es fehlt insofern bereits an Vortrag der Beklagten dazu, ob auf der geparkten „Elena“-Domain über die Werbe-Keywords überhaupt Werbeanzeigen zu Waren oder Dienstleistungen geschaltet wurden, die den Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind, für die die Marke „Elena“ angemeldet wurde. Nur wenn aber aufgrund von Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr für den Kunden besteht, liegt überhaupt eine unberechtigte Zeichenbenutzung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG vor.

Im Übrigen hat die Klägerin zu dem Geschäftsmodell des S.-Parkings vorgetragen, dass sie keinen Einfluss auf die Auswahl der Werbe-Keywords und somit der angezeigten Werbeanzeigen hat. Diese werden ausschließlich vom Domaininhaber ausgewählt. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht bestritten, so dass schon aus diesem Grund die Klägerin nicht Täterin einer eventuellen Markenrechtsverletzung ist.

b)
Die Klägerin war auch nicht Mittätern oder Gehilfin einer markenrechtlichen Verletzungshandlung. Die Haftung als Mittäter oder Gehilfen einer Rechtsverletzung setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus. Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, dass die Klägerin Markenrechtsverletzungen durch die Domaininhaber billigend in Kauf genommen hat.

c)
Die Klägerin haftet auch nicht als Störerin. Die Störerhaftung setzt voraus, dass in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Guts oder zu einer verbotenen Handlung beigetragen wird (Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. Rz. 2.11 zu § 8). Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers zudem die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung).

Bezüglich des Verkaufs der Domains kann dahinstehen, ob die Klägerin eine Pflicht trifft, zu überprüfen, ob durch das Angebot der auf ihrer Plattform eingestellten Domains eine Markenrechtsverletzung begangen wird. Denn jedenfalls hat die Beklagte nicht dargetan, dass objektiv eine solche Markenrechtsverletzung durch das Angebot der den Begriff „Elena“ enthaltenden Domains überhaupt vorlag, welche von der Klägerin durch eine Prüfung hätte verhindert werden können.

In dem Angebot einer Internet-Domain kann nämlich nur dann eine Markenrechtsverletzung liegen, wenn die Voraussetzungen der Verwässerung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliegen, wenn also der Markeninhaber an der Verwendung seines Zeichens als Internetadresse gehindert und dadurch der Werbewert der Marke beeinträchtigt wird (BGH, GRUR 2002, 622 – shell.de). Der Tatbestand der Verwässerung setzt jedoch voraus, dass die verletzte Marke im Inland bekannt ist, das heißt, dass die Marke einem bedeutenden Teil des Verkehrs oder einem speziellerem Teil des Publikums bekannt sein muss (BGH, WRP 2003, 647, 653 – BIG BERTHA). Dass dies der Fall ist, hat die Beklagte nicht dargetan.

Soweit durch das Einblenden von Werbeanzeigen Markenrechtsverletzungen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 begangen werden, indem unter der geparkten Domain „Elena.info“ Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, die mit den im Markenregister eingetragenen Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind, so dass eine Verwechslungsgefahr besteht, ist es der Klägerin nicht zumutbar, ihre Plattform auf derartige Markenrechtsverletzungen zu überprüfen.

Um derartige Markenrechtsverletzungen zu verhindern, müsste die Beklagte in jedem Einzelfall, also bei jeder bei ihr geparkten Domain, eine Datenbankrecherche durchführen. Dass dies in einem automatisierten Verfahren geschehen kann, trägt die Beklagte nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Daher muss von der Erforderlichkeit des aktiven Tätigwerdens von Mitarbeitern der Klägerin in jedem Einzelfall ausgegangen werden. Diese Mitarbeiter könnten es bei einer einfachen Recherche nicht bewenden lassen. Sie müssten nicht nur nach Übereinstimmungen zwischen Geschäftsbezeichnungen Dritter und von der Klägerin zum Kauf angebotener Domains suchen, sondern auch die Inhalte der im Wege des Sedo-Parkings hinterlegten Werbeanzeigen prüfen. Dabei müssten sie auch solche Bezeichnungen berücksichtigen, die ähnlich klingen oder aus anderen Gründen möglicherweise verwechselbar sind. Des Weiteren müssten sie dann, wenn eine Recherche ergibt, dass es eine übereinstimmende oder ähnliche Bezeichnung im Geschäftsverkehr gibt, prüfen, für welches Warenverzeichnis dies gilt und ob es aus diesem Grund zu einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr kommen kann. Eine solche Prüfung erfordert jedoch nicht unerhebliche Rechtskenntnisse. Die Klägerin müsste faktisch Markenrechtsexperten beschäftigen, die diese Gesamtschau ständig und für jede einzelne Domain und deren Inhalte vornehmen. Die Prüfung müsste für jede Domain regelmäßig aktualisiert werden. Eine derartige Prüfung ist der Klägerin insgesamt unzumutbar (LG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 122-124; LG München, Urteil vom 14. 11. 2007, Az. 33 O 223935/06; LG Berlin, Urteil vom 3. 6. 2008, Az. 103 0 15/08).

d)
Auch eine einen Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG begründende Erstbegehungsgefahr liegt nicht vor. Eine Erstbegehungsgefahr setzt voraus, dass die Begehung einer Markenrechtsverletzung ernstlich und unmittelbar zu besorgen ist. Nachdem die Klägerin – wie soeben ausgeführt – weder eine Markenrechtsverletzung begangen noch an einer solchen teilgenommen oder eine solche als Störerin willentlich und adäquat kausal verursacht hat, liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in Zukunft eine solche ihr zurechenbare Markenrechtsverletzung begehen werde. Sobald die Klägerin von der Beklagten durch die Abmahnung in Kenntnis gesetzt wurde, dass Markenrechtsverletzungen in Bezug auf die Domain „Elena“ zu besorgen, sind, hat die Klägerin reagiert und hat die Domain „Elena.info“ aus ihrer Datenbank zum Domainparking herausgenommen sowie den Begriff „Elena“ auf eine Sperrliste gesetzt.

2.
Ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Unterlassung des Verkaufs der Domain „Elena“ und der Verlinkung dieser Domain mit Werbeanzeigen im Sedo-Parking folgt auch nicht aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 4 Nr. 10 UWG.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die Beklagte wettbewerbswidrig behindert im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, indem sie so genanntes „Domaingrabbing“ begangen habe. Unter einem „Domaingrabbing“ Ist die sittenwidrige Blockade einer Internet-Domain zu Lasten eines Marken- bzw. Titelinhabers zu verstehen. Der Begriff erfasst die spekulative und ohne eigenes Nutzungsinteresse verfolgte Registrierung von Marken, Zeichen, Firmen oder sonstigen Namensschöpfungen als Internet-Domain, um sie dem eigentlich Berechtigten zu verkaufen oder gegen Nutzungsentgelte zu überlassen (OLG Frankfurt a. M., NJWE-WettbR 2000, 160 = MDR 200, 1268; OLG Frankfurt a. M., MDR 2001, 532; MDR2001, 696). Dabei setzt ein „Domaingrabbing“ zweierlei voraus: Objektiv bedarf es einer schädigenden Handlung, die regelmäßig durch die Registrierung/Reservierung des Domain-Namens erfolgt und die nur dann schädigend sein kann, wenn der Marken- bzw. Rechtsinhaber ebenso bekannt ist, wie die „auszubeutende“ Marke selbst. Subjektiv ist eine schikanöse, vorsätzlich sittenwidrige Schädigungsabsicht erforderlich, die darauf gerichtet ist, die Domain als Handelsware gegenüber dem Rechtsinhaber zu verwerten (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003,1270f).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob das Domaingrabbing als ein Fall des § 4 Nr. 10 UWG angesehen werden kann, oder ob diese Fälle nach §§ 826 BGB, 3 UWG zu behandeln sind. Die Beklagte kann vorliegend jedenfalls keinen Anspruch aus diesen Vorschriften herleiten.

Eine mit der Schädigungsabsicht begangene Registrierung einer Domain hat die Klägerin selbst nicht begangen, sondern sie hat lediglich die Domain „Elena“ auf ihre Plattform von Dritten einstellen lassen. Auch Gehilfin einer solchen Schädigungshandlung ist die Klägerin nicht, da nicht vorgetragen ist, dass die Inhaberin der Domain „Elena“ Schädigungsabsicht und die Klägerin hiervon Kenntnis hatte.

Schließlich haftet die Klägerin auch nicht als Störerin analog § 1004 BGB. Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob die Rechtsfigur der Störerhaftung überhaupt im Bereich des Verhaltensunrechts des UWG zur Anwendung kommt (offen lassend hierzu BGH, GRUR 2004, 860, 864 f – Internet-Versteigerung). Denn jedenfalls ist der Klägerin – wie ausgeführt – im vorliegenden Fall eine Überprüfung ihrer Plattform im Hinblick auf Domaingrabbing nicht zuzumuten. Es ist der Klägerin nicht möglich, zu überprüfen, ob der Inhaber einer Domain diese in schikanöser und vorsätzlich sittenwidriger Schädigungsabsicht registriert hat, und lediglich das Ziel verfolgt, diese Domain gegenüber dem Rechtsinhaber zu verwerten. Weder bei automatisierter noch bei manueller Kontrolle sämtlicher Domainnamen auf ihrer Plattform könnte die Klägerin diese inneren Tatsachen feststellen.

Der Beklagten steht auch kein Anspruch darauf zu, dass die Klägerin es unterlässt, das Zeichen „Elena“ in Geschäftspapieren oder in der Werbung, auf Aufmachungen oder Verpackungen, oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 5 MarkenG: Es liegt weder eine Markenrechtsverletzung der Klägerin noch eine Erstbegehungsgefahr vor. Es ist nicht vorgetragen, dass die Klägerin oder ein Domaininhaber in der Klägerin zurechenbarer Weise das Zeichen „Elena“ in der geltend gemachten Art verwendet hat. Aus denselben Gründen ergibt sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus den Vorschriften des UWG.

D.
Der Beklagten steht kein Anspruch gegen die Klägerin auf Erstattung der für ihre Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltsgebühren zu.

Da ein Verschulden der Klägerin nicht vorliegt, scheidet eine Haftung nach § 14 Abs. 6 MarkenG aus.

Auch aus §§ 677, 683 Satz 1 , 670 BGB kann die Beklagte einen solchen Anspruch nicht herleiten. Denn die Abmahnung der Beklagten entsprach nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Klägerin. Nur dann, wenn die Abmahnung zu Recht erfolgt, kann der Abmahnende Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Abmahnkosten nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Denn nur dann entspricht die Abmahnung den Interessen und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers, einen kostspieligen und Unterlassungsprozess zu vermeiden (vgl. Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 21. Aufl., Einl. UWG Rdnr. 554).

E.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 100.000,00 EUR

Unterschriften

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