LG Braunschweig: Google Adwords – Schokolade

LG Braunschweig, Urteil vom 30.01.2008 – 9 O 2958/07
§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG

1. Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (Urt. v. 07.03.07 – 9 O 2382/06 u. Beschl. v. 04.10.06 – 9 O 1678/06), die vom Oberlandesgericht Braunschweig bestätigt worden ist (Beschluss v.11.12.2006 2 W 177/07, Urt. v. 12.07.07 – 2 U 24/07, Beschl. v. 28.09.07 – 2 U 66/07 u. 2 U 61/07) die Verwendung eines geschützten Zeichens als Keyword bei Schalten einer Anzeige im Rahmen der Google-Adword-Kampagne grundsätzlich eine Markenrechtverletzung darstellen.

2. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die insoweit beweisbelastete Klägerin beweist – bzw. im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft macht -, dass das geschützte Zeichen auch tatsächlich als sogenanntes Keyword genutzt worden ist.

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 13.11.2007 wird aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf 50.000,– € festgesetzt.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (im nachfolgenden Klägerin genannt) nimmt den Verfügungsbeklagten (im nachfolgenden Beklagter genannt) wegen Markenverletzung durch Schaltung einer Anzeige bei der Suchmaschine Google in Anspruch.

Die Klägerin ist die gerichtsbekannte Inhaberin der exklusiven Markenlizenzrechte an der Wort-/Bildmarke „M.“, eingetragen beim DPMA unter der Registernummer …, eingetragen insbesondere auch für die Warenklasse 30 (u. a. Süßwaren). Die Klägerin ist von der Markeninhaberin, der schweizerischen D1. I1. Partners Ltd. ermächtigt, Markenverletzungen gerichtlich zu verfolgen (AST1). Die Klägerin betreibt unter der Internet-Domain www.m…com einen sogenannten „M.-Shop“, über den sie hochwertige Konfiserie- und Schokoladenprodukte vertreibt. Der Beklagte ist Inhaber und Betreiber der Internet-Domain www.k…de . Über diesen Online-Shop vertreibt der Beklagte u. a. Schokoladenprodukte. Der Beklagte hat über die Suchmaschine Google eine Anzeige für seinen Internet-Shop geschaltet. Bei Eingabe des Suchbegriffs „M. Schokolade“ in der Suchmaschine Google erscheint rechts neben den Suchergebnissen die Anzeige des Beklagten. Über den in der Anzeige angegebenen Link gelangt man unmittelbar auf die Homepage des Beklagten. Es wird insoweit auf den Bildschirmausdruck (Anlage AST4) Bezug genommen. Produkte mit dem Zeichen „M.“ vertreibt der Beklagte nicht.

Auf Antrag der Klägerin erließ das Gericht am 13.11.2007 folgende einstweilige Verfügung:

1. Dem Antragsgegner wird untersagt,

im geschäftlichen Verkehr Google-AdWords-Anzeigen, die auf den unter der Domain „http://www…de“ in das Internet eingestellten Onlineshop verweisen, in der Art und Weise zu gestalten und/oder zu verbreiten bzw. gestalten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen, so dass diese bei Google („www.g…de“) nach erfolgter gezielter Suche nach

„M. Schokolade“

in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Google-Suchergebnisliste erscheinen und auf benannten Onlineshop verweisen, obgleich dieser keinerlei Produkte der Marke „M.“ anbietet und/oder vertreibt.

2. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € angedroht; an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gegen diese rechtzeitig vollzogene einstweilige Verfügung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.11.2007 Widerspruch eingelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte mit der geschalteten Anzeige die Rechte an der Marke „M.“ verletze. Sie behauptet, dass die Anzeige des Beklagten nur deshalb erscheine, weil der Beklagte die Option weitgehend passende Keywords gewählt habe und die Bezeichnung M. Schokolade ausweislich der Keywordliste (AST8) als Keyword für die Anzeige fungiert habe. Der Beklagte, in dessen Auftrag die Anzeige geschaltet worden ist, sei dafür verantwortlich, dass bei Eingabe der Bezeichnung „M. Schokolade“ die Anzeige erscheine. Im Rahmen der Schaltung der Anzeige bestehe durch Wahl der weiteren Keyword-Optionen „passende Wortgruppe“ oder „genau passende Keywords“ die Möglichkeit allein die Auswahl der zu verwendenen Keywords zu bestimmen, das bedeute, dass nur das vom Anzeigeschaltenden angegebene Keyword, sprich im vorliegenden Fall Schokolade, relevant ist für die Suche. Ferner habe ausweislich der Erläuterungen zu der Google-Adword-Kampagne die Möglichkeit bestanden, bei Wahl der Option „weitgehend passende Keywords“, die in der Liste aufgeführte Bezeichnung „M. Schokolade“ als Keyword auszuschließen. Die Klägerin beantragt, die erlassene einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Der Beklagte beantragt, wie erkannt.

Er ist der Ansicht, dass keine Markenverletzung vorliege, weil die Bezeichnung „M. Schokolade“ bei Schaltung der Anzeige nicht als Keyword verwendet worden sei. Der Beklagte habe die polnische Firma N…net mit der Schaltung der Google-Adword-Kampagne beauftragt. Die Bezeichnung Schokolade sei dabei als Keyword angegeben worden. Bei Buchung mit dem Keyword Schokolade sei eine Liste von Wörtern, die den Begriff Schokolade enthalten zur weiteren Auswahl angezeigt worden. In dieser Liste sei jedoch der Begriff Schokolade in Kombination mit der Bezeichnung M. nicht enthalten gewesen. Der Beklagte verweist auf den als Anlage zum Schriftsatz vom 09.01.2008 vorgelegten Screenshot sowie auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn R1. B. (Anlage zum Schriftsatz vom 09.01.2008). Aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B. gehe weiter hervor, dass die Liste ausweislich des Screenshots vom 18.12.2007 der Liste entspricht, die bei Aufgabe der Anzeige vorgelegen habe.

Ferner trägt der Beklagte vor, dass das Erscheinen der Anzeige bei Eingabe des Suchbegriffs „M. Schokolade“ nicht auf den Begriff M. zurückzuführen sei, sondern lediglich auf die Eingabe des Begriffs Schokolade. Das werde deutlich durch Eingabe anderweitiger Wortkombinationen wie „Schokolade Gift“, „Schokolade aus Scheiße“ (Anlagen zum Schriftsatz vom 20.12.2007). Aus den Screenshots ergebe sich, dass das Erscheinen der Anzeige des Beklagten lediglich darauf zurückzuführen sei, dass das Wort Schokolade als Suchbegriff fungiere.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der von dem Beklagten vorgelegte Screenshot zur Glaubhaftmachung nicht ausreiche, weil dieser in polnischer Sprache verfasst sei. Ferner sei der Screenshot erst nach Erlass der einstweiligen Verfügung gefertigt worden und sei daher nicht aussagekräftig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2008 (Bl. 52, 53 d. A.).

Entscheidungsgründe

Auf den Widerspruch war die einstweilige Verfügung aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

1. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG nicht zu. Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (Urt. v. 07.03.07 – 9 O 2382/06 u. Beschl. v. 04.10.06 – 9 O 1678/06), die vom Oberlandesgericht Braunschweig bestätigt worden ist (Beschluss v.11.12.2006 2 W 177/07, Urt. v. 12.07.07 – 2 U 24/07, Beschl. v. 28.09.07 – 2 U 66/07 u. 2 U 61/07) kann die Verwendung eines geschützten Zeichens als Keyword bei Schalten einer Anzeige im Rahmen der Google-Adword-Kampagne grundsätzlich eine Markenrechtverletzung darstellen.

2. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die insoweit beweisbelastete Klägerin beweist – bzw. im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft macht-, dass das geschützte Zeichen auch tatsächlich als sogenanntes Keyword genutzt worden ist. Sei es durch direkte Eingabe durch den Beklagten oder über die quasi automatische Hinzufügung durch die Google-Standardoption „weitgehend passende Keywords“.

Diesen Nachweis hat die Klägerin im vorliegenden Fall nicht erbracht. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen betreffend der Schaltung der Google-Adword-Kampagne mit Vorlage der entsprechenden Liste (AST4) sind zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Die Unterlagen beziehen sich auf die allgemeine Funktionsweise der Google-Adword-Kampagne und nicht auf die konkrete Anzeigenschaltung durch den Beklagten. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen (Screenshot) und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ist der von der Klägerin erfolgte Vortrag zum regelmäßigen Ablauf bei Schaltung einer Google Adword Anzeige hinreichend erschüttert. Aus dem Screenshot, den der Beklagte vorgelegt hat, ergibt sich, dass der Begriff „M. Schokolade“ nicht in der Liste der Wörter, die bei Auswahl des Wortes Schokolade als Keyword ebenfalls als Keyword fungieren, enthalten war. Der Umstand, dass diese Liste in polnischer Sprache vorgelegt worden ist, ist unschädlich, weil daraus trotzdem – ohne dass es besonderer Kenntnisse der polnischen Sprache bedarf- ersichtlich ist, dass es sich bei diesen Wörtern um die entsprechenden Keywörter gehandelt hat. Es ist auch unschwer zu erkennen, dass der polnische Begriff „Aktywne“ in die deutsche Sprache übersetzt aktiv bedeutet. Aus der Liste geht weiter hervor, dass bestimmte Worte nicht als Keywords eingesetzt sind. Diese Worte haben den Vermerk „Nieaktywne dla wyszukiwania“, was so viel heißt wie: nicht aktiv bei der Suche.

Aufgrund der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B. (Anlage zum Schriftsatz vom 09.01.2008) ist auch davon auszugehen, dass die vorgelegte Liste inhaltsgleich ist mit der Liste, die bei Schaltung der Anzeige vorgelegen hat. Der für die Anzeigeschaltung verantwortliche R1. B. hat in seiner eidesstattlichen Versicherung versichert, dass das Wort Schokolade nicht mit dem Wort M. verbunden in der Liste enthalten war.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Vortrag des Beklagten zu der Anzeigenschaltung, einschließlich der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, nicht widersprüchlich ist und diese Sachverhaltsdarstellung nicht lebensfremd erscheint, hat das Gericht keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben bereits im Grundsatz in Frage zu stellen und von vornherein als nicht glaubhaft anzusehen. Die Angaben sind daher ausreichend um die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin zu erschüttern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO. Der Streitwert war, wie in dem Beschluss, auf 50.000,– € festzusetzen.

(Unterschriften)

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